01.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211452
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 13.12.2018 – 3 K 795/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Thüringer Finanzgericht
Revision eingelegt, Az. BFH VI R 22/19
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen Finanzamt
- Beklagter -
wegen Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge Juli 2012 bis Oktober 2015
hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund mündlicher Verhandlung am 13. Dezember 2018 für Recht erkannt:
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides über Lohnsteuer. Streitig ist insbesondere, ob eine Vergütung für die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin, der gleichzeitig CEO der Unternehmensgruppe und Verwaltungsrat der Schweizer Muttergesellschaft der Klägerin ist, überhaupt dem deutschen Lohnsteuerabzug unterlag, insbesondere ob die Klägerin nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG wirtschaftliche Arbeitgeberin des Geschäftsführers war.
Die in der Schweiz ansässige A Holding AG, B ist alleinige Anteilseignerin der Klägerin, der A GmbH, C. Laut Eintragung im Handelsregister (HRB …) des Amtsgerichts C ist Herr D mit Wohnsitz in der Schweiz als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen. Der Geschäftsführertätigkeit des Herrn D liegt eine Dienstleistungsvereinbarung vom 30.01.2009 zwischen der Anteilseignerin und der Klägerin zugrunde, wonach der bei der Anteilseignerin angestellte Herr D der Klägerin von der Anteilseignerin als Geschäftsführer zur Verfügung gestellt wird. Der zur Verfügung gestellte Geschäftsführer handelt gemäß § 2 der Dienstleistungsvereinbarung im Namen, im Auftrag und auf Risiko der Klägerin. Die Anteilseignerin erhält als Vergütung für die Entsendung des Geschäftsführers von der Klägerin einen pauschalen Betrag von 12.200 € monatlich. Die Bemessung der Vergütung entspricht der Vergütung des vormaligen Geschäftsführers, welcher bei der Klägerin angestellt war.
Nach den Feststellungen einer durch das Finanzamt E bei der Klägerin für den Zeitraum 01.07.2012 bis 31.10.2015 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung sei die Vergütung für die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin, der gleichzeitig CEO der Unternehmensgruppe und Verwaltungsrat der Muttergesellschaft der Klägerin ist, dem deutschen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen, da die Klägerin nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG wirtschaftliche Arbeitgeberin des Geschäftsführers sei. Dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 06.04.2016 folgend, erließ der Beklagte mit Datum vom 10.05.2016 einen auf § 42d Abs. 1 EStG gestützten Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Juli 2012 bis Oktober 2015.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin u.a. geltend, dass sie für etwaige auf den Arbeitslohn des als Geschäftsführer tätigen Herrn D entfallende Lohnsteuer nicht als Arbeitgeberin in Haftung zu nehmen sei, da sie nicht dessen Arbeitgeberin sei. Denn die A AG, B sei Arbeitgeberin des Geschäftsführers. Eine Arbeitnehmerentsendung liege nicht vor. Vielmehr handele es sich bei den Zahlungen der Klägerin an die Anteilseignerin um den Beitrag für die Geschäftsführung der Anteilseignerin für die Klägerin, da die Anteilseignerin für alle Tochterunternehmen die Geschäftsführung ausübe und die Beiträge hierfür auf alle Tochterunternehmen umlege. Die Anwendung des DBA-Schweiz scheide nach Ansicht der Klägerin aus.
Nach erfolglosen Einsprüchen verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der Klage weiter und macht geltend:
Die Klägerin sei ab dem Jahr 2005 in mehreren Schritten durch die schweizerische A Holding AG übernommen und in die A-Gruppe eingegliedert worden. Hierzu werde auf die umfangreichen Ausführungen und Feststellungen des angerufenen Gerichts im Verfahren 3 K 450/12 verwiesen.
Nach verschiedenen Integrationsmaßnahmen habe schlussendlich Herr D, damals noch Mehrheitsaktionär der A Holding AG und bis heute gleichzeitig deren CEO, auch die Geschäftsführung der Klägerin übernommen, wie dies seinerzeit auch bei der ebenfalls bereits bestehenden schwedischen Tochtergesellschaft A AB der Fall gewesen sei. Dazu sei die Dienstleistungsvereinbarung vom 30.01.2009 zwischen der Klägerin und deren Muttergesellschaft, der A Holding AG mit Sitz in CH-B geschlossen worden. Die vereinbarte Managementvergütung von 12.200 € habe die Klägerin monatlich ab dem Jahr 2009 auch an die Muttergesellschaft bezahlt.
Zwischen der A Holding AG (ehemals firmierend als: F Holding AG), der Muttergesellschaft der Klägerin, und Herrn D bestehe seit 01.01.2004 ein Anstellungsvertrag. Es sei das einzige Anstellungsverhältnis, das Herr D eingegangen sei. Gegenstand des Anstellungsverhältnisses sei die Geschäftsführung der A Holding AG und damit neben der Leitung der A-Gruppe als deren CEO insgesamt auch die Geschäftsführung bei verschiedenen Tochtergesellschaften, in den Streitjahren namentlich bei der Klägerin sowie bei der schwedischen Schwestergesellschaft A AB. Mithin könne eine Pflicht zum Lohnsteuerabzug nur aus § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG abgeleitet werden, soweit die Klägerin als wirtschaftliche Arbeitgeberin des Herrn D anzusehen wäre. Hierbei sei eine wirtschaftliche Arbeitgeberstellung nur dann gegeben ist, wenn kumulativ das aufnehmende Unternehmen die Kosten der Entlohnung des entsandten Mitarbeiters trage und das Risiko für die Arbeitsergebnisse des Mitarbeiters übernehme, zusätzlich der Mitarbeiter in die Arbeitsorganisation des aufnehmenden Unternehmens eingebunden sei und ferner unter Leitung des aufnehmenden Unternehmens tätig werde und gegenüber diesem weisungsgebunden sei (vgl. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, DBA, MA Art. 15 Rz. 116).
Zwar sei unstreitig, dass die Klägerin an ihre Muttergesellschaft eine Management Fee in Höhe von 12.200 € pro Monat bezahlt habe, die zur Festlegung nach Drittvergleichsgrundsätzen nach dem bisherigen Lohn des ausgetretenen Geschäftsführers bemessen gewesen sei. Jedoch habe diese Zahlung einer Management Fee an die A Holding AG keinerlei Einfluss auf die Lohnbezüge von Herrn D von der A Holding AG gehabt.
Herr D erhalte seit dem Jahr 2004, lange vor der Eintragung als Geschäftsführer der Klägerin und auch vor Erwerb der Klägerin selbst, den praktisch unveränderten Lohn, wie er diesen in den streitbefangenen Jahren weiter erhalten habe. Die geringfügigen Schwankungen seien lediglich auf schwankende Sachbezüge zurückzuführen.
Unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 23.02.2005 (I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547) habe die Übernahme der Funktion als Geschäftsführer der Klägerin keinen Einfluss auf die Stellung der Klägerin als wirtschaftliche Arbeitgeberin gegenüber Herrn D. Dies gelte sowohl im abkommensrechtlichen Sinne als auch hinsichtlich der Arbeitgeberdefinition des Lohnsteuerrechts (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.2004, VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620).
Im Streitfall sei eine klassische Eingliederung nicht nur nach rechtlicher Beurteilung, sondern auch tatsächlich nicht gegeben. Herr D führe die Geschäfte der Klägerin nicht aus C, er sei lediglich an wenigen Tagen pro Jahr in C präsent. Vor Ort würden die Leitungsaufgaben durch die zuständigen Abteilungsleiter wahrgenommen und durch Herrn D lediglich im Bedarfsfall koordiniert. Keinesfalls sei er den Weisungen der Klägerin unterworfen, sei er doch als CEO der A Gruppe gleichzeitig gegenüber der Klägerin weisungsbefugt.
Es sei zwar unstreitig, dass ausweislich des Vertrages vom 30.01.2009 die Klägerin das Risiko für das Handeln des Geschäftsführers übernommen habe. Insoweit handele es sich nur um ein Merkmal für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Arbeitgebers, welches kumulativ mit den übrigen drei oben angeführten Merkmalen erfüllt sein müsse.
Soweit der Beklagte aus der Tatsache, dass sowohl die A Holding AG als auch die Klägerin Weisungsrechte gegenüber dem Geschäftsführer haben könnten, ableiten wolle, dass deshalb das Merkmal der Risikoübernahme bei der Beurteilung der Arbeitgebereigenschaft allein ausreichen solle, sei dem nicht zu folgen. Vielmehr entspreche der vorliegende Sachverhalt, dem wie er - im Sinne der klägerischen Rechtsauffassung - in Rz. 105 des BMF-Schreibens vom 12.11.2014 geregelt sei.
Im Streitfall fehle es zudem an der Abhängigkeit des Geschäftsführers von der Klägerin. Die Übernahme der Funktion als Geschäftsführer der Klägerin habe keinerlei Einfluss auf die Lohnvergütung des Geschäftsführers gehabt. Der bereits seit fünf Jahren vor Übernahme der Geschäftsführerfunktion bezahlte Lohn für Herrn D sei weiterhin unverändert fortgezahlt worden. Ein absolut nicht weisungsgebundener Geschäftsführer, der selbst in der Situation sei, der Klägerin als deren Gesellschafter Weisungen erteilen zu können, sei auch nicht als in eine „Hierarchie eingebunden" zu sehen, nur weil er zusätzlich als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen sei. Diese Wertung stehe im Übrigen auch im klaren Widerspruch zur ständigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung.
Entgegen den Ausführungen des Beklagten sei es auch nicht so, dass die A Holding AG einen Anstellungsvertrag mit einer natürlichen Person geschlossen habe, um diese im Anschluss an ihre Tochtergesellschaft als Geschäftsführer zu überlassen. Denn der Anstellungsvertrag mit Herrn D bei der Muttergesellschaft der Klägerin habe bereits seit über fünf Jahren vor Übernahme der Funktion als Geschäftsführer der Klägerin und über ein Jahr vor Akquisition der Klägerin bestanden. Insoweit könne im Streitfall auch kein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang unterstellt werden, wie ihn das BMF-Schreiben vom 12.11.2014 Rz. 117 aber verlange.
Soweit der Beklagte seine abzulehnende Rechtsauffassung auf die Ausführungen von Brandis in Wassermeyer, DBA, Schweiz Art. 15 Rn. 101 stütze, der ausnahmsweise Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz dann für einschlägig hält, wenn die „Arbeitsvergütung des Angestellten wirtschaftlich von der Tochter-GmbH getragen wird", spreche gegen eine solche Wertung im Streitfall der Umstand, dass vorliegend die an den Geschäftsführer D erfolgte Lohnzahlung völlig unabhängig von der Übernahme des Mandats als Geschäftsführer der Klägerin und der dafür vergüteten Managementpauschale an die A Holding AG sei. Vielmehr sei die Höhe der Lohnzahlung seit dem Jahr 2004 und für den gesamten streitbefangenen Betrachtungszeitraum unverändert gewesen. Die von Brandis geforderte Voraussetzung, dass die Arbeitsvergütung des Angestellten tatsächlich von der Tochter-GmbH getragen werde, sei somit nicht gegeben. Damit seien auch die Voraussetzungen für die von Brandis gesehene Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz auf einen Entsendungsfall nicht erfüllt. Hinzu komme, dass die von Brandis vertretene Meinung in der Literatur nicht unbestritten sei, was Brandis mit den Verweisen in der genannten Fundstelle selbst ausführe.
Soweit der Beklagte - entgegen der rechtlichen Wertung der Klägerseite - meine, durch die Anwendung von Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz auf die Tätigkeit des Herrn D und die Vergütung an die A Holding AG sei ein lohnsteuerpflichtiges Arbeitsverhältnis begründet worden, stehe das Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz Deutschland aber nur zu, sofern die Tätigkeit im Wesentlichen in Deutschland ausgeübt werde. Herr D halte sich aber durchschnittlich an weniger als 20 Tagen/Jahr in Deutschland auf und wende für die tatsächliche Geschäftsführung der Klägerin vor Ort nur einen Bruchteil dieser Zeit auf. Von einer wesentlichen Ausübung der Geschäftsführertätigkeit in Deutschland könne also nicht die Rede sein.
Soweit der Beklagte meine, das zum DBA-Schweiz ergangene und von Brandis zitierte rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf vom 19.01.1995 (14 K 506/90 H (L), EFG 1995, 530) sei nicht anwendbar, da es zur alten Rechtslage des § 38 Abs. 1 EStG ergangen sei, treffe dies nicht zu, da der Wortlaut des § 38 Abs. 1 EStG 1986 (BGBl I vom 29.04.1986, Seite 441 ff.) im Vergleich zum heute geltenden Wortlaut unverändert sei. Nach dem angeführten Urteil leite der Geschäftsführer einer GmbH das Unternehmen nach den Vorgaben der Gesellschafter und sei nur den Gesellschaftern gegenüber weisungsunterworfen, nicht aber gegenüber der GmbH als solcher, deren geschäftlichen Betätigungswillen gerade er selbst bilden solle. Damit fehle es aber im Streitfall an der vom Beklagten behaupteten Eingliederung des Geschäftsführers Herrn D in das Unternehmen der Klägerin und an deren behaupteter Stellung als wirtschaftliche Arbeitgeberin des Herrn D. Der Geschäftsführer D, der als CEO und Verwaltungsrat der Gesellschafterin A Holding AG gleichzeitig die alleinige Gesellschafterin der Klägerin vertritt und repräsentiert, unterliege nicht einmal im Verhältnis zur Gesellschafterin einer entsprechenden Weisungsgebundenheit.
Da die Klägerin die Funktion der wirtschaftlichen Arbeitgeberin gegenüber dem Geschäftsführer D nicht ausüben könne, da es an dessen notwendiger Eingliederung und Weisungsgebundenheit fehle, sei sie im Streitfall auch nicht zum Lohnsteuerabzug nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG verpflichtet gewesen. Im Übrigen komme es nach dem BFH-Urteil vom 19.02.2004 (VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620) auf die theoretische Möglichkeit formloser Vertragsabschlüsse eben gerade nicht an.
Auch das durch den Beklagten angeführte Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.2007 6 AZR 1045/06, Der Betrieb (DB) 2008, 355 = NJW 2008, 1018 sei auf den vorliegenden Streitfall nicht anzuwenden. In dem dortigen Fall sei der Kläger zuerst bei der Konzernmutter angestellt gewesen, nicht aber wie der hiesige Geschäftsführer Organ der Muttergesellschaft. Mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft sei im dortigen Fall eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag eben gerade für diese Geschäftsführertätigkeit abgeschlossen worden und sei gleichzeitig mit einem Teilbetriebsübergangs das ursprünglich mit der Konzernmutter geschlossene Arbeitsverhältnis nach § 613a BGB und klarstellend auch noch durch die Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag auf die Tochtergesellschaft übergegangen.
Die Klägerin beantragt:
- der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Juli 2012 bis Oktober 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.12.2016 wird dahingehend geändert, dass die Vergütungen für die Tätigkeit des entsandten Geschäftsführers nicht der deutschen Lohnsteuer nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 EStG unterliegen,
- hilfsweise wird dem Beklagten aufgegeben, nach Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
- hilfsweise: die Revision zuzulassen,
- die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,
- den Streitwert auf EUR 194.033,49 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und seinen schriftlichen Vortrag im Klageverfahren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Juli 2012 bis Oktober 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Klägerin nach § 42d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu Recht als wirtschaftliche Arbeitgeberin für die Lohnsteuer in Anspruch genommen, die auf die Vergütung für die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin entfiel.
I. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Das gilt auch, wenn er bei Zahlung des Arbeitslohns durch Dritte Lohnsteuer einzubehalten hatte (vgl. BFH-Urteil vom 21.02.1986 VI R 9/80, BFHE 146, 253, BStBl II 1986, 768).
II. Ausgehend von diesen Grundsätzen waren im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung der Klägerin gegeben. Diese war im streitigen Zeittraum zwar nicht gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG rechtliche, aber entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG i.Vm. Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz wirtschaftliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers.
Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist Lohnsteuer gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Absatz 3 EStG einzubehalten und abzuführen, soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber gezahlt wird, der im Inland seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Sinne der §§ 1 - 3 der Abgabenordnung (inländischer Arbeitgeber) hat. Der Begriff des lohnsteuerlichen Arbeitgebers im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG ist im Einkommensteuerrecht nicht definiert. Aus der Definition des Arbeitnehmers in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 LStDV lässt sich jedoch ableiten, dass Arbeitgeber derjenige ist, dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig wird oder dessen Weisung er zu folgen hat (vgl. BFH-Urteil vom 17.02.1995 VI R 41/92 BFHE 177, 105, BStBl II 1995, 390. Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Arbeits- bzw. Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.02.1986 VI R 9/80, BFHE 146, 253, BStBl II 1986).
a) Zivilrechtlich ist zwischen der Organstellung eines Geschäftsführers und dem Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Beide Rechtsverhältnisse stehen selbständig nebeneinander und können unabhängig voneinander begründet oder beendet werden (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofes – BGH – vom 28. Oktober 2002 II ZR 146/02, NJW 2003, 351). Deshalb kann im Konzernverbund die Übernahme des Geschäftsführeramtes unselbständiger Bestandteil eines Arbeitsvertrages (mit der Obergesellschaft) sein, wenn ein Angestellter des herrschenden Unternehmens im Konzern unter Fortführung des Anstellungsverhältnisses die Leitung eines abhängigen Konzernunternehmens übernimmt (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.2004 VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, m.w.N.). Möglich ist zwar auch eine Aufspaltung des Arbeitsverhältnisses mit der Obergesellschaft auf mehrere Arbeitsverhältnisse. So liegt der Fall jedoch nicht, wenn ein Angestellter eines Konzernunternehmens im Rahmen seiner hauptberuflichen Tätigkeit zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft bestellt wird. Außerdem kann es zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses mit der Obergesellschaft und zum Abschluss eines Dienstvertrages mit der Tochtergesellschaft kommen. Bezieht der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft jedoch weiterhin sein Entgelt von der Konzernobergesellschaft und ist er dieser gegenüber nach dem Inhalt des Anstellungsvertrages weisungsgebunden, bleibt er zivilrechtlich Arbeitnehmer der Obergesellschaft (vgl. BAG-Beschluss vom 20.10.1995 5 AZB 5/95, NJW 1996, 1076).
b.) Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, nach denen arbeitsrechtlich durch die Übernahme der Geschäftsführung bei der deutschen Tochtergesellschaften der in der Schweiz ansässigen A Holding AG, B deren Arbeitsverhältnis zu Herrn D zum Ruhen gekommen oder ein eigenständiges Arbeitsverhältnis zur Klägerin begründet worden wäre. Es wurden keine diesbezüglichen Dienstverträge geschlossen. Den mit der A Holding AG, B vereinbarten Lohn hat diese weiterhin an Herrn D ausbezahlt. Nach der Überzeugung des erkennenden Senates liegt der Streitfall so, dass Herr D die Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit der A Holding AG, B als eine in diesem Vertragsverhältnis (zusätzlich) vereinbarte Arbeitsleistung erbracht hat.
c.) Auch steuerrechtlich ist eine Tochtergesellschaft grundsätzlich nicht rechtliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers, soweit dieser im Rahmen eines fortbestehenden Anstellungsverhältnisses mit der Obergesellschaft tätig wird. Arbeitgeber in einem Konzern ist grundsätzlich diejenige Konzerngesellschaft, mit der der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat; denn nur dieses Unternehmen kann unmittelbar Weisungsrechte ausüben und hat andererseits die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis zu erfüllen (vgl. BFH-Urteil vom 21.02.1986 VI R 9/80, BFHE 146, 253, BStBl II 1986). Daran ändert sich auch grundsätzlich nichts, wenn ein Angestellter auf Grund seines Anstellungsverhältnisses bei einer Konzern-Obergesellschaft (auch) als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft tätig wird; allein die organschaftliche Stellung rechtfertigt im Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG eine von der zivilrechtlichen Ausgangslage abweichende Beurteilung nicht (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.2004 VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, m.w.N.).
2.) Aus § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz ergibt sich aber, dass die Klägerin im Streitfall wirtschaftliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers Herrn D war. Nach den vorgenannten Regelungen kann ein deutsches Unternehmen, das lediglich wirtschaftlicher Arbeitgeber, nicht aber arbeitsrechtlicher Arbeitgeber ist, zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sein. Im Ergebnis lehnt sich die seit dem 1. Januar 2004 geltende Vorschrift des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG für die Lohnsteuer in Teilen an den bisher bereits im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen (vgl. z.B. Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz) geltenden wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff an. Aufgrund der vom Gesetzgeber mit Einführung des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG vollzogenen Annäherungen des lohnsteuerrechtlichen Arbeitgeberbegriffes an die abkommensrechtliche Rechtslage sind nach Auffassung des erkennenden Senats für die Prüfung, ob die Klägerin im Streitfall als wirtschaftliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers anzusehen ist, die Wertungen zu Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz heranzuziehen (vgl. hierzu auch FG München, Urteil vom 22.04.2016 8 K 3290/14, DStRE 2018, 468).
a.) Gemäß Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz (DBA-Schweiz) kann, - vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen Art. 15a - eine natürliche Person, die in einem Vertragsstaat ansässig, aber als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in einem anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft tätig ist, mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit in diesem anderen Staat besteuert werden, sofern ihre Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb dieses Staates umfasst. Danach können die Einkünfte bestimmter leitender Angestellter einer Kapitalgesellschaft von demjenigen Vertragsstaat besteuert werden, in dem die Gesellschaft ansässig (Art. 4 DBA-Schweiz) ist; das gilt abweichend von der in Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz niedergelegten Regel auch insoweit, als der Angestellte tatsächlich nicht in jenem Staat tätig wird (vgl. Brandis in Debatin/Wassermeyer, DBA-Kommentar, Art. 15 DBA-Schweiz Rz. 100, m.w.N.; Vogelgesang, in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-Kommentar, Art. 15 DBA-Schweiz, Rz. 11). Insoweit ist es für die rechtliche Wertung im Streitfall angesichts der Bedeutung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz als Fiktion des Tätigkeitsorts leitender Angestellter unbeachtlich, wenn - entsprechend dem Vortrag der Klägerseite - der Geschäftsführer D die Geschäfte der Klägerin nicht aus C geführt und sich lediglich durchschnittlich an weniger als 20 Tagen/Jahr in Deutschland aufgehalten haben mag (vgl. insoweit auch: BFH-Urteil vom 25.10.2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778).
Die Regelung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz bezieht sich im Grundsatz darauf, dass eine natürliche Person in einem Vertragsstaat ansässig ist, jedoch in einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft als leitender Angestellter tätig ist und von dieser vergütet wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24.02.1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819; vom 08.04.1992 I R 68/91, BFH/NV 1993, 295; BFH-Beschluss vom 12.09.2006 I B 27/06, BFH/NV 2007, 13). So liegt der Streitfall aber nicht, da der Geschäftsführer der Klägerin unstreitig nicht von ihr, sondern von der in der Schweiz ansässigen A Holding AG, B vergütet wurde.
Ist eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine dort ansässige Gesellschaft tätig, von der er kraft Anstellungsvertrag vergütet wird, und zusätzlich in dem anderen Vertragsstaat als leitender Angestellter (z.B. kraft Bestellung als Organ, aber ohne Anstellung und damit ohne weitere Vergütung) tätig, so ist nach einhelliger Meinung Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz nicht anwendbar (vgl. z.B. Brandis in Wassermeyer, DBA- Schweiz Art. 15 Rn. 101).
Jedoch soll Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz ausnahmsweise anwendbar sein, wenn z.B. eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine dort ansässige Gesellschaft tätig ist, aber z.B. als (ggf. zusätzlicher) Geschäftsführer einer ausländischen Tochter-GmbH in dem anderen Vertragsstaat tätig ist, wenn in dieser Situation die Arbeitsvergütung des Angestellten wirtschaftlich von der Tochter-GmbH im Wege einer Zuwendung nach den Grundsätzen des „Arm`s-length-Prinzips“ getragen wird (vgl. z.B. Brandis in Wassermeyer, DBA-Schweiz Art. 15 Rn. 101; Da, IStR 1994, 496 zum alten Art. 15 Abs. 5 DBA-Schweiz; Schwerdtfeger, IStR 2002, 361, 364; a.A. z.B. Hoffmann, IStR 1995, 430). Die Tochter-GmbH sei in diesem Fall „wirtschaftlicher Arbeitgeber“ im Sinne des Art. 15 MA (vgl. z.B. Brandis in Wassermeyer, DBA-Schweiz Art. 15 Rn. 101; gegen eine Arbeitgeberhaftung für Lohnsteuer einer solchen Tochter-GmbH aber: z.B. FG Düsseldorf, 19.01.1995 14 K 506/90 H (L), EFG 1995, 530; Hoffmann, IStR 1995, 430).
b.) Der Begriff des Arbeitgebers ist im OECD-Musterabkommen (OECD-MA) nicht definiert. Die Auslegung des Begriffs richtet sich daher - sofern der Sinnzusammenhang des OECD-MA nichts anderes erfordert - der Regel in Art. 3 Abs. 2 OECD-MA folgend nach dem Recht des Anwendestaates. Allerdings enthält auch das deutsche Einkommensteuerrecht keine Begriffsbestimmung des „Arbeitgebers“. § 1 Abs. 2 LStDV zählt die öffentliche Körperschaft, den Unternehmer und den Haushaltsvorstand lediglich beispielhaft als Unternehmer auf, ohne diesen Begriff abschließend zu definieren.
Eine wirtschaftliche Arbeitgeberstellung in diesem Sinne ist nur gegeben, wenn kumulativ der leitende Angestellte im Interesse des aufnehmenden Unternehmens tätig ist, das aufnehmende Unternehmen wirtschaftlich die Kosten der Entlohnung des überlassenen Mitarbeiters trägt und das Risiko für die Arbeitsergebnisse des Mitarbeiters übernimmt, und zusätzlich der Mitarbeiter in die Arbeitsorganisation und die Hierarchie des aufnehmenden Unternehmens eingebunden ist (vgl. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, DBA, MA Art. 15 Rz. 116, vgl. ferner z.B. BFH-Urteil vom 23.02.2005 I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547 m. w. N., Finanzgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25.07.2013 1 V 1184/13, EFG 2013, 1706). Dagegen wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23.02.2005 I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, Rz. 22) und nach Verwaltungsauffassung (vgl. Tz. 105 des BMF-Schreibens vom 12.11.2014 VV DEU BMF 2014-11-12 IV B 2-S 1300/08/10027, BStBl I 2014, 1467) bei Entsendung eines Arbeitnehmers von einer Muttergesellschaft zu ihrer Tochtergesellschaft das aufnehmende Unternehmen nicht zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer nicht in dessen Hierarchie eingebunden ist. In diesem Fall wird der Arbeitnehmer ausschließlich als Vertreter der Muttergesellschaft tätig, während im Verhältnis zur Tochtergesellschaft die für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnende Abhängigkeit fehlt. Hier bleibt selbst dann, wenn die Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft den Arbeitslohn ersetzt, letztere Arbeitgeberin im abkommensrechtlichen Sinne.
Ob bei einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung diese im Interesse des überlassenden oder des aufnehmenden Unternehmens erfolgt ist im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu würdigen, was im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt (vgl. auch BFH-Urteil vom 23.02.2005 I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547.
c.) Zwar kann sich der Beklagte im Streitfall zur Begründung seiner Wertung - entgegen seiner Ansicht in seiner Stellungnahme vom 23.03.2017 (Bl. 78 f. der Gerichtsakte) - nicht auf das BFH-Urteil vom 25.10.2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778 zu einem umgekehrten Fall (d.h. Prokurist einer Schweizer AG unterfällt Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz und wird i.S.d. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. D DBA-Schweiz „in der Schweiz tätig“) stützen. Denn der BFH hat in dem Urteil lediglich die allgemeine Auffassung bestätigt, dass Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz als Sonderregelung die Fiktion eines Arbeitsorts am Sitzort der Kapitalgesellschaft regelt, unabhängig vom Ort der tatsächlichen Arbeitsausübung (vgl. hierzu Brandis, in Wassermeyer, DBA-Schweiz, Art. 15 Rz.100). Die im entsprechenden Urteil entschiedene Grundkonstellation bezieht sich aber darauf, dass eine in Deutschland ansässige Person in einer in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft als Prokurist tätig war und - anders als im Streitfall - von dieser Gesellschaft vergütet wurde (vgl. auch BFH-Urteile vom 24.02.1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819; vom 08.04.1992 I R 68/91, BFH/NV 1993, 295; Brandis, in Wassermeyer, DBA-Schweiz, Art. 15 Rz.100). In dem Fall des BFH erhielt der Kläger - anders als im vorliegenden Fall - sowohl als Geschäftsführer von der deutschen GmbH als auch als Prokurist der Schweizer AG jeweils Vergütungen.
Dieser Fall behandelt also gar nicht die Konstellation, dass wie vorliegend eine in einem Vertragsstaat (Schweiz) ansässige Person für eine dort ansässige Gesellschaft (Schweizer Muttergesellschaft) tätig wird, von der er auch kraft Anstellungsvertrags vergütet wird und zusätzlich in dem anderen Vertragsstaat (Deutschland) als leitender Angestellter (kraft Bestellung als Organ, aber ohne Anstellung und damit ohne weitere Vergütung) tätig wird, wobei in diesem Fall Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz grundsätzlich nicht anwendbar sein soll (vgl. Brandis, in Wassermeyer, DBA-Schweiz, Art. 15 Rz.101). Die hier streitige Frage, ob dies ausnahmsweise anders sein soll, wenn die Arbeitsvergütung des Geschäftsführers wirtschaftlich von der deutschen Tochtergesellschaft getragen wird (so: Brandis, in Wassermeyer, DBA-Schweiz, Art. 15 Rz.101) behandelt die durch den Beklagten angeführte Entscheidung also gar nicht und muss sie auch nicht behandeln, weil der Fall ein anderer ist.
d.) Unabhängig davon war die Klägerin im Streitzeitraum bei Anwendung der unter II.2.b.) genannten Grundsätze auf den Streitfall aber dennoch aus folgenden Gründen wirtschaftliche Arbeitgeberin im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz ihres Geschäftsführers D:
Aufgrund des schweizerischen Wohnsitzes und des (unterstellten) Mittelpunkts der Lebensinteressen in der Schweiz war Herr D nach Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 4 Abs. 2 Buchstabe a) DBA-Schweiz in der Schweiz ansässig und mithin nach Art.1 DBA-Schweiz abkommensberechtigt. Er war in den Streitzeiträumen in Deutschland als Geschäftsführer des klägerischen Tochterunternehmens tätig.
Im Streitfall lag der Einsatz des Herrn D in der Klägerin als deutscher Tochtergesellschaft der in der Schweiz ansässigen A Holding AG, B auch im Interesse der Klägerin, da Herr D als Geschäftsführer in leitender Funktion bei der Klägerin tätig sein sollte. So wird bereits im Vorwort der Dienstleistungsvereinbarung vom 30.01.2009 darauf hingewiesen, dass die Einsetzung von Herrn D nur im Interesse der Klägerin erfolgt, weil diese nach eigenem Bekunden nicht genug Personalressourcen hat. Nach § 2 der Dienstleitungsvereinbarung vom 30.01.2009 zwischen der Anteilseignerin und der Klägerin übernahm letztere auch die gesamte Handlungsverantwortung und das Risiko hinsichtlich der Tätigkeit des Geschäftsführers. Auch war seine Tätigkeit nicht so abgegrenzt, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb Deutschlands umfasst hätte.
Im Streitfall trug die Klägerin ferner als aufnehmendes Unternehmen auch wirtschaftlich die Kosten der Entlohnung des überlassenen Geschäftsführers. Denn die Klägerin zahlte entsprechend § 3 der Dienstleistungsvereinbarung vom 30.01.2009 als Vergütung für die Entsendung des Geschäftsführers an ihre Muttergesellschaft eine Management Fee in Höhe eines pauschalen Betrages von 12.200 € pro Monat. Da die Höhe dieses Betrages nach dem bisherigen Lohn des bis dahin tätigen Geschäftsführers der Klägerin bemessen wurde, ist davon auszugehen, dass sich die Management-Fee sachlich auch in voller Höhe nur auf die Entlohnung des Geschäftsführers bezog und nicht etwa damit der Klägerin auch etwaige andere Gemeinkosten der Muttergesellschaft für deren Verwaltung weiterbelastet wurden. Soweit die Muttergesellschaft trotz der Berechnung einer Management-Fee gegenüber der Klägerin für die (zusätzliche) Übernahme der Geschäftsführertätigkeit durch Herrn D keinen Anlass gesehen haben mag, auch die Lohnbezüge von Herrn D entsprechend zu erhöhen, lässt der Umstand, dass Herr D seit dem Jahr 2004, lange vor der Eintragung als Geschäftsführer der Klägerin und auch vor Erwerb der Klägerin selbst, den praktisch der Höhe nach unveränderten Lohn, weiter erhalten haben mag, aber den allein erheblichen Umstand unberührt, dass die Klägerin im Streitfall durch Zahlung der vereinbarten Management-Fee an ihre Muttergesellschaft wirtschaftlich die Kosten der Entlohnung des ihr überlassenen Mitarbeiters getragen hat.
Nach Auffassung des erkennenden Senats war der überlassene Geschäftsführer im Streitfall auch in die Arbeitsorganisation der Klägerin als aufnehmendem Unternehmen eingebunden.
aa.) Zwar mag - entsprechend der Ansicht der Klägerseite - gegen eine entsprechende Eingliederung des Herrn D in die Organisation der Klägerin für sich genommen der Umstand sprechen, dass er auf gesellschaftsrechtlicher Ebene nicht den Weisungen der Klägerin unterworfen, sondern im Gegenteil als CEO der A Gruppe der Klägerin gegenüber weisungsbefugt war. Auf diesen Umstand stellt in dem Streitfall vergleichbaren Fällen auch teilweise die finanzgerichtliche Rechtsprechung ab (vgl. z.B. FG Düsseldorf, Urteile vom 14.03.2001 17/ K 2973/97 H (L), EFG 2001, 754; vom 19.01.1995 14 K 506/90 H (L), EFG 1995, 530; vom 30.10.1997 17 K 245/92 H (L), DStRE 1999, 107, bestätigt durch BFH-Urteil vom 24.03.1999 I R 64/98, BFHE 190, 74, BStBl II 2000, 41; FG Nürnberg, Urteile vom 06.06.2000 I 280/97, EFG 2000, 939, bestätigt durch BFH-Urteil vom 19.02.2004 VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, Tz. 18; vom 25.01.2001 VII 45/97, juris, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 17.05.2004 VI B 65/01, juris; vgl. auch Da., IStR 1994, 496 BFH-Urteil vom 19.02.2004 VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, Tz. 18). Für diese isolierte Wertung mag zwar der Umstand sprechen, dass der Geschäftsführer einer GmbH deren Unternehmen nach den Vorgaben der Gesellschafter (vgl. § 37 Abs. 1 GmbH-Gesetz) leitet. Diesen ist er weisungsunterworfen, nicht aber der GmbH als solcher, deren geschäftlichen Betätigungswillen er gerade bilden soll. Bei der im Streitfall gegebenen Drittanstellung bleibt es auch bei der bloßen Bestellung der von der Muttergesellschaft zu der Klägerin entsandten Person als Geschäftsführer, ohne dass es zum Abschluss auch eines Anstellungsvertrags zwischen der Klägerin und der als Geschäftsführer tätigen Person kommt.
bb.) Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt das zusätzliche Erfordernis der Weisungsgebundenheit jedoch nur für andere Arbeitnehmer als den Geschäftsführer. Denn dieser ist - wenn auch nicht weisungsunterworfen - stets in die Hierarchie eingebunden, weil er an der Spitze der Hierarchie steht (vgl. insoweit auch: Wassermeyer/Schwenke, DBA, MA Art. 15 Rz. 67). Für diese Meinung des erkennenden Senats sprechen insbesondere die Ausführungen des BFH zur vergleichbaren Regelung des Art. 15 Abs. 2 Buchstabe b DBA-Spanien im Beschluss vom 27.04.2000 (I B 114/99, BFH/NV 2001, 6, Tz. 23), wo es wörtlich heißt: „Als Mitglied der Geschäftsleitung war der Antragsteller aber aus abkommensrechtlicher Sicht auch dann Arbeitnehmer der T, wenn er faktisch - in seiner Eigenschaft als "Abgesandter" der A - allen übrigen Organen der T Weisungen erteilen konnte. Die Rechtslage ist insoweit nicht anders zu beurteilen als in dem Fall, in dem der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft zugleich deren Geschäftsführer ist: Auch dort ist ungeachtet dessen, dass der Gesellschafter als solcher die Gesellschaft beherrscht, die Gesellschaft seine "Arbeitgeberin" i.S. des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien.“ Entscheidend ist danach nicht die gesellschaftsrechtliche Ebene, sondern vielmehr, dass der Arbeitnehmer als Organ der Tochtergesellschaft in deren laufende Geschäftsführung eingebunden ist. Eine stärkere Form der Einbindung als die Übernahme der Geschäftsführung ist kaum vorstellbar.
cc.) Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze auf den Streitfall war der Geschäftsführer D auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der im Streitfall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen in die Hierarchie der Klägerin eingegliedert: Der Geschäftsführer D war die an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende zentrale, leitende und steuernde Figur im klägerischen Unternehmen, der gegenüber den übrigen Arbeitnehmern weisungsbefugt war. In § 5 der Dienstleistungsvereinbarung vom 30.01.2009 war ferner geregelt, dass hiermit keine Dienstleistungspflicht seitens der Auftragnehmerin (Muttergesellschaft) begründet werde. Unter Berücksichtigung dieser Vereinbarung sollte also eine eigenständige Einordnung des Geschäftsführers D in das aufnehmende klägerische Unternehmen erfolgen, die unabhängig von seiner bisherigen Stellung als Geschäftsführer im Mutterunternehmen war. Insoweit war Herr D im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin gerade kein Vertreter der Muttergesellschaft, sondern Teil der Hierarchie bei der Klägerin. Da Herr D im Streitfall in die Hierarchie des aufnehmenden klägerischen Unternehmens eingebunden war, wurde er nicht ausschließlich als Vertreter der schweizerischen Muttergesellschaft in der Tochtergesellschaft tätig. Insoweit greifen das BFH-Urteil vom 23.02.2005 (I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, Rz. 22) sowie die entsprechende Verwaltungsanweisung in Tz. 105 des BMF-Schreibens vom 12.11.2014 (VV DEU BMF 2014-11-12 IV B 2-S 1300/08/10027, BStBl I 2014, 1467) im Streitfall nicht ein.
3. Die Klägerin war als wirtschaftliche Arbeitgeberin im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz ihres Geschäftsführers auch entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Absatz 3 EStG verpflichtet, Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.
a.) Zwar wird in der Finanzrechtsprechung (vgl. z.B. FG Düsseldorf, Urteile vom 14.03.2001 17/ K 2973/97 H (L), EFG 2001, 754; vom 19.01.1995 14 K 506/90 H (L), EFG 1995, 530; vom 30.10.1997 17 K 245/92 H (L), DStRE 1999, 107, bestätigt durch BFH-Urteil vom 24.03.1999 I R 64/98, BFHE 190, 74, BStBl II 2000, 41; FG Nürnberg, Urteile vom 06.06.2000 I 280/97, EFG 2000, 939, bestätigt durch BFH-Urteil vom 19.02.2004 VI R 122/00, BStBl II 2004, 620; sowie vom 25.01.2001 VII 45/97, juris, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 17.05.2004 VI B 65/01. juris, vgl. auch Hoffmann, IStR 1994, 594) die Auffassung vertreten, aus Vorschriften der Doppelbesteuerungsabkommen, im Streitfall Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz, ergebe sich keine Rechtsgrundlage zur Begründung steuerlicher Pflichten, wie der Verpflichtung zum Einbehalt und Abführung von Lohnsteuer. So hat etwa FG Nürnberg unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 24.03.1999 (I R 64/98, BFHE 190, 74, BStBl II 2000, 41) mit Urteil vom 25.01.2001 (VII 45/97, juris, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 17.05.2004 VI B 65/01, juris) zu einem dem vorliegenden Streitfall entsprechenden Sachverhalt wie folgt entschieden: In Fällen, in denen eine ausländische Muttergesellschaft einer inländischen Tochtergesellschaft Arbeitnehmer überlasse, wobei Arbeitsverträge nur zwischen der Muttergesellschaft und den Arbeitnehmern bestünden und diese deshalb von dort ihren Lohn erhielten, sei die inländische Tochtergesellschaft auch dann nicht Arbeitgeberin i.S.d. Lohnsteuerrechts, wenn die auf die inländische Tätigkeit der Arbeitnehmer entfallenden Aufwendungen - wie im vorliegenden Streitfall - der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft in Rechnung gestellt, d.h. wirtschaftlich letztlich von der inländischen Gesellschaft getragen würden. Dieser Umstand könne zwar dazu führen, dass die inländische Tochtergesellschaft - wie vorliegend - „wirtschaftliche Arbeitgeberin" i.S.d. Abkommensrechts werde. Dieser Abkommensbegriff sei indessen für den lohnsteuerrechtlichen Arbeitgeber-Begriff - z.B. i.S.d. § 42d Abs. 1 EStG - ohne Bedeutung. Diese Grundsätze gälten auch dann, wenn der überlassene Arbeitnehmer - wie im vorliegenden Streitfall - als Geschäftsführer einer GmbH und damit als deren Organ tätig werde. Aus dieser Stellung allein ergebe sich jedenfalls die Arbeitgeber-Eigenschaft der GmbH nicht, zumal der Arbeitnehmer letztlich ausschließlich von der Alleingesellschafterin der GmbH abhängig sei, mit der er allein einen Arbeitsvertrag habe (vgl. auch FG Nürnberg, Urteil vom 06.06.2000 I 280/97, EFG 2000, 939, bestätigt durch BFH-Urteil vom 19.02.2004 VI R 122/00, BStBl II 2004, 620).
b.) Nach Auffassung des erkennenden Senats war die Klägerin im Streitfall aber als wirtschaftliche Arbeitgeberin im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz ihres Geschäftsführers auch entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Absatz 3 EStG verpflichtet, Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Dieser rechtlichen Wertung liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Aus der Regelung des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei grenzüberschreitender Arbeitnehmer-Entsendung ins Inland eine Lücke beim Lohnsteuerabzug schließen wollte (vgl. BT-Drs. 15/1798, Seite 3), indem er den abkommensrechtlichen wirtschaftlichen Arbeitgeber-Begriff zugrunde gelegt hat (vgl. auch Krüger, in Schmidt, EStG-Kommentar, 38. Aufl. 2019, § 38, Rz. 3; Thürmer in , Blümich, EStG-Kommentar § 38 EStG Rz. 77; Pflüger in , H/H/R, EStG-Kommentar, § 38, Anm 37; Hilbert/Straub, DStR 2013, 2433). Werden von ausländischen Unternehmen Arbeitnehmer ins Inland entsendet, gilt das im Inland ansässige, die Arbeitnehmer aufnehmende Unternehmen als inländischer Arbeitgeber, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Dabei kommt es nach § 38 Abs. 1 Satz 2 zweiter HS EStG abweichend vom zivilrechtlichen Arbeitgeber-Begriff nicht darauf an, dass das inländische dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn in eigenem Namen und für eigene Rechnung zahlt. Als Folge der vom Gesetzgeber mit Einführung des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG vollzogenen Annäherungen des lohnsteuerrechtlichen Arbeitgeberbegriffes an die abkommensrechtliche Rechtslage gilt nach Auffassung des erkennenden Senats ein inländisches Unternehmen, das wie die Klägerin aufgrund der Spezialregelung des Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz im Streitfall als wirtschaftliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers anzusehen ist, somit ebenfalls als inländischer Arbeitgeber im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, der nach § 38 Absatz 3 EStG verpflichtet war, Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. 4. Der angefochtene Haftungsbescheid lässt auch im Übrigen keine Rechtsfehler erkennen: Nach § 42d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG haftet die Klägerin als wirtschaftliche Arbeitgeberin für die Lohnsteuer des Steuerschuldners.
Haftungsgegenstand ist die einzubehaltende (=richtige) Lohnsteuer des Arbeitnehmers. Bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern tritt an die Stelle der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale nach § 39e EStG die Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamts gemäß § 39 Abs. 3 EStG (vgl. Wagner in Blümich, EStG, § 42d, Rn. 50). Die Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 EStG ist antragsgebunden und liegt nicht vor. Aufgrund der fehlenden Bescheinigung ist nach § 39c Abs. 1 Satz1 EStG der Arbeitgeber für die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI in Haftung zu nehmen.
Der Haftungsumfang ist auf die Jahreslohnsteuerschuld begrenzt (vgl. Hartz, Meeßen, Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Haftung für Lohnsteuer, Rz. 20). Hierbei sind die monatlichen Aufwendungen der Klägerin in Höhe von 12.200 € zugrunde zu legen. Für das Kalenderjahr 2012 ist der steuerpflichtige anteilige Beitrag der Klägerin für die Gruppenunfallversicherung bei der Gothaer Allgemeinen Versicherungs AG für Herrn D in Höhe von 161,34 € ebenfalls Bruttoarbeitslohn.
Die Lohnsteuerschuld bestimmt regelmäßig den Umfang der Haftungsschuld des Arbeitgebers. Sie ist nicht identisch mit der tatsächlichen Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers (vgl. Wagner in Blümich, EStG, § 42d, Rn. 35).
Da nach § 42d Abs. 3 Satz1 EStG Arbeitnehmer und Arbeitgeber Gesamtschuldner der Lohnsteuer sind, ist nach Satz 2 hinsichtlich des Haftungsschuldners ein Auswahl- und Entschließungsermessen beachtlich. Der Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 06.04.2016 enthält unter 1.1 Ausführungen hinsichtlich der Ermessensentscheidung, die sich der Beklagte im Rahmen seiner Einspruchsentscheidung im Rahmen einer nochmaligen Ermessensprüfung zu Eigen gemacht hat. Ermessensfehler sind insoweit weder gerügt noch erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 FGO) zugelassen. Die hier entscheidenden Rechtsfragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt.