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  • 16.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131288

    Finanzgericht München: Urteil vom 25.07.2012 – 9 K 1929/12

    1. Unterhält ein Alleinstehender, der am Beschäftigungsort wohnt, an einem anderen Ort einen eigenen Hausstand, besteht mit zunehmender Dauer besonderer Anlass zu prüfen, wo sich sein Lebensmittelpunkt befindet. Bei nicht verheirateten Arbeitnehmern spricht, je länger die Auswärtstätigkeit dauert, immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszwecke vorgehalten wird. Indizien können sein, wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der einen und der anderen Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen.

    2. Der Lebensmittelpunkt eines in fester Partnerschaft lebenden Arbeitnehmers befindet sich regelmäßig in der gemeinsamen Wohnung (Anschluss an FG Hamburg v. 16. 10 .2001, VI 148/01 ). Wohnt die Steuerpflichtige schon über 20 Jahre am auswärtigen Beschäftigungsort, davon seit ca. 10 Jahren in einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem Lebensgefährten und fährt sie ca. 31mal im Jahr an den Wochenden bzw. im Urlaub in ihre eigene, 130 km entfernte Wohnung im Haus ihrer Eltern in ihrem früheren Heimatort, so liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen gleichwohl am auswärtigen Beschäftigungsort, wenn dort u. a. gemeinsam mit dem Lebensgefährten auch private Unternehmungen, z. B. mit der dort wohnenden Familie des Lebensgefährten, in Kursen und mit Freunden unternommen worden sind, der Lebensgefährte nicht regelmäßig mit der Steuerpflichtigen zu deren Eltern mitgefahren ist, für den Lebensgefährten nach eigener Aussage der auswärtige Beschäftigungsort den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellt, es sich bei den Heimfahrten der Steuerpflichtigen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eher um Besuchsfahrten zur Betreuung ihrer betagten Eltern gehandelt hat und wenn ferner keine größeren Freizeitaktivitäten bzw. –abgesehen von den Eltern– keine privaten Kontakte am früheren Heimatort nachgewiesen werden. Bei diesem Sachverhalt führt es zu keinem anderen Ergebnis, dass die Steuerpflichtige Eigentümerin der von ihr genutzten Eigentumswohnung im Haus der Eltern ist, dass diese Wohnung mit 70 qm größer als die 58 qm große, angemietete Wohnung am Beschäftigungsort ist und dass die Steuerpflichtige nach wie vor am Wohnort der Eltern gemeldet ist und am auswärtigen Beschäftigungsort Zweitwohnungsteuer zahlt.


    FG München v. 25.07.2012

    9 K 1929 / 10

    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vorliegen.

    Die ledige Klägerin erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und wurde vom Finanzamt (FA – Beklagter), zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In ihren EStErklärungen 2006 bis 2008 machte sie u.a. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung i.H.v. insgesamt 7.774 EUR (1.833 EUR [47 × 130 km × 0,30 EUR/km] Fahrtkosten + 5.209 EUR Miete + 732 EUR Tiefgaragen[TG]-Stellplatz) im Jahr 2006, 7.854 EUR (1.833 EUR Fahrtkosten + 5.289 EUR Miete + 732 EUR TG-Stellplatz) im Jahr 2007 und 7.901 EUR (1.833 EUR Fahrtkosten + 5.336 EUR Miete + 732 EUR TG-Stellplatz) im Jahr 2008 geltend. Als Mittelpunkt der Lebensinteressen gab sie A an. Sie ist dort Eigentümerin eines 2/3 Miteigentumsanteils verbunden mit dem Sondereigentum an der ca. 70 m² großen Wohnung im Dachgeschoss (DG) an einem im Jahr 1993 fertig gestellten und nach § 3 Wohnungseigentumsgesetz in zwei Wohnungen geteilten Zweifamilienhauses. Eigentümer der Erdgeschoss (EG)-Wohnung waren im Streitzeitraum der am 8. Dezember 2009 verstorbene Vater der Klägerin und die Mutter. In B wohnte die Klägerin in einer 57,22 m² großen Wohnung, die sie seit 1. Januar 1997 zusammen mit ihrem Lebensgefährten R gemietet hat.

    Das FA erkannte die geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht an und setzte die ESt 2006 im Bescheid vom 10 . April 2008 mit 8.046 EUR, die ESt 2007 im Bescheid vom 27. März 2009 mit 8.826 EUR und die ESt 2008 im Bescheid vom 19. März 2010 mit 9.651 EUR fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies es mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

    Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin weiterhin die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung begehrt. Zur Begründung trägt sie vor, sie besitze in A eine Wohnung von ca. 70 m² mit einem Garten, die sie seit Beginn der doppelten Haushaltsführung im Jahr 1985 bis zum Jahr 2008 wöchentlich im Rahmen von Familienheimfahrten aufsuche. Die Jahresfahrleistung sei auch durch entsprechende Unterlagen nachgewiesen. Diese Fahrten seien ein eindeutiger Hinweis auf das Vorliegen des Lebensmittelpunktes in A. Dies werde auch von der Finanzverwaltung so gesehen, wie sich aus R 9. 10 Abs. 1 Satz 8 Lohnsteuerrichtlinien ( LStR) 2008 ergebe. Sie habe die Wohnung in B nur deshalb, weil sie in B arbeite. Dass sie sich in B arbeitsbedingt fünf Tage in der Woche aufhalte, spreche entgegen der Ansicht des Beklagten nicht für eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach B. Vielmehr sei die wöchentliche Rückkehr zum Wohnort an den arbeitsfreien Wochenenden und während des Urlaubs ein deutliches Zeichen für die Beibehaltung des Lebensmittelpunktes in A. Sie habe als Einzelkind eine sehr starke Bindung an ihre Eltern, die im Übrigen im Jahr 2008 83 und 75 Jahre alt gewesen seien und aufgrund des Alters in Haus und Garten und in allen Lebenslagen ihre Hilfe benötigt hätten. Die Wohnung in A sei mit 70 m² ca. 35 % größer als die in B angemietete Wohnung. Es sei zwar richtig, dass sie die Wohnung in B zusammen mit ihrem Lebensgefährten angemietet habe. Es bestehe auch eine enge Beziehung zu ihm. Die Beziehung zu ihren Eltern sei aber nicht minder eng, wie die Fahrten an den Wochenenden und während der Urlaubstage belegten. An diesen habe auch der Lebensgefährte teilgenommen, soweit er nicht beruflich verhindert gewesen sei. Es werde dazu auf die beigefügte Bestätigung verwiesen. Ihre Anwesenheitszeiten seien zudem durch die vorgelegten Einkaufsbelege aus dem Raum A untermauert, die zum Teil mit der Payback-Karte bezahlt worden seien. Mit dem Hundesteuerbescheid der Stadt A sei nachgewiesen, dass sie einen Hund besessen habe. In ihrer Abwesenheit hätten sich die Eltern um das Tier gekümmert. An den Wochenenden habe sie für das Tier gesorgt. Das Halten eines Hundes sei in B wegen der beengten Verhältnisse und des fehlenden Gartens nicht möglich gewesen. Es seien damit über 40 Fahrten pro Jahr nachgewiesen. Die Teilnahme an Qi Gong Kursen sei keine Freizeitgestaltung, sondern diente ausschließlich medizinisch-therapeutischen Zwecken. Da derartige Kurse in A am Wochenende nicht angeboten würden, sei sie gezwungen, diese in B am Abend zu besuchen. Sie entrichte schließlich auch ihre Zweitwohnungssteuer an die Stadt B.

    Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 9. und 21. Juni 2010 sowie vom 2. und 14. April und vom 31. Mai 2012 samt Anlagen Bezug genommen.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 vom 10 . April 2008, des Einkommensteuerbescheids 2007 vom 27. März 2009 und des Einkommensteuerbescheids 2008 vom 19. März 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010, weitere Werbungskosten i.H.v. 7.774 EUR im Jahr 2006, 7.854 EUR im Jahr 2007 und 7.901 EUR im Jahr 2008 anzuerkennen und die Einkommensteuer 2006 bis 2008 entsprechend herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt

    Klageabweisung.

    Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und trägt weiter vor, das Vorhalten der Wohnung in A für gelegentliche Besuche oder Ferienaufenthalte sei nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu werten. Es handle sich bei den Fahrten lediglich um Besuchsfahrten der Klägerin zu ihren Eltern. Dagegen sprächen die gemeinsam mit dem Lebensgefährten angemietete Wohnung und die Dauer der Tätigkeit in B für eine Verlegung des Lebensmittelpunktes nach B. Die Wohnung in A sei lediglich unwesentlich größer als diejenige in B. Auch die Anzahl der Heimfahrten spreche nicht für A als Lebensmittelpunkt. A sei nur 130 km von B entfernt. Die Fahrzeit betrage lediglich 1 Stunde und 21 Minuten. Die Klägerin habe trotz dieser geringen Entfernung nur die Hälfte der Wochenenden in A verbracht. Dass es in den Jahren 2009 bis 2011 möglicherweise längere Aufenthalte in A gegeben habe, sei für die Streitjahre unerheblich und im Übrigen nicht ausreichend nachgewiesen. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergebe sich, dass die Klägerin auch in B ihre Freizeit gestaltet habe. Es sei schließlich nicht nachgewiesen, dass der Lebensgefährte an allen Fahrten nach A teilgenommen habe. Hinsichtlich der eingereichten Einkaufsbelege sei eine Zuordnung der Einkäufe nur möglich, soweit die Einkäufe dem Payback-Konto der Klägerin gutgeschrieben worden seien. Damit seien in den Jahren 2006 und 2007 jeweils 31 Fahrten und im Jahr 2008 27 Fahrten nach A nachgewiesen.

    Gleichwohl könne weiterhin nicht davon ausgegangen werden, dass A den Mittelpunkt der Lebensinteressen der Klägerin darstelle. Die langjährige Beziehung zum Lebensgefährten habe erhebliches Gewicht. Aufgrund des Zusammenlebens der Lebenspartner in B sowie der miteinander verbrachten Freizeit und Urlaubszeit gehe sie anderen persönlichen Beziehungen, hier zu den Eltern der Klägerin, vor.

    Auf die Schriftsätze vom 6. Juli 2010, 4. Mai und 28. Juni 2012 wird Bezug genommen.

    Mit gerichtlicher Anordnung vom 6. März 2012 wurde die Klägerin aufgefordert, den behaupteten Mittelpunkt der Lebensinteressen in A in den Jahren 2006 bis 2008 darzulegen und durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen, weiter anzugeben und nachzuweisen, an welchen Tagen/Wochenenden sie sich in den Streitjahren in A aufgehalten und welches Verkehrsmittel sie benutzt habe, Tankbelege, Werkstattrechnungen und Fahrscheine sowie sämtliche Kontoauszüge und Abrechnungen aller Giro- und/oder Kreditkartenkonten für die Jahre 2006 bis 2008 vorzulegen. Die Klägerin reichte daraufhin die Schriftsätze vom 2. und 11. April 2012 ein. Das FA nahm mit Schriftsatz vom 4. Mai 2012 Stellung. Auf die Schriftsätze wird Bezug genommen.

    Eine Anfrage an die Stadt B vom 4. Juni 2012 ergab, dass die Klägerin ergab, dass die Klägerin in den Jahre 2006 bis 2008 Zweitwohnungsteuer entrichtet hat.

    Der Senat hat aufgrund des Beschlusses vom 13. Juni 2012 Beweis erhoben über die Tatsachen und Umstände der Aufenthalte der Klägerin in den Jahren 2006 bis 2008 in A durch Vernehmung von Herrn R K als Zeuge. Hinsichtlich der Aussage des Zeugen sowie des weiteren Sachvortrags der Beteiligten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25. Juli 2012 Bezug genommen.


    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Zu Recht hat das FA die geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in den Streitjahren nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt.

    1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen. Die doppelte Haushaltsführung muss ganz oder überwiegend aus beruflichen Gründen veranlasst sein ( Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. März 2012 VI R 87/ 10 , BFH/NV 2012, 1231 m.w.N.).

    Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn aus beruflicher Veranlassung in einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutritt. Der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Der so beruflich veranlasste Zweithaushalt am Beschäftigungsort qualifiziert auch die doppelte Haushaltsführung selbst als eine aus beruflichem Anlass begründete i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG. Eine doppelte Haushaltsführung wird nicht dadurch i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG begründet, dass ein einheitlicher Haushalt in zwei Haushalte „aufgespaltet” wird; das Merkmal der Aufspaltung ergibt sich nicht aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG und beschreibt den Vorgang der Begründung einer doppelten Haushaltsführung nur unzureichend. Die Begründung einer doppelten Haushaltsführung bedeutet vielmehr, dass zum ohnehin vorhandenen Haupthaushalt ein Zweithaushalt hinzukommt. Daher entscheiden auch nicht die Motive einer „Aufspaltung” der Haushaltsführung oder der Wahl des Ortes des Haupthausstands über die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung. Entscheidend ist, ob die Errichtung des Zweithaushalts am Beschäftigungsort konkreten beruflichen Zwecken dient. Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige den Zweithaushalt gegründet hatte, um von dort aus seine Arbeitsstätte schnell und unmittelbar aufsuchen zu können. Dann sind dieser zweite Haushalt am Beschäftigungsort und damit auch die doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst (BFH-Urteil vom 5. März 2009 VI R 23/07, BFH/NV 2009, 1176).

    Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern nur in einen fremden Haushalt – etwa in den der Eltern oder als Gast – eingegliedert ist. Dann liegt keine eigene Haushaltsführung vor. Insbesondere dann, wenn dem Arbeitnehmer die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand unterhält oder in einen fremden eingegliedert ist. Dabei hat der Senat aber dem Merkmal der Entgeltlichkeit lediglich – eine gewichtige – Indizfunktion beigemessen, ohne die Entgeltlichkeit indessen als unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) zu betrachten. Dies gilt sowohl für die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen. Zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und der Frage, wer die Kosten dafür trägt, ist zu unterscheiden. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein alleinstehender Steuerpflichtiger auch dann einen eigenen Haushalt unterhält, wenn nicht er selbst, sondern Dritte für diese Kosten aufkommen. Denn eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten ist nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist. Ob ein Steuerpflichtiger in einer Wohnung einen eigenen Hausstand führt, kann mithin nur unter Berücksichtigung insbesondere der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe eben dieser Wohnung entschieden werden. Wird der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet, wird regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen sein. (BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 1231;vom 21. April 2010 VI R 26/09, BFH/NV 2010, 1894 und vom 14. Juni 2007 VI R 60/05, BFH/NV 2007, 1976; vgl. auch Küttner/Thomas, Personalbuch 2012 Doppelte Haushaltsführung Rzn. 10 , 16-18)

    Unterhält ein Alleinstehender, der am Beschäftigungsort wohnt, an einem anderen Ort einen eigenen Hausstand, besteht mit zunehmender Dauer besonderer Anlass zu prüfen, wo sich sein Lebensmittelpunkt befindet. Bei nicht verheirateten Arbeitnehmern spricht, je länger die Auswärtstätigkeit dauert, immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszwecke vorgehalten wird. Indizien können sein, wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der einen und der anderen Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen. So wird regelmäßig ein junger Steuerpflichtiger, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung begonnen hat, noch eher in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert sein, wenn er im Haus der Eltern wohnt, selbst wenn er dort auch eigene Räume zur Verfügung hat. Hatte der Steuerpflichtige dagegen schon etwa im Rahmen einer gefestigten Beziehung oder Ehe andernorts einen eigenen Hausstand geführt, ist es regelmäßig nicht fernliegend, dass er einen solchen auch dann weiter unterhalten und fortführen wird, wenn er wieder eine Wohnung im Haus seiner Eltern bezieht (BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 1231, in 2010, 1894 und vom 9. August 2007 VI R 10 /06, BFH/NV 2007, 1996). Der Lebensmittelpunkt eines in fester Partnerschaft lebenden Arbeitnehmers befindet sich regelmäßig in der gemeinsamen Wohnung (Urteil des Finanzgerichts – FG – Hamburg vom 16. Oktober 2001 VI 148/01, juris). Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

    Für die den Abzug der Werbungskosten dem Grunde und der Höhe nach begründenden Tatsachen trägt der den Abzug begehrende Steuerpflichtige die objektive Feststellungslast (BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, Bundessteuerblatt II 1983, 760; Schmidt/Drenseck, EStG, 31. Aufl. § 9 Rz. 190).

    2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht vor. Die Klägerin hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass sich ihr Lebensmittelpunkt in den Streitjahren in A befunden hat.

    Der Senat geht zwar entgegen dem FA davon aus, dass die Klägerin in A ebenfalls einen eigenen Hausstand unterhält. A ist jedoch nach der Überzeugung des Senats nicht der Mittelpunkt der Lebensinteressen. Die Angaben der Klägerin sind insoweit weder schlüssig noch glaubhaft. So beantragt sie in den ESt-Erklärungen 2006 bis 2008 einheitlich für alle Jahre Aufwendungen für genau 47 Fahrten. Es ist schon mehr als unwahrscheinlich und entspricht nicht der Lebenserfahrung, dass sich die Anzahl der Fahrten nach A über drei Jahre hinweg exakt entsprochen haben soll. Hinzu kommt im Streitfall jedoch, dass sie auf gerichtliche Anforderung nur jeweils 31 Fahrten in den Jahren 2006 und 2007 und 27 im Jahr 2008 nachweisen konnte. Zu Recht wendet das FA bezüglich der eingereichten Einkaufsbelege ein, dass nur die direkt zuordenbaren Belege einen Aufenthalt in A nachweisen. Es handelt sich dabei um die Belege, in denen die Einkäufe dem Payback-Konto der Klägerin gutgeschrieben wurden. Doch auch bei diesen Fahrten handelt es sich nach der Überzeugung des Senats um reine Besuchsfahrten zu den Eltern. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergeben sich an den jeweiligen Wochenenden, an denen ein Aufenthalt in A nachgewiesen wurde, zwar laufend Aktivitäten in der Umgebung von A. Die vorgelegten Kreditkartenabrechnungen scheinen insoweit auch vollständig zu sein. Die Klägerin hat ihre Kontoauszüge allerdings trotz der gerichtlichen Anforderung, sämtliche Kontoauszüge aller Girokonten vorzulegen, nur sehr selektiv vorgelegt. Eine umfassende Prüfung war dem Gericht daher nicht möglich. Aufgrund der gerichtlichen Anordnung vom 6. März 2012 und der Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin war das Gericht insoweit zu weiterer Sachverhaltsermittlung nicht verpflichtet. Trotzdem ergibt sich aus den Kontoauszügen der Postbank zur Kontonummer 0088929857, dass sie Mitglied der Betriebssportgemeinschaft QiGong war (Auszug 5 Blatt 4 vom 1. Juni 2006 und Auszug 10 Blatt 5 vom 1. November 2006). In B haben damit entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehr wohl auch Freizeitaktivitäten stattgefunden. Dass es sich dabei möglicherweise um medizinisch-therapeutische Maßnahmen gehandelt haben soll, wie die Klägerin vorträgt, ändert daran nichts. Jede sportliche Betätigung beinhaltet auch einen medizinisch-therapeutischen Aspekt. Im Übrigen wurde eine konkrete medizinische Notwendigkeit weder hinreichend substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen. Sie ergibt sich auch nicht aus den Akten. Es entspricht darüber hinaus weder der Lebenserfahrung noch ist es glaubhaft, dass die Klägerin, die in B zusammen mit ihrem Lebensgefährten wohnt, zu dem sie nach eigenem Bekunden eine enge Beziehung hat, ausschließlich ihrer Arbeit nachgegangen sein und keinerlei private Aktivitäten entfaltet haben will.

    Die Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der Zeugenaussage aufgrund der langjährigen partnerschaftlichen Beziehung der Klägerin zum Zeugen nur ein eingeschränkter Beweiswert zu kommt. Zum anderen widerspricht sich der Zeuge und stützt somit das Vorbringen der Klägerin in wesentlichen Punkten nicht. So sagt der Zeuge zunächst aus, dass er mit der Klägerin die Zeit in B zu Hause verbracht habe oder er mit ihr zum Essen gegangen sei. Das Kino hätten sie gemeinsam nur selten besucht. Gleichzeitig gibt er aber an, der Kontakt mit seiner Familie und seinem Sohn in B sehe dergestalt aus, dass sie hin und wieder mit der Klägerin im Biergarten seien, bei den Eltern oder auf Familienfeiern. Bei schönem Wetter gehe er hin und wieder mit der Klägerin in den Biergarten. Dort träfen sie hin und wieder einen Bekannten. Seinen Sohn sehe er regelmäßig, wenn er in der Nähe der Arbeitstätte trainiere. Zudem treffe er sich regelmäßig einmal im Monat am Mittwoch mit seinem Ex-Schwager und Freunden aus Motorradzeiten. Er betreue auch die Kasse in einem Fußballverein. Auch die Tatsache, dass das Kennenlernen zwischen dem Zeugen und der Klägerin anlässlich eines Besuches der Klägerin und ihrer Arbeitskollegen auf dem Oktoberfest stattgefunden hat und im Anschluss daran mehrere Treffen und Kinobesuche zwischen dem Zeugen und der Klägerin stattgefunden haben, spricht gegen den Vortrag der Klägerin, sie habe die Zeit nach der Arbeit nur zu Hause verbracht und den Fuß nicht vor die Tür gesetzt, zumal sie nach eigenem Vortrag zwei der Freunde des Zeugen kennt. Damit steht für den Senat nach der mündlichen Verhandlung fest, dass in B auch private Aktivitäten stattgefunden haben, während der Zeuge und die Klägerin in A lediglich mit den Eltern der Klägerin gemeinsam zum Essen gegangen sind. Dabei fällt auf, dass die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin und vom Zeugen genannten Lokale, die besucht worden seinen, bis auf ein chinesisches Lokal, nicht übereinstimmen, was die Aussagen ebenfalls unglaubwürdig macht. Ansonsten seien sie im Garten oder mit dem Hund unterwegs. Die Ausflüge mit dem Gartenbauverein unternehme die Klägerin allein. Er treffe sich allein hin und wieder mit seinem Bekannten, Herrn B, insbesondere im Jahr 2006, als er für den Arbermarathon trainiert habe.

    Für den Senat ist ebenfalls der Umfang der angeblichen Mitfahrten des Lebensgefährten nach A nicht nachgewiesen. Der Zeuge sagte in der mündlichen Verhandlung aus, die Wochenenden in den Jahren 2006 bis 2008 zusammen mit der Klägerin in A verbracht zu haben, soweit er beruflich nicht verhindert gewesen sei. Dies seien etwa 30 Wochenenden pro Jahr gewesen. Konkrete Angaben, welche Tage/Wochenenden er in A gewesen ist, konnte er allerdings nicht machen. Gleichzeitig gibt der Zeuge an, sein Außendienst fände ca. 10 -bis 20-mal im Jahr statt. Zusätzlich finden Familienfeiern nach Aussage des Zeugen zu Geburtstagen der Eltern, der Klägerin, des Sohnes, seines Bruders und seines eigenen statt. Diese fänden immer am Tag des Geburtstages, teilweise auch an Wochenenden in B statt. Dabei gehe man gemeinsam zum Essen. Ein Aufenthalt von 30 Wochenenden pro Jahr in A ist damit nicht glaubhaft.

    Angesichts dieser Umstände führt auch die Tatsache allein, dass die Wohnung in A mit ca. 70 m² zwar ca. 12 m² größer ist als die Wohnung in B nicht zu einem anderen Ergebnis. Zum einen ist der Größenunterschied nicht so eklatant. Zum anderen -und dies ist wesentlich gewichtiger – war die Wohnung in B in den Streitjahren der einzige gemeinsam genutzte Hausstand der Klägerin und ihres Lebensgefährten. Der Zeuge, selbst gebürtiger Münchner, sagte in der mündlichen Verhandlung auch aus, dass für ihn der Mittelpunkt dort sei, wo seine Arbeit sei; das sei derzeit in B. Auf ausdrückliche Nachfrage durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung gab er an, auf keinen Fall nach A umziehen zu wollen. Gestützt wird dies noch dadurch, dass der Zeuge trotz der angeblichen engen Beziehungen auch zu A seit 1997 bis 2008 nicht in A gemeldet war. Hinzu kommt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung die Tatsache, dass der Zeuge einen 30jährigen Sohn in B hat, mit dem sie sich, so der Eindruck in der mündlichen Verhandlung, doch regelmäßig treffen, verschwiegen hat. Dies sowie die Tatsache, dass die Klägerin in B seit dem Jahr 1985 einen eigenen und seit 1997 einen gemeinsamen Hausstand mit dem Zeugen führt sind damit neben dem unstimmigen Vortrag der Klägerin weitere sehr starke Indizien dafür, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen in B lag. Der Kauf des Miteigentumsanteils an dem Haus in A führt daher nicht dazu, dass der über lange Zeit gefestigte Lebensmittelpunkt in B verlagert wurde. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung steht für den Senat fest, dass es sich bei den Aufenthalten in A um reine Besuchs- bzw. Urlaubsfahrten handelt, die jedoch keine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach sich ziehen. Abschnitt 9. 10 Abs. 1 Satz 8 LStR 2006 steht dem nicht entgegen. Die Anweisung betrifft zunächst den Fall der Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte. Darüber hinaus ist die Häufigkeit der Fahrten auch nach dieser Verwaltungsanweisung nur ein Indiz für die Tatsache des Lebensmittelpunkts, jedoch keine unwiderlegliche Folge. Unabhängig davon ist der Senat bei seiner Entscheidung nicht an die Anweisung gebunden. Im Rahmen der Doppelten Haushaltsführung ist die Würdigung vielmehr nach den Gesamtumständen des Einzelfalls vorzunehmen

    Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls kommt der Senat daher zu dem Ergebnis, dass Lebensmittelpunkt der Klägerin und ihres Lebensgefährten in den Streitjahren in B war.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG § 19 Abs. 1