16.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200682
Finanzgericht Münster: Urteil vom 01.02.2018 – 1 K 2943/16 L
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR, wendet sich gegen eine Haftungsinanspruchnahme für Lohnsteuer.
3
Bei der Klägerin fand am 13.04.2016 eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 statt. Der Prüfer stellte im Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 22.04.2016 fest, dass die Klägerin für die angestellte Rechtsanwältin Frau A die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer, zum Deutschen Anwaltsverein und die Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach übernommen hatte. Nach Auffassung des Prüfers stellte die Übernahme der genannten Beiträge durch die Klägerin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
4
Im Einzelnen handelte es sich dabei ausweislich des Prüfungsberichts um folgende Beträge:
5
6
Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung:
7
2013 – 2016 jeweils 2.115,23 EUR jährlich (Fälligkeit Januar)
8
9
Rechtsanwaltskammer:
10
2013 160 EUR (halbjährlich 80 EUR)
11
2014 190 EUR
12
2015 190 EUR
13
2016 95 EUR (1. Rate)
14
15
Umlage Anwaltspostfach:
16
2015 63 EUR
17
2016 67 EUR
18
19
Deutscher Anwaltsverein:
20
2013 200 EUR (1/4-jährlich 50 EUR)
21
2014 200 EUR
22
2015 200 EUR
23
2016 50 EUR (1. Rate)
24
Im Lohnsteueraußenprüfungsbericht wurde weiter festgehalten, dass die Nachversteuerung der o.g. Beträge im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung erfolge. Für die Jahre 2013 und 2014 ergehe eine Mitteilung an den zuständigen Veranlagungsbezirk zur weiteren Veranlassung. Für die Jahre 2015 und 2016 erfolge die Nachversteuerung durch Bruttoeinzelberechnung. Hierzu ermittelte der Prüfer ausweislich des Berichts folgende Beträge:
25
Name
Jahr
Konf.
Brutto
LSt
SolZ
Ev. KSt
A
2015
Ev
2.568,23
1.018,00
55,99
91,61
A
01-02/2016
Ev
2.327,23
806,17
44,34
72,55
Summe
1.824,17
100,33
164,16
26
Weiter heißt es im Prüfungsbericht, dass die Mehrsteuern der Arbeitnehmerin vom nächsten Nettolohn einzubehalten seien.
27
Wegen weiterer, im Klageverfahren nicht streitiger Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung wird auf den Prüfungsbericht vom 22.04.2016 Bezug genommen.
28
Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Lohnsteueraußenprüfung an und erließ unter dem 25.04.2016 einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie, durch den die Klägerin als Arbeitgeberin gemäß § 42d Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 für Lohnsteuer i.H. von 1.824,17 EUR, Solidaritätszuschlag i.H. von 100.33 EUR und evangelische Kirchensteuer i.H. von 164,16 EUR in Anspruch genommen wurde. In der Begründung des Bescheids führte der Beklagte u.a. aus, dass die Klägerin als Haftende an Stelle des Arbeitnehmers in Anspruch genommen werde, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege, sie sich hiermit einverstanden erklärt habe und eine Haftung nicht unbillig erscheine, insbesondere ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliege.
29
Gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.05.2016 Einspruch ein und bat vor der weiteren Begründung des Einspruchs um Akteneinsicht.
30
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Beklagte führte aus, dass die Klägerin ihren Einspruch nicht begründet habe und eine erneute Prüfung des Haftungsbescheids keine Gründe ergeben habe, die zu einer Änderung hätten führen können. Der Arbeitgeber hafte gemäß § 42d EStG für die Lohnsteuer, die er bei der Auszahlung des Arbeitslohnes für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen habe. Führe eine Lohnsteueraußenprüfung zu einem Mehrergebnis, seien die entsprechenden Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber mit Haftungsbescheid geltend zu machen. Die Klägerin hafte deshalb für die in unzutreffender Höhe einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer.
31
Die Inanspruchnahme der Klägerin sei auch unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Das Entschließungsermessen sei zutreffend ausgeübt worden, da die Klägerin als Arbeitgeberin habe wissen müssen, dass es sich bei den von ihr übernommenen Beiträgen zur Berufshaftpflichtversicherung, Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein ihrer angestellten Rechtsanwältin um Arbeitslohn handele und die Lohnsteuer entsprechend anzumelden und abzuführen war. Die Auswahl des Arbeitgebers als Haftungsschuldner sei daher auch ermessensgerecht. Der Haftungsbescheid sei auch seiner Höhe nach nicht zu beanstanden, da Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen nicht erhoben worden seien und die Zahlung der Haftungsschulden durch Lastschrifteinzug zum Fälligkeitstermin erfolgt sei.
32
Mit ihrer am 19.09.2016 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Haftungsinanspruchnahme für die auf die für ihre angestellte Rechtsanwältin übernommen Beitrags- und Umlagezahlungen entfallende Lohnsteuer und macht geltend, dass es sich dabei nicht um Arbeitslohn handele. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass das Berufshaftpflichtrisiko der in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte seit jeher über Versicherungsverträge zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung mit der A Versicherungs-AG versichert sei. Versicherungsnehmer sei der jeweilige Rechtsanwalt. Der Grund dafür, jeden Rechtswalt einzeln zu versichern, habe ursprünglich darin gelegen, dass eine GbR bis zur Entscheidung des BGH v. 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 als nicht rechtsfähig angesehen worden sei und deshalb im Zweifel jeder einzelne Partner einer Rechtsanwaltssozietät unmittelbar persönlich haftete. Da nach der Rechtsprechung alle Rechtsanwälte, die unter gemeinsamem Briefbogen auftraten, im Außenverhältnis haftende Außensozien waren, benötigten auch angestellte Rechtsanwälte Versicherungsschutz. Auch nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR habe die A Versicherungs-AG keine „Sozietätspolicen“ für Sozietäten in der Rechtsform der GbR angeboten. Jeder Rechtsanwalt in der Sozietät der Klägerin sei deshalb über einen eigenen Versicherungsvertrag versichert und zwar auch angestellte Rechtsanwälte selbst dann, wenn sie nicht nach außen als Außen- bzw. Scheinsozius auftreten würden.
33
Die angestellte Rechtsanwältin Frau A sei weder Sozius noch Außensozius. Für Fehler der Sozien müsse sie deshalb nicht einstehen. Frau A bearbeite fast ausschließlich Fälle aus dem Familien- und Sozialrecht. Die von ihr bearbeiteten Fälle hätten Streitwerte und damit ein Haftungsrisiko, das mit der Mindestversicherungssumme nach § 51 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) von 250.000 EUR mehr als abgedeckt sei. Dies sei bei der Tätigkeit der Sozien anders, die auch Fälle mit deutlich höherem Haftungsrisiko bearbeiteten, weshalb seit Jahren mit der A Versicherungs-AG eine Versicherungssumme von 1,5 Mio. EUR vereinbart sei. Für Fälle, die ein noch höheres Haftungsrisiko beinhalteten, werde im Einzelfall eine sog. Exedentenversicherung abgeschlossen.
34
Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung und zur Rechtswaltskammer erfolge nicht im privaten, sondern im beruflichen Interesse der angestellten Rechtsanwältin. Dies ergebe sich zunächst aus der Entstehungsgeschichte des § 51 BRAO. Die Vorschrift existiere seit 1994 und sei eingeführt worden, um dem Schutz des Mandantenvermögens Rechnung zu tragen. Sie sei also nicht in erster Linie vom Gesetzgeber zum Schutz der beratenden Rechtsanwälte selbst eingeführt worden. Außerdem sei für Frau A, trotz des sich aus den von ihr bearbeiteten Mandaten ergebenden geringeren Haftungsrisikos, ebenfalls eine Versicherungssumme von 1,5 Mio. EUR vereinbart worden. Der Grund dafür liege in den Besonderheiten der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Nach § 12 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen spiele es bei gleichem Deckungsumfang der Versicherung für alle Sozien keine Rolle, wem der Fehler unterlaufen sei. Sei aber ein Sozius niedriger als die anderen versichert, würden zwangsläufig bei den anderen Sozien Deckungsbeschränkungen eintreten, da die Eintrittspflicht des Versicherers für alle Sozien nur in Höhe der Durchschnittsleistung bestehe. Es bestehe deshalb ein ganz überwiegendes eigenes betriebliches Interesse der Klägerin als Arbeitgeberin daran, dass die Sozien nicht mit ihrem Privatvermögen für eine Deckungslücke einstehen müssten, die sich daraus ergebe oder ergeben könnte, dass die Versicherungssumme für Frau A nur 250.000 EUR betrage.
35
Hinsichtlich der Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach gelte, dass die BRAK die Umlage so beschlossen habe, um die Entwicklungskosten für die Software des Postfachs abzudecken. Das Postfach werde für jeden Rechtsanwalt einzeln eingerichtet.
36
Bezüglich der Beiträge zum Anwaltsverein sei zu berücksichtigen, dass alle Rechtsanwälte der Sozietät der Klägerin seit jeher Mitglied im Anwaltsverein und damit im Deutschen Anwaltsverein seien. Der Grund hierfür sei u.a., dass Mitglieder des Deutschen Anwaltsvereins vergünstigt Seminare bei der Deutschen Anwalts Akademie buchen könnten und man außerdem durch die Teilnahme an den örtlichen Veranstaltung des Anwaltsvereins die Kollegen besser kennen lerne. Wenn die Kanzlei es wolle, dass ihre Rechtsanwälte Mitglied des Anwaltsvereins seien, unterliege Frau A insoweit der Weisung des Arbeitgebers. Dann sei es aber nur „recht und billig“, wenn dieser dafür die Kosten trage.
37
Die Klägerin beantragt,
38
den Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 25.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 aufzuheben,
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hilfsweise,
40
die Revision zuzulassen.
41
Der Beklagte beantragt,
42
die Klage abzuweisen.
43
Der Beklagte trägt vor, dass gemäß § 51 Abs. 1 BRAO jeder Rechtsanwalt zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet sei. Der Umstand, dass die Klägerin eine höhere als die erforderliche Versicherungssumme für ihre angestellte Rechtsanwältin vereinbart habe, bedeute nicht, dass das Interesse der Arbeitnehmerin am Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung unerheblich sei. Die Übernahme der Beiträge zur Rechtsanwaltskammer sei ein anderer „Vorteil“ für deren Tätigkeit und stelle deshalb ebenso wie die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung Arbeitslohn dar. Auch die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft im örtlichen Anwaltsverein stelle Arbeitslohn dar, da auch der angestellten Rechtsanwältin an dem Aufbau von beruflichen Kontakten gelegen sein dürfte. Außerdem biete der Deutsche Anwaltsverein neben Fortbildungsveranstaltungen und Kontakten seinen Mitgliedern auch Vergünstigungen bei zahlreichen Kooperationspartnern wie Autoherstellern und Hotelketten, weshalb von einem nicht unerheblichen eigenen Interesse der angestellten Rechtsanwältin an der Mitgliedschaft auszugehen sei.
44
Am 22.11.2016 hat ein Erörterungstermin vor dem vormaligen Berichterstatter stattgefunden, auf dessen Protokoll wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
45
Der Senat hat am 01.02.2018 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
46
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
47
Entscheidungsgründe
48
1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
49
Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 25.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte hat die Klägerin zutreffend gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) i.V. mit § 42d Einkommensteuergesetz (EStG) für die auf die von ihr für die angestellte Rechtsanwältin Frau A gezahlten Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie auf die gezahlte Umlage zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach entfallende Lohnsteuer als Haftende in Anspruch genommen.
50
a) Gemäß § 191 Abs. 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Klägerin haftet gemäß § 42d EStG für die auf die von ihr für die angestellte Rechtsanwältin Frau A gezahlten Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie auf die gezahlte Umlage zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach entfallende Lohnsteuer.
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aa) Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO abzuführen hat. Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie die Übernahme der Umlage zum elektronischen Anwaltspostfach für die angestellte Rechtsanwältin Frau A stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
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bb) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden.
53
Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen (vgl. BFH, Urteil vom 12.02. 2009, VI R 32/08, BStBl II 2009, 462). Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden (BFH, Urteil vom 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621).
54
Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber – neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers – ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. etwa Urteile vom 11.04. 2006, VI R 60/02, BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691, m.w.N.; vom 26.07. 2007, VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892; vom 17.01. 2008, VI R 26/06, BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378; vom 12.02. 2009, VI R 32/08, BStBl II 2009, 462; BFH, Urteil vom 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621).
55
(1) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze führt die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung für die angestellte Rechtsanwältin Frau A zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der Klägerin an der Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung liegt nicht vor.
56
(a) Gemäß § 51 BRAO besteht eine Verpflichtung jedes Rechtsanwalts, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten (so auch BFH, Urteile vom 26.07. 2007, VI R 64/06, BStBl II 2007, 892; v. 10.03.2016, VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621). Kommt ein angestellter Rechtsanwalt/eine angestellte Rechtsanwältin dieser gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er/sie in typischer Weise im eigenen Interesse. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines (angestellten) Rechtsanwalts, da ein Verstoß gegen diese Pflicht mit der Nichtzulassung zum Beruf (§ 12 Abs. 2 BRAO) oder der Entfernung aus diesem sanktioniert wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO).
57
In der Erfüllung der in der eigenen Person begründeten gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung durch den angestellten Rechtsanwalt/die angestellte Rechtsanwältin liegt der entscheidende Grund für die Annahme, dass die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber nicht in dessen ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse steht. Anders sind Fallgestaltungen zu beurteilen, in denen eine Rechtsanwaltsgesellschaft als Arbeitgeberin zusätzlich zur Berufshaftpflichtversicherung ihrer Anwälte auch eigenen Haftpflichtversicherungsschutz erwirbt und auf eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung eine entsprechende Versicherung abschließt (vgl. BFH-Urteile v. 10.03.2016, VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621; v. 19.11. 2015, VI R 74/14, BStBl II 2016, 303). Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung dient in diesem Fall der Deckung des mit dem Betrieb der Gesellschaft verbundenen Haftungsrisikos, also deren eigenem Versicherungsschutz. Daraus für die Arbeitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten sind bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbetrieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er andere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entlohnung seiner Arbeitnehmer verfolgt (BFH, Urteil v. 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621). Geht der Arbeitgeber ausschließlich gegenüber Dritten eigene Verpflichtungen ein und erwirbt er eigene Ansprüche, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründeten Dienstverhältnissen aufweisen, erbringt er keine durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen gegenüber seinen Arbeitnehmern (BFH, Urteil v. 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621). Im Streitfall ist die angestellte Rechtsanwältin Frau A aber gerade eine eigene vertragliche Verpflichtig gegenüber der Haftpflichtversicherung eingegangen und hat dadurch eine persönliche gesetzliche Verpflichtung erfüllt.
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(b) Auch der Sinn und Zweck des § 51 BRAO führt – entgegen dem Vortrag der Klägerin - nicht zu einem anderen Ergebnis. Zweck der Vorschrift ist es, den Mandanten, aber auch den Rechtsanwalt vor den Risiken anwaltlicher Tätigkeit zu schützen (Tauchert/Dahns in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 51 BRAO, Rn. 4). Die Norm dient deshalb dem Verbraucherschutz ebenso wie der Gewährleistung der unabhängigen, eigenverantwortlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege. Damit unterstreicht der Zweck der Vorschrift gerade das eigene Interesse des versicherten Anwalts an der Versicherung. Nur durch den Schutz der Berufshaftpflichtversicherung ist es dem Rechtsanwalt möglich, den Mandanten uneigennützig und ohne Sorge um die eigene Existenz und Zukunft interessengerecht gegenüber Dritten und vor Gericht zu vertreten. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin an dem Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung ihrer angestellten Rechtsanwältin kann deshalb aus dem Zweck des § 51 BRAO nicht abgeleitet werden.
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(c) Soweit der Arbeitgeber eines angestellten Rechtsanwalts – wie im Streitfall – im Hinblick auf die Haftungsrisiken aller weiteren Sozien ein Interesse an einer die Mindestsumme von 250.000 EUR (vgl. § 51 Abs. 4 BRAO) übersteigenden Versicherungssumme hat, wie die Klägerin geltend macht, bedeutet dies nicht, dass das Interesse des einzelnen Arbeitnehmers am Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung als unerheblich zu qualifizieren wäre (so auch BFH, Urteil v. 26.07. 2007, VI R 64/06, BStBl II 2007, 892). Bei einer aus mehreren Rechtsanwälten bestehenden Sozietät liegt aufgrund des erweiteren Haftungsrisikos eine ausreichende Versicherung im Interesse jedes einzelnen Rechtsanwalts, da für jeden einzelnen, unabhängig davon, ob er als Sozius oder als angestellter Rechtsanwalt tätig ist, der Fortbestand der Sozietät im Haftungsfall von einer ausreichenden Versicherung abhängig sein kann.
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(2) Auch die Übernahme der Beiträge zur Rechtsanwaltskammer für die angestellte Rechtsanwältin Frau A führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn (so auch Sächsisches Finanzgericht, Urteil v. 21.02.2008 – 1 K 1262/07, EFG 2008, 1551 und für die Übernahme der Beiträge zu den Berufskammern der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer durch den Arbeitgeber auch BFH, Urteil v. 17.01. 2008, VI R 26/06, BStBl II 2008, 378).
61
Dem steht nicht entgegen, dass die Zulassung von Frau A zur Rechtsanwaltschaft auch im betrieblichen Interesse der Klägerin gelegen haben dürfte, da nur eine zugelassene Rechtsanwältin vor Gericht auftreten kann und der von Frau A betreute Bereich des Familien- und Sozialrechts sich nicht auf bloße Büroarbeit beschränkt, sondern vielmehr die regelmäßige Wahrnehmung von Gerichtsterminen umfasst haben dürfte. Dieses Interesse der Klägerin hat das Eigeninteresse von Frau A an einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht überwogen oder in den Hintergrund gedrängt. Die Zulassung als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin führt zu einer Zwangsmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer. Die Zulassung zur Anwaltschaft ist wiederum sowohl für eine angestellte als auch für eine selbständig tätige Rechtsanwältin zwingende Voraussetzung der Berufsausübung. Zudem hat Frau A nur bei entsprechender Anwaltszulassung die Möglichkeit, die von ihr geführten Titel einer Fachanwältin für Familienrecht und für Sozialrecht zu erwerben und zu erhalten. Diese Qualifikationen wiederum wirken sich im Wettbewerb um entsprechende Mandate im Bereich des Familien- und Sozialrechts positiv aus und können auch im Fall einer beruflichen Veränderung von Vorteil sein.
62
(3) Auch die Übernahme der Umlage zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach durch die Klägerin führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.
63
Das betriebliche Interesse der Klägerin, dass ihre Sozien und angestellten Rechtsanwälte ein solches Postfach unterhalten, überwiegt nicht das eigene Interesse von Frau A an einem solchen Postfach. Wie die Klägerin selbst vorträgt, wird das besondere elektronische Anwaltspostfach für jeden Rechtsanwalt einzeln eingerichtet, eine „Sozietätslösung“ gebe es nicht. Die Einrichtung des Postfachs erfolgt damit für Frau A unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis zur Klägerin und in ihrem eigenen beruflichen Interesse.
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(4) Schließlich stellt auch die Übernahme der Beiträge zum Deutschen Anwaltverein durch die Klägerin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
65
Die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft einer angestellten Rechtsanwältin im Deutschen Anwaltverein führt zu Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse handelt (BFH, Urteil v. 12.02. 2009, VI R 32/08, BStBl II 2009, 462).
66
Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der Klägerin ist im Streitfall nicht ersichtlich. Es ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass seit jeher alle Sozien und angestellten Anwälte der Klägerin Mitglied im Anwaltsverein – und damit im Wege einer sog. gestuften Mitgliedschaft auch im Deutschen Anwaltverein – waren und sind und die Klägerin von ihren Anwälten den Eintritt verlangt. Dieses Interesse der Klägerin hat das Eigeninteresse von Frau A an einer Mitgliedschaft nicht überwogen oder in den Hintergrund gedrängt. Die Vorteile der Mitgliedschaft, die insbesondere in der beruflichen Vernetzung, dem vergünstigten Zugang zu Fortbildungsangeboten sowie Rabatten und Sonderkonditionen bei zahlreichen Kooperationspartnern des Deutschen Anwaltverein wie Autoherstellern oder Hotelketten bestehen, wirken für Frau A unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis zur Klägerin. Im Fall einer beruflichen Veränderung könnte sie die geknüpften beruflichen Kontakte weiter pflegen und nutzen. Der Erwerb entsprechenden Fachwissens durch Fortbildung ist gerade für den Erwerb und Erhalt von Fachanwaltstiteln, wie Frau A sie führt, unerlässlich. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass regelmäßige Fortbildungen ihrer Rechtsanwälte auch im Interesse der Klägerin liegen. Dieses Interesse drängt aber das eigene Interesse der angestellten Rechtsanwältin Frau A nicht in den Hintergrund.
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b) Einwendungen gegen die Richtigkeit der Ermittlung der Haftungssumme hat die Klägerin nicht erhoben. Solche sind auch nach Aktenlage nicht ersichtlich.
68
c) Ermessensfehler des Beklagten liegen nicht vor (§ 102 FGO). Die Inanspruchnahme des Haftenden durch Haftungsbescheid steht gemäß § 191 Abs. 1 AO im Ermessen des Finanzamts. Der Beklagte hat sowohl sein Entschließungs-, als auch sein Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Die Klägerin hat sich ausweislich der Begründung des Haftungsbescheides mit der Übernahme der Lohnsteuer einverstanden erklärt (vgl. auch BFH-Urteil v. 12.02.2009, VI R 32/08, BStBl. II 2009, 462).
69
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
70
3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, um dem BFH die Gelegenheit zu geben, sich mit den im hiesigen Verfahren vorgebrachten Argumenten gegen eine Lohnsteuerpflicht der Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere dem Sinn und Zweck des § 51 BRAO, nochmals auseinanderzusetzen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR, wendet sich gegen eine Haftungsinanspruchnahme für Lohnsteuer.
3
Bei der Klägerin fand am 13.04.2016 eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 statt. Der Prüfer stellte im Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 22.04.2016 fest, dass die Klägerin für die angestellte Rechtsanwältin Frau A die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer, zum Deutschen Anwaltsverein und die Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach übernommen hatte. Nach Auffassung des Prüfers stellte die Übernahme der genannten Beiträge durch die Klägerin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
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Im Einzelnen handelte es sich dabei ausweislich des Prüfungsberichts um folgende Beträge:
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Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung:
7
2013 – 2016 jeweils 2.115,23 EUR jährlich (Fälligkeit Januar)
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Rechtsanwaltskammer:
10
2013 160 EUR (halbjährlich 80 EUR)
11
2014 190 EUR
12
2015 190 EUR
13
2016 95 EUR (1. Rate)
14
15
Umlage Anwaltspostfach:
16
2015 63 EUR
17
2016 67 EUR
18
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Deutscher Anwaltsverein:
20
2013 200 EUR (1/4-jährlich 50 EUR)
21
2014 200 EUR
22
2015 200 EUR
23
2016 50 EUR (1. Rate)
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Im Lohnsteueraußenprüfungsbericht wurde weiter festgehalten, dass die Nachversteuerung der o.g. Beträge im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung erfolge. Für die Jahre 2013 und 2014 ergehe eine Mitteilung an den zuständigen Veranlagungsbezirk zur weiteren Veranlassung. Für die Jahre 2015 und 2016 erfolge die Nachversteuerung durch Bruttoeinzelberechnung. Hierzu ermittelte der Prüfer ausweislich des Berichts folgende Beträge:
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Name
Jahr
Konf.
Brutto
LSt
SolZ
Ev. KSt
A
2015
Ev
2.568,23
1.018,00
55,99
91,61
A
01-02/2016
Ev
2.327,23
806,17
44,34
72,55
Summe
1.824,17
100,33
164,16
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Weiter heißt es im Prüfungsbericht, dass die Mehrsteuern der Arbeitnehmerin vom nächsten Nettolohn einzubehalten seien.
27
Wegen weiterer, im Klageverfahren nicht streitiger Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung wird auf den Prüfungsbericht vom 22.04.2016 Bezug genommen.
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Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Lohnsteueraußenprüfung an und erließ unter dem 25.04.2016 einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie, durch den die Klägerin als Arbeitgeberin gemäß § 42d Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 für Lohnsteuer i.H. von 1.824,17 EUR, Solidaritätszuschlag i.H. von 100.33 EUR und evangelische Kirchensteuer i.H. von 164,16 EUR in Anspruch genommen wurde. In der Begründung des Bescheids führte der Beklagte u.a. aus, dass die Klägerin als Haftende an Stelle des Arbeitnehmers in Anspruch genommen werde, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege, sie sich hiermit einverstanden erklärt habe und eine Haftung nicht unbillig erscheine, insbesondere ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliege.
29
Gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.05.2016 Einspruch ein und bat vor der weiteren Begründung des Einspruchs um Akteneinsicht.
30
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Beklagte führte aus, dass die Klägerin ihren Einspruch nicht begründet habe und eine erneute Prüfung des Haftungsbescheids keine Gründe ergeben habe, die zu einer Änderung hätten führen können. Der Arbeitgeber hafte gemäß § 42d EStG für die Lohnsteuer, die er bei der Auszahlung des Arbeitslohnes für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen habe. Führe eine Lohnsteueraußenprüfung zu einem Mehrergebnis, seien die entsprechenden Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber mit Haftungsbescheid geltend zu machen. Die Klägerin hafte deshalb für die in unzutreffender Höhe einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer.
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Die Inanspruchnahme der Klägerin sei auch unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Das Entschließungsermessen sei zutreffend ausgeübt worden, da die Klägerin als Arbeitgeberin habe wissen müssen, dass es sich bei den von ihr übernommenen Beiträgen zur Berufshaftpflichtversicherung, Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein ihrer angestellten Rechtsanwältin um Arbeitslohn handele und die Lohnsteuer entsprechend anzumelden und abzuführen war. Die Auswahl des Arbeitgebers als Haftungsschuldner sei daher auch ermessensgerecht. Der Haftungsbescheid sei auch seiner Höhe nach nicht zu beanstanden, da Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen nicht erhoben worden seien und die Zahlung der Haftungsschulden durch Lastschrifteinzug zum Fälligkeitstermin erfolgt sei.
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Mit ihrer am 19.09.2016 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Haftungsinanspruchnahme für die auf die für ihre angestellte Rechtsanwältin übernommen Beitrags- und Umlagezahlungen entfallende Lohnsteuer und macht geltend, dass es sich dabei nicht um Arbeitslohn handele. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass das Berufshaftpflichtrisiko der in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte seit jeher über Versicherungsverträge zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung mit der A Versicherungs-AG versichert sei. Versicherungsnehmer sei der jeweilige Rechtsanwalt. Der Grund dafür, jeden Rechtswalt einzeln zu versichern, habe ursprünglich darin gelegen, dass eine GbR bis zur Entscheidung des BGH v. 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 als nicht rechtsfähig angesehen worden sei und deshalb im Zweifel jeder einzelne Partner einer Rechtsanwaltssozietät unmittelbar persönlich haftete. Da nach der Rechtsprechung alle Rechtsanwälte, die unter gemeinsamem Briefbogen auftraten, im Außenverhältnis haftende Außensozien waren, benötigten auch angestellte Rechtsanwälte Versicherungsschutz. Auch nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR habe die A Versicherungs-AG keine „Sozietätspolicen“ für Sozietäten in der Rechtsform der GbR angeboten. Jeder Rechtsanwalt in der Sozietät der Klägerin sei deshalb über einen eigenen Versicherungsvertrag versichert und zwar auch angestellte Rechtsanwälte selbst dann, wenn sie nicht nach außen als Außen- bzw. Scheinsozius auftreten würden.
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Die angestellte Rechtsanwältin Frau A sei weder Sozius noch Außensozius. Für Fehler der Sozien müsse sie deshalb nicht einstehen. Frau A bearbeite fast ausschließlich Fälle aus dem Familien- und Sozialrecht. Die von ihr bearbeiteten Fälle hätten Streitwerte und damit ein Haftungsrisiko, das mit der Mindestversicherungssumme nach § 51 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) von 250.000 EUR mehr als abgedeckt sei. Dies sei bei der Tätigkeit der Sozien anders, die auch Fälle mit deutlich höherem Haftungsrisiko bearbeiteten, weshalb seit Jahren mit der A Versicherungs-AG eine Versicherungssumme von 1,5 Mio. EUR vereinbart sei. Für Fälle, die ein noch höheres Haftungsrisiko beinhalteten, werde im Einzelfall eine sog. Exedentenversicherung abgeschlossen.
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Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung und zur Rechtswaltskammer erfolge nicht im privaten, sondern im beruflichen Interesse der angestellten Rechtsanwältin. Dies ergebe sich zunächst aus der Entstehungsgeschichte des § 51 BRAO. Die Vorschrift existiere seit 1994 und sei eingeführt worden, um dem Schutz des Mandantenvermögens Rechnung zu tragen. Sie sei also nicht in erster Linie vom Gesetzgeber zum Schutz der beratenden Rechtsanwälte selbst eingeführt worden. Außerdem sei für Frau A, trotz des sich aus den von ihr bearbeiteten Mandaten ergebenden geringeren Haftungsrisikos, ebenfalls eine Versicherungssumme von 1,5 Mio. EUR vereinbart worden. Der Grund dafür liege in den Besonderheiten der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Nach § 12 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen spiele es bei gleichem Deckungsumfang der Versicherung für alle Sozien keine Rolle, wem der Fehler unterlaufen sei. Sei aber ein Sozius niedriger als die anderen versichert, würden zwangsläufig bei den anderen Sozien Deckungsbeschränkungen eintreten, da die Eintrittspflicht des Versicherers für alle Sozien nur in Höhe der Durchschnittsleistung bestehe. Es bestehe deshalb ein ganz überwiegendes eigenes betriebliches Interesse der Klägerin als Arbeitgeberin daran, dass die Sozien nicht mit ihrem Privatvermögen für eine Deckungslücke einstehen müssten, die sich daraus ergebe oder ergeben könnte, dass die Versicherungssumme für Frau A nur 250.000 EUR betrage.
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Hinsichtlich der Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach gelte, dass die BRAK die Umlage so beschlossen habe, um die Entwicklungskosten für die Software des Postfachs abzudecken. Das Postfach werde für jeden Rechtsanwalt einzeln eingerichtet.
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Bezüglich der Beiträge zum Anwaltsverein sei zu berücksichtigen, dass alle Rechtsanwälte der Sozietät der Klägerin seit jeher Mitglied im Anwaltsverein und damit im Deutschen Anwaltsverein seien. Der Grund hierfür sei u.a., dass Mitglieder des Deutschen Anwaltsvereins vergünstigt Seminare bei der Deutschen Anwalts Akademie buchen könnten und man außerdem durch die Teilnahme an den örtlichen Veranstaltung des Anwaltsvereins die Kollegen besser kennen lerne. Wenn die Kanzlei es wolle, dass ihre Rechtsanwälte Mitglied des Anwaltsvereins seien, unterliege Frau A insoweit der Weisung des Arbeitgebers. Dann sei es aber nur „recht und billig“, wenn dieser dafür die Kosten trage.
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Die Klägerin beantragt,
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den Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 25.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 aufzuheben,
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hilfsweise,
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die Revision zuzulassen.
41
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
43
Der Beklagte trägt vor, dass gemäß § 51 Abs. 1 BRAO jeder Rechtsanwalt zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet sei. Der Umstand, dass die Klägerin eine höhere als die erforderliche Versicherungssumme für ihre angestellte Rechtsanwältin vereinbart habe, bedeute nicht, dass das Interesse der Arbeitnehmerin am Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung unerheblich sei. Die Übernahme der Beiträge zur Rechtsanwaltskammer sei ein anderer „Vorteil“ für deren Tätigkeit und stelle deshalb ebenso wie die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung Arbeitslohn dar. Auch die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft im örtlichen Anwaltsverein stelle Arbeitslohn dar, da auch der angestellten Rechtsanwältin an dem Aufbau von beruflichen Kontakten gelegen sein dürfte. Außerdem biete der Deutsche Anwaltsverein neben Fortbildungsveranstaltungen und Kontakten seinen Mitgliedern auch Vergünstigungen bei zahlreichen Kooperationspartnern wie Autoherstellern und Hotelketten, weshalb von einem nicht unerheblichen eigenen Interesse der angestellten Rechtsanwältin an der Mitgliedschaft auszugehen sei.
44
Am 22.11.2016 hat ein Erörterungstermin vor dem vormaligen Berichterstatter stattgefunden, auf dessen Protokoll wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
45
Der Senat hat am 01.02.2018 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
46
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie vom 25.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte hat die Klägerin zutreffend gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) i.V. mit § 42d Einkommensteuergesetz (EStG) für die auf die von ihr für die angestellte Rechtsanwältin Frau A gezahlten Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie auf die gezahlte Umlage zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach entfallende Lohnsteuer als Haftende in Anspruch genommen.
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a) Gemäß § 191 Abs. 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Klägerin haftet gemäß § 42d EStG für die auf die von ihr für die angestellte Rechtsanwältin Frau A gezahlten Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie auf die gezahlte Umlage zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach entfallende Lohnsteuer.
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aa) Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO abzuführen hat. Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie die Übernahme der Umlage zum elektronischen Anwaltspostfach für die angestellte Rechtsanwältin Frau A stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
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bb) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden.
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Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen (vgl. BFH, Urteil vom 12.02. 2009, VI R 32/08, BStBl II 2009, 462). Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden (BFH, Urteil vom 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621).
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Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber – neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers – ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. etwa Urteile vom 11.04. 2006, VI R 60/02, BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691, m.w.N.; vom 26.07. 2007, VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892; vom 17.01. 2008, VI R 26/06, BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378; vom 12.02. 2009, VI R 32/08, BStBl II 2009, 462; BFH, Urteil vom 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621).
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(1) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze führt die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung für die angestellte Rechtsanwältin Frau A zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der Klägerin an der Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung liegt nicht vor.
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(a) Gemäß § 51 BRAO besteht eine Verpflichtung jedes Rechtsanwalts, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten (so auch BFH, Urteile vom 26.07. 2007, VI R 64/06, BStBl II 2007, 892; v. 10.03.2016, VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621). Kommt ein angestellter Rechtsanwalt/eine angestellte Rechtsanwältin dieser gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er/sie in typischer Weise im eigenen Interesse. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines (angestellten) Rechtsanwalts, da ein Verstoß gegen diese Pflicht mit der Nichtzulassung zum Beruf (§ 12 Abs. 2 BRAO) oder der Entfernung aus diesem sanktioniert wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO).
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In der Erfüllung der in der eigenen Person begründeten gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung durch den angestellten Rechtsanwalt/die angestellte Rechtsanwältin liegt der entscheidende Grund für die Annahme, dass die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber nicht in dessen ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse steht. Anders sind Fallgestaltungen zu beurteilen, in denen eine Rechtsanwaltsgesellschaft als Arbeitgeberin zusätzlich zur Berufshaftpflichtversicherung ihrer Anwälte auch eigenen Haftpflichtversicherungsschutz erwirbt und auf eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung eine entsprechende Versicherung abschließt (vgl. BFH-Urteile v. 10.03.2016, VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621; v. 19.11. 2015, VI R 74/14, BStBl II 2016, 303). Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung dient in diesem Fall der Deckung des mit dem Betrieb der Gesellschaft verbundenen Haftungsrisikos, also deren eigenem Versicherungsschutz. Daraus für die Arbeitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten sind bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbetrieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er andere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entlohnung seiner Arbeitnehmer verfolgt (BFH, Urteil v. 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621). Geht der Arbeitgeber ausschließlich gegenüber Dritten eigene Verpflichtungen ein und erwirbt er eigene Ansprüche, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründeten Dienstverhältnissen aufweisen, erbringt er keine durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen gegenüber seinen Arbeitnehmern (BFH, Urteil v. 10.03. 2016, VI R 58/14, BStBl II 2016, 621). Im Streitfall ist die angestellte Rechtsanwältin Frau A aber gerade eine eigene vertragliche Verpflichtig gegenüber der Haftpflichtversicherung eingegangen und hat dadurch eine persönliche gesetzliche Verpflichtung erfüllt.
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(b) Auch der Sinn und Zweck des § 51 BRAO führt – entgegen dem Vortrag der Klägerin - nicht zu einem anderen Ergebnis. Zweck der Vorschrift ist es, den Mandanten, aber auch den Rechtsanwalt vor den Risiken anwaltlicher Tätigkeit zu schützen (Tauchert/Dahns in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 51 BRAO, Rn. 4). Die Norm dient deshalb dem Verbraucherschutz ebenso wie der Gewährleistung der unabhängigen, eigenverantwortlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege. Damit unterstreicht der Zweck der Vorschrift gerade das eigene Interesse des versicherten Anwalts an der Versicherung. Nur durch den Schutz der Berufshaftpflichtversicherung ist es dem Rechtsanwalt möglich, den Mandanten uneigennützig und ohne Sorge um die eigene Existenz und Zukunft interessengerecht gegenüber Dritten und vor Gericht zu vertreten. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin an dem Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung ihrer angestellten Rechtsanwältin kann deshalb aus dem Zweck des § 51 BRAO nicht abgeleitet werden.
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(c) Soweit der Arbeitgeber eines angestellten Rechtsanwalts – wie im Streitfall – im Hinblick auf die Haftungsrisiken aller weiteren Sozien ein Interesse an einer die Mindestsumme von 250.000 EUR (vgl. § 51 Abs. 4 BRAO) übersteigenden Versicherungssumme hat, wie die Klägerin geltend macht, bedeutet dies nicht, dass das Interesse des einzelnen Arbeitnehmers am Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung als unerheblich zu qualifizieren wäre (so auch BFH, Urteil v. 26.07. 2007, VI R 64/06, BStBl II 2007, 892). Bei einer aus mehreren Rechtsanwälten bestehenden Sozietät liegt aufgrund des erweiteren Haftungsrisikos eine ausreichende Versicherung im Interesse jedes einzelnen Rechtsanwalts, da für jeden einzelnen, unabhängig davon, ob er als Sozius oder als angestellter Rechtsanwalt tätig ist, der Fortbestand der Sozietät im Haftungsfall von einer ausreichenden Versicherung abhängig sein kann.
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(2) Auch die Übernahme der Beiträge zur Rechtsanwaltskammer für die angestellte Rechtsanwältin Frau A führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn (so auch Sächsisches Finanzgericht, Urteil v. 21.02.2008 – 1 K 1262/07, EFG 2008, 1551 und für die Übernahme der Beiträge zu den Berufskammern der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer durch den Arbeitgeber auch BFH, Urteil v. 17.01. 2008, VI R 26/06, BStBl II 2008, 378).
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Dem steht nicht entgegen, dass die Zulassung von Frau A zur Rechtsanwaltschaft auch im betrieblichen Interesse der Klägerin gelegen haben dürfte, da nur eine zugelassene Rechtsanwältin vor Gericht auftreten kann und der von Frau A betreute Bereich des Familien- und Sozialrechts sich nicht auf bloße Büroarbeit beschränkt, sondern vielmehr die regelmäßige Wahrnehmung von Gerichtsterminen umfasst haben dürfte. Dieses Interesse der Klägerin hat das Eigeninteresse von Frau A an einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht überwogen oder in den Hintergrund gedrängt. Die Zulassung als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin führt zu einer Zwangsmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer. Die Zulassung zur Anwaltschaft ist wiederum sowohl für eine angestellte als auch für eine selbständig tätige Rechtsanwältin zwingende Voraussetzung der Berufsausübung. Zudem hat Frau A nur bei entsprechender Anwaltszulassung die Möglichkeit, die von ihr geführten Titel einer Fachanwältin für Familienrecht und für Sozialrecht zu erwerben und zu erhalten. Diese Qualifikationen wiederum wirken sich im Wettbewerb um entsprechende Mandate im Bereich des Familien- und Sozialrechts positiv aus und können auch im Fall einer beruflichen Veränderung von Vorteil sein.
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(3) Auch die Übernahme der Umlage zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach durch die Klägerin führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.
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Das betriebliche Interesse der Klägerin, dass ihre Sozien und angestellten Rechtsanwälte ein solches Postfach unterhalten, überwiegt nicht das eigene Interesse von Frau A an einem solchen Postfach. Wie die Klägerin selbst vorträgt, wird das besondere elektronische Anwaltspostfach für jeden Rechtsanwalt einzeln eingerichtet, eine „Sozietätslösung“ gebe es nicht. Die Einrichtung des Postfachs erfolgt damit für Frau A unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis zur Klägerin und in ihrem eigenen beruflichen Interesse.
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(4) Schließlich stellt auch die Übernahme der Beiträge zum Deutschen Anwaltverein durch die Klägerin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
65
Die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft einer angestellten Rechtsanwältin im Deutschen Anwaltverein führt zu Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse handelt (BFH, Urteil v. 12.02. 2009, VI R 32/08, BStBl II 2009, 462).
66
Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der Klägerin ist im Streitfall nicht ersichtlich. Es ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass seit jeher alle Sozien und angestellten Anwälte der Klägerin Mitglied im Anwaltsverein – und damit im Wege einer sog. gestuften Mitgliedschaft auch im Deutschen Anwaltverein – waren und sind und die Klägerin von ihren Anwälten den Eintritt verlangt. Dieses Interesse der Klägerin hat das Eigeninteresse von Frau A an einer Mitgliedschaft nicht überwogen oder in den Hintergrund gedrängt. Die Vorteile der Mitgliedschaft, die insbesondere in der beruflichen Vernetzung, dem vergünstigten Zugang zu Fortbildungsangeboten sowie Rabatten und Sonderkonditionen bei zahlreichen Kooperationspartnern des Deutschen Anwaltverein wie Autoherstellern oder Hotelketten bestehen, wirken für Frau A unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis zur Klägerin. Im Fall einer beruflichen Veränderung könnte sie die geknüpften beruflichen Kontakte weiter pflegen und nutzen. Der Erwerb entsprechenden Fachwissens durch Fortbildung ist gerade für den Erwerb und Erhalt von Fachanwaltstiteln, wie Frau A sie führt, unerlässlich. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass regelmäßige Fortbildungen ihrer Rechtsanwälte auch im Interesse der Klägerin liegen. Dieses Interesse drängt aber das eigene Interesse der angestellten Rechtsanwältin Frau A nicht in den Hintergrund.
67
b) Einwendungen gegen die Richtigkeit der Ermittlung der Haftungssumme hat die Klägerin nicht erhoben. Solche sind auch nach Aktenlage nicht ersichtlich.
68
c) Ermessensfehler des Beklagten liegen nicht vor (§ 102 FGO). Die Inanspruchnahme des Haftenden durch Haftungsbescheid steht gemäß § 191 Abs. 1 AO im Ermessen des Finanzamts. Der Beklagte hat sowohl sein Entschließungs-, als auch sein Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Die Klägerin hat sich ausweislich der Begründung des Haftungsbescheides mit der Übernahme der Lohnsteuer einverstanden erklärt (vgl. auch BFH-Urteil v. 12.02.2009, VI R 32/08, BStBl. II 2009, 462).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, um dem BFH die Gelegenheit zu geben, sich mit den im hiesigen Verfahren vorgebrachten Argumenten gegen eine Lohnsteuerpflicht der Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere dem Sinn und Zweck des § 51 BRAO, nochmals auseinanderzusetzen.