08.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218201
Bundessozialgericht: Urteil vom 06.10.2020 – B 2 U 13/19 R
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bundessozialgericht
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Die im November 1998 geborene Klägerin begann nach Abschluss der Realschule ein FSJ in einem Alten- und Pflegeheim. Die FSJ-Vereinbarung sah die Teilnahme an einem einwöchigen Einführungsseminar vor, das im September 2015 in einer ländlich abgeschiedenen Bildungs- und Ferienstätte täglich in der Zeit von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr stattfand. Die anschließende Freizeit stand den Seminarteilnehmern zur freien Verfügung, wobei am Abend auf freiwilliger Basis Freizeitaktivitäten angeboten wurden. Für das Verlassen des Geländes mussten sich die Teilnehmer in Gruppen von mindestens drei Personen zusammenschließen und bis 22.00 Uhr zurückkehren. Am 8.9.2015 entdeckte die zu diesem Zeitpunkt noch 16jährige Klägerin gemeinsam mit weiteren Seminarteilnehmern auf dem Gelände des Freizeitheims ein Hüpfkissen in einer Größe von 11,2 x 9 m. Die Gruppe begann darauf zu hüpfen und beschloss, dass sich die Klägerin in die eine Hälfte des Hüpfkissens setzt, während acht weitere Seminarteilnehmer gleichzeitig auf die andere Hälfte springen, um die Klägerin in die Luft zu katapultieren. Die Klägerin wurde wie geplant in die Luft geschleudert, landete dann aber auf der aus einem Sand-Kies-Gemisch bestehenden Umrandung des Hüpfkissens. Hierdurch erlitt sie ua Deckplattenbrüche verschiedener Wirbelkörper. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 14.3.2016; Widerspruchsbescheid vom 27.6.2016). Das SG hat festgestellt, dass das Ereignis ein Arbeitsunfall gewesen sei (Urteil vom 17.1.2017).
Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.9.2019). Die Klägerin sei zwar als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII Versicherte gewesen. Die zum Unfall führende Verrichtung auf dem Hüpfkissen habe jedoch in keinem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung gestanden. Das Spielen auf dem Hüpfkissen nach dem Ende der verpflichtenden Seminarveranstaltungen sei private Freizeitgestaltung gewesen. Freizeitaktivitäten gehörten nicht zu den verpflichtenden Seminarinhalten des FSJ. Die Benutzung des Hüpfkissens könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt spielerischen Verhaltens Minderjähriger als vom Unfallversicherungsschutz umfasste Verrichtung angesehen werden. Im Gegensatz zur Schulausbildung läge der Ableistung des FSJ kein umfassender Bildungsauftrag einschließlich der Förderung und Entwicklung des sozialen Gruppenverhaltens zugrunde. Auch könnten die Aktivitäten auf dem Hüpfkissen nicht als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angesehen werden, da sie nicht "im Einvernehmen" mit der Seminarleitung, sondern eigeninitiativ erfolgt seien. Schließlich habe sich die Klägerin der Verletzungsgefahr durch die Nutzung des Hüpfkissens als Katapult freiwillig und aufgrund eigenen Entschlusses ausgesetzt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Bei der Teilnahme an Seminaren im Rahmen des FSJ müsse ein umfassender Versicherungsschutz gewährleistet werden.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
Entscheidungsgründe
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (stRspr, zuletzt BSG Urteile vom 26.11.2019 - B 2 U 24/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 52; vom 5.7.2016 - B 2 U 5/15 R - BSGE 122, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr 35, RdNr 13 und vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 9; jeweils mit zahlreichen weiteren Verweisen).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Unfall sowie dadurch einen Gesundheitsschaden erlitten (dazu unter 1.). Sie war als Beschäftigte (§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (dazu unter 2.). Die konkrete unfallbringende Verrichtung des Spielens auf dem Hüpfkissen ist dieser versicherten Tätigkeit zuzurechnen (dazu unter 3.) und hat den Unfall rechtlich wesentlich verursacht (dazu unter 4.).
1. Die Klägerin erlitt am Abend des 8.9.2015 einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. An diesem Tag kam es nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auf dem Gelände der Bildungs- und Ferienstätte zu einer zeitlich begrenzten von außen kommenden Einwirkung auf den Körper der Klägerin, als sie mit dem Rücken auf das Sand-Kies-Gemisch neben dem Hüpfkissen aufschlug. Dieses Unfallereignis bewirkte unmittelbar Gesundheitsschäden: Deckenplatteneinbrüche verschiedener Wirbelkörper der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie eine Impressionsfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers.
2. Die Klägerin gehörte im Zeitpunkt des Unfalls zum versicherten Personenkreis der Beschäftigten iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Hierfür gilt über § 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV die Legaldefinition der Beschäftigung nach § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein ("insbesondere"), wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingegliedert und dem Weisungsrecht eines Unternehmers vor allem in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung untergeordnet hat (vgl BSG Urteile vom 20.8.2019 - B 2 U 1/18 R - BSGE 129, 44 = SozR 4-2700 § 2 Nr 51, RdNr 11; vom 6.9.2018 - B U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff).
Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47; Urteil vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 16; Urteil vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14). Zwischen dem Träger und der Klägerin bestand kein Arbeitsverhältnis (dazu unter a), gleichwohl verrichtete die Klägerin im Rahmen ihres FSJ nichtselbstständige Arbeit (dazu unter b).
a) Die Klägerin als Freiwillige im FSJ stand zum Träger in keinem Arbeitsverhältnis, sondern in einem Rechtsverhältnis sui generis. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, die Freiwilligen im FSJ den Arbeitnehmern oder Auszubildenden generell gleichzustellen. Dies ergibt sich aus § 13 des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten in der Fassung vom 16.5.2008 (Jugendfreiwilligendienstegesetz - BGBl I 2008, 842 - im Folgenden: JFDG). Danach sind auf eine Tätigkeit im Rahmen eines Jugendfreiwilligendienstes die Arbeitsschutzbestimmungen und das Bundesurlaubsgesetz nur entsprechend anzuwenden. Diese Verweisung wäre nicht erforderlich, wenn die Vereinbarung zwischen den Freiwilligen und dem jeweiligen Träger ein Arbeitsverhältnis wäre (vgl zum Ganzen BAG Beschluss vom 12.2.1992 - 7 ABR 42/91 - juris RdNr 15).
b) Die Klägerin verrichtete im Rahmen des FSJ nach Abwägung aller in diesem Einzelfall in Betracht zu ziehenden Umstände auch ohne Arbeitsverhältnis ieS nichtselbstständige Arbeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau aller als Indizien in Betracht kommenden Umstände, bei der die für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gründe abzuwägen sind (BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 16). Durch ihre unterstützenden Hilfstätigkeiten in einer Alten- und Pflegeeinrichtung hat die Klägerin jedenfalls eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet (zur Definition der Arbeit vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 12). Diese Tätigkeit war auch unselbstständig, da die Klägerin bei der Verrichtung ihrer praktischen Hilfstätigkeiten in die Einrichtung eingegliedert war und sich dem Weisungsrecht des Trägers bzw der in der Einsatzstelle tätigen Fachkräfte untergeordnet hat. Dies ergibt sich schon aus der am 3.9.2015 zwischen der Klägerin und dem Träger geschlossenen Vereinbarung. Nach den bindenden und nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Klägerin nach Ziffer 3 dieser Vereinbarung verpflichtet, die ihr übertragenen Aufgaben in dem Alten- und Pflegeheim unter Anleitung einer Fachkraft nach Wissen und Können auszuführen (Ziffer 3.1). Hierbei hatte sie den Anweisungen des Fachpersonals Folge zu leisten (Ziffer 3.5). Zudem werden nach § 3 Abs 1 Satz 1 JFDG im FSJ ganztägig überwiegend "praktische Hilfstätigkeiten" geleistet. Der Begriff der "Hilfstätigkeit" impliziert, dass es sich hierbei um Tätigkeiten handelt, die nach Weisung im Hinblick auf Zeit, Dauer, Art und Ort ausgeführt werden und eine Eingliederung in die Einrichtung erfordern. Die Eingliederung der Klägerin in die Einrichtung als fremdes Unternehmen wird auch durch die Verpflichtung der Klägerin verdeutlicht, die Dienst- und Hausordnung sowie die betriebliche Kleiderordnung zu wahren (Ziffer 3.5 der FSJ-Vereinbarung). Anhaltspunkte für eine abweichende Handhabung und damit mögliche abweichende Regelungen sind nicht ersichtlich. Schließlich ist nach § 2 Abs 1 Nr 1 JFDG kennzeichnend für Tätigkeiten im Rahmen des Jugendfreiwilligendienstes, dass diese vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung sind. Auch setzen die Regelungen des § 10 Abs 1 SGB IV und § 20 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB IV begrifflich voraus, dass die Tätigkeit im FSJ als Beschäftigung anzusehen ist. So bestimmt § 10 Abs 1 SGB IV den Ort der Beschäftigung für Personen, die ein FSJ ableisten und § 20 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB IV trifft ausdrücklich für Versicherte im FSJ eine abweichende Regelung von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte bezüglich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl BSG Urteil vom 23.2.2017 - B 11 AL 1/16 R - BSGE 122, 271 = SozR 4-4300 § 131 Nr 8, RdNr 18, 19). Der Annahme einer Beschäftigung im FSJ steht auch nicht die geringe Höhe der Gegenleistungen sowie die Bezeichnung als Verpflegungskostenzuschuss bzw Taschengeld entgegen. Die Zahlung eines Arbeitsentgelts für die erbrachte Arbeitsleistung ist keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer Beschäftigung. Vielmehr setzt ein Arbeitsentgelt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht (BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 13 und vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 22 mwN).
Andere Versicherungstatbestände nach § 2 Abs 1 SGB VII liegen nicht vor bzw. kommen nicht in Betracht. Die Klägerin gehörte nicht zum versicherten Personenkreis nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VII, denn sie war nicht unentgeltlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig. Unentgeltlich ist eine Tätigkeit, die ohne eine echte Gegenleistung erbracht wird (BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 2 juris RdNr 16; zur Unschädlichkeit von Aufwandsentschädigung und Auslagenersatz vgl BSG Urteil vom 18.12.1974 - 2/8 RU 34/73 - BSGE 39, 24 = SozR 2200 § 539 Nr 4, SozR 2200 § 1510 Nr 1= juris RdNr 29; Urteil vom 19.8.1975 - 8 RU 234/74 - BSGE 40, 139 = SozR 2200 § 539 Nr 10 = juris RdNr 12), was hier nicht der Fall war. Die Frage, ob die Klägerin zugleich dem versicherten Personenkreis der Lernenden iS des § 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII angehörte, bedarf keiner Entscheidung, denn die Versicherung als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII geht gemäß § 135 Abs 1 Nr 1 SGB VII einer Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII vor. Dahinstehen kann ebenso, ob neben § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII noch Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Buchst a SGB VII in Betracht kommt, weil auch hier die Beschäftigtenversicherung vorgeht (§ 135 Abs 5 Buchst a SGB VII).
3. Die unfallbringende Verrichtung der Klägerin - das Springen auf dem Hüpfkissen - stand in einem inneren Zusammenhang mit dieser grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Beschäftigte (soeben unter 2.). Eine Verrichtung ist nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert, wenn der Verletzte sie zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII; vgl BSG Urteil vom 19.6.2018 - B 2 U 32/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 43 RdNr 15). Eine im Rahmen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit liegt vor, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 21; Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 15/15 R - NJW 2017, 2858 RdNr 15; Urteil vom 5.7.2016 - B 2 U 19/14 R - BSGE 121, 297 = SozR 4-2700 § 2 Nr 36 RdNr 12; und grundlegend Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff). Vorliegend gehörte die Benutzung des Hüpfkissens weder objektiv zu einer nach der FSJ-Vereinbarung bestehenden Haupt- oder Nebenpflicht der Klägerin, noch konnte sie subjektiv davon ausgehen, eine solche Pflicht aus dieser Vereinbarung zu erfüllen.
Die Benutzung des Hüpfkissens ist hier gleichwohl als versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII anzusehen, weil der Träger des FSJ eine erhöhte spezifische (Betriebs-)Gefahr aufgrund der besonderen Situation der Seminarstätte sowie der mit dem Spielgerät "Hüpfburg" verbundenen Verletzungsgefahr unter Berücksichtigung des Spieltriebs Jugendlicher geschaffen hat.
Der Träger des FSJ hat eine erhöhte spezifische Gefahr für die ungehemmte Entfaltung jugendlicher leichtsinniger Spielereien und gruppendynamischer Prozesse einschließlich des damit verbundenen Verletzungspotenzials durch Abhaltung eines einwöchigen Seminars für Jugendliche an einem fremden, abgelegenen Ort mit einem unfallträchtigen Sportgerät ohne entsprechende Aufsicht geschaffen. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats galten für den Versicherungsschutz jugendlicher Arbeitnehmer bei durch spielerisches Verhalten auf der Betriebsstätte verursachten Unfällen besondere Maßstäbe. Ein sachlicher Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit wurde bejaht, wenn der Jugendliche durch die Gestaltung der Betriebsverhältnisse in die Lage versetzt wurde, sich durch leichtsinnige Spielereien und gruppendynamische Prozesse besonderen Gefahren auszusetzen (vgl BSG Urteile vom 30.9.1970 - 2 RU 150/68 - juris RdNr 15; vom 25.1.1977 - 2 RU 23/76 - BSGE 43, 113 = SozR 2200 § 550 Nr 26 = juris RdNr 18; vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17; vom 5.10.1995 - 2 RU 44/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr 34 = SozR 3-2200 § 548 Nr 24 = juris RdNr 16 und vom 7.11.2000 - B 2 U 40/99 R - juris RdNr 17).
Dem liegt die allgemeine Erfahrung zugrunde, dass junge Menschen einem natürlichen Spieltrieb unterliegen (vgl BSG Urteile vom 25.1.1977 - 2 RU 23/76 - BSGE 43, 113 = SozR 2200 § 550 Nr 26 = juris RdNr 18; vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17; vom 25.3.1964 - 2 RU 242/61 - SozR Nr 68 zu § 542 aF RVO = juris RdNr 20 und vom 7.11.2000 - B 2 U 40/99 R - juris RdNr 17). Maßgebend sind die besonderen Umstände des Einzelfalls (BSG Urteile vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17 und vom 25.3.1964 - 2 RU 242/61 - SozR Nr 68 zu § 542 aF RVO = juris RdNr 21). In diesen Ausnahmefällen ist Anknüpfungspunkt der Wertung nicht der finale (unternehmensdienliche) Zweck der Verrichtung, wie dies bei Beschäftigten sonst der Fall ist, sondern der kausale (unternehmensbedingte) Ursprung der zum Schaden führenden Handlung, weil aufgrund der oben genannten Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen das alleinige Abstellen auf finale Kriterien wie die Handlungstendenz untauglich ist.
Ausgehend von diesen Besonderheiten des Unfallversicherungsschutzes bei Jugendlichen ist bei Geschäfts- bzw Seminarreisen von jugendlichen Arbeitnehmern auch eine auf dem altersbedingten unbändigen Spieltrieb und gruppentypischen Verhalten beruhende Handlung, die zu einem Unfall führt, als eine den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII begründende Tätigkeit anzusehen, wenn die jugendlichen Arbeitnehmer durch die besonderen Umstände der Seminarreise in die Lage versetzt wurden, sich durch leichtsinnige Spielereien und gruppentypisches Verhalten besonderen Gefahren auszusetzen. Hier ist eine Gesamtschau aller Umstände der Geschäfts- bzw Seminarreise unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse der Unterkunft, der von ihr insbesondere für Jugendliche ausgehenden Gefahren, der konkreten gruppendynamischen Situation und des Alters der Beteiligten vorzunehmen. Dem liegt zugrunde, dass der Unternehmer durch die konkrete Gestaltung der Verhältnisse der Seminarreise wie zB die Wahl der Unterkunft, Zusammenstellung der Seminargruppe, Unterweisung der Seminarteilnehmer, Beaufsichtigung der Seminarteilnehmer spezifische Gefahren für das Ausleben des unbändigen Spieltriebs und gruppendynamischer Prozesse schaffen bzw minimieren kann (s zum Umfang des Versicherungsschutzes auf Geschäftsreisen von Erwachsenen: BSG Urteile vom 30.3.2017 - B 2 U 15/15 R - juris RdNr 15; vom 18.3.2008 - B 2 U 13/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 26 RdNr 14; vom 4.8.1992 - 2 RU 43/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 17; vom 30.5.1985 - 2 RU 9/84 - SozR 2200 § 539 Nr 110 S 306 sowie vom 13.2.1975 - 8 RU 86/74 - BSGE 39, 180, 181 = SozR 2200 § 548 Nr 7 S 15).
Unter Berücksichtigung dieser besonderen rechtlichen Vorgaben ist die Benutzung des Hüpfkissens hier noch als versicherte Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII anzusehen. Das Seminar wurde in einer für die Klägerin und die weiteren Teilnehmer fremden und abgelegenen Umgebung abgehalten. Den Seminarteilnehmern standen für ihre Freizeitgestaltung im Wesentlichen nur die von den Betreuern durchgeführten Aktivitäten sowie die Angebote der Einrichtung zur Verfügung. Hierdurch war es den Seminarteilnehmern nicht möglich, an ihren üblichen Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Zwar war es ihnen grundsätzlich erlaubt, nach der Seminarzeit das Gelände der Ferien- und Bildungsstätte in kleinen Gruppen zu verlassen, jedoch liegt die Ferien- und Bildungsstätte abgelegen und fern sonstiger urbaner Freizeitmöglichkeiten. Dies führt dazu, dass den Seminarteilnehmern für ihre Freizeitgestaltung im Wesentlichen nur die von den Betreuern durchgeführten Aktivitäten sowie die Angebote der Einrichtung zur Verfügung standen. Hierzu gehörte auch das Hüpfkissen als unfallträchtiges Sportgerät, welches schon aufgrund seiner Beschaffenheit Jugendliche mit ihrem alterstypischen Übermut und Bewegungsdrang zu leichtsinnigen Spielereien mit den entsprechenden Verletzungsgefahren anregt und aufgrund seiner Beschaffenheit erhebliche Verletzungsgefahren in sich birgt. Trotz dieser Gefahrenquelle wurden die Jugendlichen, wenn sie nicht an den organisierten Abendveranstaltungen teilnahmen, sich selbst überlassen.
Der Zurechnung des unfallbringenden Verhaltens zur versicherten Tätigkeit steht nicht entgegen, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt bereits fast 17 Jahre alt war. Eine schematische Altersgrenze, ab der gruppendynamische Prozesse und unbändiger Spieltrieb nicht mehr zu berücksichtigen wären, kann nicht angenommen werden (vgl BSG Urteile vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17; vom 25.3.1964 - 2 RU 242/61 - SozR Nr 68 zu § 542 aF RVO = juris RdNr 21; vom 7.11.2000 - B 2 U 40/99 R - juris RdNr 17 und vom 26.10.2004 - B 2 U 41/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 7 RdNr 17). Zwar dürfte der Spieltrieb mit fortschreitendem Alter abnehmen, jedoch kann dieser gerade in Gruppen Gleichaltriger wieder aufleben und durch gruppendynamische Prozesse, wie sich gegenseitig "anfeuern" oder "hochschaukeln", verstärkt werden. Gerade in solchen Situationen besteht die Gefahr, dass Jugendliche von übermütigen Ideen mitgerissen werden und sich unter dem Eindruck der Gruppendynamik erheblichen Gefahren für die körperliche Unversehrtheit aussetzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Zusammenstellung der Seminargruppe, die für das Einführungsseminar zur Ableistung des FSJ in der Regel aus Jugendlichen besteht, die sich untereinander nicht kennen, aber für die gemeinsame Freizeitgestaltung während der Seminarreise in einem abgelegenen Gebiet aufeinander angewiesen sind. Nach den bindenden Feststellungen des LSG erfolgte der unfallbringende Katapultsprung schließlich aufgrund altersbedingter Gegebenheiten wie Übermut, Spieltrieb, Gruppendynamik und Fehleinschätzung der Gefahrenlage.
Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht, weil es sich bei der Benutzung des Hüpfkissens als Katapult um unvernünftiges Verhalten mit vorhersehbarer Verletzungsgefahr handelte. Das Verhalten der Klägerin hielt sich angesichts ihres Alters noch im Rahmen dessen, was nach den Umständen nicht als völlig unverständlich oder vernunftwidrig zu erachten ist, mag es vielleicht auch unbesonnen oder leichtsinnig gewesen sein (vgl zum Ausschluss des Versicherungsschutzes bei unvernünftigen Verhalten BSG Urteil vom 20.5.1976 - 8 RU 98/75 - BSGE 42, 42 = SozR 2200 § 550 Nr 14 RdNr 24). Der Senat hat zudem klargestellt, dass ein Rechtssatz, nach dem der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, nicht existiert ("Selbstgeschaffene Gefahr": BSG Urteil vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 22).
4. Das versicherte Springen auf dem Hüpfkissen hat den Unfall und dieser die Gesundheitsschäden jeweils rechtlich wesentlich verursacht, weshalb die Klägerin auch gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII infolge einer versicherten Tätigkeit verunglückt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Urteil vom 06.10.2020
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. September 2019 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 17. Januar 2017 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin während eines Seminaraufenthalts im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) einen Arbeitsunfall erlitten hat, als sie sich beim Spielen auf einem Hüpfkissen verletzte.
Die im November 1998 geborene Klägerin begann nach Abschluss der Realschule ein FSJ in einem Alten- und Pflegeheim. Die FSJ-Vereinbarung sah die Teilnahme an einem einwöchigen Einführungsseminar vor, das im September 2015 in einer ländlich abgeschiedenen Bildungs- und Ferienstätte täglich in der Zeit von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr stattfand. Die anschließende Freizeit stand den Seminarteilnehmern zur freien Verfügung, wobei am Abend auf freiwilliger Basis Freizeitaktivitäten angeboten wurden. Für das Verlassen des Geländes mussten sich die Teilnehmer in Gruppen von mindestens drei Personen zusammenschließen und bis 22.00 Uhr zurückkehren. Am 8.9.2015 entdeckte die zu diesem Zeitpunkt noch 16jährige Klägerin gemeinsam mit weiteren Seminarteilnehmern auf dem Gelände des Freizeitheims ein Hüpfkissen in einer Größe von 11,2 x 9 m. Die Gruppe begann darauf zu hüpfen und beschloss, dass sich die Klägerin in die eine Hälfte des Hüpfkissens setzt, während acht weitere Seminarteilnehmer gleichzeitig auf die andere Hälfte springen, um die Klägerin in die Luft zu katapultieren. Die Klägerin wurde wie geplant in die Luft geschleudert, landete dann aber auf der aus einem Sand-Kies-Gemisch bestehenden Umrandung des Hüpfkissens. Hierdurch erlitt sie ua Deckplattenbrüche verschiedener Wirbelkörper. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 14.3.2016; Widerspruchsbescheid vom 27.6.2016). Das SG hat festgestellt, dass das Ereignis ein Arbeitsunfall gewesen sei (Urteil vom 17.1.2017).
Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.9.2019). Die Klägerin sei zwar als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII Versicherte gewesen. Die zum Unfall führende Verrichtung auf dem Hüpfkissen habe jedoch in keinem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung gestanden. Das Spielen auf dem Hüpfkissen nach dem Ende der verpflichtenden Seminarveranstaltungen sei private Freizeitgestaltung gewesen. Freizeitaktivitäten gehörten nicht zu den verpflichtenden Seminarinhalten des FSJ. Die Benutzung des Hüpfkissens könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt spielerischen Verhaltens Minderjähriger als vom Unfallversicherungsschutz umfasste Verrichtung angesehen werden. Im Gegensatz zur Schulausbildung läge der Ableistung des FSJ kein umfassender Bildungsauftrag einschließlich der Förderung und Entwicklung des sozialen Gruppenverhaltens zugrunde. Auch könnten die Aktivitäten auf dem Hüpfkissen nicht als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angesehen werden, da sie nicht "im Einvernehmen" mit der Seminarleitung, sondern eigeninitiativ erfolgt seien. Schließlich habe sich die Klägerin der Verletzungsgefahr durch die Nutzung des Hüpfkissens als Katapult freiwillig und aufgrund eigenen Entschlusses ausgesetzt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Bei der Teilnahme an Seminaren im Rahmen des FSJ müsse ein umfassender Versicherungsschutz gewährleistet werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. September 2019 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 17. Januar 2017 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des LSG war aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das zusprechende Urteil des SG zurückzuweisen. Die zulässigerweise erhobene, kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG) ist begründet. Denn der Bescheid vom 14.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.6.2016 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf gerichtliche Feststellung, dass ihr Sturz auf die Umrandung des Hüpfkissens in der Bildungsstätte am 8.9.2015 ein versicherter Arbeitsunfall iS des § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII war.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (stRspr, zuletzt BSG Urteile vom 26.11.2019 - B 2 U 24/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 52; vom 5.7.2016 - B 2 U 5/15 R - BSGE 122, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr 35, RdNr 13 und vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 9; jeweils mit zahlreichen weiteren Verweisen).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Unfall sowie dadurch einen Gesundheitsschaden erlitten (dazu unter 1.). Sie war als Beschäftigte (§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (dazu unter 2.). Die konkrete unfallbringende Verrichtung des Spielens auf dem Hüpfkissen ist dieser versicherten Tätigkeit zuzurechnen (dazu unter 3.) und hat den Unfall rechtlich wesentlich verursacht (dazu unter 4.).
1. Die Klägerin erlitt am Abend des 8.9.2015 einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. An diesem Tag kam es nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auf dem Gelände der Bildungs- und Ferienstätte zu einer zeitlich begrenzten von außen kommenden Einwirkung auf den Körper der Klägerin, als sie mit dem Rücken auf das Sand-Kies-Gemisch neben dem Hüpfkissen aufschlug. Dieses Unfallereignis bewirkte unmittelbar Gesundheitsschäden: Deckenplatteneinbrüche verschiedener Wirbelkörper der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie eine Impressionsfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers.
2. Die Klägerin gehörte im Zeitpunkt des Unfalls zum versicherten Personenkreis der Beschäftigten iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Hierfür gilt über § 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV die Legaldefinition der Beschäftigung nach § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein ("insbesondere"), wenn der Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingegliedert und dem Weisungsrecht eines Unternehmers vor allem in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung untergeordnet hat (vgl BSG Urteile vom 20.8.2019 - B 2 U 1/18 R - BSGE 129, 44 = SozR 4-2700 § 2 Nr 51, RdNr 11; vom 6.9.2018 - B U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 und vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff).
Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47; Urteil vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 16; Urteil vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14). Zwischen dem Träger und der Klägerin bestand kein Arbeitsverhältnis (dazu unter a), gleichwohl verrichtete die Klägerin im Rahmen ihres FSJ nichtselbstständige Arbeit (dazu unter b).
a) Die Klägerin als Freiwillige im FSJ stand zum Träger in keinem Arbeitsverhältnis, sondern in einem Rechtsverhältnis sui generis. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, die Freiwilligen im FSJ den Arbeitnehmern oder Auszubildenden generell gleichzustellen. Dies ergibt sich aus § 13 des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten in der Fassung vom 16.5.2008 (Jugendfreiwilligendienstegesetz - BGBl I 2008, 842 - im Folgenden: JFDG). Danach sind auf eine Tätigkeit im Rahmen eines Jugendfreiwilligendienstes die Arbeitsschutzbestimmungen und das Bundesurlaubsgesetz nur entsprechend anzuwenden. Diese Verweisung wäre nicht erforderlich, wenn die Vereinbarung zwischen den Freiwilligen und dem jeweiligen Träger ein Arbeitsverhältnis wäre (vgl zum Ganzen BAG Beschluss vom 12.2.1992 - 7 ABR 42/91 - juris RdNr 15).
b) Die Klägerin verrichtete im Rahmen des FSJ nach Abwägung aller in diesem Einzelfall in Betracht zu ziehenden Umstände auch ohne Arbeitsverhältnis ieS nichtselbstständige Arbeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau aller als Indizien in Betracht kommenden Umstände, bei der die für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gründe abzuwägen sind (BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 16). Durch ihre unterstützenden Hilfstätigkeiten in einer Alten- und Pflegeeinrichtung hat die Klägerin jedenfalls eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet (zur Definition der Arbeit vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 12). Diese Tätigkeit war auch unselbstständig, da die Klägerin bei der Verrichtung ihrer praktischen Hilfstätigkeiten in die Einrichtung eingegliedert war und sich dem Weisungsrecht des Trägers bzw der in der Einsatzstelle tätigen Fachkräfte untergeordnet hat. Dies ergibt sich schon aus der am 3.9.2015 zwischen der Klägerin und dem Träger geschlossenen Vereinbarung. Nach den bindenden und nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Klägerin nach Ziffer 3 dieser Vereinbarung verpflichtet, die ihr übertragenen Aufgaben in dem Alten- und Pflegeheim unter Anleitung einer Fachkraft nach Wissen und Können auszuführen (Ziffer 3.1). Hierbei hatte sie den Anweisungen des Fachpersonals Folge zu leisten (Ziffer 3.5). Zudem werden nach § 3 Abs 1 Satz 1 JFDG im FSJ ganztägig überwiegend "praktische Hilfstätigkeiten" geleistet. Der Begriff der "Hilfstätigkeit" impliziert, dass es sich hierbei um Tätigkeiten handelt, die nach Weisung im Hinblick auf Zeit, Dauer, Art und Ort ausgeführt werden und eine Eingliederung in die Einrichtung erfordern. Die Eingliederung der Klägerin in die Einrichtung als fremdes Unternehmen wird auch durch die Verpflichtung der Klägerin verdeutlicht, die Dienst- und Hausordnung sowie die betriebliche Kleiderordnung zu wahren (Ziffer 3.5 der FSJ-Vereinbarung). Anhaltspunkte für eine abweichende Handhabung und damit mögliche abweichende Regelungen sind nicht ersichtlich. Schließlich ist nach § 2 Abs 1 Nr 1 JFDG kennzeichnend für Tätigkeiten im Rahmen des Jugendfreiwilligendienstes, dass diese vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung sind. Auch setzen die Regelungen des § 10 Abs 1 SGB IV und § 20 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB IV begrifflich voraus, dass die Tätigkeit im FSJ als Beschäftigung anzusehen ist. So bestimmt § 10 Abs 1 SGB IV den Ort der Beschäftigung für Personen, die ein FSJ ableisten und § 20 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB IV trifft ausdrücklich für Versicherte im FSJ eine abweichende Regelung von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte bezüglich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl BSG Urteil vom 23.2.2017 - B 11 AL 1/16 R - BSGE 122, 271 = SozR 4-4300 § 131 Nr 8, RdNr 18, 19). Der Annahme einer Beschäftigung im FSJ steht auch nicht die geringe Höhe der Gegenleistungen sowie die Bezeichnung als Verpflegungskostenzuschuss bzw Taschengeld entgegen. Die Zahlung eines Arbeitsentgelts für die erbrachte Arbeitsleistung ist keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer Beschäftigung. Vielmehr setzt ein Arbeitsentgelt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht (BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 13 und vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 22 mwN).
Andere Versicherungstatbestände nach § 2 Abs 1 SGB VII liegen nicht vor bzw. kommen nicht in Betracht. Die Klägerin gehörte nicht zum versicherten Personenkreis nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VII, denn sie war nicht unentgeltlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig. Unentgeltlich ist eine Tätigkeit, die ohne eine echte Gegenleistung erbracht wird (BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 2 juris RdNr 16; zur Unschädlichkeit von Aufwandsentschädigung und Auslagenersatz vgl BSG Urteil vom 18.12.1974 - 2/8 RU 34/73 - BSGE 39, 24 = SozR 2200 § 539 Nr 4, SozR 2200 § 1510 Nr 1= juris RdNr 29; Urteil vom 19.8.1975 - 8 RU 234/74 - BSGE 40, 139 = SozR 2200 § 539 Nr 10 = juris RdNr 12), was hier nicht der Fall war. Die Frage, ob die Klägerin zugleich dem versicherten Personenkreis der Lernenden iS des § 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII angehörte, bedarf keiner Entscheidung, denn die Versicherung als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII geht gemäß § 135 Abs 1 Nr 1 SGB VII einer Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII vor. Dahinstehen kann ebenso, ob neben § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII noch Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Buchst a SGB VII in Betracht kommt, weil auch hier die Beschäftigtenversicherung vorgeht (§ 135 Abs 5 Buchst a SGB VII).
3. Die unfallbringende Verrichtung der Klägerin - das Springen auf dem Hüpfkissen - stand in einem inneren Zusammenhang mit dieser grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Beschäftigte (soeben unter 2.). Eine Verrichtung ist nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert, wenn der Verletzte sie zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII; vgl BSG Urteil vom 19.6.2018 - B 2 U 32/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 43 RdNr 15). Eine im Rahmen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit liegt vor, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 47 RdNr 21; Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 15/15 R - NJW 2017, 2858 RdNr 15; Urteil vom 5.7.2016 - B 2 U 19/14 R - BSGE 121, 297 = SozR 4-2700 § 2 Nr 36 RdNr 12; und grundlegend Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff). Vorliegend gehörte die Benutzung des Hüpfkissens weder objektiv zu einer nach der FSJ-Vereinbarung bestehenden Haupt- oder Nebenpflicht der Klägerin, noch konnte sie subjektiv davon ausgehen, eine solche Pflicht aus dieser Vereinbarung zu erfüllen.
Die Benutzung des Hüpfkissens ist hier gleichwohl als versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII anzusehen, weil der Träger des FSJ eine erhöhte spezifische (Betriebs-)Gefahr aufgrund der besonderen Situation der Seminarstätte sowie der mit dem Spielgerät "Hüpfburg" verbundenen Verletzungsgefahr unter Berücksichtigung des Spieltriebs Jugendlicher geschaffen hat.
Der Träger des FSJ hat eine erhöhte spezifische Gefahr für die ungehemmte Entfaltung jugendlicher leichtsinniger Spielereien und gruppendynamischer Prozesse einschließlich des damit verbundenen Verletzungspotenzials durch Abhaltung eines einwöchigen Seminars für Jugendliche an einem fremden, abgelegenen Ort mit einem unfallträchtigen Sportgerät ohne entsprechende Aufsicht geschaffen. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats galten für den Versicherungsschutz jugendlicher Arbeitnehmer bei durch spielerisches Verhalten auf der Betriebsstätte verursachten Unfällen besondere Maßstäbe. Ein sachlicher Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit wurde bejaht, wenn der Jugendliche durch die Gestaltung der Betriebsverhältnisse in die Lage versetzt wurde, sich durch leichtsinnige Spielereien und gruppendynamische Prozesse besonderen Gefahren auszusetzen (vgl BSG Urteile vom 30.9.1970 - 2 RU 150/68 - juris RdNr 15; vom 25.1.1977 - 2 RU 23/76 - BSGE 43, 113 = SozR 2200 § 550 Nr 26 = juris RdNr 18; vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17; vom 5.10.1995 - 2 RU 44/94 - SozR 3-2200 § 539 Nr 34 = SozR 3-2200 § 548 Nr 24 = juris RdNr 16 und vom 7.11.2000 - B 2 U 40/99 R - juris RdNr 17).
Dem liegt die allgemeine Erfahrung zugrunde, dass junge Menschen einem natürlichen Spieltrieb unterliegen (vgl BSG Urteile vom 25.1.1977 - 2 RU 23/76 - BSGE 43, 113 = SozR 2200 § 550 Nr 26 = juris RdNr 18; vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17; vom 25.3.1964 - 2 RU 242/61 - SozR Nr 68 zu § 542 aF RVO = juris RdNr 20 und vom 7.11.2000 - B 2 U 40/99 R - juris RdNr 17). Maßgebend sind die besonderen Umstände des Einzelfalls (BSG Urteile vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17 und vom 25.3.1964 - 2 RU 242/61 - SozR Nr 68 zu § 542 aF RVO = juris RdNr 21). In diesen Ausnahmefällen ist Anknüpfungspunkt der Wertung nicht der finale (unternehmensdienliche) Zweck der Verrichtung, wie dies bei Beschäftigten sonst der Fall ist, sondern der kausale (unternehmensbedingte) Ursprung der zum Schaden führenden Handlung, weil aufgrund der oben genannten Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen das alleinige Abstellen auf finale Kriterien wie die Handlungstendenz untauglich ist.
Ausgehend von diesen Besonderheiten des Unfallversicherungsschutzes bei Jugendlichen ist bei Geschäfts- bzw Seminarreisen von jugendlichen Arbeitnehmern auch eine auf dem altersbedingten unbändigen Spieltrieb und gruppentypischen Verhalten beruhende Handlung, die zu einem Unfall führt, als eine den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII begründende Tätigkeit anzusehen, wenn die jugendlichen Arbeitnehmer durch die besonderen Umstände der Seminarreise in die Lage versetzt wurden, sich durch leichtsinnige Spielereien und gruppentypisches Verhalten besonderen Gefahren auszusetzen. Hier ist eine Gesamtschau aller Umstände der Geschäfts- bzw Seminarreise unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse der Unterkunft, der von ihr insbesondere für Jugendliche ausgehenden Gefahren, der konkreten gruppendynamischen Situation und des Alters der Beteiligten vorzunehmen. Dem liegt zugrunde, dass der Unternehmer durch die konkrete Gestaltung der Verhältnisse der Seminarreise wie zB die Wahl der Unterkunft, Zusammenstellung der Seminargruppe, Unterweisung der Seminarteilnehmer, Beaufsichtigung der Seminarteilnehmer spezifische Gefahren für das Ausleben des unbändigen Spieltriebs und gruppendynamischer Prozesse schaffen bzw minimieren kann (s zum Umfang des Versicherungsschutzes auf Geschäftsreisen von Erwachsenen: BSG Urteile vom 30.3.2017 - B 2 U 15/15 R - juris RdNr 15; vom 18.3.2008 - B 2 U 13/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 26 RdNr 14; vom 4.8.1992 - 2 RU 43/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 17; vom 30.5.1985 - 2 RU 9/84 - SozR 2200 § 539 Nr 110 S 306 sowie vom 13.2.1975 - 8 RU 86/74 - BSGE 39, 180, 181 = SozR 2200 § 548 Nr 7 S 15).
Unter Berücksichtigung dieser besonderen rechtlichen Vorgaben ist die Benutzung des Hüpfkissens hier noch als versicherte Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII anzusehen. Das Seminar wurde in einer für die Klägerin und die weiteren Teilnehmer fremden und abgelegenen Umgebung abgehalten. Den Seminarteilnehmern standen für ihre Freizeitgestaltung im Wesentlichen nur die von den Betreuern durchgeführten Aktivitäten sowie die Angebote der Einrichtung zur Verfügung. Hierdurch war es den Seminarteilnehmern nicht möglich, an ihren üblichen Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Zwar war es ihnen grundsätzlich erlaubt, nach der Seminarzeit das Gelände der Ferien- und Bildungsstätte in kleinen Gruppen zu verlassen, jedoch liegt die Ferien- und Bildungsstätte abgelegen und fern sonstiger urbaner Freizeitmöglichkeiten. Dies führt dazu, dass den Seminarteilnehmern für ihre Freizeitgestaltung im Wesentlichen nur die von den Betreuern durchgeführten Aktivitäten sowie die Angebote der Einrichtung zur Verfügung standen. Hierzu gehörte auch das Hüpfkissen als unfallträchtiges Sportgerät, welches schon aufgrund seiner Beschaffenheit Jugendliche mit ihrem alterstypischen Übermut und Bewegungsdrang zu leichtsinnigen Spielereien mit den entsprechenden Verletzungsgefahren anregt und aufgrund seiner Beschaffenheit erhebliche Verletzungsgefahren in sich birgt. Trotz dieser Gefahrenquelle wurden die Jugendlichen, wenn sie nicht an den organisierten Abendveranstaltungen teilnahmen, sich selbst überlassen.
Der Zurechnung des unfallbringenden Verhaltens zur versicherten Tätigkeit steht nicht entgegen, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt bereits fast 17 Jahre alt war. Eine schematische Altersgrenze, ab der gruppendynamische Prozesse und unbändiger Spieltrieb nicht mehr zu berücksichtigen wären, kann nicht angenommen werden (vgl BSG Urteile vom 29.8.1974 - 2 RU 65/74 - juris RdNr 17; vom 25.3.1964 - 2 RU 242/61 - SozR Nr 68 zu § 542 aF RVO = juris RdNr 21; vom 7.11.2000 - B 2 U 40/99 R - juris RdNr 17 und vom 26.10.2004 - B 2 U 41/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 7 RdNr 17). Zwar dürfte der Spieltrieb mit fortschreitendem Alter abnehmen, jedoch kann dieser gerade in Gruppen Gleichaltriger wieder aufleben und durch gruppendynamische Prozesse, wie sich gegenseitig "anfeuern" oder "hochschaukeln", verstärkt werden. Gerade in solchen Situationen besteht die Gefahr, dass Jugendliche von übermütigen Ideen mitgerissen werden und sich unter dem Eindruck der Gruppendynamik erheblichen Gefahren für die körperliche Unversehrtheit aussetzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Zusammenstellung der Seminargruppe, die für das Einführungsseminar zur Ableistung des FSJ in der Regel aus Jugendlichen besteht, die sich untereinander nicht kennen, aber für die gemeinsame Freizeitgestaltung während der Seminarreise in einem abgelegenen Gebiet aufeinander angewiesen sind. Nach den bindenden Feststellungen des LSG erfolgte der unfallbringende Katapultsprung schließlich aufgrund altersbedingter Gegebenheiten wie Übermut, Spieltrieb, Gruppendynamik und Fehleinschätzung der Gefahrenlage.
Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht, weil es sich bei der Benutzung des Hüpfkissens als Katapult um unvernünftiges Verhalten mit vorhersehbarer Verletzungsgefahr handelte. Das Verhalten der Klägerin hielt sich angesichts ihres Alters noch im Rahmen dessen, was nach den Umständen nicht als völlig unverständlich oder vernunftwidrig zu erachten ist, mag es vielleicht auch unbesonnen oder leichtsinnig gewesen sein (vgl zum Ausschluss des Versicherungsschutzes bei unvernünftigen Verhalten BSG Urteil vom 20.5.1976 - 8 RU 98/75 - BSGE 42, 42 = SozR 2200 § 550 Nr 14 RdNr 24). Der Senat hat zudem klargestellt, dass ein Rechtssatz, nach dem der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, nicht existiert ("Selbstgeschaffene Gefahr": BSG Urteil vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 22).
4. Das versicherte Springen auf dem Hüpfkissen hat den Unfall und dieser die Gesundheitsschäden jeweils rechtlich wesentlich verursacht, weshalb die Klägerin auch gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII infolge einer versicherten Tätigkeit verunglückt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.