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  • 24.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208470

    Sozialgericht Landshut: Urteil vom 11.03.2019 – S 1 BA 30/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Sozialgericht Landshut

    Urt. v. 11.03.2019


    Tenor:

    I.
    Der Bescheid der Beklagten vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte Säumniszuschläge fordert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II.
    Die Klägerin hat drei Viertel, die Beklagte ein Viertel der Verfahrenskosten zu tragen.

    III.
    Der Streitwert wird auf 29.860 Euro festgesetzt.

    Tatbestand

    Streitgegenstand ist die Nachforderung von Sozialversicherungs- und Umlagebeiträgen aus der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (künftig: Beigeladene) als Lohn- und Finanzbuchhalterin der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015.

    Die Beigeladene ist gelernte Industriekauffrau und hatte bis 31.12.2015 ein Gewerbe für "Buchungs-, Schreib- und Büroarbeiten" angemeldet. Außer bei der Klägerin verrichtete die Beigeladene im Prüfzeitraum noch Buchhaltungsarbeiten für folgende Auftraggeber: * Firma ... Maschinenbau GmbH, * Firma ... Recycling GmbH und * Firma ... Import-Export Holzhandels GmbH. Bei letzterem Unternehmen (Geschäftsführer M. A.) war die Beigeladene bis März 2015 als geringfügig Beschäftigte mit einem Jahresentgelt in Höhe von 4.800 Euro gemeldet, ab April 2015 bis Dezember 2015 stellte sie auf Selbständigenbasis Rechnungen in Höhe von 400 Euro monatlich.

    Für die streitgegenständliche Tätigkeit bei der Klägerin bewegten sich die Einnahmen der Beigeladenen zwischen Januar 2013 und März 2015 jeweils zwischen 500 und 800 Euro monatlich (Ausnahme September 2013: 2.940 Euro wegen "Krankheitsvertretung"), ab April 2015 erhielt die Beigeladene jeweils 2.100 Euro monatlich (Ausnahme November 2015: 3.200 Euro).

    Seit 01.01.2016 ist die Beigeladene als Beschäftigte in Teilzeit mit einem monatlichen Gehalt von 2.500,- Euro gemeldet.

    Laut ihren Angaben im Rahmen der Betriebsprüfung hat die Beigeladene für die Klägerin alle anfallenden Buchhaltungs- und Lohnabrechnungsarbeiten erledigt. Schriftliche Verträge existierten nicht, es gebe nur mündliche Absprachen. Zu 95 % habe sie ihre Tätigkeit im Betrieb verrichtet. Eigene Arbeitsmittel musste sie nicht einsetzen. Sie sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen können. (Anmerkung: Die Auskünfte beziehen sich auf die Tätigkeit der Beigeladenen für die Firma ... Import-Export Holzhandels GmbH.

    Laut E-Mail vom 03.03.2017 an die Beklagte treffen die dort gemachten Angaben in gleicher Weise auf ihre Tätigkeit für die Klägerin zu).

    Mit Bescheid vom 10.01.2018 stellte die Beklagte u.a. fest, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.01. 2013 bis 31.12.2015 beschäftigt und versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung, in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei und forderte Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie die Umlagen U1 und 2 in Höhe von 29.860,90 Euro (einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 6.735,50 Euro) nach.

    Die Beklagte begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: * Die Beigeladene sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass sie auf die EDV-Infrastruktur des Betriebes einschließlich der notwendigen Software angewiesen gewesen sei. Auch hätten Terminvorgaben vom Finanzamt und Krankenkassen beachtet und die Löhne der Arbeitnehmer rechtzeitig angewiesen werden müssen. * Die Abrechnung durch die Beigeladene sei ausschließlich auf Stundenbasis erfolgt. Ein Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich.

    Sie habe allenfalls ein arbeitnehmerspezifisches Einkommensrisiko getragen. * Eine Betriebsstätte im herkömmlichen Sinn, wie ein Büro mit eigenem Personal und Telefon, sei nicht vorhanden, Arbeitnehmer würden nicht beschäftigt. Die Beigeladene habe lediglich ein Arbeitszimmer zu Hause. Die Arbeitsmittel würden vom Auftraggeber kostenlos zur Verfügung gestellt. * Das Stellen einer Rechnung stelle lediglich die Rechtsfolge einer selbständigen Tätigkeit dar und sage nichts über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit aus. Dies gelte ebenso für die Ausweisung der Mehrwertsteuer. * Das für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis charakteristische Merkmal der persönlichen Abhängigkeit könne in bestimmten Fällen - insbesondere bei Diensten höherer Art - allein durch die Eingliederung in einen Betrieb erfüllt sein. An die Stelle der Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers trete die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Die Dienstleistung sei in derartigen Fällen gleichwohl fremdbestimmt, weil sie in der von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehe. * Eine Weitergabe der Aufgaben an Dritte oder Subunternehmer, wie es bei Selbständigen bei Krankheits- und Urlaubstagen üblich sei, sei bei der Beigeladenen ebenfalls nicht möglich. Eine Ersatzkraft habe sie ohne Einwilligung des Auftraggebers nicht stellen können, da auch hier wieder ein Zugriff auf die hausinternen Lohn- und Buchhaltungsprogramme des Betriebes erforderlich gewesen wäre. * Die Beigeladene sei zwar für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Allerdings stelle auch dies nur ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, da alle Beschäftigungen gesondert zu beurteilen seien.

    Das deutsche Recht kenne den Typus des universellen Selbständigen, der in jeder Beziehung selbständig sei, nicht. Sofern die Tätigkeit für andere Auftraggeber gleich gelagert mit der hier zu beurteilenden Tätigkeit sei, stelle sich die Frage, inwieweit auch zu diesen Auftraggebern abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen. * Eine Gewerbeanmeldung habe keine maßgebliche Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Abwägung und stelle kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar.

    Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen.

    Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nachgeforderten Beiträge nahm die Beklagte ein "illegales Beschäftigungsverhältnis" im Sinne von § 14 Abs.2 Satz 2 SGB IV an und rechnete die der Beigeladenen gezahlte Vergütung auf ein Bruttoarbeitsentgelt hoch. Die Klägerin hätte bei der beschriebenen Konstellation des Vertragsverhältnisses davon ausgehen müssen, dass es sich hierbei um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Sollten dennoch Zweifel am Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung bestanden haben, hätte der Arbeitgeber zumindest von der Möglichkeit Gebrauch machen müssen, den sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund oder über die Einzugsstelle klären zu lassen. Für die nachzufordernden Beiträge seien auch Säumniszuschläge zu erheben. Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne nicht von "unverschuldeter Unkenntnis" im Sinne von § 24 Abs.2 SGB IV ausgegangen werden.

    Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.01.2018 Widerspruch. Zur Begründung wurde unter ausführlicher Darlegung der arbeits- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und Selbständigkeit u.a. vorgetragen: * Die Klägerin habe der Beigeladenen keine Einzelanweisungen erteilt, sondern lediglich globale Anweisungen im Rahmen eines freiberuflichen Werkvertragsverhältnisses. Der Umstand, dass die Beigeladene ihre Tätigkeit überwiegend in den Räumen der Klägerin erledigte, habe lediglich pragmatische Gründe. * Von einer persönlichen Abhängigkeit könne bei der Beigeladenen nicht die Rede sein, weil sie zu diesem Zeitpunkt weniger als 50 % ihrer Einkünfte aus selbständiger Buchhaltertätigkeit von der Klägerin bezogen habe. * Die Beigeladene habe die buchhalterischen Tätigkeiten eigenständig erledigt; eine fachliche Weisungsgebundenheit habe nicht bestanden. Auch in zeitlicher Hinsicht sei die Beigeladene vollkommen frei gewesen. * Dass die Beigeladene seit 01.01.2016 in einem Arbeitsverhältnis stehe, sei entgegen der Rechtsansicht des Ausgangsbescheides kein rechtliches Argument; den Vertragsparteien stehe es - wenn sie es für richtig erachten - jederzeit frei, das Rechtsverhältnis zu ändern. * Die Argumentation der Deutschen Rentenversicherung zur Frage der betrieblichen Eingliederung sei rechtsirrig: Das Bundesarbeitsgericht habe in der "Museumsentscheidung" festgestellt, dass es durchaus möglich und zulässig sei, Werkvertragsarbeitnehmer und eigene Beschäftigte gemeinsam in den Betriebsräumen arbeiten zu lassen. Nur dann, wenn die Beschäftigten so eng zusammenarbeiten, dass für außenstehende Dritte nicht mehr erkennbar ist, wer für wen mit welcher Rechtsgrundlage arbeitet, könne dies anders gesehen werden. * Es könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass in der Zeit bis 31.12.2015 kein unternehmerisches Risiko vorgelegen hätte. Die Widerspruchsführerin hätte die Möglichkeit gehabt, die buchhalterischen Arbeiten abzuziehen und/oder durch eine andere Person erledigen zu lassen. Auch das Verlustrisiko der weiteren Tätigkeiten sei stets gegeben gewesen. * Inhaltliche Vorgaben und fachliche Weisungen, wie die Arbeiten im Einzelnen auszuführen sind, seien der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt gegeben worden. Die Einhaltung der - wenigen - vorgegebenen Termine sei nicht Ausfluss eines Weisungsrechts der Klägerin gegenüber der Beigeladenen, sondern dies entspreche der vertraglich gegenüber der Klägerin übernommenen Verpflichtung. * Die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spreche zwar nur dann für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Diese Voraussetzungen hätten bei Frau W. jedoch vorgelegen.

    Wegen des weiteren Vorbringens im Widerspruchsverfahren wird auf den Schriftsatz vom 22.01.2018 sowie insbesondere auf das darin ausführlich zitierte Urteil des LSG Stuttgart vom 13.09.2016, L 4 R 2120/15 ZVW, Bezug genommen.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Unter Wiederholung des Vorbringens im Widerspruchsverfahren im Übrigen führte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin u.a. ergänzend aus: Die Ermittlung der Berechnungsgrundlage unter Anwendung der gesetzlichen Nettolohnfiktion nach § 14 Abs.2 Satz 2 SGB IV sei rechtswidrig. Die Beklagte unterstelle ohne weitere Begründung ein Verschulden der Klägerin, wobei sie den Verschuldensmaßstab nicht darlegen könne.

    Mit Urteil vom 09.11.2011 - B 12 R 18/09 R - habe das Bundessozialgericht klargestellt, dass für diese Bestimmung eine auf die Verletzung der Arbeitgeberpflichten gerichteter - mindestens bedingter - Vorsatz bestehen müsse. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass bei Fahrlässigkeit, auch bei grober, keine Hochrechnung möglich sei. Die Beklagte unterstelle, dass die Klägerin vorsätzlich keine Beiträge für die Beigeladene abgeführt habe, könne aber einen derartigen Nachweis nicht führen.

    Am 10.07.2018 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid. Darin wird auf die Anwendung der Netto-Brutto-Hochrechnung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verzichtet, da ein bedingter Vorsatz nicht nachweisbar sei. Die Nachforderung wird nunmehr mit insgesamt 20.731,91 Euro (einschließlich 4.775,50 Euro Säumniszuschläge) festgestellt. Dieser Bescheid wurde gem. § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

    Mit Schriftsatz vom 24.07.2018 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut darauf hin, dass das Erfordernis des bedingten Vorsatzes auch für die Festsetzung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs.2 SGB IV erforderlich sei. Die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand treffe insoweit die Beklagte.

    Mit Schreiben vom 31.07.2018 hielt die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung fest, wonach unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs.2 SGB IV auch dann ausscheide, wenn die "Tat" zumindest fahrlässig begangen wurde. Hinsichtlich des Entlastungsbeweises nach § 24 Abs.2 SGB IV seien bei Rechtsirrtümern strenge Anforderungen zu stellen. So habe sich der Schuldner sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und in Zweifelsfällen eine Einzugsstelle einzuschalten. Allein dadurch, dass die Klägerin dies unterlassen habe, habe sie mindestens grob fahrlässig gehandelt und damit nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt. Mit Schreiben vom 10.08.2018 und 03.01.2019 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weitere Ausführungen. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird Bezug genommen.

    Im Termin zur mündlichen Verhandlung gab die Beigeladene an, sie habe die selbständige Tätigkeit für die Klägerin in einem Umfang von ca. 11 Stunden wöchentlich ausgeübt. Im Angestelltenverhältnis arbeite sie nun 20 Stunden pro Woche. Das Aufgabengebiet habe sich entsprechend erweitert. Grund für die Anmeldung sei ihr Wunsch nach sozialer Absicherung gewesen. Sie habe die komplette Finanz- und Lohnbuchhaltung gemacht. Die Unterlagen seien für sie bereitgelegen und sie habe dann ihre Arbeit entsprechend erledigt. Es habe ihr niemand vorgeschrieben, wie sie die Arbeiten zu machen habe. Es habe auch niemand die Fachkompetenz gehabt. Der Betrieb habe bis zu 15 Mitarbeiter beschäftigt. Die letzten Jahre sei sie meistens gegen 11 Uhr ins Büro gekommen, sei dann ca. 2 Stunden beschäftigt gewesen, dies von Montag bis Freitag. Als Selbständige habe sie 22 Euro pro Stunde abgerechnet. Dies sei mit dem damaligen Prokuristen Herrn R. abgesprochen gewesen. Schriftliche Vereinbarungen hierzu gäbe es nicht. Sie habe bei der Klägerin auch während ihrer Zeit als Selbständige ein eigenes Zimmer gehabt. Eine Zeiterfassung habe es während ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gegeben und gebe es auch jetzt nicht. Während ihrer Selbständigkeit habe sie Stundenzettel geführt, die von Herrn R. gegengezeichnet wurden. Auf Grundlage dieser Stundenzettel seien dann die monatlichen Rechnungen gestellt worden. Die Tätigkeiten für die Firma ... und die Firma A. seien in den gleichen Räumlichkeiten ausgeübt worden. Eine Berufshaftpflichtversicherung habe sie während ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gehabt.

    Der Geschäftsführer der Klägerin wies darauf hin, dass die Firma in der Vergangenheit von der Rentenversicherung mehrmals geprüft wurde, ohne dass es insoweit zu Beanstandungen gekommen sei.

    Am Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag,

    den Bescheid vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018 aufzuheben.

    Die Beklagtenvertreterin stellte den Antrag,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beigeladenen stellten keine Anträge.

    Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist zulässig; sie ist jedoch überwiegend nicht begründet.

    Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 20.01.2018 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018. Letzterer Bescheid wurde gem. § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, ohne dass es entsprechender Beteiligtenerklärungen hierzu bedurfte. Die Beklagte hat in ihrer Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene ihre Buchhaltungstätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübte und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Die Klägerin ist daher verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in gesetzlicher Höhe nachzuentrichten. Soweit die Beklagte darüber hinaus im angefochtenen Bescheid Säumniszuschläge fordert, war dem Klageantrag jedoch stattzugeben und der Bescheid der Beklagten insoweit aufzuheben. Nachdem im Bescheid vom 10.07.2018 die Beiträge nur noch nach den tatsächlich gezahlten Entgelten berechnet wurden, war die Rechtmäßigkeit der im Ausgangsbescheid vorgenommenen Netto-Bruttolohn-Hochrechnung gem. § 14 Abs.2 Satz 2 SGB IV nicht mehr Streitgegenstand.

    1. Rechtsgrundlage für den Nachforderungsbescheid ist § 28p Abs.1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs.1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die versicherungspflichtig Beschäftigten zu zahlen.

    2. Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs.1 Nr.1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 SGB XI, § 25 Abs.1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs.1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs.1 Satz 2 SGB IV).

    3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein.

    Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und welche Merkmale überwiegen (Ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R; BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, jeweils m.w.N.). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus des abhängig Beschäftigten erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 RdNr. 16 m.w.N.).

    4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 ihre Buchhaltungstätigkeiten für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen nach Auffassung der Kammer deutlich die Aspekte, die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angeführt wurden.

    a) Schriftliche Vereinbarungen zur Tätigkeit der Beigeladenen im streitigen Zeitraum existieren nicht. Mündlich war vereinbart, dass die Beigeladene auf Selbständigenbasis die komplette Lohn- und Finanzbuchhaltung der Klägerin erledigen und sie hierfür ein Entgelt von 22 Euro pro Stunde erhalten soll. Mangels weiterer vertraglicher Regelungen ist daher die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen maßgeblich. Diese weist überwiegend Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf: Zu nennen sind insbesondere die Eingliederung in die organisatorischen Strukturen der Klägerin, die persönliche Leistungserbringung, die zeitabhängige Vergütung und die fehlenden eigenen Betriebsmittel. Für eine selbständige Tätigkeit spricht im Wesentlichen, dass eine solche zwischen den Beteiligten gewollt war und das Weisungsrecht der Klägerin nur in sehr abgeschwächter Form zum Tragen kam. Außerdem erledigte die Beigeladene Buchhaltungsarbeiten auch für andere Auftraggeber.

    b) Im Einzelnen:

    * Die Beigeladene führte die Buchhaltungstätigkeiten fast ausschließlich in den Räumlichkeiten der Klägerin aus, wo sie ein eigenes Büro mit der notwendigen Infrastruktur samt Software und Telefon zur Verfügung hatte. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung arbeitete die Beigeladene in der Regel montags bis freitags ab 11:00 Uhr ca. 2 Stunden bei der Klägerin. Die aufgewendete Arbeitszeit hielt sie auf Stundenzetteln fest, die vom Prokuristen gegengezeichnet wurden. Auf Grundlage dieser Stundenzettel wurden dann die monatlichen Rechnungen erstellt.

    Diese Handhabung galt offensichtlich bis einschließlich März 2015. Ab April 2015 erhielt die Beigeladene eine feste Vergütung in Höhe von 2.100 Euro monatlich, im November 2015 sogar 3.200 Euro (Weihnachtsgeld?). Die Beigeladene erklärte diesen "Gehaltssprung" damit, dass ihr ab April 2015 weitere Aufgaben übertragen worden seien. Ab Januar 2016 wurde die Beigeladene dann als Beschäftigte mit einem monatlichen Entgelt von 2.500 Euro brutto angemeldet. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt seither 20 Stunden.

    Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die Beigeladene nunmehr als Angestellte mit ca. 29 EUR ( ) einen deutlich höheren Stundenlohn erhält als zu der Zeit, als sie auf Selbständigenbasis tätig war. Eigentlich wäre das Gegenteil zu erwarten, weil Selbständige vom verdienten Honorar nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, sondern auch die anfallenden Steuern und die Kosten der sozialen Absicherung selbst zu tragen haben. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die Höhe der Vergütung durchaus Bedeutung für die Frage haben, ob eine selbständige Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R). Im Übrigen konnte die Kammer die Angaben der Beigeladenen hinsichtlich der Arbeitszeit und der Höhe der Vergütung nicht nachvollziehen. Bei der angegebenen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 11 Stunden und einem Stundenlohn von 22 Euro ergäbe sich eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.040 Euro (11 x 4,3 x 22).

    Nach den vorliegenden Unterlagen (Sachkonten 2013 bis 2015) erhielt die Beigeladene von der Klägerin jeweils nur Beträge in Höhe von ca. 500 bis 800 Euro monatlich. Lediglich im September 2013 wegen "Krankheitsvertretung" 2.940 Euro. Ab April 2015 sind Beträge in Höhe von jeweils 2.100 Euro monatlich verbucht. Letzteres deutet darauf hin, dass die Beigeladene ab diesem Zeitpunkt bereits halbtags ihre Tätigkeit ausübte.

    Möglicherweise erklärt sich diese "Ungereimtheit" damit, dass die Beigeladene ihre Tätigkeiten für die Klägerin und für die Firma ... Import-Export Holzhandels GmbH als Einheit betrachtete. Ob dies so ist, kann dahingestellt bleiben, Tatsache ist jedenfalls, dass die Beigeladene als vermeintlich Selbständige weniger verdiente wie als Angestellte.

    * Bei ihrer Buchhaltungstätigkeit unterlag die Beigeladene zwar keinem arbeitnehmertypischen umfassenden Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeit. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind jedoch erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R - juris RdNr. 20). Der fachlichen Weisungsfreiheit kommt im Rahmen der Gesamtabwägung schon deswegen kein allzu großes Gewicht zu, weil einzig die Beigeladene die notwendige Fachkompetenz als Buchhalterin hatte. Größere Spielräume, die auch abhängig Beschäftigten aufgrund der Natur ihrer Tätigkeit zustehen, können jedoch nicht als maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herangezogen werden (Ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des BSG vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R). Im Übrigen war die Beigeladene nach Überzeugung der Kammer nicht nur auf die technische Infrastruktur, sondern in gewissem Umfang auch auf die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Klägerin angewiesen. Die Erledigung der Lohnbuchhaltung für bis zu 15 Mitarbeiter erfordert einen innerbetrieblichen Informationsfluss bezüglich der Modalitäten der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse, damit auf Veränderungen jederzeit reagiert werden kann. Nicht ohne Grund hatte die Beigeladene ihre Arbeitszeit so gewählt, dass sie täglich während der üblichen Bürozeiten im Betrieb der Klägerin anwesend war.

    * Von wesentlicher Bedeutung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die Frage, ob die Tätigkeit in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben nämlich ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen. Dementsprechend stellt auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Pflicht, die Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Allerdings führt wiederum die bloße Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmertypischer) Selbständigkeit. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - juris RdNr. 35). Nachdem es keine schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen gibt, kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob die Beigeladene sich bei den Buchhaltungsarbeiten für die Klägerin hätte vertreten lassen dürfen. Tatsache ist, dass die Arbeiten ausschließlich durch die Beigeladene selbst erbracht wurden und eine Delegation an Dritte zu keinem Zeitpunkt erfolgt ist. Nach Auffassung der Kammer ist auch sehr zweifelhaft, ob in Anbetracht der besonderen Vertrauensstellung der Beigeladenen eine Leistungserbringung durch Dritte überhaupt in Frage gekommen wäre oder ob nicht die Beteiligten als selbstverständlich davon ausgingen, dass die Beigeladene persönlich die Buchhaltung erledigt. Letztlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben. Tatsache ist, dass eine Vertretung durch Dritte auch in früheren Jahren nie stattgefunden hat und die bloß theoretische Möglichkeit hierzu nur ein schwaches Indiz für das Vorliegen von Selbständigkeit ist.

    5. Wesentliche Indizien, die überwiegend für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden, sind nicht ersichtlich:

    * Die Beigeladene trug kein nennenswertes unternehmerisches Risiko. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.04. 2012 - B 12 KR 24/10 R). Dies war hier nicht der Fall. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung für die Jahre 2013 bis 2015 hatte die Beigeladene - abgesehen von Kraftfahrzeugkosten, wie sie praktisch bei jedem Selbständigen anfallen - nur geringe Betriebsausgaben. Im Wesentlichen handelt es dabei um Raumkosten (zwischen 358 und 417 Euro jährlich) sowie um die Position "Bürobedarf, Porto, Telefon (Beträge zwischen 847 Euro und 1.560 Euro jährlich). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Beigeladene in dieser Zeit 4 Auftraggeber hatte und die Betriebsausgaben folglich dem streitigen Vertragsverhältnis nur anteilig zuzurechnen wären. Allein die Möglichkeit, dass sich der Umfang der Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene (aus welchen Gründen auch immer) verringerte oder ganz wegfiel, ist kein "unternehmerisches Risiko" im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die Beigeladene erhielt eine erfolgsunabhängige Vergütung in Höhe von 22 Euro pro Stunde. Damit setzte sie ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Wesentliche, über die Haftung eines Arbeitnehmers hinausgehende Haftungsrisiken bestanden ebenfalls nicht. Die Beigeladene sah dies offensichtlich genauso, ansonsten hätte sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.

    * Dem Umstand, dass der Beigeladenen vertraglich keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub zustanden, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Solche Vertragsgestaltungen sind lediglich ein Hinweis darauf, dass die Beteiligten eine Mitarbeit auf Selbständigenbasis wollten. Dies gilt auch für die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - juris RdNr. 27).

    * Dass die Beigeladene noch weitere Auftraggeber hatte, macht sie ebenfalls nicht zur Selbständigen. Auch insoweit handelt es sich lediglich um eines von zahlreichen Indizien, die im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen sind. Allerdings ist nach der gesetzgeberischen Wertung jede Tätigkeit getrennt zu beurteilen, den "universell selbständig Tätigen" gibt es nicht. Entscheidend sind nach der Rechtsprechung jeweils die Umstände des Einzelfalles.

    6. Das von Klägerseite ausführlich zitierte Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.09.2016 (L 4 R 2120/15 ZVW) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die dortige Buchhalterin hatte, zumindest vorübergehend, eigenes Personal beschäftigt und sogar auf eigene Kosten einen externen Buchhaltungs- und Büroservice damit beauftragt, Buchhaltungsarbeiten für ihren Auftraggeber zu erledigen. Im Hinblick auf die Bedeutung, die die obergerichtliche Rechtsprechung den Merkmalen persönliche Leistungserbringung und Unternehmerrisiko beimisst, bestehen zwischen der dortigen Fallkonstellation und dem vorliegenden Fall so erhebliche Unterschiede, dass die Schlussfolgerungen des LSG Baden-Württemberg (soweit man sie als zutreffend erachten will) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sind.

    7. Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der grundsätzlichen Versicherungspflicht der Beigeladenen steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin in der Vergangenheit mehrmals durch die Beklagte geprüft wurde und es insoweit zu keiner Beanstandung kam. Es ist zwar für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, wenn die Klägerin deswegen mit den nunmehrigen Feststellungen der Beklagten hadert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schafft eine in der Vergangenheit durchgeführte Betriebsprüfung jedoch keinen Vertrauenstatbestand und bezweckt nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder diesem gar Entlastung zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 AL 2/11 R m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

    8. Rechtliche Bedenken gegen die Höhe der Beitragsforderung bestehen nicht, nachdem die Beklagte auf Basis des § 14 Abs.1 SGB IV lediglich die tatsächlich nachgewiesenen Zahlungen berücksichtigt hat. Auch von der Klägerin wurden insoweit keine Einwendungen erhoben.

    9. Hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen war die Kammer der Auffassung, dass bedingter Vorsatz im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R) nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann.

    Der Klage war daher insoweit stattzugeben.

    Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 197a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs.1 SGG i.V.m. § 52 Abs.2 GKG und ergibt sich aus der (ursprünglich) streitigen Forderung.

    RechtsgebietSGB IVVorschriften§ 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV