26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 140310
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 04.09.2013 – 2 K 23/12
1. Zu den Einzelheiten (Bewertungszeitpunkt,
Wertermittlung) bei der Schätzung des Wertes einer dem
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gewährten Vergünstigung
in Form der Teilnahme an einer Schiffskreuzfahrt
2. Voraussetzungen für die Gewährung
des Rabattfreibetrages i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe
die Teilnahme des Klägers und einer Begleitperson an Kreuzfahrten
auf der MS A in den Jahren 2005 bis 2008 als steuerpflichtiger Sachbezug
im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger
Arbeit zu berücksichtigen ist.
Der Kläger erzielte als Angestellter der Reederei laut
Lohnsteuerbescheinigung im Jahr 2005 einen Bruttoarbeitslohn von
... EUR und in den Jahren 2006 bis 2008 in Höhe von ...
EUR.
Die Reederei gewährte ihren Mitarbeitern aufgrund einer
reedereiinternen Regelung in den Streitjahren kostenlose bzw. stark
verbilligte Reisen auf den zur Unternehmensgruppe gehörigen
bzw. von dieser bereederten Schiffen. Auf dieser Grundlage unternahm
der Kläger in den Zeiträumen ... 2005 (Reise 1), vom
... 2006 (Reise 2), vom 2006 (Reise 3), vom ... 2007 (Reise 4) und
vom ... 2008 (Reise 5) in Begleitung seiner Lebensgefährtin
jeweils Reisen mit dem Schiff MS A. Für die Reisen 1 und
3 leistete der Kläger eine Zuzahlung von jeweils 375,00
EUR, für die Reise 4 eine Zuzahlung in Höhe von
1.380,00 EUR und für die Reise 5 eine Zuzahlung in Höhe
von 900,00 EUR.
Im Rahmen der Lohnabrechnung wurden diese Reisen vom Arbeitgeber
des Klägers nicht als Sachbezug deklariert. In seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen,
die der Kläger für die Jahre 2005, 2006 und 2008
jeweils in dem dem Veranlagungszeitraum nachfolgenden Jahr und für
das Jahr 2007 im Januar 2009 einreichte, wurden insoweit auch vom
Kläger keine Sachbezüge bei den Einkünften
aus nichtselbstständiger Arbeit angegeben. Der Kläger wurde
jeweils erklärungsgemäß veranlagt.
Gegen den Kläger wurde am 17. Januar 2011 ein Steuerstrafverfahren
wegen des Verdachts der vorsätzlichen ESt-Hinterziehung
für die Jahre 2005 bis 2008 eingeleitet und bekannt gegeben.
Nach dem Bericht über steuerliche Feststellungen vom 16.
Mai 2011 der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt stelle die verbilligte
oder kostenlose Gewährung der oben genannten Reisen beim
Kläger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der bislang nicht
versteuert worden sei. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung
habe der Umfang der Vergünstigungen neben der kostenlosen
Reise des Angestellten und einer verbilligten Mitnahme eines Lebenspartners
teilweise kostenfreie Charter- und Zubringerflüge sowie kostenfreie
bzw. für die Mitreisenden zum Einkaufspreis zu vergütende
Halbtags- und Ganztagsausflüge beinhaltet. An Bord des
Kreuzfahrtschiffes sei ein Rabatt von 20 % auf die verköstigten
Getränke gewährt worden. Unter Berücksichtigung
eines gemäß § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz
(EStG) auf 96 % geminderten Wertes der Reisen sowie Ansatz
eines Mittelwertes der Kosten für die auf Deck 4 und 5
befindlichen Außenkabinen der Kategorien E und H abzüglich
eines Teils der geleisteten Zuzahlungen nahm die Steuerfahndungsstelle
folgende beim Kläger anzusetzende geldwerte Vorteile an:
Der übliche Endpreis am Abgabeort bestimme sich hierbei
nach dem Bestelldatum und nicht nach dem Zeitpunkt der Lieferung
(R 8.1 Abs. 2 Satz 8 der Lohnsteuerrichtlinien 2009).
Zuzahlungen wurden für die Reise 4 nur in Höhe
von 500,00 EUR und für die Reise 5 nur in Höhe
von 425,00 EUR berücksichtigt. Aufgrund der um die geldwerten
Vorteile erhöhten Einkünfte aus nichtselbstständiger
Arbeit in Höhe von nunmehr ... EUR im Jahr 2005, ... EUR
im Jahr 2006, ... EUR im Jahr 2007 und ... EUR im Jahr 2008 erhöhte
das Finanzamt die ESt mit Bescheiden vom 15. Juni 2011 wie folgt:
ESt 2005 von ... EUR auf ... EUR
...
Mit seinem gegen diese Bescheide fristgerecht eingelegten Einspruch
machte der Kläger zunächst geltend, jede Reise
habe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gestanden und
es könne somit von Urlaubsreisen keine Rede sein. Sie hätten
dazu gedient, sich Produktkenntnisse anzueignen, Gespräche
mit Verantwortlichen (Kapitän, Hoteldirektor, F&B-Manager,
F&B-Controller, Purser, Crew-Purser und Leiter Touristik)
zu führen und sich über Abläufe an Bord
zu informieren, daneben seien auch Bargeldtransporte für
das Cashbook getätigt worden. Selbstverständlich
habe der Besuch an Bord auch zur Qualitätssicherung gehört,
wozu nach Ende der Reise ein Bericht erstellt und an die Geschäftsführung
gegeben worden sei.
Im Übrigen habe eine Mitreise nur bei Verfügbarkeit
angetreten werden können, es habe sich um eine Verwertung
der Restplätze als Last-Minute-Kontingent gehandelt.
Als Mitarbeiter habe man auch keinen Passagierstatus innegehabt
und es haben weitere Einschränkungen bestanden, z.B. habe
das Restaurant „C” nicht besucht werden dürfen,
bei mangelnder Platzkapazität habe kein Anspruch auf einen
festen Platz im Restaurant „B” bestanden. Die
Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen sei nur bei
vorhandenen Restplätzen möglich gewesen. Es hätten
nur unverkaufte Kabinen genutzt werden können, so dass
es auch keine Wahlmöglichkeiten gegeben hätte.
Der Katalogpreis für eine Reise sei kein Festpreis.
Er sei in der Regel nur teilweise erzielt worden. Notwendiges Preismanagement
sei in der Kreuzfahrtbranche üblich, um eine auskömmliche
Auslastung des Schiffes zu erzielen und einer geringeren Nachfrage,
die unter anderem aus der Routenführung, witterungs- oder
naturbedingten Umständen, politischer Situation in Zielgebieten usw.
entstehen könne, entgegenzuwirken. Auch dies führe
dazu, dass der Katalogpreis kein Bewertungsmaßstab sei.
Darüber hinaus hätte sich der Katalogpreis um
Treuerabatte reduziert, so dass der Kunde bereits ab der zweiten
Reise einen Preisnachlass von 2 % erhalten habe, der sich
bis zu 10 % aus weiteren Buchungen erhöht habe.
Im Übrigen sei aus Wettbewerbskreisen zu hören,
dass auch andere Reedereien Mitarbeitern die Teilnahme an Reisen
ihres Unternehmens ermöglicht hätten. Es hätten
häufig Sonderkonditionen gegolten, die sich am niedrigsten
Kabinenpreis mit entsprechenden Abschlägen von 30-50 % orientiert
hätten.
Hinsichtlich der Reise 2 habe es sich um eine Mitarbeiterreise
gehandelt, es dürfe lediglich die Mitreise der Begleitung
in Ansatz gebracht werden.
Der steuerliche Ansatz für die Reise 5 sei zu vermindern,
da er nur 18 Tage anstelle der gesamten 20 Tage an Bord verbracht
habe. Im Übrigen seien auch die Zuzahlungsbeträge
falsch angesetzt: die Zuzahlung für die Reise 4 belaufe sich
auf 1.380,00 EUR anstelle der angesetzten 500,00 EUR, die Zuzahlung
für die Reise 5 habe 900,00 EUR statt der berücksichtigten
425,00 EUR betragen.
Außerdem habe das Finanzamt einen Rabattfreibetrag von
1.080,00 EUR pro Jahr unberücksichtigt gelassen. Dieser
sei zu gewähren, da die Reederei durch die Bereederung,
die sie für die Schifffahrtsgesellschaft leiste, maßgeblich beteiligt
sei und ohne diese Leistung (Marketing und Vertrieb, Bemannung, Gestaltung
und Durchführung des Fahrplans und des Rahmenprogramms
wie z.B. Hotellerie, Entertainment, Ausflüge) das Produkt „Kreuzfahrtreise” gar nicht
existieren würde. Im Übrigen handele es sich bei
den Gesellschaften nicht um „fremde” Unternehmen,
sondern um eine einheitliche Unternehmensgruppe, die in diesem Fall
sogar durch den Bereederungsvertrag existentiell verbunden sei.
In seiner Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 berücksichtigte
das Finanzamt die Einwendungen des Klägers zum Teil, indem
es den bisher vorgenommenen Abschlag bei den geldwerten Vorteilen
von 4 % auf insgesamt 30 % erhöhte, den
Wertansatz für die Reise 5 um den Wert für zwei
Tage verminderte und für die Reise 2 den dienstlichen Charakter
anerkannte. Daraus ergab sich ein geldwerter Vorteil in Höhe
von 8.150,63 EUR für das Jahr 2005, ein geldwerter Vorteil
in Höhe von 8.870,31 EUR für das Jahr 2006, von
10.989,27 EUR für das Jahr 2007 und von 10.941,88 EUR für
das Jahr 2008. Aufgrund der Einspruchsentscheidung wurde
die ESt 2005 auf ... EUR
...
herabgesetzt.
Die geltend gemachten höheren Zuzahlungen berücksichtigte
das Finanzamt nicht, da sie zwar durch Kontoauszüge nachgewiesen
seien, aber nicht ersichtlich sei, für welche konkrete
Gegenleistung sie geleistet worden seien. Ohne weitere Nachweise
sei nicht nachvollziehbar, ob es sich um Zuzahlungen zumindest teilweise
für im Voraus gebuchte Spar-Angebote oder Zuzahlungen für
Charter- und Zubringerflüge gehandelt habe. Eine Anrechnung
auf derartige in Anspruch genommene Leistungen könne nicht
erfolgen, da diese auch nicht steuererhöhend vom Finanzamt
in Ansatz gebracht worden seien. Im Übrigen seien durch
die nun höheren Abschläge von jeweils 30 % auf
die Werte laut Katalogpreis der mittleren Kategorie etwaige Komforteinbußen
und Unsicherheiten bei der Bemessung der Wertansätze ausreichend
berücksichtigt worden. Weitere Verminderungen kämen
nicht in Betracht. Der Ausschluss gewisser Leistungen an Bord konkurriere
mit den dem gegenüberstehenden Vergünstigungen
aufgrund der Mitarbeiterreisekonditionen. Man habe aus Vereinfachungsgründen
lediglich die Wertansätze für die Reisen als lohnsteuerpflichtige Sachbezüge
qualifiziert, jedoch Ermäßigungen auf Getränke,
Spar-Angebote, Freiflüge und Ermäßigungen
auf Landausflüge nicht steuererhöhend in Ansatz gebracht.
Ob und inwiefern einem Mitarbeiter das Sitzen am Kapitänstisch
verwehrt gewesen sei oder dieser gar nachrangig am Buffet hätte
stehen müssen, sei für die Bemessung des geldwerten
Vorteils unerheblich. Die mitreisende Begleitung des Klägers
habe jedenfalls keiner der angeführten Restriktionen unterlegen.
Im Übrigen sei kein überwiegendes eigenbetriebliches
Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme des Klägers
an den Reisen ersichtlich. Eine permanente Ansprechbarkeit für
alle Teilnehmer sowie das Führen fachlicher Gespräche
mit anderen Reiseteilnehmern oder Mitarbeitern führe nicht
schon dazu, dass der sich ergebende Vorteilscharakter der Reise
gegenüber den betrieblichen Zwecken zurücktrete.
Hierfür müssten vielmehr Aufzeichnungen oder ähnliche
Dokumente vorgelegt werden, die geeignet seien, den Umfang und die
Häufigkeit der Inanspruchnahme für betriebliche
Zwecke während der durchgeführten Reise zweifelsfrei
zu belegen und die private Veranlassung in den Hintergrund treten
zu lassen. Solche Dokumente gebe es jedoch nicht. Dienstreiseanträge
seien - mit Ausnahme für die Reise 2 - nicht vorhanden, Urlaubsanträge
für die anderen Reisen seien rechtzeitig gestellt und genehmigt worden.
In der Regel seien die Genehmigungen der Anträge auch innerhalb
von wenigen Tagen erfolgt, bis auf den Antrag vom ... 2006, der
vermutlich wegen der Urlaubszeit und des Jahreswechsels später
genehmigt worden sei. Nach den ab 2004 geltenden Mitarbeiterreisekonditionen
sei ein Mitarbeiterreiseantrag spätestens sechs Wochen
vor Reisebeginn zu stellen gewesen. Von einem Last-Minute-Kontingent
sei daher nicht zwangsläufig auszugehen. Im Übrigen
seien für die Zeiträume der Reisen auch parallel
Urlaubsanträge gestellt und genehmigt worden, was den privaten
Charakter der Reisen unterstreiche.
Eine entsprechende Anwendung des Erlasses des Finanzministeriums
Baden-Württemberg, aufgrund dessen ein Ansatz von 60 % für
vergünstigte Flugreisen erfolgen könne, sei nicht
möglich. Anders als Flugzeuge dienten Kreuzfahrtschiffe
nicht lediglich dem Personentransport von einem zum anderen Ort.
Die Fahrt beinhalte ein umfangreiches Erlebnis-, Wellness-, Ausflugs-
und Entertainmentprogramm sowie diverse kulinarische Genüsse,
die mit einem Linienflug nicht zu vergleichen seien. Außerdem
seien je nach Buchungsstand in dem vom Kläger zitierten
Erlass Wertansätze von 60-80 % festgelegt. Der
gewählte Wertansatz von 70 % stelle, obwohl eine
Vergleichbarkeit zu Linienflügen gerade nicht bestünde,
einen Mittelwert dar.
Der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG geltend gemachte steuerfreie
Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080,00 EUR sei nicht zu
gewähren. Der Rabattfreibetrag beziehe sich ausschließlich
auf Waren und Dienstleistungen des Arbeitgebers. Der Kläger
sei jedoch Angestellter der Reederei, während die Vergünstigungen
durch die Schifffahrtsgesellschaft gewährt worden seien,
die ebenfalls zur ...-Unternehmensgruppe gehöre. Eine Verbindung
der Unternehmen bestehe durch den Bereederungsvertrag. Aus lohnsteuerrechtlicher
Sicht handele es sich jedoch um unterschiedliche Unternehmen, deren
Arbeitgeber im Sinne des EStG lediglich derjenige sei, mit dem ein
Arbeitsverhältnis auf vertraglicher Grundlage begründet
worden sei.
Am 26. Januar 2012 hat der Kläger gegen die Entscheidung
des Finanzamts Klage erhoben. Seine Klage begründet er
weiter wie folgt:
Der Steuerbescheid für das Jahr 2005 sei nicht mehr änderbar,
da die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Eine Anwendung der auf
zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist käme
nicht in Betracht. Die verlängerte Festsetzungsfrist setze voraus,
dass die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung
vorlägen. Zwar sei mit Schreiben vom 17. Januar 2011 das
Steuerstrafverfahren eingeleitet worden, es handele sich beim beigefügten
Vermerk vom 15. Juli 2010 jedoch lediglich um einen zusammenfassenden
Aktenvermerk ohne konkreten Bezug auf den Kläger. Feststellungen
zum subjektiven Tatbestand fehlten vollständig. Der Kläger
bestreite, wissentlich und willentlich Steuern verkürzt
zu haben. Die Feststellungslast hierfür liege beim Beklagten.
Soweit der Beklagte meine, er könne dieses Wissen aufgrund
der E-Mail vom 10. September 2007 unterstellen, sei dies unzutreffend.
Die vom Beklagten angeführte E-Mail sei nicht an den Kläger
gerichtet gewesen, der Kläger sei lediglich unter „CC” aufgeführt
gewesen. Die E-Mail sei dem Kläger unbekannt.
Der Kläger sei in 2004 als ... eingestellt worden. Seine
Aufgabe ...
Das externe Rechnungswesen und damit der Bereich der Steuer habe
dem kaufmännischen Leiter und dem Leiter des Rechnungswesens
oblegen. Erst ... viel später nach 2008 nach dem Ausscheiden
des bis dahin tätigen kaufmännischen Leiters und
des Leiters des Finanz- und Rechnungswesens sei dem Kläger
diese Verantwortung kommissarisch übertragen worden. Vor
diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger mit der externen
Rechnungslegung und den steuerlichen Aspekten nicht beschäftigt,
schon weil es nicht zu seinen Aufgaben gehört habe.
Bei der Höhe des Sachbezuges sei auf den Endpreis abzustellen,
der von einem Dritten gezahlt würde. Vergleichspreis sei
dabei grundsätzlich der günstigste Preis am Markt.
Wie schon im Rahmen der Einspruchsbegründung vorgetragen,
hätten die Mitarbeiter der Reederei nur an Reisen teilnehmen
können, wenn Kabinen nicht anderweitig durch Kunden belegt
worden seien. Zu diesen Kunden hätten auch sämtliche
Mitarbeiter von allen denkbaren Reiseunternehmen in Deutschland
gehört. Jeder Mitarbeiter eines Reiseunternehmens, egal
in welcher Position, hätte an den Kreuzfahrten teilnehmen
können und hätte dafür pro Tag in den
Jahren bis einschließlich 2006 einen Betrag von 51,00 EUR
und ab 2007 einen Betrag von 100,00 EUR zahlen müssen.
Nach Angabe der Arbeitsagentur für Arbeit hätten
beispielsweise im Jahr 2005 73.600 Personen bei deutschen Reisebüros
und Reiseveranstaltern gearbeitet, im Jahr 2008 seien es 73.959
Mitarbeiter gewesen. Dieses seien nur die sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigten. Die inhabergeführten Reisebüros
und Reiseveranstalter seien in der Aufzählung noch nicht
mit inbegriffen. Bereits aus der Zahl der möglichen Mitarbeiter,
die jeder einzeln die Möglichkeit gehabt hätten,
jede Reise für einen Betrag von 51,00 EUR pro Tag zu buchen,
und davon sei reichhaltig Gebrauch gemacht worden, folge seiner
Auffassung nach, dass es sich bei dem Betrag von 51,00 EUR bzw.
100,00 EUR pro Tag um einen Marktpreis handele, zu dem die Reise
am Markt angeboten worden sei. Dieser Wert sei als Sachbezug allenfalls
zu Grunde zu legen. Insoweit werde auf den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen
Finanzgerichts vom 29. März 2012 zum Aktenzeichen 5 V 200/11 verwiesen.
Soweit das Finanzamt behaupte, die Mitarbeiterreisen hätten
nicht typische Eigenschaften einer Last-Minute-Reise gehabt, seien
diese Ausführungen nicht richtig. Gemäß der
Mitreiseregelung hätte eine Mitreise nur bei Verfügbarkeit von
Kabinen angetreten werden können, es habe sich somit um
eine Restplatzverwertung gehandelt, die auch Dritten gegenüber
mit Sonderpreisen angeboten worden sei. Ein genehmigter Mitreiseantrag
habe jederzeit von der Geschäftsleitung widerrufen werden
können. Das sei auch häufig vorgekommen. In diesen
Fällen sei der Mitarbeiter mündlich oder telefonisch
kurz vor der Abreise informiert worden. In den Mitarbeiterreiseordnern
fänden sich dazu natürlich keine Dokumentationen,
weil der Mitreiseantrag sich dann nicht mehr im Mitreiseordner befände,
da es nicht zur Mitreise gekommen sei. Als Zeugen hierfür würden
benannt: ... beide zu laden über die Reederei.
Selbstverständlich seien auch die Reisen, auf denen
die Mitarbeiter „gebucht gewesen seien”, nach
dem Antrag der Mitarbeiter weiter verkauft worden sei versucht worden,
sie weiter zu verkaufen. Soweit dies erfolgreich gewesen sei, seien
natürlich lieber Fremdkunden als Mitarbeiter mitgenommen
worden, und die Mitarbeiter hätten entsprechend zu Hause
bleiben müssen. Insoweit sei der von dem Beklagten konstruierte
Vorteil eines Mitarbeiters gegenüber einem Last-Minute-Reisenden
nicht gegeben. Tatsächlich stehe der Mitarbeiter schlechter
dar. Der Last-Minute-Reisende hätte Planungssicherheit.
Wenn er die Reise gebucht hätte, wisse er auch, dass er
sie durchführen könne. Beim Mitarbeiter hingegen
habe bis zum Abfahrtstag Ungewissheit bestanden, ob er für
normale Gäste Platz machen müsse. Im Übrigen
zeige sich aus der vorgelegten Aufstellung, dass die Reise 1 auch
an Mitarbeiter des für 1.518,00 EUR, die Reise 2 für
350,00 EUR verkauft worden sei, die Reise 3 für 1.547,00
EUR, die Reise 4 für 2.447,00 EUR und die Reise 5 für
2.543,00 EUR. Nach Auffassung des Klägers seien allenfalls
diese Bemessungsgrundlagen abzüglich der vom Kläger
gezahlten Zuzahlungen zu berücksichtigen.
Nach den Mitreiseregelungen hätten Mitarbeiter einen
Bericht über die Reise abzugeben gehabt. Dies habe der
Qualitätssicherung und der Beurteilung des Standards dienen
sollen. Nunmehr würden vom Beklagten die zum großen
Teil positiven Bewertungen des Klägers aus dem Zusammenhang
gerissen und sollten isoliert als Beweis dafür stehen,
dass es für die Mitarbeiter keine Einschränkungen
im Passagierstatus gegeben haben solle. Geschrieben worden seien
die Berichte vom Kläger allerdings aus der Sicht des Gastes,
dessen Blickweise er doch schließlich hätte einnehmen
sollen, und er habe die aus der Sicht des Gastes zu gewinnenden
Eindrücke wiedergeben sollen.
Soweit der Beklagte vortrüge, die Preispolitik der Reederei
sei darauf bedacht gewesen, die Family & Friends-Angebote
nicht allzu sehr öffentlich zu machen, sei dies lediglich
Makulatur gewesen. Damit habe nach außen hin ein gewisser Anschein
gewahrt werden sollen. Die Reisen hätten sich nicht auf
Familienmitglieder bezogen, sondern auch auf Freunde, so dass eine
Ausbreitung von vornherein gegeben gewesen sei und nicht auf einen
bestimmten Kreis beschränkt gewesen sei. Auch Freunde von
Freunden und deren Freunde seien als Gäste mitgenommen
worden. So sei auch die E-Mail zu verstehen, die sich als Anlage 5
ausdrücklich auf Bekannte beziehe. Im Übrigen
ergebe sich, dass es bei der Preisgestaltung auch in den Streitjahren
Sonderpreise (also abweichende Katalogpreise) gegeben habe. Dazu
seien insbesondere auch die Kombi-Angebote mit 50 %igem
Preisnachlass anzuführen.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuer-Bescheide für die Jahre 2005 bis
2008, jeweils vom 15. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 27. Dezember 2011 zu ändern und den geldwerten Vorteil
aus den gewährten Reiseleistungen im Rahmen der Einkünfte
aus nichtselbständiger Arbeit in allen Jahren i. H. v.
30 % des vom Finanzamt zugrunde gelegten Katalogpreises,
abzüglich der geleisteten Zuzahlungen i. H. v. jeweils
375 € (2005 und 2006), 950 € (2007) bzw. 900 € (2008)
zu erfassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
In seiner Erwiderung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung
und trägt ergänzend vor, für das Kalenderjahr
2005 komme die verlängerte Festsetzungsfrist gemäß § 169
Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) zur Anwendung. Dieser unterscheide
zwischen einer verlängerten Frist von zehn Jahren und von
fünf Jahren, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt
worden sei. Objektiv sei die Steuer verkürzt worden, da
die gebotene Erfassung der geldwerten Vorteile in zu geringer Höhe
festgesetzt worden sei. Der Kläger selbst sei in Prozesse
der Abstimmung zur Handhabung der Versteuerung der bei der Reederei
gewährten geldwerten Vorteile eingebunden gewesen und sich
der steuerrechtlichen Auswirkung bewusst gewesen. In der E-Mail
vom 10. September 2007 werde ”... das steuerliche Risiko
als zu hoch” angesehen. Aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten
sei davon auszugehen, dass der Kläger mindestens leichtfertig
im Sinne einer erheblichen Fahrlässigkeit gehandelt habe,
denn die von ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit
bei seinem Arbeitgeber habe auch die Auseinandersetzung mit steuerrechtlichen
Fragen bedingt. Er selbst sei mit der internen Regelung der Mitarbeiterreisen
befasst gewesen und sich der damit verbundenen steuerlichen Problematik
bewusst gewesen. Soweit der Kläger vortrage, die E-Mail
vom 10. September 2007 sei ihm nur als „CC” bekannt
gemacht worden, sei nicht nachvollziehbar, dass er davon keine Kenntnis
genommen hätte. Im heutigen E-Mail-Verkehr stelle „CC” eine
Funktion zum Versenden von Kopien an weitere Empfänger
dar. Sowohl der eigentliche Empfänger wie auch die unter „CC” eingetragenen
Adressaten sähen üblicherweise die anderen Empfänger
der jeweiligen E-Mail und könnten somit davon ausgehen,
dass diese den gleichen Kenntnisstand hätten. Gängig
sei die Verwendung von „CC” zur Differenzierung
von E-Mail-Adressaten dergestalt, dass den unter „CC” eingeordneten
Empfängern der Inhalt meist zur Kenntnisnahme übersandt würde.
Aufgrund der Adressierung sei der Inhalt der E-Mail durchaus für
den Kläger bestimmt gewesen, auch wenn er in der persönlichen
Ansprache im Schreiben selbst ungenannt geblieben wäre.
Auch wenn sich der Kläger an diese E-Mail nicht mehr erinnern
würde, sei sie dennoch Bestandteil seines durch die Steuerfahndung
sichergestellten E-Mail-Kontos und ihm somit zuzurechnen. Da es
sich hierbei um eine E-Mail im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
handele, sei aufgrund der Sorgfaltspflichten eines Arbeitnehmers
auch davon auszugehen, dass er zu dem damaligen Zeitpunkt den Inhalt zur
Kenntnis genommen habe.
Darüber hinaus sei in der E-Mail vom 11. September 2007
neben einer Ablaufplanung zum Verfahren bei der Beantragung von
Mitarbeiterreisen ein Vorschlag für eine Gesprächsrunde,
an der auch der Kläger hätte teilnehmen sollen, enthalten
gewesen sei. Es habe das Verfahren mit der Vergabe verschiedener Agenturnummern
zur Unterscheidung von Dienstreisen, Mitarbeiterreisen, Normalkunden
etc. etabliert werden sollen. Danach hätten Normalkunden
unter der Agenturnummer 1 gebucht werden sollen, Mitarbeiter unter
der Agenturnummer 11, Family & Friends unter der Agenturnummer
3.
Aus den E-Mails vom 8. und 9. Oktober 2007 ergebe sich die Erstellung
einer Liste über Mitarbeiterreisen (Agenturnummer 11) unter
dem Gesichtspunkt des günstigsten offiziellen Marktpreises
im Verhältnis zu dem Preis für den Mitarbeiter,
wobei hierbei nicht zwingend darauf abgestellt worden sei, dass
der günstigste offizielle Marktpreis für die tatsächlich
in Anspruch genommene Kategorie aufgeführt worden sei.
Aus der E-Mail vom 9. Oktober 2007 ergebe sich, dass der Kläger
diese Tabelle inhaltlich zur Kenntnis genommen habe, in welcher
auch eine seiner eigenen Reisen aufgeführt sei.
Im Übrigen ergebe sich aus weiteren E-Mails, dass sich
der Kläger bereits in den Kalenderjahren 2005 und 2006
regelmäßig mit Fragen aus dem Bereich der Steuern
im Rahmen seiner Tätigkeit auseinandergesetzt habe. Daher
werde der Zweifel am Vorliegen des subjektiven Tatbestandes nicht
geteilt.
Der Ansatz des geldwerten Vorteils sei der Höhe nach
angemessen. Es habe auf dem regulären Markt kein Rabatt
erreicht werden können, der über dem vom Finanzamt
berücksichtigten Abschlag in Höhe von 30 % gelegen
habe. Im Übrigen habe das Finanzamt im Rahmen der Ermittlung
des geldwerten Vorteils lediglich den Katalogpreis der Reise einbezogen.
Es sei darauf verzichtet worden, weitere Vergünstigungen
in Form von Rabatten bzw. die kostenlose Gewährung von
Dienstleistungen, Verpflegung und Getränke sowie Zusatzleistungen
wie Ausflüge zu ermitteln und in Ansatz zu bringen. Diese
Begünstigungen seien wie der gewährte Abschlag
in Höhe von 30 % bereits zu Gunsten des Klägers
als Sicherheitsabschlag mindernd berücksichtigt worden.
Außerdem lägen Unterlagen vor, aus denen sich
ergebe, dass der übliche Verkauf zu Katalogpreisen auch
nach Genehmigung der Mitarbeiterreisen noch fortgesetzt worden sei
(s. Anlagen 2 und 3 der Klageerwiderung des Finanzamts vom 29. Juni
2012). Zwar seien bei verschiedenen Kunden noch Nachlässe
gewährt worden. Die geringfügige Höhe
dieser Rabatte (3 % Treue in Anlage 2 und 10 % Treuebonus
in Anlage 3) stünden jedoch in keiner Relation zu den Beträgen,
auf welche der Kläger Bezug nehme.
Dem Hinweis auf die rund 80.000 Personen aus der Reisebranche,
die zu vergünstigten Preisen von 51,00 EUR bzw. 100,00
EUR täglich an Reisen der Reederei hätten teilnehmen
können, fehle die Angabe, dass es sich bei dieser Personengruppe
bei einer Bevölkerungszahl von über 80 Mio. in
der Bundesrepublik Deutschland gerade um 0,1 % der Bevölkerung
handele. Dieser Anteil entspreche jedoch nicht im Mindesten dem
Anteil der Bevölkerung, der entsprechende Reisen nachfrage
und buche. Ein Marktpreis ergebe sich jedoch nach Definition der
Wirtschaftswissenschaften aus dem Zusammentreffen von Angebot und
Nachfrage auf einem Markt und dem sich dadurch bildenden Preis.
Insoweit sei auch auf die Begründung des zum Aktenzeichen 5 V 200/11 ergangenen
Beschlusses verwiesen, denn das Finanzgericht habe dort ausgeführt,
dass es sich dabei um Sonderkonditionen für einen von vornherein
beschr änkten Personenkreis handele, bei dem die Rabattgewährung
an die Erfüllung bestimmter Kriterien der Kunden geknüpft werde,
die mithin nicht von allen am Markt Teilnehmenden gebucht werden könnten.
Dies gelte auch für den den Mitarbeitern des ... gewährten
Preis, der nur einem fest umrissenen Personenkreis zur Verfügung
gestanden hätte.
Was die vom Kläger übersandten Reiseauswertungen
angehe, so fehlten in diesen diverse Informationen, die das Zustandekommen
der jeweiligen Preise erläuterten. Man könne beispielhaft
anhand bestimmter Unterlagen für einzelne Passagiere das
Zustandekommen der Preise erläutern, die zum Teil abzüglich einer
Gutschrift oder eines Abschlages in Höhe von 10 % wegen
mehrfacher Teilnahme an Kreuzfahrten zustande gekommen seien. Gebuchte
Passagiere unter der Agenturnummer 3 seien Freunde und Verwandte
von Mitarbeitern. Hierbei handele es sich um das Reedereiprogramm „Family & Friends”,
eine interne Last-Minute-Verwertung von Reisen, welche kurz vor
Reisetermin nicht ausreichend ausgelastet seien. Hierbei gebe die
Reederei kurzfristig vor Reisetermin die jeweilige Reise für „Family & Friends” frei
und lege hier beschränkte Sonderpreise fest. In den Genuss
dieses Angebotes kämen lediglich Personen, welche über
die Reederei bzw. ihre Mitarbeiter von diesem Angebot informiert
würden und dann über diese direkt buchten. Hier
würden nicht nur Kabinen günstiger Kategorien
angeboten, dennoch seien auf der Reise 2 von Kabinen unterschiedlicher
Kategorien gleiche Preise erzielt worden. Es sei insbesondere auf
den Inhalt der E-Mail vom 29. August 2008 zu verweisen, welche die
dieses Angebot Nutzenden zu Stillschweigen verpflichte und im Fall von
Zuwiderhandlungen die Nachforderung der Differenz von Sonderpreis
zu Normalpreis androhe. Es sei insbesondere die in Bezug auf das
Family & Friends-Angebot geltende Vertraulichkeit zu beachten
und die Androhung, bei Verstößen geltenden Differenzpreis
zwischen Sonderpreis und Normalpreis nachzubessern. Beispielsweise
sei in der E-Mail vom 13. September 2006 von einer Mitarbeiterin
an eine Außenstehende besonders die vertrauliche Anrede mit
dem eindringlichen Hinweis auf Vertraulichkeit zu beachten.
Zu beachten sei auch, dass die Family & Friends – Angebote
ausdrücklich nicht für Mitarbeiter vorgesehen
gewesen seien, da für diese die eigenständige
Agenturnummer 11 geführt worden sei.
Erst Anfang 2010 habe sich die Reederei dem Last-Minute-Segment
zugewendet (siehe hierzu Vermerk vom 27. Januar 2010). Auch weiterer
Schriftverkehr bestätige diese Handhabe. Bis zu diesem
Zeitpunkt habe der Arbeitgeber großen Wert auf eine gleichmäßige
Preisgestaltung für alle Kunden, unabhängig vom
Buchungsdatum, gelegt.
Im Übrigen handele es sich nach der vom Finanzamt ermittelten
Genehmigungspraxis bei den Mitarbeiterreisen nach der typischen
Definition laut Deutschem Reiseverband (Last-Minute-Reise = Anreisetag
innerhalb der nächsten 14 Tage) schon gar nicht um Last-Minute-Reisen.
Dem Kläger sei es außerdem möglich gewesen,
aus dem gesamten Angebot der Arbeitgeberin zu wählen und zu
gegebener Zeit einen Mitreiseantrag zu stellen. Ihm habe somit ein
breites Spektrum an möglichen Reisen zur Verfügung
gestanden, weshalb er dem klassischen Last-Minute-Urlauber gegenüber
im Vorteil gewesen sei, da er üblicherweise sein Reiseziel
kurzfristig danach wählen müsse, was zu seinem Urlaubszeitpunkt
noch verfügbar sei.
Aus den insgesamt vorgelegten Belegen ergebe sich jedenfalls,
dass für den Zeitraum der Streitjahre 2005 bis 2008 keine
Last-Minute-Angebote von der Reederei existiert hätten.
Der widersprüchliche Ausweis der Agenturnummer 3 (laut
Belegen Family & Friends) als Last-Minute mit der hiermit
verbundenen Nennung der erst nach den Streitjahren auftretenden,
neu gegründeten Reederei ... weise darauf hin, dass es
insoweit zu einer nachträglichen Änderung ursprünglicher
Datensätze gekommen sei. Eine wahrscheinliche Erklärung hierfür
sei, dass die neu gegründete Reederei ... als Nachfolgerin
der ... Reederei mit den vorhandenen Daten und Programmen weitergearbeitet
habe. Aufgrund der genannten Neuaufnahme von Last-Minute-Angeboten
sei 2010 die bestehende Agenturnummer 3 Family & Friends
umbenannt worden. Aufgrund von bestehenden Funktionen, welche bei
einer Einbuchung dieser Agenturnummer automatisch den aktuellen
der Agenturnummer entsprechenden Klartext ausweise, seien daraufhin
nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend für
die Streitjahre, Buchungen als Last-Minute dargestellt worden.
Es werde vom Finanzamt im Übrigen nicht in Abrede gestellt,
dass in den Streitjahren Preismodifikationen möglich gewesen
seien. Es ergäben sich aus den Unterlagen der Reederei
mehrere Varianten, mit denen sie außerhalb des regulären
Marktes Reiseplätze vergeben habe, siehe das Protokoll
Touristik Meeting vom 20. Dezember 2007):
Closed-Shop-Aktion: zu beachten sei das nur an einen geschlossenen
Kreis zu offerierende Angebot und das hiermit verbundene Stillschweigeabkommen, Family & Friends-Angebot,
Angebot für Expis (Expedienten).
Daneben weise dieses Protokoll auch ein Beispiel für
die angewandte Preisgestaltung bei bewerbungswürdigen Reisen
durch Anreicherung anstelle von Preisreduzierung aus. Bei den erwähnten
Sonderpreisen habe es sich jeweils um Einzelmaßnahmen für
speziell ausgewählte Reisen gehandelt und sie seien regelmäßig,
wie sich aus den diversen beigefügten Belegen ergebe, mit
Stillschweigevereinbarungen an bestimmte, geschlossene Gruppen angeboten
worden. Diese Sonderpreise könnten daher nicht in die Wertermittlung
einbezogen werden, da sie gezielt so angeboten worden seien, dass
sie keinen Einfluss auf den als Marktpreis gültigen Katalogpreis
hatten, der bis zum Zeitpunkt bzw. kurz vor Zeitpunkt des Reisebeginns
für normale Kunden maßgeblich gewesen sei, und
nicht auf dem freien Markt hätte erlangt werden können.
Darüber hinaus habe es Kombi-Tarife gegeben, bei welchen
die Reederei Passagieren, welche zwei direkt aufeinander folgende
Reisen gebucht hätten, Nachlässe geboten habe.
Auch die Gewährung von Vergünstigungen auf den Reisepreis
einer zweiten Person auf der gleichen Reise sei nicht unüblich
gewesen. Diese Rabattierung sei in der Regel in Höhe von
50 % auf den Katalogpreis des zweiten Passagiers erfolgt.
Da diese Preisminderung nicht ohne den zugehörigen ersten
Passagier hätte gewährt werden können,
sei für Zwecke der Vergleichbarkeit mit dem Streitfall
der Rabatt auf beide Passagiere aufzuteilen, wodurch sich ein Durchschnittsrabatt
in Höhe von 25 % ergebe.
Soweit ein ungewöhnlich hoher Rabatt von ca. 38,75 % angeboten
worden sei, beruhe dieser auf einem Sonderfall. Dieser resultiere
aus einer Zusammenarbeit zwischen der Reederei und einem einvernehmlich
ausgeschiedenen ehemaligen Mitarbeiter der Reederei sowie dreier
namentlich benannter Freundeskreise. Hinsichtlich dieser besonderen
Zusammenarbeit werde auf die zu Grunde liegende Vereinbarung sowie
die sich aus den Kontakten ergebende besondere Zusammenarbeit mit
Sonderkonditionen verwiesen.
Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Einschränkungen
sei zu bedenken, dass aus den von der Steuerfahndung beschlagnahmten
Unterlagen hervorgehe, dass für den Kläger die
Reisen mit sehr positiven Erlebnissen einhergegangen sei und keine
Einschränkungen für den Mitarbeiter als Gast erkennbar
seien: Insbesondere sei keine Einbindung des reisenden Mitarbeiters zu
Hilfszwecken erkennbar gewesen, die Sauna habe beispielsweise auch
an Regentagen, d.h. bei hoher Ausnutzung dieses Angebots durch reguläre
Gäste, besucht werden dürfen, der Kläger
habe beispielsweise auch einen Tisch im Restaurant ... buchen können.
Es könne davon ausgegangen werden, dass bei der Teilnahme
an fünf Reisen in vier aufeinander folgenden Kalenderjahren
die Einschränkungen das Reisevergnügen nicht dermaßen
negativ beeinträchtigt hätten, dass der Kläger
von Wiederholungen abgesehen habe.
Was die Genehmigungspraxis der Mitreiseanträge angehe,
seien nach den Erkenntnissen des Finanzamts weniger als fünf
Mitreiseanträge bekannt, welche nicht genehmigt worden
seien. Soweit vereinzelt tatsächlich dem Mitreisewunsch
eines Mitarbeiters nicht hätte gefolgt werden können,
hätte bei zunächst erfolgter Zusage jedoch eine
Stornierung des damit verbundenen Urlaubsantrages dokumentiert werden
müssen. Nach Kenntnissen des Finanzamts hätte
die den Mitarbeitern zustehende einmalige Mitreise pro Jahr regelmäßig
stattfinden können.
Alle durch den Kläger beantragten und durch die Reederei
genehmigten Reisen seien tatsächlich durchgeführt
worden. Aus diesen tatsächlichen Erfahrungen des Klägers
ließe sich keine Unsicherheit hinsichtlich der beabsichtigten
Reisen erkennen, sobald einmal eine Genehmigung durch die Geschäftsleitung
erfolgt sei. Das System der Mitarbeiterreisen stelle eine Vergünstigung
für die Mitarbeiter dar, auf welche zwar kein Rechtsanspruch
bestanden habe, mit der die Mitarbeiter jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit
hätten rechnen können. Insofern sei von einem
Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
auszugehen. Die Gewährung solcher Vorteile hätten
für den Arbeitgeber Mittel dargestellt, die Zufriedenheit
der Mitarbeiter zu erhöhen und hätten in der Regel
die positive sowie auch beabsichtigte Auswirkung der beispielsweise besseren
Arbeitsleistung und Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber. Hätte
tatsächlich die vom Kläger nicht belegte Praxis
häufige, kurzfristige Absagen von genehmigten Mitreisen
umfasst, hätte dies den positiven Nutzen für das
Unternehmen beeinträchtigt. Die Annahme, ein Mitarbeiter,
dessen Urlaub aufgrund der kurzfristigen Absage seiner Urlaubsreise
und dem wahrscheinlichen Fehlen einer zum gleichen Termin erlangbaren
adäquaten Alternative abgewertet worden sei, kehre mit
ungeminderter Arbeitsfreude in das Unternehmen zurück,
sei unwahrscheinlich.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 4. September
2013 wurde der Kläger persönlich angehört.
Auf das Protokoll wird Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden
Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zum Teil begründet.
Das Finanzamt hat in den Streitjahren die Einkünfte
aus nichtselbständiger Arbeit dem Grunde nach zu Recht
um den geldwerten Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen
erhöht. Der Wert des gewährten Vorteils ist jedoch
vom Finanzamt zu hoch geschätzt worden und war auf 40 % des
Katalogpreises unter Berücksichtigung der beantragten Zuzahlungen
zu verringern. Insoweit sind die angefochtenen Verwaltungsakte rechtswidrig
und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100
Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO) (I.). Der Rabattfreibetrag
nach § 8 Abs. 3 EStG kann aber nicht gewährt werden
(II.). Im Übrigen war auch für das Streitjahr
2005 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten (III.).
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Vorteile, die
dem Kläger durch seine Teilnahme und die Teilnahme seiner
Lebensgefährtin an den Reisen zugeflossen sind, als Arbeitslohn
im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG anzusehen sind.
Der eigene Reiseanteil des Klägers an der Reise 2 ist inzwischen nicht
mehr einbezogen, da der Kläger nachweisen konnte, dass
es sich um eine Dienstreise handelte.
Umstritten ist hingegen der Wert des Sachbezuges.
I. Wert des gewährten Vorteils
Gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG erfolgt
die Bewertung geldwerter Vorteile, für die keine amtlichen
Werte festgesetzt und die nicht nach § 8 Abs. 2 S. 2-5
EStG und § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind, mit dem um die üblichen
Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am
Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe. Der Endpreis ist der tatsächliche
Preis (Marktpreis), der im allgemeinen Geschäftsverkehr
von Letztverbrauchern tats ächlich für die identische
Ware oder Dienstleistung gezahlt wird. Ein unentgeltlicher Sachbezug
ist nur insoweit gegeben, als ein objektiver Beobachter im konkreten
Fall aus der Sicht des Empfängers einen geldwerten Vorteil
im Sinne einer objektiven Bereicherung annehmen würde.
Lässt sich der übliche Preis nicht feststellen,
ist er zu schätzen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 2001 VI R 123/00, BStBl II 2002,
230; Schmidt/Krüger, EStG 32. Aufl. § 8
Rz 36, 37; LStH 13 R 8.1 (2)).
Maßgebend für die Bewertung ist der Endpreis
im Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahme (Schmidt/Krüger,
EStG, 32. Aufl. § 8 Rz 39 m. w. N.).
Der übliche Preis für die dem Kläger
zugewendeten Reiseleistungen ist zu schätzen, da für
die dem Kläger konkret überlassene Dienstleistung
kein Marktpreis festzustellen ist (2.). Maßgebender Bewertungszeitpunkt
ist dabei der Zeitpunkt des Reiseantritts (1.).
1. Maßgebender Bewertungszeitpunkt ist der Zeitpunkt
des Reiseantritts oder kurz zuvor. Die nicht in Geldes Wert bestehende
Einnahme konnte erst zu diesem Zeitpunkt zufließen, da
bis dahin unsicher war, ob der Kläger tatsächlich an
der Reise teilnehmen konnte.
Das Finanzamt geht hingegen vom Endpreis am Bestelldatum aus,
welches es mit dem Zeitpunkt der Beantragung/Genehmigung
der Mitarbeiterreise gleichsetzt (s. Vermerk der Steuerfahndungsstelle
vom 23. Juni 2011).
Für die Annahme des Zuflusses bei Reiseantritt bzw.
kurz zuvor spricht schon der im Mitreiseantrag enthaltene Vorbehalt
der Verfügbarkeit einer Kabine. Darüber hinaus
wurde in der Mitteilung über die erfolgte Genehmigung erneut auf
den Vorbehalt der Kabinenvakanz hingewiesen.
Zwar wurden – wie der Kläger in der mündlichen
Verhandlung glaubhaft vorgetragen hat – von den Mitarbeitern
nur solche Reisen ausgewählt, bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für die Mitreise bestand. Welche Reisen dies waren, konnte
durch Abruf des Buchungsstatus festgestellt werden, so dass besonders
beliebte Reisen, z. B. die Weihnachtsreisen gar nicht erst in Frage kamen.
Es kann aus Sicht des Gerichts dahingestellt bleiben, in wie
vielen Fällen die Reise tatsächlich nicht angetreten
werden konnte. Es kommt daher nicht darauf an, dass der Kläger
vorträgt, allein ihm seien drei Fälle bekannt,
in denen die schon genehmigte Reise storniert worden sei, und im Übrigen
seien Anträge zu nicht durchgeführten Mitarbeiterreisen
naturgemäß nicht mehr im Mitarbeiterreiseordner
enthalten. Ebenso wenig kommt es auf den Einwand des Finanzamtes
an, es seien weniger als 5 Mitreiseanträge bekannt, welche
nicht genehmigt worden seien. Alle durch den Kläger beantragten
und durch die Reederei genehmigten Reisen seien durchgeführt
worden. Im Übrigen sei zu bedenken, dass eine vom Kläger
nicht belegte Praxis häufiger, kurzfristiger Absagen von genehmigten
Mitreisen jeglichen positiven Nutzen der Mitarbeiterreise, die zur Steigerung
der Zufriedenheit hätte führen sollen, beeinträchtigt
hätte.
Soweit das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung zur
Bekräftigung seiner Auffassung, eine Unsicherheit habe
nicht bestanden, auf die durchschnittliche Auslastung der MS A zwischen
rund 70 und 80 % in den Streitjahren verwies, ist dem nach
Auffassung des Gerichts der Kläger mit dem überzeugenden
Hinweis entgegengetreten, dass diese Auslastungszahl nur die Paxe
im Verhältnis zur Kapazität widerspiegele und
somit nicht aussagekräftig sei, da beispielsweise selbst
bei einer 100 % Kabinenbelegung eine geringere Auslastung zustande
komme, weil – wie bei der MS A häufiger der Fall n– Doppelkabinen durch
Einzelpersonen belegt seien.
Nach Auffassung des Senats ist entscheidend, dass bei jeder konkreten
Reise die tatsächliche Unsicherheit der kurzfristigen Absage
bestand. Dies ergibt sich aus dem im Mitreiseantrag sowie dem im
Genehmigungsschreiben enthaltenen Vorbehalt der Verfügbarkeit
einer Kabine. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des jeweiligen
Mitarbeiters zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. Genehmigung,
d. h. auf die ex-ante Sicht. Dass das Risiko der Absage im nachhinein
ex-post betrachtet über die Jahre und gemessen an der Zahl
der tatsächlich durchgeführten Mitarbeiterreisen
nicht sehr groß war, ist für die Betrachtung nicht erheblich.
Der einzelne Mitarbeiter und damit auch der Kläger musste
jedenfalls konkret damit rechnen, dass eine Absage möglich
war und ihm selbst bei einer Genehmigung oder „Buchungsbestätigung” anders
als regulär zahlenden Reisenden kein einklagbarer Anspruch
oder gar bei Nichtdurchführung ein Ersatzanspruch zustand.
Dass der Kläger – wie das Finanzamt vorträgt
- aufgrund seiner Erfahrung mit einer Genehmigung rechnen konnte, ändert
daran nichts. Trotz der Genehmigung der Reise war die Durchführung
nicht sicher. Im Übrigen hat das Finanzamt nicht konkretisiert,
ab welchem Jahr es von einem solchen Erfahrungswert ausgehen will.
Soweit das Finanzamt vorträgt, bei einer Absage der Reise
seitens des Arbeitgebers trotz zunächst erfolgter Zusage müsste
eine Stornierung des damit verbundenen Urlaubsantrages dokumentiert sein,
erscheint dies dem Senat nicht unbedingt zwingend, da der jeweilige
Mitarbeiter seinen schon genehmigten Urlaub auch anderweitig verbringen
konnte.
Anzumerken bleibt, dass in den Wochen nach Stellung des Mitreiseantrags
und der Genehmigung durch die Geschäftsleitung vor Reiseantritt
schlecht gebuchte Reisen in der Regel und auch die vom Kläger
konkret unternommenen Reisen noch intensiver im Rahmen von Sonderaktionen,
z. B. family und friends, oder durch Reiseanreicherung durch besondere
Zusatzleistungen, angeboten wurden (s. die vom Kläger vorgelegten Übersichten,
die unter der Agenturnummer 3 die aufgrund des family-und-friends
Angebotes mitreisenden Personen ausweist, bzw. für die
Reise 1 das Angebot). Dadurch stieg gerade das Risiko der Nichtverfügbarkeit
einer Kabine trotz der bis zur Antragstellung noch nicht ausreichenden
Auslastung noch. Dass sich durch die Sonderaktionen die Auslastung
noch deutlich verbesserte, kann man schon den zitierten Übersichten
entnehmen, die einen erheblichen Anteil an family-und-friends Buchungen
erkennen lassen. Diese Tatsache hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung
zudem ausdrücklich hervorgehoben und auch das Finanzamt
ist dem nicht entgegengetreten.
Für die Annahme des Zuflusses im Zeitpunkt des Reiseantritts
oder kurz davor spricht darüber hinaus die Überlegung,
dass bei tatsächlichem Nichtantritt der Reise der Ansatz
des geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Antragstellung oder Genehmigung
zu einer Erfassung und Versteuerung führen würde,
ohne dass ein Vorteil vom Mitarbeiter tatsächlich erlangt
worden wäre.
Soweit das Finanzamt unter Hinweis auf R 8.1 Abs. 2 Satz 8 der
Lohnsteuerrichtlinien 2009 davon ausgeht, dass sich der übliche
Endpreis am Abgabeort nach dem Bestelldatum und nicht nach dem Zeitpunkt
der Lieferung bestimme (s. Vermerk der Steuerfahndungsstelle vom
23. Juni 2011 und Einspruchsentscheidung), kann dies nach Ansicht
des Senats nur eine Rolle spielen, wenn aufgrund der Bestellung
ein gesicherter Anspruch auf Lieferung der Ware oder Dienstleistung
besteht. Dies ist hier gerade nicht der Fall.
2. Die vom Kläger in Anspruch genommene konkrete Reiseleistung
war am Markt nicht zu erlangen. Die konkrete Reiseleistung entsprach
nicht den Katalogleistungen. Die konkrete Reiseleistung zeichnete
sich vielmehr dadurch aus, dass es verschiedene Einschränkungen
insbesondere hinsichtlich der Nutzung der an Bord vorhandenen Restaurants,
der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen und der
Kabinenauswahl, aber andererseits auch als besondere Vergünstigung
einen Rabatt von 20 % auf die an Bord konsumierten Getränke gab.
Darüber hinaus blieb der Mitarbeiter bis zum Reisezeitpunkt
im Unsicheren, ob er die Reise tatsächlich antreten konnte
oder nicht. Diese konkrete Dienstleistung wurde in keinem Katalog
angeboten, ihr Wert ist daher im Schätzwege zu ermitteln.
Im Rahmen der Wertermittlung des geldwerten Vorteils durch Schätzung
sind nach Auffassung des Senats folgende Gesichtspunkte zu beurteilen:
neben der Gegenüberstellung von wertmindernden und werterhöhenden
Umständen muss abgewogen werden, welchen Einfluss die Tatsache
auf den Wert des Vorteils hat, dass die Reiseleistung Bestandteil
einer Restplatzverwertung gewesen ist.
Vorweg bleibt festzuhalten, dass die vergünstigten Reisepreise,
die Mitarbeitern von Reisebüros oder Mitarbeitern des ...
gewährt wurden, nach Ansicht des Senats nicht zugrunde
gelegt werden können. Es handelt sich hierbei um Sonderkonditionen,
die einem von vorneherein durch bestimmte Kriterien abgrenzbaren
Kundenkreis ohne Bezug zu einer Restplatzverwertung gewährt
werden. Sie können daher auch nicht als Bezugspunkt im
Rahmen der Abwägung einfließen.
Genauso verhält es sich mit den Last Minute Angeboten,
die es nach Aktenlage erst ab dem Jahr 2010 gab und die daher nicht
für die Streitjahre relevant seien können. Den
widersprüchlichen Ausweis der Agenturnummer 3 in den vom Kläger
vorgelegten Übersichten als Last Minute Angebote konnte
das Finanzamt nach Einschätzung des Senats schlüssig
damit erklären, dass die neu gegründete Reederei
... als Nachfolgerin der ... Reederei mit vorhandenen Daten weiterarbeitete,
es wegen Umbenennung der Agenturnummern wegen Aufnahme von Last
Minute Angeboten im Jahr 2010 nachträglich zur Änderung
der ursprünglichen Datensätze gekommen ist.
Auch die family und friends Preise können nicht zugrunde
gelegt werden. Zwar handelt es sich bei den durch dieses Angebot
angesprochenen Personen anders als bei den Angeboten für
Reisebüromitarbeiter oder die ...-Mitarbeiter nicht mehr
um einen Personenkreis, der nach ganz konkreten Kriterien abgrenzbar wäre.
Einziges gemeinsames Merkmal ist, dass eine Person einen Reedereimitarbeiter
kennen musste. Davon abgesehen hätte jeder Bekannte eines
Bekannten unter Vermittlung des Namens eines Reedereimitarbeiters
grundsätzlich das Angebot in Anspruch nehmen können.
Auch wenn dieses Angebot hinsichtlich des Adressatenkreises schon
in die Nähe eines auf dem Markt erhältlichen Angebotes
rückt, war es ebenso wie die anderen Angebote eben nicht
offiziell an alle Marktteilnehmer gerichtet. Außerdem war
durch eine Stillschweigevereinbarung, deren Bruch damit sanktioniert
war, dass die Differenz zum Katalogpreis nachgefordert werden konnte,
abgesichert, dass regulär zahlende Gäste von der
Vergünstigung nichts erfuhren.
a. Wertmindernd sind tatsächliche Einschränkungen
zu berücksichtigen, die der Kläger und seine Begleiterin
gegenüber regulär zahlenden Gästen erfahren haben.
Die vom Kläger und seiner Begleiterin in Anspruch genommene
Reiseleistung war im Vergleich zur Reiseleistung nach Katalog in
mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Diese Tatsache wird
vom Finanzamt auch grundsätzlich nicht bestritten. Zwar
trägt das Finanzamt vor, dass aus den beschlagnahmten Unterlagen (die
Reiseberichte in Form der „Internen Notiz” für
die Geschäftsführer) und der Teilnahme an fünf
Reisen in vier aufeinanderfolgenden Jahren hervorgehe, dass die
Einschränkungen das Reisevergnügen nicht dermaßen
negativ beeinträchtigt hätten, dass insgesamt
von Wiederholungen abgesehen worden wäre. Hieraus ergibt
sich, dass das Finanzamt durchaus das Vorhandensein von Einschränkungen
erkennt, diese jedoch als nicht erheblich ansieht, weil es unterstellt,
dass der Kläger sie in einer konkreten Situation nicht
als solche erlebt habe oder sie auch wiederholt akzeptiert habe.
Aus Sicht des Senats enthält dies eine Wertung, die für
die Frage, ob es tatsächlich Einschränkungen gegeben hat,
nicht relevant ist.
Der Kläger konnte die Reise erst in etwa vier bis sechs
Wochen vor Reisebeginn beantragen. Das Finanzamt trägt
vor, dass sich aus den Mitarbeiterreisekonditionen ergäbe,
dass ein Mitarbeiterreiseantrag spätestens 6 Wochen vor Reisebeginn
zu stellen war, und dies im Interesse der Reederei an rechtzeitiger Planung
gewesen sei. Daher habe das Finanzamt nicht von einem „Last Minute”-Kontingent
ausgehen können. Die tatsächliche Praxis zeigt
jedoch, dass Mitarbeiterreiseanträge auch noch in etwa
4 Wochen vor Reisebeginn gestellt werden konnten. Dies belegt nach
Ansicht des Senats eher die Vermutung, dass auch durch die Mitreise
von Mitarbeitern eine Art Restplatzverwertung stattfand.
Der Kläger konnte nicht - wie das Finanzamt vorträgt
- aus dem gesamten Angebot der Arbeitgeberin wählen oder
jedenfalls nur theoretisch. Das Finanzamt sieht den Kläger
insofern gegenüber dem klassischen Last Minute Urlauber,
der nur noch nach Verfügbarkeit wählen kann, im
Vorteil. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung
vorgetragen hat, machte es aber nur Sinn, sich Reisen mit bis zur
Antragstellung nicht ausreichender Auslastung auszuwählen, da
nur dann eine Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass man
die Reise auch durchführen konnte. Die Auswahl war gerade
auch nach Verfügbarkeit beschränkt, was wiederum
für die Annahme einer Restplatzverwertung spricht.
Der Kläger konnte zudem seine Kabine nicht frei wählen
und erhielt diese erst kurz vor Reiseantritt oder an Bord zugeteilt.
Die Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogramm war nur
bei vorhandenen Restplätzen möglich. Somit konnte
er sich - anders als andere Teilnehmer - nicht durch rechtzeitige
Buchung die Teilnahme an Ausflügen sichern. Zwar war es
bei nur beschränkt vorhandenen Plätzen auch nicht
für jeden zahlenden Passagier möglich, an bestimmten
Ausflügen oder Programmen teilzunehmen. Zahlende Mitreisende
hatten jedoch jedenfalls die Möglichkeit, sich durch rechtzeitige
Buchung einen Platz zu verschaffen.
Bei der Teilnahme an Fitnessprogrammen musste der Kläger
ebenso zurückstehen. Dagegen spricht auch nicht die Tatsache,
dass er in einer internen Notiz berichtete, die Sauna an einem Regentag
genutzt zu haben. Der Kläger trägt nicht vor,
dass die Nutzung wegen der Einschränkung nicht möglich
war. Es ist durchaus vorstellbar, dass selbst an Tagen, an denen
man eine höhere oder vollständige Auslastung durch
reguläre Gäste vermuten würde, freie
Plätze vorhanden waren und der Kläger das Angebot
daher nutzen konnte. Etwas Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der
zitierten Notiz. Genauso verhält es sich mit der Aussage
des Klägers, er „habe häufig selbst am
Programm teilgenommen”.
Auch die Nutzung der Restaurants war eingeschränkt.
Laut Mitreiseantrag war der Besuch des Restaurants C den regulär
gebuchten Gästen vorbehalten, Ausnahmegenehmigungen würden
nur von der Geschäftsleitung erteilt. Der Hinweis des Finanzamtes,
es seien Ausnahmeregelungen somit möglich gewesen und im Übrigen
hätten auch nicht alle regulären Gäste
im auf 104 Plätze beschränkten Restaurant C Platz
gefunden, spricht nicht gegen die tatsächlich vorhandene
Einschränkung. Reguläre Gäste hatten
ohne weiteres die Möglichkeit sich durch rechtzeitige Reservierung
einen Platz zu sichern.
Weiter bestand bei mangelnder Platzkapazität kein Anspruch
auf einen festen Platz im Restaurant „B”. Soweit
das Finanzamt vorträgt, dagegen spräche, dass der
Kläger einen Tisch in diesem Restaurant reserviert hätte,
bleibt festzuhalten, dass zum einen nicht feststeht, ob der Kläger
tatsächlich den gewünschten Platz erhalten hat,
zum anderen der geäußerte Reservierungswunsch
nicht gegen die Feststellung spricht, dass bei entsprechender Auslastung
kein Anspruch auf diesen Platz bestand.
Auch wenn die mitreisende Begleitung keiner der angeführten
Restriktionen unterlag, ist doch nach der allgemeinen Lebenserfahrung
davon auszugehen, dass bei einer gemeinsam unternommenen Reise der
Großteil der Zeit gemeinsam verbracht wird, Unternehmungen
oder die Teilnahme an Essen gemeinsam erfolgen. Es ist lebensfremd
anzunehmen, dass die Lebensgefährtin beispielsweise das
Restaurant C besuchen würde, während der Kläger
am Buffet teilnahm. Gemeinschaftliche Unternehmungen waren somit
trotz der für die Reisebegleitung theoretisch nicht vorhandenen
Einschränkungen tatsächlich doch eingeschränkt.
Weiter hatte der Kläger einen Reisebericht nach der
Reise abzugeben, für den er sich bestimmte Notizen schon
während der Reise machte. Auf zwei Reisen führte
er Bargeldtransporte durch, damit Personal teilweise bar vor Ort
bezahlt werden konnte. Der Senat wertet diese Verpflichtungen des
Klägers jedoch nicht als erhebliche Einschränkungen,
da der Kläger und seine Begleiterin durch diese Aufgaben
allenfalls unwesentlich daran gehindert worden sind, an der Reise
wie andere zahlende Reiseteilnehmer teilzunehmen. Gleiches gilt
für den vom Kläger geltend gemachten Umstand,
dass er durch die Bekanntschaft mit weiteren Mitarbeitern an Bord
selbst gegenüber anderen Gästen häufig
als Mitarbeiter der Reederei erkennbar war und Auskünfte
hinsichtlich der Verhältnisse an Bord oder zum Unternehmen
geben musste.
b. Werterhöhend sind im Rahmen der Abwägung
Vergünstigungen zu berücksichtigen, die dem Kläger
und seiner Begleiterin gegenüber den regulär zahlenden
Gästen gewährt wurden. Diese bestanden einerseits
in einem Abschlag von 20 % auf Getränke. Es ist
davon auszugehen und unstreitig, dass der Kläger tatsächlich
diese Vergünstigung in Anspruch genommen hat.
Weitere Vergünstigungen - so das Finanzamt - bestünden „in
der Preisfreiheit etwaiger Halb- oder Ganztagsausflüge
bzw. lediglich der Entrichtung des Einkaufspreises der Teilnahme
für eine etwaige Begleiterin”. Darüber
hinaus würden „etwaige für die An- und
Abreise vorhandene freie Charterplätze auf Flügen
und auch teilweise Zubringerflüge an die Mitarbeiter kostenlos
weitergegeben” (Bericht über steuerliche Feststellungen
vom 16. Mai 2011 der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt; s. auch
zusammenfassender Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle vom 15.
Juli 2010). Da die Katalogpreise jedoch die Charterflüge
umfassten (siehe auch Buchungen regulärer Kunden, bei denen nur
Anschlussflüge oder Direktflüge mit einem Aufpreis
i. H. v. 50 € separat berechnet wurden), kann die kostenlose
Weitergabe von vorhandenen Charterplätzen sich nicht werterhöhend
auswirken. Soweit der Kläger mangels vorhandener Kapazität
Linienflüge buchen musste, wurden diese auch entsprechend separat
abgerechnet (s. für die Reise 3). Ebenfalls wurden Anschlussflüge
separat abgerechnet (für die Reise 4), wobei mangels vergleichbarer
Unterlagen für regulär zahlende Gäste
nicht festgestellt werden kann, ob der dort genannte Sondertarif
nicht auch diesen gewährt wurde. Somit kann eine Begünstigung des
Klägers hinsichtlich der Mitreise auf Flügen im
Vergleich zu regulär zahlenden Gästen nicht festgestellt
werden.
Inwieweit der Kläger und seine Begleiterin an Ausflügen,
die sie anders als reguläre Gäste nicht vorher
buchen konnten (vergleiche auch die tatsächlichen Buchungen
des Klägers und die regulären Buchungen) teilgenommen
haben, ist aus den Unterlagen nicht konkret erkennbar. Es ist jedoch
davon auszugehen, dass eine Teilnahme pro Reise in jedem Fall erfolgte,
da diese vom Arbeitgeber gewünscht war und in dem geforderten
Reisebericht beschrieben werden sollte (siehe beispielsweise Mitteilung über
die Genehmigung des Mitreiseantrags). Die Erwähnung eines
Ausfluges findet sich in der „Internen Notiz” des
Klägers über die Reise 1 an die Geschäftsführer
auch wieder. Insoweit muss dieser Vorteil als zusätzliche
Vergünstigung in die Abwägung miteinbezogen werden.
Der Vorteil wird auch nicht dadurch gemindert, dass der Kläger
vom Arbeitgeber zur Teilnahme an mindestens einem Ausflug quasi
verpflichtet wurde und er über diesen berichten musste.
Ob sich diese Wertung schon aus der vom Finanzamt zitierten Rechtsprechung des
BFH (vgl. Urteil vom 4. August 1994 VI R 24/94 BStBl. II 1994,
954) ergibt, nach der sich bei der Bewertung des Vorteils
die vom Arbeitnehmer anlässlich der Vorteilsgewährung
tatsächlich erbrachten Dienstleistungen nicht wertmindernd auswirken,
kann dahinstehen. Der dem zitierten Urteil zugrunde liegende Sachverhalt
unterscheidet sich wesentlich vom Streitfall, da die dort vom Mitarbeiter
erbrachten Dienstleistungen nicht während der Urlaubszeit,
sondern während seiner Arbeitszeit erbracht wurden.
Jedenfalls geht der Senat davon aus, dass die Teilnahme an einem
Ausflug tatsächlich einen geldwerten Vorteil darstellt.
Weder der vom Arbeitgeber geäußerte Wunsch oder
gegebenenfalls die Verpflichtung, an einem Ausflug teilzunehmen,
noch die Verpflichtung zur Erstellung eines Berichtes darüber führt
zu der Wertung, dass ein überwiegend eigenbetriebliches
Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme am Ausflug bestand und
es sich insoweit um eine dienstliche Verpflichtung handelte. Darüber
hinaus ist, soweit man, was der Senat bezweifelt, eine Beeinträchtigung
des Klägers durch die Verpflichtung zur Teilnahme oder
zur Berichtsverfassung überhaupt annehmen kann, diese jedenfalls
als so geringfügig anzusehen, dass eine Wertminderung nicht angenommen
werden kann. Im Übrigen wurde ihm kein bestimmter Ausflug vorgeschrieben,
sondern er hatte – vorbehaltlich verfügbarer Plätze – eine gewisse
Wahlmöglichkeit, mit der er eigene Vorlieben realisieren
konnte.
Soweit das Finanzamt in seinem Schriftsatz vom 28. März
2013 weitere Vergünstigungen erwähnt (kostenlose
Gewährung von Dienstleistungen und Verpflegung), hat es
diese nicht ausreichend konkretisiert, so dass sie nicht in die Abwägung
einbezogen werden können.
c. Weiter ist im Rahmen der Abwägung zu beachten, dass
es sich bei der Gewährung der Mitarbeiterreisen in der
konkreten Ausgestaltung um eine Art Restplatzverwertung handelte.
Außerdem brachte die Reederei durchaus auch in den Streitjahren
Angebote auf den Markt, die ganz erhebliche Abschläge auf den
Katalogpreis bei Leistungen laut Katalog vorsahen. Es fragt sich,
welchen Reisepreis ein Reisender zum Bewertungszeitpunkt für
die dem Kläger gewährte Reiseleistung am Markt
bezahlt hätte.
Das Finanzamt trägt zur Bekräftigung seiner
Annahme, dass grundsätzlich von den Katalogpreisen auszugehen
sei, vor, dass nach Antragstellung und Genehmigung der Mitarbeiterreise
der Verkauf zu Katalogpreisen fortgesetzt wurde und Buchungen auch
für den Zeitpunkt von etwa 5-6 Wochen vorher belegt sind.
Die Bewertung zu Katalogpreisen müsse auch bei Bewertung
der Reise zu einem Zeitpunkt kurz vor oder direkt vor Reisebeginn
vorgenommen werden, da die Reederei in den Streitjahren darauf geachtet
habe, dass der Katalogpreis unabhängig vom Zeitpunkt der
Buchung für jeden Reisenden maßgeblich war. Zum
einen ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Buchungen zu
Katalogpreisen weit zuvor erfolgte (s. Übersichten, aus
denen sich Buchungsdaten von rund 18 Monaten bis zu 6 Monaten vor
Reiseantritt ergeben). Es ist aus Sicht des Gerichts fraglich und
auch nicht belegt, ob Buchungen zum Bewertungszeitpunkt zum Katalogpreis
noch erfolgt sind. Weiter ist es aus Sicht des Gerichts eher unwahrscheinlich,
dass ein zahlender Gast zu diesem Zeitpunkt für einen Restplatz
mit den genannten Einschränkungen und Vergünstigungen ohne
Wahlmöglichkeit der Kabine den Katalogpreis gezahlt hätte.
Es kann nach Auffassung des Senats nicht - wie das Finanzamt
meint - davon ausgegangen werden, dass die Reederei in den Streitjahren
darauf geachtet hat, dass der Katalogpreis unabhängig vom
Zeitpunkt der Buchung für jeden Reisenden maßgeblich
war. Das mag die nach außen vertretene Preispolitik und das
unternehmerische Ziel gewesen sein, allein die Anzahl der vorgelegten Unterlagen über
diverse verschieden ausgestaltete Angebote für den offiziellen Markt
sowie auch die Häufigkeit der family und friends Angebote
sprechen dagegen.
Es gab in den Streitjahren und auch schon im Jahr 2005 am Markt
Angebote, die schon regulär zu einem Abschlag von 25 % insgesamt
bezogen auf den Preis pro Personen für die Teilnahme von
2 Personen führten (sogenannte Kombiangebote). Zwar konnte
der Kläger kein solches Angebot für eine von ihm angetretene
Reise vorweisen, es zeigt jedoch, dass keineswegs bis zum Zeitpunkt
des Reiseantritts nur Katalogpreise am Markt angeboten wurden. Für
die Reise 1 war immerhin ein besonderes Angebot auch am Markt vorhanden,
das die An- und Abreise sowie die Reiserücktrittsversicherung
einschloss.
Dass die Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung
gesehen werden müssen, ergibt sich für das Gericht
- wie schon oben unter 2.a. dargestellt - daraus, dass die Reise
tatsächlich nur zu einem gewissen Zeitpunkt etwa 4-6 Wochen
vor Reisebeginn und nur bei mangelnder Auslastung beantragt werden und
nur in diesem Fall auch mit einer Genehmigung und der tatsächlichen
Mitreise gerechnet werden konnte.
Parallel dazu wurde in nennenswertem Umfang eine Restplatzverwertung durch
family und friends Angebote initiiert, die vom Zeitpunkt mit der
Beantragung der Mitarbeiterreisen in den Jahren 2006 bis 2008 fast übereinstimmt.
Im Vergleich zu den vom Kläger beantragten Mitreisen erfolgte
die Freigabe des family und friends Angebots beispielsweise bei
der Reise 3 6 Tage nach Genehmigung des Mitreiseantrags des Klägers,
bei der Reise 5 über 19 Tage vor Genehmigung des Mitreiseantrags.
Daraus ergibt sich, dass die Reederei nicht etwa zunächst
die Mitarbeiterbuchungen abwartete, um nach Berücksichtigung
der interessierten Mitarbeiter vorhandene Restplätze noch
günstig zu verkaufen. Vielmehr wurden Mitarbeiter neben
anderen Programmen der Restplatzverwertung – nachrangig – berücksichtigt.
Der Senat geht zwar gerade nicht davon aus, dass der family und
friends Preis einen Marktpreis im Sinne eines offiziellen Angebotes
darstellt. Es stellt sich aber die Frage, ob er nicht zumindest
einen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Wert
der Reise im Sinne einer Restplatzverwertung geben kann. Dabei umfasste
dieses Angebot die Katalogleistungen ohne Einschränkungen
und war etwa zu dem gleichen Zeitpunkt wie die Mitarbeiterreisen
erhältlich; anders als für die Mitarbeiterreisen
bestand aufgrund einer family und friends Buchung auch noch ein
fester Anspruch auf Mitreise.
Der family und friends Preis bietet somit eine (interne) Werteinschätzung
der verfügbaren Reisen etwa 6 Wochen vor Reiseantritt,
der Wert zu einem späteren Zeitpunkt müsste eher
darunter liegen. Da es sich jedoch um einen internen Preis handelt,
geht der Senat davon aus, dass ein offizieller Preis im Rahmen einer
Restplatzverwertung am Markt in den Streitjahren auch bei Berücksichtigung
deutlicher Abschläge wohl nicht unter den family und friends
Preisen gelegen hätte. Dafür spricht insbesondere,
dass es in den Streitjahren ausdrückliche last Minute Angebote
nicht gab.
Der family und friends Preis lag im Vergleich zu dem bei Bewertung
des Vorteils für den Kläger durch das Finanzamt
zugrunde gelegten Katalogpreis bei 28,25% des Katalogpreises
für die Reise 2, bei 23,15 % für die
Reise 3, bei 43,44 % für die Reise 4 und bei 50 % für
die Reise 5, durchschnittlich bei 36,21 %.
Auch wenn nach außen offiziell eine andere Preispolitik
verfolgt wurde, zeigt das family und friends Angebot, dass der tatsächliche
Wert eines Restplatzes deutlich unter dem Katalogpreis einzuschätzen
war. Ob der Katalogpreis zu Reisebeginn den tatsächlichen
Wert der Reise widerspiegelt und tatsächlich noch zu erzielen
war, scheint dem Senat zweifelhaft. Der Senat geht vielmehr davon
aus, dass aus dem Vorhandensein von zwar nicht offiziellen, aber
doch häufigen und an eine relativ uneingegrenzte Anzahl
von Personen gerichteten Angeboten zur Restplatzverwertung geschlossen
werden kann, dass auch der tatsächliche Wert der Reise
und damit der tatsächliche Preis im Sinne eines Marktpreises
wesentlich unter den Katalogpreisen anzusetzen ist. Dass die Reederei
allgemein auch nicht in den Streitjahren bis zuletzt nur Katalogpreise angeboten
hat, ergibt sich aus der Existenz verschiedener besonderer Angebote, die
sich ganz offiziell an den Markt richteten und nicht einmal zur
Restplatzverwertung eingesetzt wurden. Dass die Reederei das family
und friends Angebot mit einer Stillschweigeverpflichtung verbunden
hat, um sicherzustellen, dass Stammkunden an Bord, die regulär
gezahlt hatten, nicht verärgert wurden, spricht nicht gegen
die Annahme eines gegenüber dem Katalogpreis vermindert anzusetzenden
Wertes.
Außerdem wäre bei der Wertermittlung grundsätzlich
zu berücksichtigen, dass im Rahmen der üblichen
Rabatte bei mehrfacher Teilnahme an Reisen regulär Abschläge
auf eine weitere Reise vorgenommen wurden, die sich mit zunehmender
Anzahl der Reisen erhöhten. Da die Mehrfahrerrabatte aber
nach Aktenlage nur regulär zahlenden Kunden zugute kamen
oder im Rahmen von Sonderpreisen, die bestimmt abgrenzbaren Kundenkreisen
gewährt wurden, berücksichtigt wurden, sie sich
bei der Restplatzverwertung indessen nicht wiederfinden, lässt
der Senat diese Vergünstigung im Rahmen der pauschalen Bewertung
außer Betracht. Soweit man jedoch - wie das Finanzamt -
eine Bewertung ausgehend von den Katalogpreisen vornehmen wollte,
wäre nicht einzusehen, warum die Mehrfahrerrabatte bei
der Bewertung der Reisen des Klägers und seiner Begleitung
nicht auch Berücksichtigung finden sollten.
In Abwägung aller angeführten Umstände,
insbesondere der vorhandenen Einschränkungen und Vorteile
sowie der Tatsache, dass eine Restplatzverwertung auf dem Markt
im Allgemeinen und auch konkret durch die Arbeitgeberin des Klägers
durch offizielle und interne Angebote zu erheblichen Abschlägen
führt bzw. geführt hat, kommt der Senat zu dem
Ergebnis, dass eine Bewertung des geldwerten Vorteils pauschal mit
40 % des Katalogpreises für jedes Jahr angemessen
ist.
Zwar liegt der durchschnittliche Wert der internen Restplatzverwertung
für die vom Kläger unternommenen Reisen nur bei
rund 36 %. Da aber im Rahmen der internen Restplatzverwertung
durch die Reederei für Reisen, an denen der Kläger
teilgenommen hat, auch höhere Werte als 40 % existieren
(für die Reisen 4 und 5), scheint es gerechtfertigt, im
Wege der Schätzung einen pauschalen Mittelwert für
alle Jahre i. H. v. 40 % anzusetzen.
Als Zuzahlungen sind 950 € anstelle der anerkannten
500 € für die Reise 4 (gezahlt 1.390 €,
davon auf die Reise selbst 950 €) und 900 € anstelle
der anerkannten 425 € für die Reise 5 zu berücksichtigen:
Bei der Ermittlung des Wertes der Reise 5 war zu berücksichtigen,
dass der Kläger und seine Begleiterin 2 Tage weniger und
somit nur 18 Tage an Bord waren.
II. Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG
Der so ermittelte Arbeitslohn ist nicht bis zur Höhe
von 1.080 € nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfrei,
da Arbeitgeber des Kl ägers in den Streitjahren die Reederei
war, die Reiseleistung selbst jedoch vom Reiseveranstalter, der
Schiffahrtsgesellschaft MS „A” erbracht wurde.
Diese Tatsache ergibt sich u.a. schon aus den Buchungsbestätigungen: „Buchungsbestätigung
und Rechnungslegung erfolgen im Namen und Auftrag der Schifffahrtsgesellschaft
MS „A”, die in Rechnung gestellten Zuzahlungen
waren auch „auf das Konto der Schiffahrtsgesellschaft MS „A” zu überweisen
und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die Arbeitgeberin
durch die Übernahme der für die Schifffahrtsgesellschaft
geleisteten Bereederung maßgeblich an der Erstellung des
durch die Schifffahrtsgesellschaft angebotenen Produkts „Kreuzfahrtreise” beteiligt
war und beide Unternehmen zu einer Unternehmensgruppe gehörten.
Der BFH hat im Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92 (BStBl II 1993,
356) jedoch den § 8 Abs. 3 EStG unter systematischer,
teleologischer und historischer Interpretation dahin ausgelegt,
dass nur Preisnachlässe auf solche Waren, Lieferungen und
Dienstleistungen begünstigt sind, die im Unternehmen des
Arbeitgebers hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und dass
die Vorschrift weder Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften noch
einen überbetrieblichen Belegschaftshandel steuerlich begünstigen
soll. Darüber hinaus hat der BFH im genannten Urteil zutreffend
ausgeführt, dass diese Auslegung und Anwendung des § 8
Abs. 3 EStG nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs.
1 GG verletzt. Daher unterfällt der nicht vom Arbeitgeber
des Klägers, sondern von der MS „A” auf
die Reisen gewährte Vorteil nicht der den Arbeitnehmer
begünstigenden (Personalrabatt-)Regelung des § 8
Abs. 3 EStG (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 7. Februar 1997 VI R 17/94 BStBl
II 97, 363; FG Münster vom 29. Juni 2011, EFG 2011, 1886;
aA wohl Schmidt/Krüger, EStG, 32. Auflage, § 8
Rz. 66).
III. Verlängerte Festsetzungsfrist nach § 169
Abs. 2 Satz 2 AO
Das Finanzamt war auch berechtigt, den Einkommensteuerbescheid
für das Jahr 2005 zu ändern. Die Festsetzungsfrist
war beim Erlass des Einkommensteuerbescheides noch nicht abgelaufen,
da der Kläger die Einkommensteuer für das Jahr
2005 leichtfertig verkürzt hat.
Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist
fünf Jahre, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt
worden ist. Die fünfjährige Frist begann nach Abgabe
der Einkommensteuererklärung für 2005 im Jahre
2006 mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen und endete mit Ablauf
des Jahres 2011, so dass der Einkommensteuerbescheid vom 15. Juni
2011 vor Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen wurde.
Unstreitig ist, dass dem Kläger im Jahr 2005 ein geldwerter
Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen zugeflossen ist,
den er im Rahmen seiner Steuererklärung nicht angegeben
hat. Durch die Nichtangabe des geldwerten Vorteils hat der Kläger
objektiv Steuern verkürzt. Dies geschah auch leichtfertig
im Sinne des § 378 Abs. 1 S. 1 AO. Leichtfertig handelt,
wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach
den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen
Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist,
obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch eine Steuerverkürzung
eintreten wird (Jäger in Klein, AO, 11. Auflage 2012, § 378
Rz. 20 mit weiteren Nachweisen). Dabei kommt es nicht auf die Einsichtsfähigkeit
eines Durchschnittsbürgers, sondern auf die des betreffenden
Täters an (BFH - Beschluss vom 22.8.2011 III B 4/10, BFH/NV
2011, 2092 mit Rechtsprechungsnachweisen).
Dem Kläger musste sich nach seinen persönlichen
Fähigkeiten und Kenntnissen aufdrängen, dass die
Fahrten mit der MS A, für die er keine oder nur geringfügige
Zuzahlungen erbringen musste, einen nicht in Geld bestehenden Vorteil
darstellten, der steuerrechtliche Relevanz haben könnte.
Es musste sich ihm aufdrängen, dass durch die fehlende
Angabe dieses Vorteils in der Steuererklärung eine Steuerverkürzung
eintreten würde. Der Senat ist davon überzeugt,
dass es dem Kläger als ausgebildetem Bilanzbuchhalter unter Anwendung
der sich für ihn ergebenden Sorgfalt möglich gewesen
wäre, sich um die korrekte steuerrechtliche Behandlung
zu kümmern. Zumindest hätte er den Sachverhalt
dem Finanzamt gegenüber angeben müssen. Er durfte
nicht darauf vertrauen, dass sein Arbeitgeber die steuerrechtlichen
Konsequenzen ziehen würde, zumal ihm, der kein steuerlicher
Laie war, die fehlende Erfassung auf seiner Lohnsteuerkarte h ätte
auffallen müssen.
Darüber hinaus ergibt sich aus diversen Unterlagen (vgl.
die E-Mails), dass sich der Kläger auch konkret mit der
Problematik der Agenturnummern und den dazugehörigen Listen
befasst hat. Nach der Überzeugung des Senats ist daraus ersichtlich,
dass ihm auch die dieser Problematik zugrundeliegende Fragestellung
der steuerlichen Erfassung und Behandlung der geldwerten Vorteile bekannt
gewesen sein muss. Die konsequente Erfassung der mitreisenden Mitarbeiter
ab 2007 war gerade durch das Erfordernis einer zu verändernden
steuerlichen Behandlung (jedenfalls mit-) veranlasst. Es ist im Übrigen
schwer vorstellbar, dass der Kläger als Verantwortlicher
für das Buchungs- und Erfassungssystem, in dem die geänderten
Agenturnummern erfasst werden mussten, nicht über sämtliche
(auch die steuerrechtlichen) Hintergründe der Änderung informiert
gewesen sein soll.
Auf die Kenntnis des Klägers der E-Mail vom 10. September
2007 kommt es daher nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen
aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, 151 FGO.
Gründe, die Revision gemäß § 115
Abs. 2 FGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.