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  • 01.08.2017 · IWW-Abrufnummer 195563

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 21.12.2016 – 1 K 1605/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz

    Urt. v. 21.12.2016

    Az.: 1 K 1605/14

    In dem Finanzrechtsstreit
    der Firma
    - Klägerin -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    das Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Nachforderung von Lohnsteuer Januar 2009 bis Dezember 2010

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Dezember 2016 durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    den Richter am Finanzgericht
    die Richterin am Landgericht
    den ehrenamtlichen Richter
    den
    die ehrenamtliche Richterin

    für Recht erkannt:

    Tenor:
    I. Der Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge vom 6. August 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2014 wird dahingehend abgeändert, dass die für Steuerberatungskosten nachgeforderte Lohnsteuer für den Zeitraum Januar - Dezember 2009 auf 66.809,09 € und für den Zeitraum Januar - Dezember 2010 auf 40.627,23 € herabgesetzt wird.

    II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

    III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten zu Gunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

    IV. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Nachforderung von Lohnsteuer auf Steuerberatungskosten, die die Klägerin im Rahmen einer Entsendung von Arbeitnehmern übernimmt.

    Die Klägerin ist ... in der ...branche tätig. Sie gehört nunmehr zum Konzernverbund der ... mit Zentrale in ... (CH), die ihrerseits Tochterunternehmen der ... ist. Die Organisation und Abwicklung internationaler Arbeitnehmerentsendungen wird für den X-Konzern von der X International Services Switzerland S.A. global koordiniert. Der Konzern ist weltweit in 60 verschiedenen Ländern vertreten und beschäftigt ca. 26.000 Arbeitnehmer. Im Inland ist das Unternehmen mit der Klägerin vertreten, an den Standorten in A und B werden ca. 1.900 Arbeitnehmer beschäftigt.

    Innerhalb des Konzerns wird der weltweite Austausch von Mitarbeitern gefördert. Die Einzelheiten sind konzernweit in "Assignment Policies" geregelt, u.a. der "International Assignment Policy" (Stand Januar 2009 und Januar 2013, s. Ordner, K1 und K2), der "Short-Term Assignment Policy" (Stand Juni 2005 und Juli 2012, s. Ordner, K3 und K4) und der "Rotational Assignment Policy" (Stand Juli 2006 und Juli 2012, s. Ordner, K5 und K6). Bestandteil der Fördermaßnahmen des Arbeitgebers ist dabei jeweils auch die Unterstützung des Arbeitnehmers bei der Erledigung der steuerlichen Pflichten sowohl im Herkunfts- als auch im Entsendeland. Hierzu wird den Arbeitnehmern im Vorfeld der Entsendung eine Steuerberatung durch einen von der Klägerin beauftragten Steuerberater angeboten (Pre-Assignment Tax Consultation ). In den Policies wird hierzu ausgeführt, dass die Gesellschaft sieht, dass die Steuerangelegenheiten der zu entsendenden Mitarbeiter durch die internationale Entsendung aufwändiger würden. Die zu entsendenden Personen würden als Folge der Entsendung öfters Steuererklärungspflichten sowohl im Heimatland als auch im Gastland zu erfüllen haben. Daher werde erwartet, dass alle Entsendungswilligen im Vorfeld der Entsendung eine Steuerberatung in Anspruch nähmen, die dazu dienen solle, dem Entsendungswilligen die Unterstützung in Steuersachen durch die Gesellschaft während der Entsendung zu erläutern, die Erstellung eventuell notwendiger Steuererklärungen im Zusammenhang mit der Ankunft im Gastland bzw. dem Verlassen des Gastlandes zu erleichtern, einen Überblick darüber zu verschaffen, wie der Entsendungswillige während des Entsendezeitraums besteuert würde und den Ablauf des von dem Entsendungswilligen zu erfüllenden Besteuerungsverfahrens zu erläutern. Diese Steuerberatung solle jeweils im Heimatland im Vorfeld der Abreise durch einen von der Gesellschaft bestellten Berater erfolgen. Von dieser steuerlichen Beratung sollten jeweils nicht andere persönliche Einkommensbestandteile des Entsendungswilligen und seiner Familie betroffen und umfasst sein, jede spezifische Beratung in dieser Hinsicht sollte auf Rechnung des Entsendungswilligen erfolgen (siehe Policies, Stand 2006 - 2009 (Ordner, K1, K 3 und K 5), jeweils Tz. 2.1.4 und Policies, Stand 2012 - 2013 (Ordner, K 2, K 4 und K 6), jeweils Tz. 4.2). Zudem gewährt die Gesellschaft für die Jahre des Wechsels zwischen Herkunfts- und Entsendeland die Erstellung der Steuererklärung für beide Länder und für die Jahre, in denen der Mitarbeiter nur im Entsendeland tätig ist, die Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärung des Mitarbeiters im Gastland. Keine Erstattung wird gewährt für die Erstellung nachfolgender Steuererklärungen im Herkunftsland, die eventuell durch andere Einkommensquellen des Mitarbeiters veranlasst sind. Die Unterstützung durch die Gesellschaft wird nur gewährt, wenn der Entsendungswillige den von der Gesellschaft benannten steuerlichen Berater in Anspruch nimmt. Sollte er einen anderen steuerlichen Berater beauftragen, leistet die Gesellschaft weder Unterstützung noch eine Erstattung oder eine Barauszahlung. Auf den übrigen Inhalt der Bestimmungen über die Unterstützung in Steuersachen (siehe Policies, Stand 2006 - 2009 (Ordner, K1, K 3 und K 5), jeweils Tz. 3.3.1 - 3.3.2 und Policies, Stand 2012 - 2013 (Ordner, K 2, K 4 und K 6), jeweils Tz. 4.1 - 4.3) wird verwiesen.

    Im Bericht vom 5. Juli 2013 (s. Bl. 3-14 Lohnsteuerakte Arbeitgeber) über eine am 15. Oktober 2012 begonnene Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2010 ging der Prüfer davon aus, dass die Übernahme der Steuerberaterkosten steuerpflichtigen sonstigen Arbeitslohn der entsandten Mitarbeiter darstelle. Im kombinierten Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 6. August 2013 folgte der Beklagte der Auffassung des Lohnsteueraußenprüfers und forderte die Lohnsteuer auf die von der Klägerin übernommenen Steuerberatungskosten nach.

    Die Nachversteuerung erfolgte aufgrund eines entsprechenden Antrags der Klägerin pauschal nach § 40 Abs. 1 S. 2 EStG, wobei der Beklagte für die aktiven Mitarbeiter einen Steuersatz von 72,4 % und für die inzwischen ausgeschiedenen Mitarbeiter einen Steuersatz von 45,2 % ermittelte.

    Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass es sich ihrer Auffassung nach bei Übernahme von Steuerberatungskosten für die persönliche Einkommensteuererklärung eines Arbeitnehmers bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung zumindest um gemischt veranlasste Aufwendungen handele; unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 sei daher bei der Ermittlung der Höhe des zu versteuernden geldwerten Vorteils eine Aufteilung in einen steuerfreien (betrieblich veranlassten) sowie einen steuerpflichtigen (privat veranlassten) Anteil der übernommenen Steuerberatungskosten vorzunehmen. Der Abschluss einer Nettolohnvereinbarung sei auch für den entsandten Arbeitnehmer vorteilhaft. Der Vorteil beschränke sich jedoch darauf, dass er während der Dauer der Entsendung Anspruch auf einen konstanten Nettolohn und somit kein Risiko hinsichtlich einer gegebenenfalls aus der Auslandstätigkeit resultierenden steuerlichen Mehrbelastung habe. Auch dies sei jedoch im betrieblichen Interesse des Konzerns, um den Arbeitnehmer für die aus betrieblichen Erwägungen erforderliche Auslandstätigkeit zu motivieren. Die Übernahme der Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung diene der Ermittlung des zutreffenden Arbeitslohns, da die Einkommensteuererstattung in die Ermittlung des steuerpflichtigen Arbeitslohns einbezogen werde. Die Ermittlung des zutreffenden Arbeitslohns sei unzweifelhaft Aufgabe des Arbeitgebers. Es liege auch im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers, eine erfolgte Gehaltsüberzahlung rückgängig zu machen und die entsprechende Steuererstattung mittels Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung zu vereinnahmen. Der Arbeitnehmer habe aufgrund der Nettolohnvereinbarung kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Abgabe einer Einkommensteuererklärung, da er die hieraus resultierende Steuererstattung an den Arbeitgeber abtreten müsse.

    Es werde beantragt, im Wege einer sachgerechten Schätzung 50 % der im Zusammenhang mit der privaten Einkommensteuerveranlagung der entsandten Arbeitnehmer übernommenen Steuerberatungskosten der betrieblichen Sphäre zuzuordnen. Zudem stünden auch die Gebühren für die Stellung von Kindergeldanträgen sowie die entsprechende Korrespondenz mit der Familienkasse in kausalem Zusammenhang mit der Einkommensteuerveranlagung des entsandten Arbeitnehmers. Um sicherzustellen, dass dem Konzern in diesem Zusammenhang aufgrund der mit dem Arbeitnehmer getroffenen Nettolohnvereinbarung kein finanzieller Nachteil entstehe, würden - teilweise mit Unterstützung von der ... Steuerberatungsgesellschaft - entsprechende Kindergeldanträge gestellt. Daher sollten in analoger Anwendung zu den Steuerberatungskosten die Gebühren für die Stellung von Kindergeldanträgen und für die hiermit verbundene Korrespondenz mit der Familienkasse ebenfalls zu 50 % steuerfrei erstattet werden können. Letztlich könnten die übernommenen Steuerberatungskosten, soweit sie in voller Höhe als geldwerter Vorteil versteuert würden und im Zusammenhang mit steuerlichen Einkünften stünden, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des entsprechenden Arbeitnehmers als Werbungskosten in Abzug gebracht werden. Da es sich bei den von ... Steuerberatungsgesellschaft in Rechnung gestellten Gebühren für die Erstellung der Einkommensteuererklärung um eine Pauschalgebühr handele, belaufe sich der Werbungskostenabzug unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 21. Dezember 2007 (BStBl I 2008, 256) ebenfalls pauschal auf 50 %. Der geldwerte Vorteil aus der Übernahme von Steuerberatungskosten könne gemäß § 37b EStG durchaus auch pauschal versteuert werden. Der im Rahmen des Einspruchs begehrte vereinfachte Aufteilungsmaßstab von 50 % für die betriebliche Sphäre des Konzerns bleibe auch hierauf anzuwenden. Sofern künftig anteilige Steuerberatungskosten gemäß § 37b Abs. 2 EStG pauschal versteuert würden, unterbleibe natürlich auch ein Abzug als Werbungskosten im Rahmen der jeweiligen Veranlagung der Arbeitnehmer.

    In der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2014 setzte der Beklagte die Lohnsteuer-Nachforderungsbeträge für das Jahr 2009 auf 134.930,01 € zuzüglich Solidaritätszuschlag von 7.429,15 € und für das Jahr 2010 auf 155.846,71 € zuzüglich Solidaritätszuschlag von 8.571,57 € herab. Die Reduzierung beruhte darauf, dass er antragsgemäß die auf die so genannten Outbounds (von Deutschland ins Ausland entsandte Arbeitnehmer) entfallenden Steuerberatungskosten aus der Nachforderung ausklammerte. Im Übrigen wies er den Einspruch zurück. Die ständige BFH-Rechtsprechung ordne Vorteile, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewähre, steuerrechtlich als Arbeitslohn ein, wenn der Arbeitnehmer an der Erlangung dieses Vorteils mehr als nur ein untergeordnetes Interesse habe. Nur solche Vorteile seien kein Arbeitslohn, die sich nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erwiesen. Der BFH sei im Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 2/08 (BStBl II 2010, 639) zu dem Ergebnis gekommen, dass die eigenbetriebliche Zielsetzung für die Übernahme von Steuerberatungskosten nicht derart dominant sei, dass das Interesse des Arbeitnehmers an dieser Bereicherung auf eine nur untergeordnete Bedeutung zurückgedrängt werde. Dass die Motivation für die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Motivation für die Nettolohnvereinbarung überlagert und entscheidend mitbestimmt worden sei, gelte für den entschiedenen Sachverhalt, der dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass ohne die Nettolohnvereinbarung die Kosten der Steuerberatung nicht übernommen worden wären. Im Streitfall stünden die beiden Vorteile aus der Übernahme der Steuerberatungskosten und aus der Nettolohnvereinbarung gleichberechtigt nebeneinander. Sie seien getrennt auf ihre Motivation zu untersuchen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die IA-Policy in der Fassung 2013 nur als Gesamtpaket vereinbart werde, dass also der eine Vorteil nicht ohne den anderen denkbar sei. Aus Abschnitt 4.3 erster Absatz ergebe sich unmittelbar, dass die Bereitstellung der steuerlichen Beratung durchaus im Interesse des Arbeitgebers liege. Andererseits gehe es ausdrücklich um die Erfüllung der persönlichen steuerlichen Erklärungspflichten sowie um einen genau zu bemessenden geldwerten Vorteil, der im persönlichen Interesse des Mitarbeiters und gegebenenfalls seines Ehegatten liege. Dieser persönliche Vorteil sei für Mitarbeiter in jedem Fall von mehr als untergeordneter Bedeutung. Die Nettolohnvereinbarung sei in der IA-Policy ebenfalls detailliert definiert. Sie solle bewirken, dass Mitarbeiter keine zusätzlichen Steuern nur wegen ihrer internationalen Entsendung zahlen sollten. Auch dies sei nur eines aus der Summe der Gesamtpakete der Klägerin für ihre Mitarbeiter im Zusammenhang mit der internationalen Entsendung. Es könne nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass die Übernahme der persönlichen Ertragsteuern jedenfalls nach deutschem Steuerrecht wiederum einen eigenen lohnsteuerpflichtigen Vorteil im Interesse des Arbeitnehmers darstelle, auch wenn der Arbeitgeber ein erhebliches eigenbetriebliches Interesse an dieser zusätzlichen Entlohnung habe. Das Interesse der Arbeitnehmer an diesem Vorteil sei jedoch keinesfalls von untergeordneter Bedeutung, wie sich an den Lohnsteuerbeträgen, die auf die Nettoleistungen entfielen, ablesen lasse. Die Klägerin gehe von gleichwertigen beiderseitigen Interessen an dem geldwerten Vorteil der Steuerberatungskosten aus. Ihrem Antrag, 50% der strittigen Beträge als eigenbetrieblich anzusehen, könne jedoch nicht gefolgt werden. Es bedürfe keiner weiteren Darlegung, dass die gegenseitigen Leistungen in einem arbeitsvertraglichen Rechtsverhältnis immer im Interesse beider Vertragspartner erbracht würden, im Idealfall bei ausgewogener Interessenlage zu gleichen Teilen. Die Anwendung der Grundsätze zum Aufteilungs- und Abzugsverbot von gemischten Aufwendungen auf die Definition des Arbeitslohn-Charakters würde dazu führen, dass alle diejenigen Teile der Vergütungen, die nicht nur unwesentlich auch auf das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers zurückzuführen seien, nicht steuerbar wären und keinen Arbeitslohn darstellten. Dies könne sinnvollerweise erst dann der Fall sein, wenn das Interesse des Arbeitnehmers nur von untergeordneter Bedeutung sei. Wie insbesondere im BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 2/08 (a.a.O.) dargestellt, sei dem Tatbestandsmerkmal "für" in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zur-Verfügung-Stellen der Arbeitskraft haben müsse, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Es gehöre nicht zu dieser gesetzlichen Arbeitslohn-Definition, dass das eigenbetriebliche Interesse von Seiten des Arbeitgebers von untergeordneter Bedeutung sein müsse. Es sei daher kein Widerspruch zu den geänderten Grundsätzen zum Aufteilungs- und Abzugsverbot, wenn der BFH erst dann keinen Arbeitslohn mehr annehme, wenn das Interesse des Arbeitnehmers an dem in Frage stehenden Vorteil im Gesamtzusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung sei und in allen anderen Fällen eine prozentuale Aufteilung nach den beiden Interessenlagen, wie die Klägerin dies beantrage, nicht zugelassen werde. Die Sachzuwendung in Form der Steuerberatung könnten im Streitfall nicht nach § 37b Abs. 2 EStG mit 30 % versteuert werden. Diese Vorschrift gelte ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach nur für Sachzuwendungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht würden. Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Zusatzleistungen seien nur solche, die der Arbeitgeber erbringe, ohne dass darauf der Arbeitnehmer einen Anspruch habe. Nach dem BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 VI R 47/11 (DStR 2014, 320 [BFH 12.12.2013 - VI R 47/12]) schränke diese tatbestandliche Voraussetzung den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm weiter ein. Dadurch seien Zuwendungen, die etwa zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses erbracht würden, mangels einer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon vereinbarten Leistung oder Gegenleistung nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG einbezogen. Offenkundig erfasse der Tatbestand auch insoweit nicht schlechthin sämtliche unabhängig von einem bestehenden Leistungsaustausch erbrachten Zuwendungen, sondern nur solche, die ergänzend zu einem synallagmatischen Leistungsaustausch hinzuträten, in dem die Zuwendungen zwar nicht geschuldet, aber durch Leistungsaustausch veranlasst seien. Im Streitfall werde die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Klägerin in der IA-Policy und den individuellen Zusatzverträgen schon vor Beginn der Entsendung rechtsverbindlich vereinbart und werde vom Arbeitnehmer als Teil seiner zusätzlichen Entlohnung für die Zeit der internationalen Entsendung verstanden. Eine Anwendung dieser Vorschrift auf die übernommenen Steuerberatungskosten sei somit nicht möglich. Hinsichtlich des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Übrigen wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 18-26 Rechtsbehelfsakte) verwiesen.

    Ziel der am 9. Mai 2014 erhobenen Klage ist die Reduzierung der Lohnsteuernachforderungsbeträge für den Zeitraum Januar - Dezember 2009 auf 66.809,09 € und für den Zeitraum Januar - Dezember 2010 auf 40.627,23 €. Von der Klage nicht betroffen seien die Steuerberatungskosten für ausländische Mitarbeiter, die einen lokalen Arbeitsvertrag mit der Klägerin abgeschlossen hätten; die für diese Personengruppe übernommenen Steuerberatungskosten hätten 66.809,09 € für 2009 und 40.327,23 € für 2010 betragen (s. Bl. 133 f Prozessakte).

    Zur Begründung der Klage trägt der Klägervertreter vor, dass internationale Arbeitnehmerentsendungen aus diversen Gründen zur betrieblichen Praxis global agierender Unternehmen gehörten. Die Ermittlung der Vergütung im Entsendungsland werde anhand einer Netto-Vergleichsrechnung ermittelt. Dieser Vergütungsansatz folge der Philosophie, dass der Arbeitnehmer im Rahmen des Auslandseinsatzes nicht schlechter, in der Regel aber auch nicht besser gestellt sein solle, als wäre er im Heimatland geblieben. In den Entsenderichtlinien seien der Steuerberatungsservice und die Steuerausgleichsrichtlinie geregelt. Um etwaige Risiken wie eine Doppelbesteuerung, die den Arbeitgeber finanziell treffe, zu vermeiden, werde eine international aufgestellte Steuerberatungsgesellschaft beauftragt, die einem weltweiten Netzwerk angehöre, welches über entsprechende Expertise verfüge. Die zugesicherte Kostenübernahme/Unterstützung werde nur gewährt, wenn der Arbeitnehmer den vom Unternehmen gewählten Steuerberater in Anspruch nehme. Die Übernahme der Steuerberatungskosten beschränke sich auf das bei der Klägerin erzielte Arbeitseinkommen. Durch die Steuerausgleichsrichtlinie solle gesichert werden, dass dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Entsendung kein Steueraufwand entstehe, den er nicht hätte, wenn er nicht auf Entsendung wäre. Der Steuerausgleich sehe vor, dass der Entsendete mit seinem Arbeitseinkommen aus dem Unternehmen weiterhin in seinem Heimatland steuerpflichtig bleibe ("stay at home") und dass etwaige Unterschiede zwischen den tatsächlichen Steuern im Heimatland und im Entsendeland das Unternehmen trage. Der Arbeitnehmer habe lediglich einen Anspruch auf Ausgleich hinsichtlich des Einkommens aus dem Unternehmen. Die Richtlinie werde in der Form durchgeführt, dass die Jahresendabrechnung der letzte Schritt im Steuerausgleich sei. Sie werde durch den vom Unternehmen gewählten Steuerberater erstellt. Die Erstellung von Steuerausgleichsberechnungen, Abgabe der Einkommensteuererklärung und das Bereitstellen von notwendigen Informationen zwecks Unterstützung bei der Steuerausgleichsberechnung seien verpflichtend.

    Die Entsenderichtlinien bildeten die Grundlage für die jeweilige Entsendung. Allerdings werde mit dem jeweiligen Arbeitnehmer eine individuelle Vereinbarung über die konkreten Leistungen aus der Entsenderichtlinie geschlossen. Das Unternehmen erhalte etwaige Steuererstattungen, die sich aus der Entsendung ergäben (s. im Einzelnen Bl. 36-38 Prozessakte). Die Erstellung einer Einkommensteuererklärung und gegebenenfalls eine Ausgleichsberechnung seien zur Umsetzung der Nettolohnvereinbarung erforderlich. Die Berechnung werde auf Basis der Steuererklärung und grundsätzlich mit Erhalt des Steuerbescheides des Arbeitnehmers durch die ... Steuerberatungsgesellschaft erstellt. Mit der Einkommensteuererklärung des jeweiligen Arbeitnehmers werde vom Steuerberater ebenfalls eine Abtretungsanzeige bei der Finanzverwaltung eingereicht. Nach Erlass des Steuerbescheides durch die Finanzverwaltung werde ein etwaiges Steuerguthaben direkt an die Klägerin ausgekehrt, gegebenenfalls werde eine Steueraufteilung durchgeführt, wenn in der Steuerveranlagung zum Beispiel Einkünfte enthalten seien, für die der Arbeitnehmer selbst verantwortlich sei. Die Steuerbescheide der Arbeitnehmer erhalte der Steuerberater als Empfangsbevollmächtigter zwecks Prüfung und Weiterleitung. Die Klägerin erhalte ein Anschreiben zur Information über die Steuererstattung, nicht jedoch den Steuerbescheid selbst. Durch den gewählten Steuerberater habe die Klägerin einen finanziellen Vorteil generieren können; sie habe für den Streitzeitraum 2009-2010 insgesamt Steuererstattungen in Höhe von 839.457,24 € erhalten.

    Zu den im Vertrag mit der ... Steuerberatungsgesellschaft vereinbarten weltweiten Dienstleistungen zählten u. A. steuerliche Aufklärungsgespräche, die Überwachung der weltweiten Einhaltung von Compliance, die Bereitstellung von Technologie bzw. Software und die Erstellung von Steuererklärungen weltweit. Die Erstellung einer Steuererklärung in Deutschland beinhalte als Paket u.a. folgende Dienstleistungen:

    a) Erstellung einer Steuererklärung (Preparation of annual tax return)

    b) Prüfung von Steuerbescheiden (Review of all tax assessments)

    c) Einlegung von Standardeinsprüchen (Filing claims against assessments)

    Es seien pauschal festgelegte Gebühren vereinbart. Für Deutschland würden die Gebühren u.a. für das Paket Erstellung der Steuererklärung 2.000 € für eine Steuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige bzw. 1.250 € für eine Steuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige betragen. In den Gebühren enthalten sei die Erstellung einer Abtretungsanzeige, durch die sichergestellt werde, dass die der Klägerin zustehende Steuererstattung von der Finanzverwaltung direkt an die Klägerin ausgekehrt werde. In der Kalkulation seien auch Aufwendungen für Überwachung/Instruktion von Zahlungen an die Finanzbehörden durch die Klägerin sowie die Einreichung der vom Arbeitnehmer unterschriebenen Steuererklärung enthalten. In der Praxis würden sich speziell diese Leistungen des Steuerberaters als sehr komplex und zeitaufwändig erweisen, da der Arbeitnehmer grundsätzlich kein wirtschaftliches Interesse an der Einreichung der Steuererklärung sowie der Abtretungsanzeige habe.

    Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, da die als Lohn behandelten Steuerberatungskosten im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers übernommen worden seien und selbst bei Verneinung einer überwiegend betrieblichen Veranlassung der Klägerin durch den Arbeitgeber nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei erstattet würden. Selbst wenn diese beiden Gesichtspunkte nicht zum Tragen kämen, stelle sich die Inanspruchnahme Klägerin als rechtswidrig dar, da die übernommenen Steuerberatungskosten vollumfänglich abziehbare Werbungskosten des Arbeitnehmers seien, so dass sich per Saldo keine Erhöhung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ergebe.

    Die Entscheidung des BFH vom 21. Januar 2010 im Verfahren VI R 2/08 (BFH/NV 2010, 998 [BFH 21.01.2010 - VI R 2/08]) sei bereits deswegen nicht anwendbar, weil dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen habe. In jenem Fall hätten individualvertragliche Vereinbarungen, insbesondere die Nettolohnvereinbarung, mit dem Arbeitgeber vorgelegen. Im Falle der Klägerin hingegen werde in der Entsendungsvereinbarung auf die konzernweit geltenden Entsenderichtlinien Bezug genommen. Die grundlegende Überlegung in der Entscheidung des BFH, dass die Nettolohnvereinbarung im Interesse des Arbeitnehmers abgeschlossen worden sei, sei daher nicht anwendbar.

    Das Urteil sei zudem in der Literatur auf einhellige Ablehnung gestoßen und im Ergebnis nicht überzeugend (s. Bl. 47 Prozessakte). Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Auskehrung der Einkommensteuererstattung an den Arbeitgeber sei vom BFH nicht berücksichtigt worden.

    Darüber hinaus liege die Vereinbarung eines Nettolohns entgegen der Annahme des BFH im Rahmen der Arbeitnehmerentsendung im überwiegenden Interesse der Klägerin. Bereits der Umstand, dass die Entsenderichtlinie vom Arbeitgeber vorgegeben sei, spreche dafür, dass diese den betrieblichen Eigeninteressen des Arbeitgebers Rechnung trage. Der BFH habe zudem übersehen, dass die durch die Nettolohnvereinbarung hergestellte Vergleichbarkeit von Beschäftigungsbedingungen auch im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers liege.

    Eine neue Ermittlung des vertraglich vereinbarten Gehalts sei nicht erforderlich und der Arbeitnehmer daher ohne Änderung der Vergütungsregelungen weltweit einsetzbar. Da die Herstellung der Steuerbelastung des Heimatlandes für den Arbeitnehmer gleich bleibe, könne die Nettolohnvereinbarung schließlich auch für den entsandten Arbeitnehmer wirtschaftlich nachteilig sein, wenn etwa das Steuerniveau des Einsatzlandes unter dem des Heimatlandes liege. Die Auffassung des BFH, dass eine Nettolohnvereinbarung für den Arbeitgeber unzweckmäßig sein solle, sei in Anbetracht der administrativen und organisatorischen Probleme einer Bruttolohnvereinbarung zweifelhaft. Der BFH habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass der Arbeitgeber auch von für den Arbeitnehmer steuerlich/versicherungsrechtlich günstigen Änderungen profitiere. Gerade auch deswegen sei der Arbeitgeber nur im Falle einer Nettolohnvereinbarung bereit, Steuerberatungskosten zu übernehmen, da sich durch die Geltendmachung von Steuerabzugsbeträgen eine höhere Einkommensteuererstattung ergebe, die dem Arbeitgeber zustehe. Bei einer Bruttolohnvereinbarung sei der Arbeitgeber regelmäßig nicht bereit, etwaige Steuerberatungskosten für den Arbeitnehmer zu übernehmen.

    Die Höhe der Einkommensteuererstattungen werde direkt durch die Geltendmachung aller steuermindernden Abzugsbeträge beeinflusst, daher habe allein die Klägerin ein Interesse an der Reduzierung der Steuerlast und damit an der steueroptimierten Erstellung der Einkommensteuererklärung. Durch die Erstellung der Einkommensteuererklärung werde ein strukturelles Defizit der Nettolohnvereinbarung beseitigt, da die tatsächliche Einkommensteuer erst mit der Ermittlung der Einkommensteuer feststehe. Die Behebung dieses strukturellen Defizits durch die Ermittlung des zutreffenden Gehalts sei originäre Aufgabe des Arbeitgebers. Die Beauftragung des vom Arbeitgeber ausgesuchten Steuerberaters sei für den Arbeitnehmer mit Rechtsnachteilen behaftet, da dieser die getroffenen Auftragsbedingungen unbesehen akzeptieren müsse und ihm gegenüber dem Steuerberater weder ein Weisungsrecht noch ein direkter Schadensersatzanspruch zustehe. Zudem müsse er einen Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen. Selbst wenn eine Pflichtveranlagung des Arbeitnehmers vorliegen sollte, überwiege im Rahmen einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der Erstellung der Einkommensteuererklärung. Schließlich sei zu beachten, dass auch die Muttergesellschaft ein evidentes Interesse daran habe, dass die Besteuerung in den jeweiligen Einsatzländern zutreffend erfolge und eine doppelte Besteuerung oder eine Steuerhinterziehung vermieden werde.
    Selbst wenn ein Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Erstellung einer Einkommensteuererklärung bestehen sollte, werde dies durch das überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers überlagert. In erster Linie erfülle der Arbeitnehmer eine arbeitsrechtliche Verpflichtung, da er zur entsprechenden Mitwirkung bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung verpflichtet sei und bei fehlender Mitwirkung mit dem Wegfall der ihm ansonsten zustehenden Entsendungszulagen rechnen müsse. Zwar könnten Fälle einer Pflichtveranlagung des Arbeitnehmers in Deutschland vorliegen, gerade im Jahr des Beginns oder des Endes einer Entsendung. Vielfach sei der Arbeitnehmer aber auch nicht zur Abgabe einer deutschen Einkommensteuerklärung verpflichtet. In diesen Fällen habe der Arbeitnehmer überhaupt kein eigenes Interesse an der Einkommensteuererklärung, da eine etwaige Erstattung dem Arbeitgeber zustehe. Der Arbeitgeber habe aber auch in Fällen einer Pflichtveranlagung ein gesteigertes Interesse an der Abgabe einer Einkommensteuererklärung des jeweiligen Arbeitnehmers. Insbesondere in den Jahren des Beginns und des Endes einer Entsendung stehe das Besteuerungsrecht regelmäßig zwei Staaten zu, wodurch komplexe Abgrenzungsfragen auftauchten, so dass der Arbeitgeber für die Durchführung der Nettolohnvereinbarung auf die Erstellung der Einkommensteuererklärungen angewiesen sei. Der Einsatz einer internationalen Steuerberatungsgesellschaft diene folglich der Minimierung der wirtschaftlichen Risiken des Arbeitgebers. Das Eigeninteresse des Arbeitnehmers falle auch bei Pflichtveranlagungen demgegenüber nicht mehr ins Gewicht. Der Verwendung der Formulierung "bei Weitem überwiegt" in den Urteilen des BFH VI R 51/08, VI R 32/08 und VI R 26/08 könne nicht entnommen werden, dass ein nahezu ausschließliches Interesse des Arbeitgebers vorhanden sein müsse und das Interesse des Arbeitnehmers nur unerheblich sein dürfe. Im Urteil des BFH vom 26. Juli 2007 VI R 64/06 sei "ganz überwiegend" wörtlich dahingehend definiert, dass der betriebliche Zweck im Vordergrund stehen müsse.

    Die Kosten der Steuerberatung könnten auch als Reisekosten nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei ersetzt werden. Die im Inland tätigen Arbeitnehmer hätten keine inländische Arbeitsstätte und seien daher auswärts tätig, zudem handele es sich bei den Steuerberatungskosten um Werbungskosten. Bei der Nettolohnvereinbarung dienten die Steuerberatungskosten der Ermittlung des zurückzuzahlenden Arbeitslohns und seien in vollem Umfang durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und damit als Werbungskosten abziehbar. Da es sich bei den Steuerberatungskosten um Werbungskosten handele, ergäben sich per Saldo keine höheren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Haftungsinanspruchnahme der Klägerin sei ermessensfehlerhaft und deswegen rechtswidrig, da der Vorgang gar keine Einkommensteuer auslöse, wenn er in einer Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt würde.

    Auch die vom Beklagten vorgenommene Bewertung eines geldwerten Vorteils durch Erhalt einer Steuerberatungsleistung sei unzutreffend. Der Beklagte habe die von der Klägerin getragenen Kosten als Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Ausgangspunkt sei richtigerweise der Marktpreis der konkreten Leistung. Maßgeblich sei der günstigste Preis am Markt und nicht ein Durchschnittspreis. Problematisch sei insoweit, dass der Arbeitnehmer selbst regelmäßig keinen Vertrag mit einer international tätigen Steuerberatungsgesellschaft abschließen könne. Dies müsse bei der Bewertung der Sachleistung gemäß § 8 Abs. 2 EStG ebenso berücksichtigt werden wie der Umstand, dass dem Arbeitgeber aufgrund der Nettolohnvereinbarung sämtliche Steuererstattungen zustünden. Die Arbeitnehmer würden weit weniger teuren Expertenrat hinzuziehen als der Arbeitgeber und ihren Steuererklärungspflichten entweder eigenständig nachkommen oder Rat beim Lohnsteuerhilfeverein oder bei einem günstigen lokalen Steuerberater suchen. Als Richtschnur zur Bestimmung des günstigsten Preises am Markt im strittigen Fall könnten hier allenfalls der Mitgliedsbeitrag für einen Lohnsteuerhilfeverein in Höhe von 35,70 € bis 190,40 € dienen. Aus den Bestimmungen der Entsenderichtlinien, dass bei Beauftragung eines anderen Steuerberaters keine Übernahme von Kosten durch den Arbeitgeber erfolge, könne nicht geschlossen werden, dass kein Zwang zur Auswahl des von der Klägerin beauftragten Beraters bestanden hätte. Da der Mitarbeiter gezwungen sei, die Kosten einer anderweitigen Steuerberatung selbst zu tragen, führe diese drohende Kostenbelastung regelmäßig dazu, dass kein anderer Steuerberater gewählt werde. Überdies werde erwartet, dass der Mitarbeiter mit dem beauftragten Steuerberater kooperiere.

    Auch eine mangels Mitwirkung resultierende Belastung habe der Arbeitnehmer selbst zu tragen. Daher bestehe sehr wohl eine faktische Verpflichtung zur Annahme der streitbefangenen Steuerberatungsleistungen.

    Letztlich seien die Steuerberatungskosten entgegen der Auffassung des Beklagten ausweislich des BMF-Schreibens vom 22. Mai 2013 IV V 5 - S 2388/11/10001-02 dem Anwendungsbereich von § 37b EStG nicht entzogen. Hierin vertrete die Finanzverwaltung die Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" auch dann erfüllt sei, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf die zweckbestimmte Leistung habe. Der Beklagte habe dieses BMF-Schreiben nicht beachtet. Dabei sei zu berücksichtigen, dass für ausgeschiedene Arbeitnehmer, die das Land bereits verlassen hätten, überhaupt keine Lohnsteuer anfalle, da die übernommenen Steuerberatungskosten unterhalb des Grundfreibetrags lägen. Eine Einbeziehung dieser Personengruppe in die Bemessungsgrundlage für § 37b EStG komme daher nicht in Betracht.

    Die Klägerin beantragt,

    den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge vom 6. August 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2014 dahingehend abzuändern, dass die nachgeforderte Lohnsteuer für Steuerberatungskosten für den Zeitraum Januar bis Dezember 2009 auf 66.809,09 € und für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 auf 40.627,23 € herabgesetzt wird,
    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Er trägt zur Begründung vor, dass im BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 51/08 (BStBl. 2010, 700) in Rz. 14 zum Ausdruck komme, dass allein die Ausprägung ganz erheblicher eigenbetrieblicher Interessen nicht ausreiche, um den Entlohnungscharakter einer Zuwendung an den Arbeitnehmer zu verneinen. Es müsse hinzukommen, dass das Interesse des Arbeitgebers dasjenige des Arbeitnehmers bei Weitem überwiege.

    Solange der Vorteil für den Arbeitnehmer nicht unerheblich sei, komme es nach der BFH-Rechtsprechung nicht darauf an, wie stark ausgeprägt das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers sei. Es sei eine objektive Gesamtwürdigung erforderlich. Eine Vorteilsgewährung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers sei nur dann kein Arbeitslohn, wenn das Interesse des Arbeitnehmers unerheblich sei. Im Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 2/08 (BStBl. II 2010, 639) sei der BFH zum Ergebnis gekommen, dass die eigenbetriebliche Zielsetzung für die Übernahme der Steuerberatungskosten zwar deutlich, aber eben nicht derart dominant sei, dass das Interesse des Arbeitnehmers an dieser Bereicherung auf eine nur noch untergeordnete Bedeutung zurückgedrängt werde.

    Der Arbeitgeber sei am internationalen Einsatz seiner Arbeitnehmer interessiert und habe dies zur Voraussetzung einer erfolgreichen beruflichen Karriere gemacht. Bei der Ausgestaltung der Vergütung stelle der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von Risiken eines typischerweise anders ausgestalteten Ertragsteuersystems in den Entsendeländern frei, indem er ihnen den Nettolohn des Heimatlandes weiter garantiere. Es verstehe sich von selbst, dass sich hierbei die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gleichwertig gegenüber stünden. Es sei nie in Abrede gestellt worden, dass eine Nettolohnvereinbarung im Rahmen einer internationalen Entsendung (auch) im Interesse des Arbeitgebers liege. Es werde aber bestritten, dass gleichzeitig damit das Interesse des Arbeitnehmers unbedeutend werde. Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit seien auch für den Arbeitnehmer wichtig schon angesichts der Tatsache, dass es in der Regel nicht bei einem einzigen Auslandseinsatz bleiben solle.

    Auch das Eigeninteresse der Klägerin an der fachkundigen Erstellung der Steuererklärungen der Arbeitnehmer sei zu keiner Zeit in Abrede gestellt worden, schließlich entspreche es der Logik des Interessenzusammenspiels von Nettolohnvereinbarung und Abtretung von Steuererstattungsansprüchen. Im Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 2/08 habe der BFH die Entscheidung der Vorinstanz ausdrücklich bestätigt, wonach das wirtschaftliche Interesse am Erhalt der Steuererstattungen gegenüber den Motiven für den Abschluss der Nettolohnvereinbarung insgesamt nicht ausschlaggebend sei. Abgesehen von Fällen einer Pflichtveranlagung komme auch bei der Antragsveranlagung der Arbeitnehmer mit dem Erstellenlassen der persönlichen Steuererklärung konkreten Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nach. Diese Verpflichtung sei er, auch wenn die Entsenderichtlinien nur als Gesamtpaket akzeptiert werden könnten, letztlich doch freiwillig eingegangen.

    Der Auffassung der Klägerin, dass eine inländische regelmäßige Arbeitsstätte nicht vorliege, könne nicht gefolgt werden. Nach den geschlossenen Vereinbarungen seien die Arbeitnehmer vorübergehend zur Klägerin versetzt, dies bedeute die Zuweisung des einzigen Einsatzortes zur Erbringung der Arbeitsleistung, so dass keine regelmäßige Arbeitsstätte existiere, von der aus eine auswärtige Tätigkeit ausgeübt werden könnte. Die Klägerin trage vor, die Steuerberatungskosten würden unmittelbar durch eine Auswärtstätigkeit ausgelöst und seien daher Werbungskosten. Sie dienten der Ermittlung des zurückzuzahlenden Arbeitslohns und seien in voller Höhe durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, der Zahlungsweg sei abgekürzt. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass Kosten der Steuerberatung je nach ihrem Veranlassungszusammenhang Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellten. Sie seien bei der individuellen Steuerfestsetzung zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer sie selbst getragen habe oder die Kostentragung durch den Arbeitgeber als geldwerter Vorteil individuell versteuert worden sei.

    Bei der gewählten Pauschalierungsmethode (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG) blieben jedoch die individuellen Besteuerungsmerkmale der einzelnen Arbeitnehmer überwiegend außer Betracht.

    Dass die Inanspruchnahme der Klägerin aufgrund eines Haftungsbescheids rechtswidrig sei, beruhe auf einem Missverständnis. Die Haftungsschulden seien in einem Haftungsbescheid, die Nachforderungsschulden im Nachforderungsbescheid geltend gemacht worden. Strittig seien allein die Nachforderungsschulden, so dass sich eine Stellungnahme zu den Ausführungen gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin erübrige.

    Der Wert des Vorteils aus der Übernahme der Steuerberatungskosten ergebe sich unmittelbar aus den entsprechenden Rechnungen der ... Steuerberatungsgesellschaft an die Klägerin. Der Darstellung der Klägerin, dass verschiedene Elemente im Leistungspaket ausschließlich für den Arbeitgeber übernommen würden und keinen besonderen Wert für den Arbeitnehmer hätten, da es für den Arbeitnehmer ohne Belang sei, sicherzustellen, dass mögliches Steuersparpotenzial vollständig ausgeschöpft werde, dass er weniger teuren Expertenrat hinzuziehen würde und die erbrachten Koordinationsleistungen im internationalen Netzwerk nicht vergüten würden, sei entgegenzuhalten, dass die Arbeitnehmer nach dem international gültigen Vertragswerk der Klägerin überhaupt nicht in der Lage seien, derartige Überlegungen anzustellen. Sie stimmten mit ihrer Entsendung dem vollständigen Vertragswerk zu. Aus der Tatsache, dass ihnen die Entsenderichtlinien bekannt seien, ergebe sich, dass sie sich der besonderen steuerrechtlichen Verpflichtungen im Heimatland und im Gastland für die Zeit ihrer Entsendung bewusst seien. Dass der Arbeitgeber hierzu eine international tätige Steuerberatung beauftrage, entbinde die Mitarbeiter insoweit selbst von diesen zusätzlichen Verpflichtungen und werde inklusive der administrativen Leistungen der Steuerberatung als Bestandteil der Entlohnung verstanden. Dass die Ausschöpfung des höchstmöglichen Steuersparpotenzials auch im Interesse des Arbeitnehmers liege, zeige sich in der Verpflichtung der Mitarbeiter, die beauftragte Steuerberatung bei der Erfüllung der Erklärungspflichten etc. bestmöglich zu unterstützen, da sie sonst die Folgen der Nichteinhaltung zu tragen hätten.

    Dem Hilfsantrag der Klägerin, die streitigen Leistungen nach § 37b Abs. 2 EStG zu versteuern, sei entgegenzuhalten, dass der BFH bereits im Urteil vom 15. Mai 1998 VI R 127/97 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Gesetzesmaterialien ausgeführt habe, dass das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" dahin zu verstehen sei, dass die Leistung des Arbeitgebers zu dem Arbeitslohn hinzukommen müsse, den der Arbeitgeber aus anderen Gründen schulde. Der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn" sei nach ständiger Rechtsprechung derjenige Arbeitslohn, auf den im Zeitpunkt der Zahlung der zusätzlichen Leistung ein verbindlicher Rechtsanspruch bestehe. Leistungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht würden, seien solche, auf die der Arbeitnehmer (zunächst) keinen Rechtsanspruch habe. Das BMF wende die restriktive Rechtsprechung des BFH, dass die Freiwilligkeit dieser Leistung im weiteren Verlauf der Zahlungen erhalten bleiben müsse, nicht an und bestimme, dass das zusätzliche Merkmal, wenn es einmal erfüllt gewesen sei, nicht dadurch entfalle, dass ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers aus tatsächlicher Übung oder aus der freiwillig eingegangenen zusätzlichen Vereinbarung entstehe. Im Streitfall sei die Übernahme der Steuerberatungskosten ein Hauptbestandteil des Gesamtpakets der Entlohnung nach den Entsenderichtlinien. Ein Arbeitnehmer, der sich für einen internationalen Einsatz interessiere, beziehe diesen Vorteil von Anfang an in seine Erwägungen ein. Daher kämen die Steuerberatungskosten zu keinem Zeitpunkt zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn hinzu, sondern seien originärer Teil desselben. Ein Widerspruch zu dem von der Klägerin angeführten BMF-Schreiben vom 22. Mai 2013 bestehe daher nicht. Das Landesamt für Steuern habe die Anweisung erteilt, die dargestellte Auffassung auch angesichts des BMF-Schreibens im gerichtlichen Verfahren weiter zu vertreten. Die Klägerin selbst habe ausführlich dargelegt, dass und warum die Übernahme der Steuerberatungskosten fester Bestandteil des Gesamtpakets der Entlohnung nach den Entsenderichtlinien sei.

    Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf Klagebegründung und Klageerwiderung sowie die gewechselten Schriftsätze verwiesen (§ 105 Abs. 3 S. 2 FGO).

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit die Klägerin für Lohnsteuer auf die von ihr übernommenen Steuerberatungskosten in Haftung genommen wurde.

    Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Die Lohnsteuer ist durch Abzug vom Arbeitslohn zu erheben (§ 38 Abs. 1 S. 1 EStG), sie bemisst sich nach dem bezogenen Arbeitslohn (§ 38a EStG). Voraussetzung einer Inhaftungnahme ist daher die Feststellung, dass der zu beurteilende Sachverhalt sich als Bezug von Arbeitslohn darstellt.

    Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 EStG gehören neben den eigentlichen Gehalts- oder Lohnzahlungen auch andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Ein dem Arbeitnehmer zugewandter Vorteil muss dabei Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen liegt Arbeitslohn demnach nicht vor, wenn ein gewährter Vorteil sich nicht als Entlohnung, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist (BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, a.a.O.). Von einer Gewährung eines Vorteils aus ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen ist auszugehen, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht und dass ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann. Falls neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben ist, liegt die Vorteilsgewährung nicht mehr im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers, so dass von einer Lohnzuwendung auszugehen ist (BFH-Urteil vom 21. Janaur 2010 VI R 2/08 a.a.O. m.w.N.).

    In einem dem vorliegenden Sachverhalt weitgehend vergleichbaren Fall hatte das Finanzgericht Düsseldorf im Urteil vom 5. Dezember 2007 7 K 1743/07 H(L) (DStRE 2008, 1319 [FG Düsseldorf 05.12.2007 - 7 K 1743/07 H(L)]) die Übernahme der Steuerberatungskosten durch den Arbeitgeber im Zusammenhang mit Nettolohnvereinbarungen bei Auslandsentsendungen von Arbeitnehmern als steuerpflichtigen Arbeitslohn angesehen. Da die Übernahme der Steuerberatungskosten ausschließlich durch die Nettolohnvereinbarung veranlasst sei, müsse für die Entscheidung, ob ein ganz überwiegendes Interesse des Arbeitgebers vorliege, auf die Frage abgestellt werden, in wessen Interesse diese Nettolohnvereinbarung abgeschlossen worden sei. Eine solche Vereinbarung liege im überwiegenden Interesse des Arbeitnehmers, ein überwiegendes eigenes Interesse des Arbeitgebers sei nicht ersichtlich. Da der Arbeitgeber wirtschaftlich mit der Steuerzahlung belastet werde, sei er hierzu nur unter der Bedingung bereit gewesen, dass die Steuererstattungsansprüche an ihn abgetreten würden. Die Nettolohnvereinbarung sei daher arbeitsvertraglich an die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Mitwirkung an der Erstellung der Steuererklärung gekoppelt. Zwar bestehe unzweifelhaft ein Interesse des Arbeitgebers daran, ausländische Arbeitnehmer in Deutschland einsetzen zu können.

    Diese seien aber zu einer Entsendung nur bereit, wenn ihnen ein bestimmter Nettolohn garantiert werde. Im nachfolgenden Revisionsverfahren VI R 2/08 hat der BFH im Urteil vom 21. Januar 2010 (BStBl II 2010, 639 [BFH 21.01.2010 - VI R 2/08]) festgestellt, dass die revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbare Gesamtwürdigung des Finanzgerichts Düsseldorf möglich ist und keine Rechtsfehler erkennen lässt. Es sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse an der Kostenübernahme nach den Motiven für den Abschluss der Nettolohnvereinbarung und nicht nach dem wirtschaftlichen Verbleib der Steuererstattungen beurteilt würde. Eine Nettolohnvereinbarung sei für den Arbeitgeber unzweckmäßig und risikobehaftet, auch wenn ein eigenes Interesse des Arbeitgebers nicht zu verkennen sei.

    Auch im hier vorliegenden Fall sind durch das Entsendesystem Interessen sowohl der Klägerin als Arbeitgeberin als auch ihrer Arbeitnehmer tangiert. Für die Klägerin ist dieses System wesentlicher Bestandteil ihrer Personalpolitik. Dies kommt u.a. darin zum Ausdruck, dass durch die "Policies" weltweit gültige, detaillierte Bestimmungen zur Durchführung der Entsendungen getroffen werden (s. Ordner, K1 - K6). Die Anzahl der durch das Entsendesystem außerhalb ihres Ursprungslandes beschäftigten Mitarbeiter ist zudem erheblich; nach der Anzahl der Rechnungen der ... Steuerberatungsgesellschaft (s. Aufstellung Bl. 34 - 40 Lohnsteuerakte Arbeitgeber) wurden z.B. im Jahr 2010 für deutlich mehr als 100 entsandte Arbeitnehmer Steuerberatungskosten übernommen. Für die Arbeitnehmer selbst ist eine Entsendung ein wichtiger Karrierebestandteil.

    Auch an einer Nettolohnvereinbarung haben beide Seiten ein Interesse. Der Arbeitnehmer erhält sein vereinbartes Nettogehalt und braucht sich nicht darum zu kümmern, welche Bestimmungen des Entsende- oder des Gastlandes relevant sein könnten und auf seine wirtschaftliche Situation einwirken könnten. Der Arbeitgeber wird nur bei einem erheblichen Eigeninteresse, das den sich für ihn ergebenden Nachteilen zumindest gleichwertig ist, eine entsprechende Vereinbarung abschließen. Im vorliegenden Fall ergibt sich das erhebliche Interesse der Klägerin aus der Firmenphilosophie, in der Auslandsentsendungen und Rotationen innerhalb des Konzerns eine große Rolle spielen. Die Nettolohnvereinbarung ist zentraler Punkt der Maßnahmen zur Förderung der Entsendungen, da ohne sie die Bereitschaft der Arbeitnehmer, sich entsenden zu lassen, wegen der damit einhergehenden selbst zu lösenden Probleme deutlich eingeschränkt sein dürfte. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen ist daher - in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht Düsseldorf (a.a.O.) - davon auszugehen, dass eine Nettolohnvereinbarung nicht im weitaus überwiegenden Interesse des Arbeitgebers liegt, sondern in erheblichem Maße im Interesse des Arbeitnehmer.

    Nach Auffassung des Senats kann hierdurch allerdings noch keine abschließende Aussage darüber getroffen werden, in wessen Interesse die Übernahme der Steuerberatungskosten erfolgt. Mit der Vereinbarung eines Nettolohns ist das Interesse des Arbeitnehmers erfüllt. Ihm kann es grundsätzlich gleichgültig sein, wie und aus welchen Mitteln der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung des Nettolohns und zur Erledigung der durch die Nettolohnvereinbarung übernommenen Pflichten (Steuern, Sozialabgaben etc.) erfüllt, ob er dies ausschließlich aus eigenen Mitteln tut oder ob er sich die notwendigen Mittel teilweise über Erstattungen zurückholt bzw. zurückholen kann. Darüber hinaus hat er etwaige Erstattungsansprüche abgetreten, so dass er durch weitere Aktivitäten selbst keine Vorteile mehr hat. Es erscheint daher gerechtfertigt, die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an Entsendung, Nettolohnvereinbarung und Übernahme der Steuerberatungskosten jeweils getrennt zu beurteilen (vergl. Bergkemper in jurisPR-SteuerR 20/2010 Anm. 4 und FR 2010, 627).

    Die Mitwirkung des Arbeitnehmers an der Erstellung der Steuererklärungen beschränkt sich auf die Zurverfügungstellung der erforderlichen Unterlagen und die Unterschrift(en) unter die Steuererklärung(en). Soweit der Beklagte ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an der Erstellung der Steuererklärungen daraus ableitet, dass die Erledigung der Steuersachen Teil des Gesamtpakets "Entsendung" sei, an deren Ergebnis, nämlich der Entsendung mit Nettolohn, der Arbeitnehmer ein Interesse habe, ist zu sehen, dass der Anteil des Interesses des Arbeitnehmers an diesem Teilaspekt im Vergleich zu seinem Interesse am Entsendesystem und an der Nettolohnvereinbarung nochmals erheblich reduziert erscheint. Es kann davon ausgegangen werden, dass sein Interesse an der Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten derart gering ist, dass es neben dem erheblichen Interesse des Arbeitgebers, auf diesem Weg Erstattungen für einen Teil seiner Lohnaufwendungen zu erhalten, nicht mehr ins Gewicht fällt. Ein erhebliches Interesse des Arbeitnehmers an der vom Arbeitgeber gestellten Steuerberatung kann auch nicht aus der arbeitsvertraglichen Pflicht zur Mitwirkung abgeleitet werden. Dass kein originäres Interesse des Arbeitnehmers an der Regelung der steuerlichen Angelegenheiten (mehr) vorhanden ist, zeigt sich u.a. darin, dass die Arbeitnehmer durch Androhung von Sanktionen zur Mitwirkung angehalten werden (müssen). Ansonsten wäre davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer, die selbst keinen direkten Vorteil von der Erstellung der Steuererklärungen haben, ihre Aktivitäten gegenüber dem Fiskus nicht vorrangig betreiben würden.

    Im Ergebnis ist bei der gebotenen separaten Betrachtung der Steuerberatungskosten davon auszugehen, dass ein nennenswertes Interesse des Arbeitnehmers nicht besteht und dass die Klägerin die Beratungskosten im weitaus überwiegenden eigenen betrieblichen Interesse übernimmt.

    Besonders deutlich wird dies im Falle von Antragsveranlagungen, zu deren Durchführung der Arbeitnehmer nicht gesetzlich verpflichtet ist und bei deren Durchführung er keinen weiteren Vorteil erlangen kann. Aber auch bei Pflichtveranlagungen ist nach Auffassung des Senats ein nennenswertes Interesse des Arbeitnehmers an der Übernahme der Steuerberatung nicht erkennbar. Hier ist zu sehen, dass die übernommenen Kosten nur die Steuerberatung im Zusammenhang mit den Einkünften aus der nichtselbständigen Tätigkeit bei der Klägerin betreffen. Für alle anderen Einkünfte muss der Arbeitnehmer die (anteiligen) Kosten und die hieraus resultierenden Steuern selbst tragen. Allerdings erhält er ggf. auch im Rahmen einer Ausgleichsberechnung den auf diese Einkünfte entfallenden Erstattungsbetrag. Per Saldo beschränkt sich die Gestellung der Steuerberatung durch die Klägerin auf die Erzielung eines möglichst hohen Ausgleichs ihrer Lohnkosten, gespeist durch die Steuererstattungen, die mit den bei ihr erzielten Einkünften verbunden sind. Ein geldwerter Vorteil, der einer Lohnsteuernachforderung zu Grunde gelegt werden könnte, ist daher nach Auffassung des Senats nicht gegeben.

    Auf die Frage, ob der Beklagte den von ihm angenommenen geldwerten Vorteil in zutreffender Höhe berechnet hat, kommt es daher letztlich nicht an. Es ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch an den diesbezüglichen Feststellungen erhebliche Zweifel bestehen. Der Beklagte hat die Höhe des geldwerten Vorteils aus der Höhe der von der ... Steuerberatungsgesellschaft in Rechnung gestellten Beträge übernommen.

    Hierbei handelt es sich allerdings um Pauschalbeträge, die auch Leistungen abdecken, an denen allein der Arbeitgeber ein Interesse hat( z.B. Überwachung der Zahlungsvorgänge). Der Wert der Leistung müsste zutreffender Weise nach der Höhe der ersparten Beträge bestimmt werden, die jeder einzelne Arbeitnehmer für die ihm zur Verfügung gestellte Steuerberatung hätte aufwenden müssen. Hierzu auf die Beiträge zu einem Lohnsteuerhilfeverein abzustellen, erscheint für die Allgemeinheit aller Fälle unpassend, da teils internationale Steuerfragen geklärt und Steuererklärungen in Fremdstaaten eingereicht werden müssen. Streng genommen müsste in jedem Einzelfall an Hand der individuellen Gegenstandswerte ein fiktives Steuerberaterhonorar bestimmt werden, ggf. auch für einen Steuerberater im Ausland. Ob dies praktikabel wäre, kann dahingestellt bleiben. Da nach Auffassung des Senats schon dem Grunde nach in der Übernahme der Steuerberatungskosten kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil liegt, erübrigt sich diese Prüfung.

    Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung zugelassen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.