07.03.2013 · IWW-Abrufnummer 130757
Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 09.11.2012 – L 4 R 2556/10
Aufträge an eine in der Rechtsform der OHG geführte Werbeagentur führen nicht zur Abgabepflicht nach dem KSVG.
LSG Baden-Württemberg
09.11.2012
L 4 R 2556/10
Der 4. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat ohne mündliche Verhandlung am 09. November 2012 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. April 2010 und der Bescheid der Beklagten vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren L 4 R 2556/10 endgültig auf EUR 42.791,24 festgesetzt.
Tatbestand
Streitgegenstand ist die Erhebung der Künstlersozialabgabe durch die Beklagte für von der Klägerin für Werbung gezahlte Entgelte für die Zeit vom 01. Januar 2003 bis 31. Dezember 2008 in Höhe von EUR 42.791,24.
Die Klägerin, 1947 gegründet, betreibt als Familienunternehmen in der dritten Generation in der Rechtsform der GmbH & Co KG ein Unternehmen zur Herstellung von Damenoberbekleidung mit 51 bis 100 Mitarbeitern. Zur Erstellung von Werbedrucksachen, Kollektionsheften, Katalogen, Plakaten, Messefahnen, Internet-Auftritten und weiteren Werbemitteln beauftragte die Klägerin die B., K. & Co Werbeagentur GWA (im Folgenden: Werbeagentur), die - 1991 gegründet - in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft, ab 06. März 2007 unter der Firma B. K. J. Werbeagentur OHG, ab 26. Februar 2008 b. OHG und seit 10. Februar 2010 in geänderter Rechtsform unter der Firma b. KG tätig ist. Die Werbeagentur stellte Rechnungen, in denen u.a. eine Service fee von 10% für von ihr beauftragte selbständige Leistungserbringer enthalten war, die im Übrigen ihre Rechnungen direkt an die Klägerin adressierten, so der Werbefotograf K. (im Folgenden: K.), die U. GmbH (im Folgenden: U. GmbH). Für die Dienste des K. stellte die Werbeagentur der Klägerin Abgaben zur Künstlersozialversicherung in Rechnung, die sie an die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen weiterleitete. Außerdem waren in den Rechnungen der Werbeagentur Nebenkosten ausgewiesen, beispielsweise für Druck, Reise- und Übernachtungskosten, Kurierdienste, Catering. Unabhängig von der Werbeagentur und ohne von dieser in Rechnung gestellte Service fee stellte die H. L. Public Relations GmbH (im Folgenden: L. GmbH) Rechnungen für Produktionskostenzuschüsse für TV-Sendungen im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR).
Die Beklagte führte bei der Klägerin vom 25. August 2008 bis 06. April 2009 eine Betriebsprüfung hinsichtlich der Zahlung der Künstlersozialabgabe durch. Mit Schreiben vom 14. Februar 2009 legte die Klägerin der Beklagten Unterlagen über die im Jahr 2003 für Werbung geleisteten Zahlungen vor. Auf dem Anmelde- und Erhebungsbogen zur Prüfung der Abgabepflicht und der Höhe der Abgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) vom 12. März 2009 gab die Klägerin an, Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das Unternehmen durch Werbeagenturen zu leisten, denen laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr Aufträge erteilt würden, und legte mit Schreiben vom 30. März 2009 Unterlagen für die Jahre 2003 bis 2007 vor.
Mit Bescheid vom 08. April 2009 stellte die Beklagte die Abgabepflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz fest und forderte Abgaben in Höhe von EUR 42.791,24 nach. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei Eigenwerber nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG, weil sie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe, indem sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile. Der Berechnung legte die Beklagte die vorgelegten Unterlagen zugrunde und schätzte für das Jahr 2008 die Abgabepflicht aus der Berechnungsgrundlage für 2007. Die Abgabe belief sich für das Jahr 2003 auf EUR 5.071,59 aus einer Entgeltsumme von EUR 133.463,-- bei dem damals geltenden Abgabesatz von 3,8 v.H.; für das Jahr 2004 EUR 4.697,19 aus einer Entgeltsumme von EUR 109.237,-- und einem Abgabesatz von 4,3 v.H.; für das Jahr 2005 EUR 6.537,53 aus einer Entgeltsumme von EUR 112.716,-- und einem Abgabesatz von 5,8 v.H.; für das Jahr 2006 EUR 6.553,42 aus einer Entgeltsumme von EUR 119.153,-- und einem Abgabesatz von 5,5 v.H.; für das Jahr 2007 EUR 10.165,07 aus einer Entgeltsumme von EUR 199.315,-- und einem Abgabesatz von 5,1 v.H. sowie für das Jahr 2008 aufgrund einer Schätzung EUR 9.766,44 aus einer geschätzten Entgeltsumme von EUR 199.315,-- und dem Abgabesatz von 4,9 v.H.. Die Schätzung sei vorgenommen worden, weil keine monatlichen Vorauszahlungen ab 04. März 2008 von der Klägerin geleistet worden seien.
Die Klägerin erhob hiergegen am 27. April 2009 Widerspruch und trug zur Begründung vor, es sei verfassungswidrig, sie als Eigenwerber zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen sowie die Abgabepflicht auf Aufträge an natürliche Personen und Personengesellschaften zu beschränken. Ihre Auftragnehmer seien nicht über die Künstlersozialkasse versichert. Die Abgabe sei für die Zeit bis einschließlich 2006 wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig. Schließlich sei die rückwirkende Nachforderung rechtswidrig, weil sie von der Abgabe nichts gewusst habe und von der beigeladenen Künstlersozialkasse nicht aufgeklärt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei als Eigenwerber abgabepflichtig, da sie selbständige, d.h. auf freiberuflicher Basis tätige Künstler oder Publizisten beauftragt habe. Selbständige Künstler oder Publizisten seien neben natürlichen Personen auch Personengesellschaften, nicht jedoch Kapitalgesellschaften, da diese als juristische Personen nicht selbstständige Künstler oder Publizisten seien. Die Abgabepflicht bestehe auch dann, wenn der Auftragnehmer nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig oder versicherungsfrei sei. Die Abgabe sei aus den Entgelten für die an Werbeagenturen in den Jahren 2003 bis 2008 erteilten Aufträge berechnet worden.
Die Klägerin erhob am 31. Juli 2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung wiederholte sie ihr Widerspruchsvorbringen und führte darüber hinaus aus, die Leistungen der Werbeagentur seien nicht alle künstlerisch oder publizistisch, insbesondere nicht die Werbefotografie, Zielgruppenermittlung, Realisierung der Firmen-Homepage sowie verschiedene nichtkünstlerische Tätigkeiten im Zusammenhang mit Firmenprospekten. Die Beklagte hätte nach einzelnen Tätigkeiten unterscheiden müssen und habe nicht alle Honorare zur Abgabe heranziehen dürfen. Sie habe keine Verträge mit selbstständigen Künstlern geschlossen, sondern nur mit der Werbeagentur. Ziel des KSVG sei es, selbstständigen Künstlern den Schutz zu gewähren, den die Sozialversicherung Arbeitnehmern gewähre. Die Werbeagentur sei als OHG eine rechtsfähige Gesellschaft und könne ebenso wenig Künstler sein wie eine juristische Person. Die künstlerischen Leistungen würden in der Regel nicht von den Gesellschaftern erbracht, sondern von Arbeitnehmern. Die Verpflichtung zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verletze sie in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit und verstoße gegen Art. 14, 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Beschluss vom 08. April 1987 (2 BvR 909/82 u.a., SozR 5425 § 1 Nr. 1) die Belastung der Verwerter von Kunst und Publizistik mit der Künstlersozialabgabe mit dem "kulturhistorisch gewachsenen besonderen Verhältnis gleichsam symbiotischer Art" begründet. Dies möge für die klassischen Verwerter nach der damaligen Fassung des § 24 KSVG richtig gewesen sein, nicht aber im heutigen Verhältnis zwischen Werbeagenturen und ihren Auftraggebern. Ein kulturhistorisch gewachsenes Verhältnis symbiotischer Art sei zwischen einem Betrieb der Bekleidungsindustrie und einer Werbeagentur nicht ansatzweise erkennbar. Gleichheitswidrig sei, dass eine entsprechende Belastung bei der Beauftragung anderer Dienstleister nicht anfalle. Der Prüfauftrag des BVerfG an den Gesetzgeber habe die Eigenwerbung betreibende Wirtschaft betroffen, soweit diese selbst, also ohne Einschaltung einer Werbeagentur, künstlerische Arbeit professionell vermarkten würden. Der Gesetzgeber sei dann mit dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG darüber hinaus gegangen. Dies führe zu einer Doppelbelastung mit der Abgabe sowohl der Werbeagentur als auch bei ihr als Auftraggeberin. Die Vorschrift sei daher zumindest verfassungskonform dahin auszulegen, dass nur solche Unternehmen, die ohne Einschaltung einer Werbeagentur Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten vermarkten würden, abgabepflichtig seien. Eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung liege darin, dass die OHG anders behandelt werde als die GmbH, obwohl angesichts der Rechtsfähigkeit der OHG diese Vertragspartner sei. Die künstlerischen Leistungen würden in aller Regel von den Arbeitnehmern der OHG erbracht. Zu berücksichtigen sei, dass die OHG nicht versicherungspflichtig nach dem KSVG sei. Daher sei ihre Belastung mit der Abgabe für die an die OHG gezahlten Entgelte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die vom BVerfG zur Begründung angeführte Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sei angesichts der inzwischen bestehenden Versicherungspflicht, die für die nicht nach dem KSVG Versicherten teurer sei, nicht mehr durchschlagend. Die Erfüllung der Abgabepflicht sei zusätzlich mit erheblichen Kosten angesichts des bürokratischen Aufwands für sie verbunden. Nach einer Untersuchung der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH vom 26. September 2008 seien allein die Bürokratiekosten für die Wirtschaft im Zusammenhang mit der Künstlersozialabgabe von EUR 221,7 Mio. höher als ihr Aufkommen mit EUR 190 Mio., wobei der Aufwand der Rentenversicherung und der Beigeladenen nicht berücksichtigt seien. Es sei grundsätzlich gleichheitswidrig, den Auftraggeber die Sozialversicherung eines Selbständigen, der nicht von ihm persönlich abhängig sei, zahlen zu lassen. Auch insoweit trage der zitierte Beschluss des BVerfG, wonach das Verhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer nicht der ausschließliche Fall einer sozialen Verantwortlichkeit sei, der die Heranziehung zu fremdnützigen Sozialversicherungsbeiträgen rechtfertige, die damals ausschließliche Konstellation der klassischen Verwerter, nicht aber die Beauftragung selbständiger Werbeagenturen durch Unternehmen. Die Verpflichtung der Eigenwerber zur Entrichtung der Künstlersozialabgebe verstoße für die Zeit bis einschließlich 2006 wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das BVerfG habe in seinem Urteil zur Besteuerung von Spekulationsgewinnen aus Wertpapiergeschäften in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 (vom 09. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94) ausgeführt, dass Art. 3 Abs. 1 GG eine rechtlich und tatsächlich gleiche Belastung der Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz verlange. Werde die Gleichmäßigkeit im Belastungserfolg verfehlt, sei die gesetzliche Besteuerungsgrundlage verfassungswidrig. Diese Grundsätze seien auf das Sozialrecht übertragbar. Seit den 80er Jahren seien nur diejenigen zur Künstlersozialabgabe herangezogen worden, die sich selbst bei der Künstlersozialkasse gemeldet hätten, da diese keine Prüfaktivitäten entfaltet habe. Erst mit der Übertragung der Prüfung auf die Rentenversicherungsträger mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze (3. KSVG-ÄndG) vom 12. Juni 2007 (BGBl. I, S. 1034) seien nennenswerte Prüfaktivitäten zu verzeichnen. Der Gesetzentwurf habe die Übertragung der Prüfung auf die Rentenversicherung mit der Herstellung der verfassungsrechtlich gebotenen Abgabegerechtigkeit begründet. Daher sei die Abgabepflicht für die Zeit vor der Gesetzesänderung wegen strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig. Die Nacherhebung von Beiträgen sei rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) nicht über die Abgabepflicht aufgeklärt worden sei, wozu die Beigeladene nach § 47 KSVG verpflichtet sei. Eine rückwirkende Erhebung für mehrere Jahre sei daher grob unbillig. Die Forderung hätte erlassen werden müssen, sie sei verwirkt, die Geltendmachung verstoße gegen Treu und Glauben. Die Künstlersozialabgabe sei eine Steuer, weil sie letztlich die Sozialversicherung finanziere und keine Gegenleistung beinhalte und verstoße gegen Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG). Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG untersage den Mitgliedsstaaten die Einführung einer weiteren Steuer. Da die Künstlersozialabgabe an die künstlerische Leistung und das zu zahlende Entgelt anknüpfe, sei sie eine Umsatzsteuer und führe zur Doppelbesteuerung, da außerdem Umsatzsteuer anfalle. In der 6. EG-Richtlinie sei aber festgelegt, dass weitere Umsatzsteuern über das in der Richtlinie vorgegebene Modell hinaus nicht erhoben werden dürften. Eine künstlerische Leistung sei eine Leistung im Sinne der Richtlinie 2006/112/EG. Die Normen des KSVG seien damit nicht EU-rechtskonform und somit nicht anzuwenden. Jedenfalls habe die Beklagte Zahlungen berücksichtigt, die keine künstlerischen Leistungen beträfen, wie Fotografen, Styling, Hair and Make-up sowie Reisekosten.
Die Beklagte trat dem entgegen. Die Abgabe sei eine Umlage und fließe der Künstlersozialversicherung als Teil der gesetzlichen Sozialversicherung zu. Die Künstlersozialabgabe diene wie der Arbeitgeberanteil in der allgemeinen Sozialversicherung der Finanzierung der paritätischen Sozialversicherung. Zweck sei die Absicherung selbständiger Künstler, also natürlicher Personen. Daher würden nur für die Leistungen natürlicher Personen, nicht für solche von juristischen Personen, Abgaben verlangt. Juristische Personen, die künstlerische Leistungen von ihren Mitarbeitern erbringen ließen, benötigten diesen Schutz nicht, da deren künstlerisch tätige Mitarbeiter als Arbeitnehmer abgesichert seien. Zahlungen an Personen(handels)gesellschaften erfüllten den Tatbestand des § 25 KSVG, weil diese trotz ihrer Teilrechtsfähigkeit keine von der natürlichen Person gesondert zu betrachtenden eigenständigen Rechtspersönlichkeiten seien. Zahlungen an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) führten zur Abgabepflicht, weil diese ein Zusammenschluss natürlicher Personen sei, die persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften würden und denen die Leistungen und Werke der GbR ohne weiteres zugerechnet würden. Das Gleiche gelte für die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG. Gegen die Finanzierung der Künstlersozialversicherung bestünden ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Finanzierung erfolge zur Hälfte durch Beiträge der Versicherten, zur anderen Hälfte durch die Künstlersozialabgabe und einen Zuschuss des Bundes. Dies stelle eine Bevorzugung von selbstständigen Künstlern und Publizisten gegenüber anderen Selbstständigen dar, da Künstler und Publizisten damit beitragsrechtlich wie Beschäftigte behandelt würden. Die Heranziehung der Verwerter/Vermarkter zur Zahlung der Abgabe im Umfang der von ihnen gezahlten Entgelte sei in der engen Verbindung zwischen den selbstständig Kulturschaffenden und den Verwertern/Vermarktern begründet, da die Werke und Leistungen in der Regel nur über Vermarkter/Verwerter (Verleger, Konzertdirektion, Rundfunkanstalten, Galerie, Eigenwerber) an die Öffentlichkeit gelangten. Der mit Wirkung vom 01. Januar 1988 in § 24 Abs. 1 KSVG eingefügte Satz 2 beziehe diejenigen Unternehmer in die Abgabepflicht ein, die wie professionelle Vermarkter Werbung für das eigene Unternehmen betrieben, es müssten nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilt werden. Die mit dem Bescheid vom 08. April 2009 erhobenen Nachforderungen seien nicht verjährt. Unkenntnis schütze die Klägerin nicht. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht sei nicht zu erkennen. Diese werde mit den üblichen Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit in Form von Merkblättern, Broschüren, Pressemitteilungen, etc. erfüllt. Abgabepflichtiges Entgelt sei gemäß § 25 Abs. 2 KSVG in wörtlicher Übereinstimmung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwende, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, also alle für die Herstellung des Werkes erforderlichen Aufwendungen, nicht der Wert der eigentlichen künstlerischen oder publizistischen Leistung. Damit werde der Umsatz, den ein Verwerter mit einem Künstler erziele, ebenso mit der Künstlersozialabgabe belegt wie der Umsatz eines Kaufmannes mit einem Kunden mit der Umsatzsteuer belegt werde. Als Bemessungsgrundlage würden die gesamten Entgelte mit Ausnahme der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer herangezogen, unabhängig davon, ob es Aufwendungen in Form von Gagen, Ankaufpreise, Honorare, Tantiemen, Lizenzen, Zahlungen aus Kommissionsgeschäften, Sachleistungen oder andere Formen von Bezahlung seien. Entgelt seien auch Auslagen (z.B. für Telefon oder Fracht) und Nebenkosten (z.B. für Material, Entwicklung und nicht künstlerische Nebenleistungen), die dem Künstler vergütet würden. Daher seien auch Model-Gagen, Hair-Styling, Make-Up sowie Reisekosten für Models Entgelte für Aufwendungen des Künstlers im Sinne von § 25 Abs. 2 Satz 1 KSVG.
Mit Einverständnis der Beteiligten entschied das SG am 19. April 2010 durch Urteil ohne mündliche Verhandlung und wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, gemäß § 28p Abs. 1a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) prüften die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese die Künstlersozialabgabe rechtzeitig und vollständig entrichteten und erließen Verwaltungsakte zur Künstlersozialversicherungspflicht und zur Höhe der Künstlersozialabgabe. Abgabepflichtig sei ein Unternehmer, der ein in § 24 KSVG genanntes Unternehmen betreibe oder für Zwecke seines eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreibe und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile. Bemessungsgrundlage seien alle Entgelte, die für künstlerische oder publizistische Leistungen an selbstständige Künstler oder Publizisten geleistet würden, auch wenn diese selbst nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig seien. Die Klägerin habe nicht nur gelegentlich Aufträge an die Werbeagentur vergeben, um für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Die Werbeagentur sei selbständiger Künstler im Sinne der §§ 24 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG. Die Auftragserteilung an eine OHG stehe der Abgabepflicht nicht entgegen. Hinsichtlich der Künstlereigenschaft sei nicht auf die Gesellschaft, sondern auf die Gesellschafter abzustellen. Zwar seien Personenhandelsgesellschaften juristischen Personen angenähert, indem sie rechtsfähig, parteifähig und insolvenzfähig seien. Dennoch seien sie keine eigenständigen, von den Gesellschaftern unabhängigen Rechtspersönlichkeiten. Vielmehr hafteten die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) persönlich, also auch für die übernommenen vertraglichen Verpflichtungen, so dass auf sie als Künstler im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG abzustellen sei. Anderenfalls wären die Zahlungen der OHG an ihre Gesellschafter abgabepflichtig, was dem Zweck des Gesetzes zuwiderliefe, denn die Kunstschaffenden, die sich in einer Personengesellschaft zusammentäten, seien keine Vermarkter, sondern kraft ihrer personalen Verantwortung Künstler. Nach Sinn und Zweck des KSVG sei es daher gerechtfertigt, die Klägerin zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen, wenn diese ihre Werbematerialien von einer Personenhandelsgesellschaft produzieren lasse. Dies gelte unabhängig davon, ob die künstlerische Leistung durch die Gesellschafter oder durch Angestellte erbracht würden und ob die Werbeagentur sich selbständiger Künstler bediene und damit selbst Verwerterin sei. Auch die Nebenleistungen seien Entgelte für Aufwendungen des Künstlers im Sinne von § 25 Abs. 2 Satz 1 KSVG. Die Abgabepflicht bestehe unabhängig von der Kenntnis der Klägerin, ein von der Beklagten geschaffener Vertrauenstatbestand sei nicht erkennbar. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden auch angesichts der vorliegenden Entscheidungen des BVerfG nicht.
Gegen das über ihre Bevollmächtigten am 28. April 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Mai 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 12. August 2010 (B 3 KS 2/09 R, SozR 4-5425 § 25 Nr. 7) die Gesellschafter einer GbR nicht allgemein als selbständige Künstler eingeordnet, sondern lediglich Personen, die bei einem oder mehreren Werken gemeinsam tätig würden, etwa als Musiker gemeinsam ein Konzert gäben, wenn also keine Anhaltspunkte bestünden, dass die Zweckverfolgung nicht im Sinne von § 705 BGB gemeinschaftlich geschehe oder eine Aufgabendelegation außerhalb der GbR vorgenommen werde. Eine OHG sei dagegen typischerweise kein Zusammenschluss zur Erbringung einzelner oder mehrerer Werke, sondern eine Personenhandelsgesellschaft, die ein kaufmännisches Gewerbe betreibe. Schwerpunkt sei die rechtlich verfasste Führung eines Unternehmens, das als eigener Rechtsträger auftrete. Dazu gehöre typischerweise die Delegation von Aufgaben nach außen. Die Werbeagentur habe 30 Mitarbeiter. Da die OHG wie die KG gemäß § 14 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechtsfähig sei, könne für die Einordnung als selbständiger Künstler nur auf die Gesellschaft und nicht auf die Gesellschafter abgestellt werden. Die OHG führe einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb. Hieraus und aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern ergebe sich, dass die Gesellschafter nicht typischerweise gemeinschaftlich Kunstwerke schafften. Gesellschafter seien auch im Management und der Organisation tätig. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass alle Gesellschafter an der Erstellung eines Werkes beteiligt seien. Die OHG sei genauso wie die KG einzuordnen. Die Vorschriften über die KG im HGB verwiesen auf diejenigen über die OHG mit der einzigen Besonderheit, dass Vorschriften über die Rechtstellung der Kommanditisten existierten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. April 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Urteil des BSG vom 12. August 2010 (a.a.O.) ergebe sich nichts anderes. Bei der OHG könne anders als bei der KG angenommen werden, dass sich alle Gesellschafter zur gemeinschaftlichen Erstellung künstlerischer oder publizistischer Werke zusammengeschlossen hätten. Prägend für die OHG sei die gemeinschaftliche Zweckverfolgung, die unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis aller Gesellschafter, das Zustimmungserfordernis jedes Gesellschafters für Handlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen sowie der gleiche Anteil aller Gesellschafter an Gewinn und Verlust. Bei der KG stehe indes typischerweise mindestens ein unbeschränkt haftender geschäftsführender Komplementär mindestens einem nur Kapital gebenden Gesellschafter (Kommanditisten) gegenüber, der grundsätzlich nicht geschäftsführungsbefugt, nur beschränkt an Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt und nach außen nur in Höhe seiner Einlage haftbar sei. Die Ein- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Gesellschafter einer OHG seien nach dem gesetzlichen Leitbild stärker ausgeprägt als bei der KG. Damit unterscheide sich die KG erheblich von der GbR, während die OHG dieser weitgehend entspreche.
Die mit Beschluss vom 05. April 2012 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten habe ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist mit Schriftsatz vom 28. Mai 2010, eingegangen am selben Tage, form- und fristgerecht erhoben. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben, denn die Berufung betrifft eine Abgabenforderung von EUR 42.791,24.
II.
Die Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu.U.nrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009, mit dem die Beklagte Künstlersozialabgabe für die in den Jahren 2003 bis 2008 von der Klägerin für Werbung geleisteten Zahlungen erhebt, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
1.
Die hier erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist die richtige Klageart, weil die Klägerin die ersatzlose Aufhebung des von der Beklagten erlassenen Bescheides vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009 begehrt. Diese Anfechtungsklage betrifft zwei voneinander zu unterscheidende Streitgegenstände. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 08. April 2009 mit dem ersten Verfügungssatz festgestellt, dass die Klägerin (als Eigenwerber - § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 KSVG) dem Grunde nach zur Abführung der Künstlersozialabgabe verpflichtet ist (Erfassungsbescheid). Mit dem zweiten Verfügungssatz ist die von der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2008 zu entrichtende Künstlersozialabgabe auf EUR 42.791,24 festgesetzt worden (Abgabebescheid). Es handelt sich also um einen kombinierten Verwaltungsakt, der hinsichtlich beider durch die Verfügungssätze gekennzeichneten Verwaltungsentscheidungen angefochten ist, weil die Klägerin die vollständige Aufhebung des Bescheides vom 08. April 2009 begehrt. Die darin liegende objektive Klagehäufung ist nach § 56 SGG zulässig, weil sich die Begehren gegen dieselbe Beklagte richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist. Der Annahme einer umfassenden Anfechtung des Bescheides steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin gemäß ihren Angaben im Erhebungsbogen vom 12. März 2009 ursprünglich selbst von einer grundsätzlichen Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG ausgegangen ist. Sie hat im vorliegenden Rechtsstreit verdeutlicht, auch die Erfassungsentscheidung anfechten zu wollen, weil sie keine Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt habe und dies gegenwärtig ebenfalls nicht der Fall sei, sowie die Regelungen für verfassungswidrig erachtet.
2.
Der Bescheid vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009 ist formell rechtmäßig, weil er von der Beklagten als zuständiger Behörde erlassen worden ist. Nach § 28p Abs. 1a SGB IV (in der Fassung von Art 2 Nr. 1a des 3. KSVG-ÄndG, in Kraft getreten zum 15. Juni 2007) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern u.a., ob diese die Künstlersozialabgabe rechtzeitig und vollständig entrichten (Satz 1). Sie erlassen insoweit die erforderlichen Verwaltungsakte einschließlich der Widerspruchsbescheide (Satz 3) und unterrichten die Beigeladene über Sachverhalte, soweit sie Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem KSVG betreffen (Satz 4). Damit korrespondierende Vorschriften sind durch das 3. KSVGÄndG zum 15. Juni 2007 auch in das KSVG selbst eingefügt worden (§ 27 Abs. 1 Satz 3, § 29 Satz 1, § 35 Abs. 1 Satz 2, § 36 Abs. 4 Nr. 1 KSVG). Die Beigeladene überwacht seit diesem Zeitpunkt nur noch die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Beitragsanteile der Versicherten und der Künstlersozialabgabe bei den Unternehmern ohne Beschäftigte und den Ausgleichsvereinigungen (§ 35 Abs. 1 Satz 1 KSVG), während die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüfungen bei den Arbeitgebern nach § 28p SGB IV die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch diese Unternehmer überwachen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 KSVG i.V.m. § 28p Abs. 1a SGB IV). Diese Zuständigkeitstrennung ist zum 15. Juni 2007 auch in der nach § 35 Abs. 2 KSVG erlassenen KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung - KSVG-BÜVO - (vgl. § 1 Abs. 1 KSVG-BÜVO vom 13. Oktober 1994, BGBl. I, S. 2972, in der Fassung durch Art. 3 3. KSVG-ÄndG) umgesetzt worden. Hier ist der angefochtene Bescheid im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1a SGB IV erlassen worden. Deshalb war die Beklagte und nicht die Beigeladene für den Erlass des Erfassungs- und Abgabebescheides sowie des Widerspruchsbescheides zuständig. Die Anfechtungsklage war demzufolge auch gegen die Beklagte und nicht gegen die Beigeladene zu richten.
3.
Der Bescheid vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009 ist materiell rechtswidrig, weil die Klägerin hinsichtlich der an die Werbeagentur erteilten Aufträge nicht verpflichtet ist, die Künstlersozialabgabe zu zahlen.
Zur Künstlersozialabgabe sind neben den in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 9 KSVG aufgeführten Unternehmen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 KSVG sind zur Künstlersozialabgabe ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Werden in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden, liegt eine nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen im Sinne des Satzes 1 vor (§ 24 Abs. 2 Satz 2 KSVG). Die Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach setzt lediglich voraus, dass ein Unternehmen mit einem in § 24 KSVG aufgeführten Zweck betrieben wird. Bei den dort genannten Unternehmen geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese "typischerweise und entsprechend dem Zweck ihres Unternehmens künstlerische und publizistische Leistungen verwerten" (Begründung zur Neufassung des § 24 KSVG durch die Novellierung des Gesetzes zur Änderung des KSVG zum 01. Januar 1989, Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 11/2964 S. 18 zu Nr. 5). Mit Wirkung zum 01. Januar 1988 hat der Gesetzgeber im Übrigen § 24 Abs. 1 KSVG durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung vom 18. Dezember 1987 (BGBl. I. S. 2794) um den hier einschlägigen Satz 2 erweitert. Mit der Ergänzung hat er den Beschluss des BVerfG vom 08. April 1987 (2 BvR 909/82 u.a., a.a.O.) umgesetzt. Das BVerfG hatte gerügt, dass es der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete, Unternehmen der Eigenwerbung treibenden Wirtschaft, die wie professionelle Vermarkter tätig würden, ebenso der Abgabepflicht zu unterwerfen wie Werbeunternehmen.
Eine Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 KSVG liegt jedoch nicht vor. Weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 2 dieser Vorschrift lassen sich die Voraussetzungen einer Abgabepflicht feststellen, wobei an der Eigenschaft der Klägerin als Unternehmen i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 KSVG keine Zweifel bestehen (vgl. zum Unternehmensbegriff BSG, Urteil vom 12. April 1995 - 3 RK 4/94 - m.w.N., [...]; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02. Februar 2012 - L 8 R 212/10 B ER; Jürgensen, Praxishandbuch Künstlersozialabgabe, 2004, S. 11 ff). Es fehlt nämlich an der Auftragserteilung an selbständige Künstler oder Publizisten. Voraussetzung für die Abgabepflicht ist, dass Aufträge an Künstler/Publizisten i.S.d. KSVG erteilt wurden (zuletzt BSG, Urteil vom 12. August 2010 - B 3 KS 2/09 R; a.a.O.). Die Eigenschaft als Künstler/Publizist kommt nur solchen Personen zu, die ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit nicht nur einmalig, sondern so nachhaltig ausüben, dass sie als Wesensmerkmal der Person angesehen werden kann (BSG, a.a.O.). Grund für diese Einschränkung ist die verfassungsrechtlich gebotene besondere Legitimation der Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen, die regelmäßig spezifische Solidaritäts- oder Verantwortlichkeitsbeziehungen zwischen Zahlungsverpflichteten und Versicherten voraussetzt (BSG, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 08. April 1987 - 2 BvR 909/82 u.a. -, a.a.O.). In der Künstlersozialversicherung besteht eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen den selbstständigen Künstlern und Publizisten einerseits und den Unternehmern andererseits, die ständig Werke solcher Künstler oder Publizisten gegen Entgelt in Anspruch nehmen und daraus Einnahmen erzielen. Dieses Verhältnis ist nach dem Willen des Gesetzgebers ähnlich wie das zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, woraus die innere Begründung für die Beteiligung der Vermarkter/Verwerter an der sozialen Absicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten folgt, und zwar auch, wenn der Künstler/Publizist selbst nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig ist (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG).
Diese Grundsätze gelten allerdings nur für natürliche, nicht für juristische Personen. Bei einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit, die möglicherweise selbst als Unternehmen zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen ist, fehlt nämlich der innere Zusammenhang zwischen Abgabepflicht und Inanspruchnahme eines künstlersozialversicherten Künstlers oder Publizisten (vgl. BSG, a.a.O.).
(1)
Die von der Klägerin erteilten Aufträge an die Werbeagentur führen wegen deren Rechtsform als OHG, in der die Werbeagentur im streitigen Zeitraum von 2003 bis 2008 geführt wurde, nicht zur Abgabepflicht auf geleistete Entgelte. Der Senat ist der Auffassung, dass die Gesellschafter der OHG ebenso wie die der KG nicht als selbstständige Künstler/Publizisten anzusehen sind (vgl. zur KG: BSG, Urteil vom 12. August 2010, a.a.O.; allgemein zu Handelsgesellschaften: Urteil des Senats vom 13. Dezember 1996 - L 4 KR 2274/94 - nicht veröffentlicht). Während der Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer GbR deren Einzel-Selbständigkeit "als Künstler" in der Regel nicht berührt, wenn es um die gemeinschaftliche Erstellung eines oder mehrerer Werke geht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zweckverfolgung nicht i. S. von § 705 BGB gemeinschaftlich geschieht oder eine Aufgabendelegation außerhalb der GbR vorgenommen wird (vgl. BSG, a.a.O.), kann bei einer Personenhandelsgesellschaft nicht regelmäßig angenommen werden, dass an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes alle Gesellschafter gemeinschaftlich als selbständige Künstler oder Publizisten mitwirken. Vielmehr ist diese als Handelsgesellschaft regelmäßig arbeitsteilig organisiert, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Gesellschafter im künstlerischen/publizistischen Bereich tätig sind, sondern einzelne Gesellschafter auch organisatorische oder Management-Aufgaben erledigen. Andererseits liegt es nahe, dass die künstlerische/publizistische Arbeit (auch) von angestellten Mitarbeitern erledigt wird.
Erforderlich ist allerdings aus Gründen der Rechtsicherheit eine typisierende Betrachtung unabhängig von den Umständen des Einzelfalls. Für die Eindeutigkeit des Abgabetatbestandes bedarf es auch für außen stehende Kunstvermarkter/-verwerter leicht feststellbarer Kriterien. Daher müssen gesellschaftsrechtlich zulässige atypische Gestaltungen außer Betracht bleiben. Prägend für die OHG ist, dass ihr im Vergleich zur GbR eine gesteigerte rechtliche Verselbstständigung im Verhältnis zu den sie tragenden Gesellschaftern zukommt, weil sie in das Handelsregister einzutragen ist (§ 123 i.V.m. § 106 HGB). Auch kann sie unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (§ 124 HGB). Bei der OHG ist grundsätzlich jeder Gesellschafter einzeln geschäftsführungs- und vertretungsbefugt (§§ 115, 125 HGB), bei der GbR steht die Geschäftsführung den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; jedes Geschäft bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter (§ 709 BGB). Der GbR fehlt im Gegensatz zur OHG eine nach außen erkennbare rechtliche Struktur. Daher sind Gesellschafter einer mit der Erstellung künstlerischer oder publizistischer Werke befassten OHG - wie die einer KG - nicht als selbstständige Künstler oder Publizisten i.S.d. KSVG anzusehen.
(2)
Für Aufträge an den Werbefotografen K. bestand ebenfalls keine Abgabepflicht. Zwar ist dieser Künstler im Sinne des KVSG (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2010 - B 3 KS 1/10 R - SozR 4-5425 § 2 Nr. 18). Es fehlt hinsichtlich des Werbefotografen K. jedoch eine Auftragserteilung seitens der Klägerin. Die Klägerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass sie lediglich die Werbeagentur beauftragt hat. Dafür spricht die Rechnungsstellung des K., der seine Rechnungen zwar an die Klägerin übermittelt hat, die aber nur seine Leistungen ohne Nebenkosten wie Spesen, Reisekosten, Auslagen, etc. enthalten. Dafür spricht auch, dass die Werbeagentur in Höhe von 10 v.H. der Rechnungssumme des K. auf ihren Rechnungen eine Service fee in Ansatz bringt, sowie die Künstlersozialabgabe für die an K. geleisteten Entgelte ausweist.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da Klägerin und Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, finden nach § 197a SGG die VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung.
4.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
5.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 42.791,24 festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs.2 und 3, 52 Abs.1 und 3, 47 Abs.1 GKG.