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  • 20.09.2017 · IWW-Abrufnummer 196582

    Landessozialgericht Niedersachsen: Urteil vom 21.06.2017 – L 2 EG 13/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen

    Urt. v. 21.06.2017

    Az.: L 2 EG 13/16

    Tenor:

    Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Der Kläger begehrt höheres Elterngeld für die Betreuung seiner am 1. Dezember 2014 geborenen Zwillinge J. und K ...

    Der Kläger ist Soldat. In den letzten zwölf Monaten vor der Geburt der Kinder erhielt er von seinem Dienstherrn ein steuerpflichtiges Gehalt in Höhe von 2.401,20 EUR (bis August 2014) bzw. 2.489,59 EUR (ab September 2014). In den Monaten Dezember 2013 bis Februar 2014 erzielte er im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ein zusätzliches Monatseinkommen von 400 EUR, wobei die honorierten Arbeitsleistungen (ausweislich der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung) vor dem 13. November 2013 erbracht worden waren. Ferner erhielt er von März bis September 2014 Trennungsgeldzahlungen des Dienstherrn (vgl. wegen der Einzelheiten die Aufstellung der Beklagten, Bl. 131 f. Gerichtsakte). Aus diesen Beträgen ergibt sich (nach Abzug pauschalierter Werbungskosten in Höhe von 83,33 EUR im Monat) ein durchschnittliches Bruttoeinkommen vor der Geburt in Höhe von monatlich 2.515,65 EUR (vgl. ebenfalls die o.g. Aufstellung).

    Vom 13. November 2013 bis zum 19. März 2014 nahm der Kläger an einem besonderen Auslandseinsatz der Bundeswehr im Rahmen der L. (M.) in N. teil. Dafür erhielt er einen Auslandsverwendungszuschlag in Höhe von täglich 110 EUR.

    Der Kläger beantragte die Gewährung von Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate seiner Tochter J. und für den 13. und 14. Lebensmonat seines Sohnes K ...

    Die Beklagte hat die Elterngeldansprüche für die Tochter unter dem Aktenzeichen M0483 und die Elterngeldansprüche für den Sohn unter dem Aktenzeichen M0505 erfasst. Im Betreff der Bescheide wurden jeweils die Namen beider Kinder aufgeführt, jedoch (jedenfalls überwiegend) in abweichender Reihenfolge: Bei Bescheiden mit dem Aktenzeichen M0483 wurde als Betreff Elterngeld für die Kinder "J. und K.", bei Bescheiden mit Aktenzeichen M0505 Elterngeld für die Kinder "K. und J." ausgewiesen.

    Mit Bescheid vom 16. Februar 2015 sprach die Beklagte dem Kläger für die Betreuung des Sohnes K. im 13. und 14. Lebensmonat ein Elterngeld in Höhe von monatlich 1.679,05 EUR zu. Diesen Betrag hatte die Beklagte wie folgt errechnet: Von dem o.g. Bruttoeinkommen vor der Geburt in Höhe von monatlich 2.515,65 EUR hatte sie einen pauschalierten Abzug für Steuern in Anwendung des § 2e BEEG in Höhe von 394,04 EUR vorgenommen. Ausgehend von dem Bemessungssatz in Höhe von 65 % gemäß § 2 Abs. 2 BEEG ergab sich unter Einbeziehung der Zuzahlung für Mehrlinge gemäß § 2a Abs. 4 BEEG in Höhe von monatlich 300 EUR der monatliche Elterngeldanspruch in Höhe von 1.679,05 EUR.

    Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers vom 16. März 2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2015 zurück.

    Mit einem weiteren Bescheid vom 24. Februar 2015 (der - aus von Seiten der Beklagten auch auf Nachfrage nicht näher aufzuklärenden Gründen - in den Verwaltungsvorgängen mit einem Datum vom 10. Februar 2015 enthalten ist, der dem Kläger aber jedenfalls nicht vor dem 24. Februar 2015 ausgehändigt worden ist) wurde dem Kläger für die Betreuung der Tochter J. in den ersten 12 Lebensmonaten zunächst ein Elterngeldanspruch in Höhe von 1.643,86 EUR zugesprochen. Auf den weiteren ebenfalls vom 16. März 2015 datierenden Widerspruch des Klägers nahm die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 30. Juli 2015 eine Neuberechnung ausgehend nunmehr auch für die ersten zwölf Monate von einem Elterngeldanspruch in Höhe von monatlich 1.679,05 EUR vor. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers mit einem weiteren ebenfalls vom 30. Juli 2015 datierenden Widerspruchsbescheid zurück.

    Mit der am 28. August 2015 erhobenen Klage hat der Kläger die Aufhebung "des Bescheides vom 16.02.2015 in der Fassung des Bescheides vom 24.02.2015 und 30.07.2015 sowie in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2015" begehrt und in der Sache die Nichtberücksichtigung der ihm für den Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis zum 19. März 2014 gewährten Auslandsverwendungszuschläge gerügt.
    Mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2016, dem Kläger zugestellt am 26. September 2016, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf der Grundlage der zunächst von Seiten der Beklagten nur unvollständig vorgelegten Verwaltungsvorgänge und ihrer anfänglichen unzutreffenden Ausführungen ließ sich das Sozialgericht noch von der Annahme leiten, dass der Kläger von der Einlegung eines Widerspruchs gegen den die Tochter J. betreffenden Bescheid abgesehen habe. Im Übrigen hat es die Klage als unbegründet angesehen. Die Beklagte habe die Höhe des dem Kläger zustehenden Elterngeldes zutreffend ermittelt und insbesondere zutreffend die nach den Vorgaben des § 3 Nr. 64 EStG steuerfreien Auslandsverwendungszuschläge nicht bei der Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens berücksichtigt. § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG sehe eine Berücksichtigung lediglich solcher Einkünfte aus Erwerbstätigkeit vor, die im Inland zu versteuern seien.

    Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 25. Oktober 2016. Seiner Auffassung nach entspricht eine Nichtberücksichtigung der Auslandsverwendungszuschläge nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die Teilnahme an Auslandseinsätzen sei für Berufssoldaten verpflichtend und präge die wirtschaftliche Stellung der Betroffenen.

    Der Kläger beantragt,

    1.

    den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 20. September 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. Juli 2015 und des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2015 sowie den Bescheid vom 16. Februar 2014 in der Fassung des weiteren Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2015 zu ändern und

    2.

    die Beklagte zur Neuberechnung der Elterngeldansprüche für die Leistungszeiträume 1. Dezember 2014 bis 31. Januar 2016 mit der Maßgabe zu verpflichten, dass für die Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auch die für den Zeitraum 1. Dezember 2013 bis 19. März 2014 erhaltenen Auslandsverwendungszuschläge zu berücksichtigen sind.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

    1. Inzwischen räumt auch die Beklagte ein, dass der Kläger sowohl gegen den die Gewährung von Elterngeld für die Betreuung des Sohnes K. im 13. und 14. Lebensmonat betreffenden Bescheid vom 16. Februar 2015 als auch gegen den weiteren (in der an den Kläger übergebenen und damit maßgeblichen Fassung vom 24. Februar 2015 datierenden) Bescheid betreffend die Gewährung von Elterngeld für die Tochter J. in den ersten zwölf Lebensmonaten fristgerecht einen jeweils vom 16. März 2015 datierenden Widerspruch eingelegt hat. Beide Widersprüche hat die Beklagte mit jeweils einem vom 30. Juli 2015 datierenden Widerspruchsbescheid zurückgewiesen (nachdem sie betreffend die Gewährung von Elterngeld für die Tochter J. in den ersten zwölf Lebensmonaten mit Bescheid vom 30. Juli 2015 zuvor eine Neuberechnung im Sinne einer Teilabhilfeentscheidung vorgenommen hatte).

    Die fristwahrende Klage vom 28. August 2015 richtete sich bei verständiger Auslegung des Gewollten eindeutig gegen beide Regelungen: Der Kläger hat ausdrücklich nicht nur den Bescheid vom 16. Februar 2015, sondern zugleich auch den Bescheid vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 30. Juli 2015 erhoben.

    Der bei Klageerhebung gestellte Antrag hat lediglich nicht deutlich gemacht, dass die Beklagte zwei jeweils vom 30. Juli 2015 datierende Widerspruchsbescheide erlassen hat. Unabhängig davon, inwieweit dies nicht ohnehin auf die unübersichtliche Verfahrensführung der Beklagten zurückzuführen war, ist dieses Versehen jedenfalls unschädlich. Der Kläger hat eindeutig seinen Willen zum Ausdruck gebracht, auch die mit Bescheid vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 30. Juli 2015 getroffene Bemessung des Elterngeldes der gerichtlichen Überprüfung vorzulegen.

    2. In der Sache vermag er mit seinem Begehren allerdings nicht durchzudringen. Die Beklagte hat im Abhilfebescheid vom 30. Juli 2015 und im Bescheid vom 16. Februar 2015 zutreffend dargelegt, dass dem Kläger jedenfalls kein höherer Elterngeldanspruch als monatlich 1.679,05 EUR zustand. Wegen der Einzelheiten der Berechnung verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der genannten Bescheide sowie der Widerspruchsbescheide vom 30. Juli 2015 und der dem Bescheid vom 30. Juli 2015 beigefügten Berechnungen (Bl. 131 ff. Gerichtsakte).

    Insbesondere lässt es keinen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers erkennen, dass die Beklagte ein vorgeburtliches Bruttoeinkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit nach § 2c BEEG in Höhe von 2.515,65 EUR ermittelt hat. Zu Recht hat dabei die Beklagte von einer Berücksichtigung der Auslandsverwendungszuschläge abgesehen, die der Kläger für den Zeitraum für den o.g. Einsatz in N. vom 13. November 2013 bis 19. März 2014 (und damit bezogen auf den Zeitraum ab dem 1. Dezember 2013 im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum vor der Geburt der Kinder) erhalten hat.

    Nach den klaren gesetzlichen Vorgaben des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG (in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10. September 2012, BGBl. I, 1878) sind nur solche positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, die im Inland zu versteuern sind. Die streitbetroffenen Auslandsverwendungszuschläge werden jedoch gerade nach § 3 Ziff. 12 und 64 EStG nicht der Einkommensteuer unterworfen.

    Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass es sich dabei um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln könnte, zumal bereits vor Inkrafttreten des o.g. Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10. September 2012 § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG a.F. auf die im Inland zu versteuernden Einkünfte abstellte.

    Für das Elterngeld sind mithin nur Einkünfte maßgeblich, "die im Inland zu versteuern sind." Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die zuständigen Finanzbehörden aufgrund einer Auslegung des geltenden Rechts davon ausgehen, dass bestimmte Einkünfte als nicht steuerpflichtig angesehen werden und aus diesem Grund Steuern bezüglich ihrer auch tatsächlich nicht entrichtet werden (vgl. BSG, U.v. 05. April 2012 - B 10 EG 3/11 R -, SozR 4-7837 § 2 Nr. 16; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2014 - L 11 EG 3121/13 -, [...]). Auch der Kläger hat die streitbetroffenen Auslandsverwendungszuschläge steuerfrei ausbezahlt erhalten.

    Verfassungsrechtliche Bedenken sind nicht ersichtlich. Die nähere Ausgestaltung des Elterngeldes lässt ohnehin erkennen, dass von vornherein nur eine begrenzte Einkommensersatzleistung beabsichtigt worden ist (BSG, aaO). Da es sich um steuerfinanzierte Sozialleistungen handelt, kommt dem Gesetzgeber bei seinen rechtspolitischen Entscheidungen ein besonders großer Einschätzungsspielraum zu.

    Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl. BSG, Urt. v. 17. Februar 2011, - B 10 EG 21/09 R - m.w.N.; Senatsurteil vom 21. November 2012 - L 2 EG 7/12 -, [...]).

    Bezüglich der streitbetroffenen Auslandszuschläge ist ohnehin zu berücksichtigen, dass diese nur während tatsächlich absolvierter Auslandseinsätze gewährt werden. Deren Häufigkeit hängt vielfach von Umständen bis hin zu den politischen Entwicklungen auf internationaler Ebene ab, die der betroffene Soldat weder voraussehen noch beeinflussen kann. Zu erheblichen Teilen sind diese Zuschläge überdies zur Abdeckung materieller Mehraufwendungen bestimmt (vgl. auch § 56 Abs. 2 BBesG), die mit Beendigung des maßgeblichen Auslandsaufenthaltes entfallen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.-