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  • 20.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202452

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.05.2018 – 11 K 3448/15 H (L)

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1

    Tatbestand
    2

    Streitig sind die Feststellungen einer Lohnsteueraußenprüfung. Im Einzelnen geht es um Zuschüsse, die der Kläger als Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer für die Nutzung des Internets und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geleistet hat.
    3

    Der Kläger betreibt ein Einzelunternehmen, das sich mit der Herstellung von ………. beschäftigt.
    4

    Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2010 bis April 2014 stellte die Prüferin fest, dass der Kläger mit einigen Arbeitnehmern neue Vereinbarungen bezüglich der Entlohnung getroffen hatte. In einem ersten Schritt wurde hierbei der bisherige Bruttolohn herabgesetzt. So heißt es z.B. in der durch die Klägerseite als Beispiel zu den Akten gereichten „ergänzenden Vereinbarung“ mit der Arbeitnehmerin Frau B unter I.: Die Arbeitsvertragsparteien stellen fest, dass das Bruttogehalt ab dem 01.07.2011 nunmehr 2285,04 € beträgt, bei unveränderter Arbeitszeit. Dies entspricht einem Entgeltverzicht i.H.v. 245,85 €. Unter II. heißt es weiterhin: „Als Bemessungsgrundlage für andere Ansprüche, wie z.B. quotale, zukünftige Lohnerhöhungen, gesetzliche Abfindungsansprüche, gegebenenfalls Urlaubs – oder Weihnachtsgeld und vergleichbare, bestehende Ansprüche gilt der bisherige Bruttobarlohn i.H.v. 2530,89 € als vereinbart (Schattenlohn). Diese Bemessungsgrundlage wird für die Zukunft fortgeschrieben.“ In einem weiteren Schritt vereinbarte der Kläger mit seinen Arbeitnehmern unter III der ergänzenden Vereinbarung die Zahlung eines Zuschusses für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und auch mit einigen Arbeitnehmern eine Pauschale für die Internetnutzung. In den jeweiligen ergänzenden Vereinbarungen heißt es hierzu, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen. Wegen der Einzelheiten wird auf die beispielhaft zu den Akten gereichte Vereinbarung vom 16.06.2011 (Bl. 21 der Gerichtsakte – GA –) bzw. die in der Prüfer-Handakte befindlichen Vereinbarungen verwiesen.
    5

    Im Jahre 2014 wurde dann bezüglich der beiden vorgenannten Lohnbestandteile (Zuschuss für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; Pauschale für die Internetnutzung) eine Freiwilligkeitsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Arbeitnehmer geschlossen, in der es heißt, dass Zuschüsse für die Nutzung des Internets bzw. für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab dem 01.01.2014 rein freiwillig geleistet werden und keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers begründen. Wegen der Einzelheiten wird auf die in der Prüfer-Handakte befindlichen ergänzenden Vereinbarungen verwiesen.
    6

    Die ergänzenden Vereinbarungen betrafen Arbeitnehmer, mit denen unbefristete Altverträge bestanden, aber auch Arbeitnehmer, mit denen der Kläger zuvor befristete Arbeitsverträge geschlossen hatte. Im Zuge der Ergänzungen der Arbeitsverträge wurden befristete Arbeitsverträge in unbefristeter Arbeitsverträge umgewandelt.
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    Im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass eine Pauschalierung der beiden Lohnbestandteile Fahrtkostenzuschüsse zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) und Arbeitgeberzuschüsse zu Internetnutzung gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG nicht zulässig sei, da sich die Neugestaltung der Arbeitsverträge als steuerschädliche Gehaltsumwandlung darstelle.
    8

    Eine Pauschalierung nach den vorgenannten Vorschriften komme nur dann in Betracht, wenn die Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt würden. Dies setze nach geänderter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass die zusätzliche Leistung auf freiwilliger Basis erfolgen müsse (Hinweis auf BFH, Urteile vom 19.09.2012, VI R 54, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2013, 395; VI R 55/11, BStBl II 2013, 398). Die Finanzverwaltung sehe – so die Prüferin – die „Zusätzlichkeitsvoraussetzung“ abweichend von der neueren BFH-Rechtsprechung als gegeben an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukomme, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schulde; nur Gehaltsumwandlungen, die auch im Streitfall vorlägen, seien hiernach schädlich. Wegen der Einzelheiten wird auf die „Einzelfeststellungen“ des Berichts über die Lohnsteueraußenprüfung vom 06.06.2014 unter „Barzuschüsse zur Internetnutzung und Fahrkostenzuschüsse für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte“ verwiesen.
    9

    Im Rahmen der Schlussbesprechung zur Lohnsteueraußenprüfung wurde Einigkeit darüber erzielt, dass die Umwandlung der befristeten Arbeitsverträge in unbefristete Arbeitsverträgen als steuerlich zulässige Neugestaltung von Arbeitsverträgen anzuerkennen sei. Der Beklagte sah damit im Hinblick auf diese Verträge die beiden vorgenannten Lohnbestandteile als zusätzlich zum Gehalt vereinbart an und akzeptierte die darauf entfallende Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG bzw. § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG. Hinsichtlich der geänderten Altverträge wurde jedoch keine Einigung erzielt. Vielmehr vertrat der Beklagte die Auffassung, dass insoweit eine Versteuerung gemäß § 40 Abs. 1 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 32 % – unter Anrechnung der bisherigen Pauschalversteuerung – durchzuführen sei. Die Freiwilligkeitsvereinbarung aus dem Jahr 2014 wurde seitens des Beklagten nicht als ausreichend angesehen, eine Pauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 EStG durchführen zu können.
    10

    Der Beklagte erließ daraufhin den Lohnsteuerhaftungs – und Nachforderungsbescheid vom 11.06.2014. Nachdem der hiergegen eingelegte Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 09.10.2015, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen worden war, hat der Kläger Klage erhoben.
    11

    Für die Frage, ob zusätzlicher oder ohnehin geschuldeter Lohn vorliege, ist nach dem Vortrag des Klägers auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt sei die arbeitsrechtliche Rechtslage zu untersuchen, um festzustellen, was der Arbeitgeber schulde, nämlich frei verfügbaren Barlohn oder für begünstigte Zwecke vorgesehenen Zusatzlohn. Andere Zeitpunkte seien irrelevant, weil das Gesetz darauf abstelle, was aktuell wie geschuldet werde und nicht was früher einmal geschuldet worden sei.
    12

    Würde man die Steuererleichterung – entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung – stattdessen von den Zufällen historischer Lohnzusammensetzungen abhängig machen, führte dies bei wirtschaftlich gleicher Entlohnung zu offensichtlich gleichheitswidrigen Ergebnissen und damit zu einer Auslegung, die den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – widerspreche. Dies zeige ein Vergleich von Arbeitnehmern desselben Arbeitgebers mit identischen Lohnbestandteilen: Seien von vornherein getrennte Lohnformen vereinbart worden oder seien sie anlässlich einer anstehenden Lohnerhöhung eingeführt, wäre dies unschädlich. Werde die Änderung der Lohnformen aber mit einer Barlohnkürzung verbunden, wäre dies – obwohl arbeitsrechtlich wirksam vereinbart – schädlich. Mit einer gleichen Besteuerung bei gleicher Leistungsfähigkeit habe dies nichts zu tun, wohl aber mit einer an Willkür grenzenden Zufallsbesteuerung.
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    Die seitens des Klägers vertretene Auslegung entspreche dem Zweck der Vorschrift. Dieser bestehe nicht darin, dass der Steuergesetzgeber die Gewährung von Steuererleichterungen von einem Lohn-Plus habe abhängig machen, also Lohnpolitik habe betreiben wollen. Vielmehr gehe es um eine Missbrauchsregelung, durch die vermieden werden solle, dass bei bestehendem Anspruch auf verwendungsfreien Barlohn Teile davon als begünstigt behandelt würden, weil der Barlohnanspruch wahlweise auch dadurch als befriedigt gelte, dass Lohnformen mit Verwendungsbestimmungen gewählt würden. Wenn der Arbeitnehmer einem bestimmten Gesamtlohn ohnehin bar – also ohne jede Verwendungsbestimmung – verlangen könne, stehe die wahlweise Erfüllung dieses Anspruchs durch verwendungsgebundenen Lohn nur auf dem Papier. Die Steuererleichterungen knüpften nicht an ein Lohn-Plus, sondern an bestimmte Lohnverwendungsformen an und die „Zusätzlichkeit“ garantiere, dass verwendungsfreier und verwendungsgebundener Lohn zum Zeitpunkt des Lohnzuflusses arbeitsrechtlich nachweislich getrennt seien.
    14

    Im Übrigen sei dem Steuerrecht Lohnpolitik fremd. Es wäre widersprüchlich bei progressiven Steuersätzen Steuererleichterungen davon abhängig zu machen, dass der Gesamtlohn steige. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine Kompensation von Steuererleichterungen durch Mehr-Lohn verfolgt, wäre dies nicht – wie die Verwaltung glaube – von den Zufälligkeiten der historischen Lohnformentwicklung im jeweiligen Arbeitsverhältnis abhängig gemacht worden, sondern es wäre ein jeweiliger (tarifvertraglicher oder branchenüblicher) Mindestbarlohn „dekretiert“ worden, der hätte aufgestockt werden müssen, um andere Lohnformen zu begünstigen. Dergleichen sei aber nie Zweck der Regelung gewesen.
    15

    Auch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes sei nichts anderes zu entnehmen. Wenn in den Materialien ausgeführt werde, es solle verhindert werden, dass regulär besteuerter Arbeitslohn in steuerfreie Zuschüsse umgewandelt werde, sei damit erkennbar nicht die arbeitsrechtliche, sondern die bloße steuerliche Umwandlung gemeint. Dem Gesetzgeber habe es ferngelegen, die Vertragsfreiheit einzuschränken. Den arbeitsvertraglichen Regelungen der Lohnformen habe gerade gefolgt werden sollen. Auf der Basis des Arbeitsvertrags sei festzustellen, inwieweit regelbesteuerter Barlohn oder funktionsgebundener begünstigter Lohn geschuldet werde. Nur wo diese Trennung nicht vollzogen werde, weil auf den Gesamtlohn ein Anspruch auf Erfüllung durch verwendungsfreien Barlohn bestehe, der wahlweise, also lediglich aus steuerlichen Gründen einer anderen Lohnform zugeordnet werde, solle diese rein steuerliche Umwandlung unbeachtet bleiben.
    16

    Die Zusätzlichkeit entfalle darüber hinaus nicht, wenn nicht nur der Ohnehinlohn, sondern auch der funktionsgebundene begünstigte Lohn arbeitsrechtlich eingefordert werden könne. Deswegen verwende die Verwaltung die insoweit neue verschärfende Rechtsprechung des BFH zu Recht nicht an. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Steuererleichterungen nur zu gewähren seien, wenn der funktionsgebundene Lohn nur unter Freiwilligkeitsvorbehalt, also sozusagen nach Gutsherrenart gewährt werde. Wenn der Gesetzgeber eine derartige Definition gewollt hätte, hätte er ins Gesetz nur „arbeitsrechtlich freiwillig“ statt „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ hineinschreiben müssen.
    17

    Darüber hinaus liege nach der Auffassung der Finanzverwaltung eine Gehaltsumwandlung vor, wenn die ergänzende Vereinbarung Rückfallklauseln enthalte. Dies sei im Streitfall nicht gegeben.
    18

    Des Weiteren habe die Änderung der Verträge insgesamt dazu geführt, dass die Arbeitnehmer anschließend über ein höheres Nettogehalt hätten verfügen können. Nun für den sich aus dem Bruttoarbeitslohn ergebenden Nachteile für die gesetzliche Rente sei seitens des Arbeitgebers eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung als Versorgungsausgleich abgeschlossen worden. Die Arbeitnehmer seien somit nicht benachteiligt worden.
    19

    Der Kläger habe die Neugestaltung der Arbeitsverträge auch aus Sanierungsgründen vorgenommen, um die weitere Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und damit die Sicherung der Arbeitsplätze zu gewährleisten.
    20

    Schließlich sei es ermessenswidrig, den Kläger als Arbeitgeber in Haftung bzw. hier als Steuerschuldner in Anspruch zu nehmen, da er letztlich der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt sei. Darüber hinaus bestehe Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO), wonach bei Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden dürfe, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert habe.
    21

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung vom 17.12.2015 (Bl. 8 ff der Gerichtsakte) Bezug genommen.
    22

    Der Kläger beantragt,
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    den Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 11.6.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.10.2015 aufzuheben.
    24

    Der Beklagte beantragt,
    25

    die Klage abzuweisen.
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    Der Beklagte verweist auf seine Einspruchsentscheidung vom 9.10.2015.
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    Entscheidungsgründe
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    Die Klage ist unbegründet.
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    Zu Recht hat der Beklagte dem Kläger eine Lohnsteuerpauschalierung der beiden Lohnbestandteile Fahrtkostenzuschüsse zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 EStG und Arbeitgeberzuschüsse zu Internetnutzung gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG versagt.
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    Gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er Zuschüsse gewährt, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn für die Aufwendungen des Arbeitnehmers u.a. für Internetnutzung gezahlt werden.
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    Gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 15 % u.a. für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erheben.
    32

    Eine Pauschalierung nach den vorgenannten Vorschriften scheidet aus, da beide relevanten Lohnbestandteile nicht „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ im Sinne dieser Vorschriften gezahlt werden. Dies gilt für den gesamten Streitzeitraum.
    33

    (I.) Hinsichtlich der Auslegung des hier nach beiden Vorschriften entscheidungserheblichen Tatbestandsmerkmals „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
    34

    (1.) Nach der Rechtsprechung des BFH werden Zuschüsse des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ geleistet, wenn sie zu den Lohnzahlungen hinzukommen, die entweder durch Vereinbarung oder etwa durch eine dauernde Übung arbeitsrechtlich geschuldet sind. Denn der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn“ sei der lohnsteuerrechtlich erhebliche Vorteil, der entweder durch Vereinbarung oder etwa durch eine dauernde Übung arbeitsrechtlich geschuldet sei; das sei der Arbeitslohn, auf den zumindest im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch bestehe. Wenn davon das Gesetz Leistungen unterscheidet, so der BFH, die „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht würden, wie etwa in den § 3 Nr. 33, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 oder § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG, könnten derartige Leistungen dann nur noch freiwillige Arbeitgeberleistungen sein, also solche, auf die der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch habe. Denn nur solche schulde der Arbeitgeber nicht ohnehin. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das maßgebliche Urteil des BFH vom 19.09.2012, VI R 54/11, BStBl II 2013, 395 (m. w. N.) Bezug genommen.
    35

    Unterschiedlich wird in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt, welche Konsequenzen sich aus dem vorgenannten BFH-Urteil für den Fall von Entgeltumwandlungen ergeben.
    36

    (a) Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 23.11.2016, 2 K 1180/16 juris, Az. des Revisionsverfahrens beim BFH: VI R 21/17) sind zwar grundsätzlich „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ solche Leistungen erbracht, auf die der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch hat, die er also auf freiwilliger Basis erhält. Aus dem vorgenannten BFH-Urteil ergebe sich aber auch, dass der BFH die Auffassung vertrete, Lohnumwandlungen seien (generell) durch das Zusätzlichkeitserfordernis aus den in Betracht kommenden Begünstigungsnormen ausgegrenzt (unabhängig davon, ob eine Umwandlung von Arbeitslohn in auf freiwilliger oder verpflichtender Basis zu erbringende Leistungen stattfinde). Dies ergebe sich aus der Herausarbeitung des Regelungsumfeldes sowie der historischen Entwicklung des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG in besagtem Urteil durch den BFH.
    37

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 23.11.2016, 2 K 1180/16 a.a.O. Bezug genommen.
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    (b) Nach Auffassung des FG Münster ist aus der Rechtsprechung des BFH nicht abzuleiten, dass Gehaltsumwandlungen notwendigerweise schädlich sind. Vielmehr sei die Differenzierung danach, ob zu dem Zeitpunkt der Zahlung ein zivil – oder arbeitsrechtlicher verbindlicher Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bestand, ein (allein) hinreichend klares und sicher feststellbares Abgrenzungskriterium (vgl. FG Münster, Urteil vom 28.6.2017, 6 K 2446/15 L, Az. des Revisionsverfahren beim BFH: VI R 40/17).
    39

    (2) Die Position der Finanzverwaltung ergibt sich u.a. aus einem BMF-Schreiben vom 22.05.2013, BStBl I 2013, 728.
    40

    Gegenüber dem BFH sieht die Finanzverwaltung die Zusätzlichkeitsvoraussetzung hiernach als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet (Hinweis auf R 3.33 Absatz 5 Satz 1 LStR 2011). Sie stellt somit auf die ursprüngliche Arbeitslohnvereinbarung ab. Nur Gehaltsumwandlungen seien danach schädlich.
    41

    Wegen der Einzelheiten wird auf das BMF-Schreiben vom 22.5.2013, BStBl I 2013, 728 Bezug genommen.
    42

    Der Meinungsstreit spielt für die Jahre 2011 – 2013 keine Rolle, denn nach allen Auffassungen werden beide relevanten (zweckgebundenen) Lohnbestandteile nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt (vgl. II.). Auf Grund der ab dem 1.1.2014 geltenden Freiwilligkeitsvereinbarung käme ab dem Jahre 2014 nach der BFH-Rechtsprechung in seiner Auslegung durch das FG Münster eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 bzw. § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG in Betracht. Der Senat folgt hier aber der Auffassung des FG Rheinland-Pfalz, nach der auch ab dem Jahr 2014 die vom Kläger gewünschte Pauschalierung ausscheidet (vgl. III.)
    43

    (II.) Die Frage, wie die BFH-Rechtsprechung korrekterweise zu interpretieren ist (dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz oder dem Finanzgericht Münster folgend), ist für die Streitjahre 2011-2013 unerheblich. Denn unabhängig von dem Vorliegen einer Gehaltsumwandlung scheitert eine Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 bzw. § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG nach der hier maßgeblichen BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 19.09.2012, VI R 54/11, a.a.O.) bereits daran, dass die fraglichen Leistungen nach den im Jahre 2011 geschlossenen Vereinbarungen ausdrücklich nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen. Auf die Leistungen hat der Arbeitnehmer damit einen arbeitsrechtlichen Anspruch, so dass es sich nicht um Leistungen handelt, die „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gezahlt werden.
    44

    Aber auch nach der Auffassung der Finanzverwaltung kommt eine Pauschalierung nicht in Betracht, da eine schädliche Gehaltsumwandlung anzunehmen ist. Eine Gehaltsumwandlung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer auf einem bestimmten Teil der bis dahin vereinbarten Bezüge bedingungslos verzichtet und zeitgleich eine andere Leistung des Arbeitgebers vereinbart wird. In der Höhe, in der sich der Verzicht mit der neu vereinbarten Leistung wertmäßig deckt, wird das Gehalt vom regulären Arbeitslohn in die andere Leistung umgewandelt (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.11.2016, 2 K 1180/16 juris). Im Streitfall haben die Arbeitnehmer ausdrücklich auf einen Teil ihres Bruttogehaltes verzichtet und stattdessen unter anderem die hier fraglichen Leistungen vereinbart. Es ist davon auszugehen, dass sich trotz der seitens des Klägers aufgezeigten geringfügigen Unterschiede im Netto- Arbeitslohn der sich nach den geschlossenen Vereinbarungen ergebende Lohn wertmäßig weitgehend mit dem zuvor vereinbarten Lohn deckt. So sind die Unterschiede in den Lohnabrechnungen vorher/nachher (vergleiche Bl. 19, 20 der Gerichtsakte) sehr gering. Darüber hinaus ist nach den im Jahre 2011 geschlossenen Vereinbarungen als Bemessungsgrundlage für andere Ansprüche, wie z.B. von Lohnerhöhungen, gesetzliche Abfindungsansprüche, Urlaubs – oder Weihnachtsgeld von dem bisherigen Bruttobarlohn auszugehen. Diese Bemessungsgrundlage wird nach den Vereinbarungen „für die Zukunft fortgeschrieben“.
    45

    Dem Kläger steht auch kein Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO zu. Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.
    46

    Hierzu ist zunächst anzumerken, dass Grundlage der geänderten Steuerfestsetzung die althergebrachte Auffassung der Finanzverwaltung ist, wonach bei einer Gehaltsumwandlung die fraglichen Lohnbestandteile nicht als zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht anzusehen sind (BMF, Schreiben vom 22.05.2013, a.a.O.). Darüber hinaus hat sich die Rechtsprechung des BFH auch nicht geändert. Vielmehr handelt es sich bei dem Hinweis in den Urteilen vom 19.9.2012, VI R 54,55/11, wonach die zusätzliche Leistung auf freiwilliger Basis erfolgen müsse, um eine Konkretisierung der bisherigen Rechtsprechung. Denn der BFH hatte bereits zuvor in diversen Urteilen entschieden, dass der ohnehin geschuldete Arbeitslohn der Arbeitslohn ist, auf den zumindest im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht (Urteil des BFHin BFHE 227, 40, BStBl II 2010, 487, mit Hinweis auf Urteile vom 15.05.1998 VI R 127/97, BFHE 186, 224, BStBl II 1998, 518, steuerfreier Zinszuschuss; vom 31.10.1986 VI R 52/81, BFHE 148, 54, BStBl II 1987, 139; vom 12.03.1993 VI R 71/92, BFHE 171, 67, BStBl II 1993, 521, steuerfreie Jubiläumszuwendung). Dass dies nicht auf freiwilliger Basis erfolgte Leistungen erfassen kann, ist kein Widerspruch, sondern lediglich eine Klarstellung.
    47

    (III.) Im Hinblick auf das Streitjahr 2014 ist zu beachten, dass auf Grund der zum 01.01.2014 geschlossenen ergänzenden Vereinbarungen die fraglichen Leistungen (Internetpauschale, Zuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) ab dem 01.01.2014 rein freiwillig geleistet werden und danach auch bei mehrfacher Gewährung keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers begründen.
    48

    Nach der Rechtsprechung des BFH (u.a. Urteil vom 19.9.2012, VI R 54/11, BStBl II 2013, 395) in seiner Interpretation durch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 23.11.2016, 2 K 1180/16, a.a.O.), der der Senat folgt, kommt aber auch ab dem Jahre 2014 eine Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 oder § 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG nicht in Betracht.
    49

    Obwohl der zweckgebundene Teil der Arbeitsentgelte ab dem 1.1.2014 auf rein freiwilliger Basis gezahlt wird, scheitert hier eine Pauschalversteuerung nach den vorgenannten Vorschriften, weil gegenüber der ursprünglichen Lohnvereinbarung kein Mehr an Arbeitslohn hinzukommt. Vielmehr bewirkt die ab dem 01.01.2014 wirksame Zusatzvereinbarung nur, dass lediglich die bislang bereits zusätzlich zum Barlohn erbrachten zweckgebundenen Zusatzleistungen von verpflichtenden in freiwillige Zusatzleistungen „umgewandelt“ werden. Damit liegt eine (schädliche) Gehaltsumwandlung im Sinne der o.g. Definition vor. Eine schädliche Gehaltsumwandlung liegt nämlich unabhängig davon vor, ob zweckgebundene Lohnbestandteile, die in Folge der Umwandlung anstelle eines Lohnbestandteils geleistet werden, auf den der Arbeitnehmer einen Anspruch hatte, auf freiwilliger oder verpflichtender Basis gewährt werden.
    50

    Nach der Auffassung des FG Münster (Urteil vom 28.06.2017, 6 K 2446/15 L) dürfte, bei unterstellter arbeitsrechtlicher Wirksamkeit der ergänzenden Vereinbarung, demgegenüber ab dem Jahre 2014 die vom Kläger angestrebte Pauschalversteuerung in Betracht kommen, da es nach dem FG Münster allein auf die Freiwilligkeit der Zahlungen ankommt. Eine Gestaltung, bei der anstelle von (bisher regulär besteuertem) Arbeitslohn, auf den die Arbeitnehmer einen rechtsverbindlichen Anspruch hatten, nunmehr (regulär zu besteuernder) herabgesetzter Arbeitslohn sowie zusätzliche freiwillige Leistungen vereinbart und geschuldet sind, ohne dass die Arbeitnehmer durch einseitige Willenserklärung zum ursprünglichen Barlohn zurückkehren könnten, sei – so das FG Münster - nicht schädlich und stehe der Steuerbegünstigung bzw. Steuerfreiheit nicht entgegen.
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    Zwar kann der Senat durchaus die Argumentation des FG Münster nachvollziehen, wonach die Differenzierung danach, ob zu dem Zeitpunkt der Zahlung ein zivil- oder arbeitsrechtlich verbindlicher Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bestand, ein klares und sicher feststellbares Abgrenzungskriterium darstelle und das Abstellen auf eine Gehaltsumwandlung zu Rechtsunsicherheiten und Wertungswidersprüchen führen kann (vgl. hierzu im Einzelnen FG Münster, Urteil vom 28.06.2017, 6 K 2446/15 L, a.a.O., Rz. 60 ff).
    52

    Auf der anderen Seite verweist der BFH mehrfach in seinem maßgeblichen Urteil vom 19.09.2012, VI R 54/11 (a.a.O.), ausdrücklich darauf, dass der Zweck des Tatbestandsmerkmals „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ darin bestehe (u.a. unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG, BTDrucks 12/5764, S. 22), die Umwandlung von Arbeitslohn in pauschal besteuerte Leistungen auszuschließen. Diese eindeutig durch den Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachte – und auch durch den BFH ausdrücklich betonte – Intention lässt sich nicht einfach negieren und ist bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ nach Auffassung des Senats zwingend zu berücksichtigen.
    53

    Darüber hinaus nimmt der BFH in seinem Urteil vom 19.09.2012, VI R 54/11, ausdrücklich Bezug auf sein Urteil vom 01.10.2009, VI R 41/07, BStBl II 2010, 487. In diesem Urteil stellt der BFH klar, dass § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG eine Entgelt- oder Barlohnumwandlung ausschließt. Dies gelte – so der BFH – aber nur für solchen Lohn, der ohnehin geschuldet werde. Freiwillige Lohnzahlungen ließen sich dagegen grundsätzlich als nicht „geschuldeter“ Arbeitslohn in pauschbesteuerte Zuschüsse umwandeln. Dass der BFH an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten wollte, lässt das Urteil vom 19.09.2012, VI R 54/11, nicht erkennen, vielmehr ist hierin eine Konkretisierung des Freiwilligkeitskriteriums für den Fall der Entgeltumwandlung zu sehen. Danach schließt die Umwandlung von einem freiwilligen Lohnbestandteil in eine (freiwillige) zweckgebundene Leistung die Pauschalierung i. S. v. § 40 Abs. 2 Satz 2 oder § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG nicht aus, wohl aber z.B. – wie im Streitfall – die Umwandlung von einem zivil- und arbeitsrechtlich verbindlich zu zahlenden Lohnbestandteil in eine (freiwillige) zweckgebundene Leistung.
    54

    Abschließend ist zu beachten, dass die Umwandlung im Jahre 2014 von verbindlichen in freiwillige zweckgebundene Leistungen willkürlich erscheint und offenbar alleine zu dem Zweck geschah, im Hinblick auf bereits vereinbarten Arbeitslohn eine günstigere steuerliche Behandlung zu erreichen. Damit dürfte der Streitfall gerade eine Konstellation betreffen, deren steuerliche Begünstigung der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ ausschließen wollte.
    55

    Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung i. S. v. § 115 Abs. Nr. 1 und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 FGO zugelassen.
    56

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.