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  • 29.01.2019 · IWW-Abrufnummer 206810

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 19.06.2018 – 9 U 60/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Köln


    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.05.2017 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 343/16 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus der F (F) und der Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung (TBU) mit der Versicherungsscheinnummer 60xx00xx28x-x-48-xx50-xx wegen der aus den Schadensereignissen vom 18.11.2015 und 05.12.2015 (Schaden-Nummern der Beklagten: 28xx60xx01x6 und 28xx60xx01x9) entstandenen Schäden bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    1

    G r ü n d e :

    2

    I.

    3

    Die Klägerin begehrt im Wege der Feststellungsklage die Gewährung von bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Elektronikversicherung und einer Betriebsunterbrechungsversicherung wegen Schäden, die bei zwei Einbruchdiebstählen am 18.11.2015 und 05.12.2015 an der versicherten Photovoltaikanlage in J/Italien entstanden sind. Die Beklagte hat den in Rede stehenden Diebstahl von Photovoltaikmodulen unstreitig gestellt.

    4

    Die D AG (nachfolgend D) unterhielt bei der Beklagten für eine Photovoltaikanlage im italienischen J zur Versicherungsschein-Nummer 60xx00xx28x-x-48-xx50-xx eine F mit einer Versicherungssumme von 3.630.144,-- € sowie eine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung mit einer Versicherungssumme von 475.000,- -€. Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Elektronikversicherung (ABE 2008) sowie die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung (AMBUB 2008) zugrunde. Versicherungsbeginn war jeweils der 10.04.2012, 12.00 Uhr.

    5

    Abschnitt A § 3 ABE 2008 lautet:

    6

    „§ 3 Versicherte Interessen

    7

    8

    1. Versichert ist das Interesse des Versicherungsnehmers.

    9

    Ist der Versicherungsnehmer nicht Eigentümer, so ist auch das Interesse des Eigentümers versichert. Die Bestimmungen zu versicherten Schäden und Gefahren bleiben unberührt.

    10


    11

    4. Hat der Versicherungsnehmer die Sache einem Dritten als Mieter, Pächter, Entleiher oder Verwahrer übergeben, so ist auch das Interesse dieses Dritten versichert.

    12


    13

    Im Übrigen gelten die Bestimmungen zur Versicherung für fremde Rechnung.“

    14

    Abschnitt B § 12 ABE 2008 lautet:

    15

    „§ 12 Versicherung für fremde Rechnung

    16

    1.

    17

    Rechte aus dem Vertrag

    18

    Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für das Interesse eines Dritten (Versicherten) schließen. Die Ausübung der Rechte aus diesem Vertrage steht nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu. Dies gilt auch, wenn der Versicherte den Versicherungsschein besitzt.

    19

    2.

    20

    Zahlung der Entschädigung

    21

    Der Versicherer kann vor Zahlung der Entschädigung an den Versicherungsnehmer den Nachweis verlangen, dass der Versicherte seine Zustimmung dazu erteilt hat. Der Versicherte kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen.

    22

    ...“

    23

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zu den Akten gereichten Versicherungsschein zur Versicherungsschein-Nummer 60xx00xx28x-x-48-xx50-xx vom 09.05.2012 (Bl. 23 ff.), die in Ablichtung zu den Akten gereichten Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Elektronikversicherung (ABE 2008) (Bl. 45 ff.) und die in Ablichtung zu den Akten gereichten Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung (AMBUB 2008) (Bl. 67 ff.) Bezug genommen.

    24

    Im Folgenden schloss die D mit der Klägerin, bei der es sich seinerzeit um eine 100%ige Tochter der D handelte, einen Unterpachtvertrag über die versicherte Photovoltaikanlage. Wegen der Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zu den Akten gereichten Unterpachtvertrag (Bl. 425 ff.) Bezug genommen.

    25

    Mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom 10.04.2013 (Bl. 37 ff.) wurde der Versicherungsvertrag im Hinblick auf den Unterpachtvertrag mit Zustimmung der D von der Klägerin übernommen. Auf das Verzeichnis der versicherten Sachen/Risikobeschreibung auf Seite 3 und 4 des Nachtrags (Bl. 50 f.) wird Bezug genommen. Die Klägerin betrieb in der Folgezeit die versicherte Photovoltaikanlage.

    26

    Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 06.02.2014 – 67a IN 468/13 – wurde über das Vermögen der D das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Ende des Monats Februar 2014 kündigte die Klägerin den mit der D geschlossenen Unterpachtvertrag außerordentlich. Mit Schreiben vom 29.08.2014 forderte der Insolvenzverwalter der D die Klägerin unter Setzung einer Frist bis zum 15.09.2014 zur Herausgabe der Photovoltaikanlage auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das in Ablichtung zu den Akten gereichte Schreiben des Insolvenzverwalters der D vom 29.08.2014 (Bl. 185 ff.) Bezug genommen.

    27

    Mit Kaufvertrag vom 15./17.12.2014 veräußerte der Insolvenzverwalter der D die versicherte Photovoltaikanlage an die O GmbH (nachfolgend O). Durch Beschluss der Gläubigerversammlung vom 30.09.2015 wurde der Veräußerung zugestimmt. Die hiergegen gerichteten Anträge von vier Gläubigern auf Aufhebung des Veräußerungsbeschlusses der Gläubigerversammlung wurden durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 12.11.2015 zurückgewiesen. Die O schloss hierauf bei der B Versicherungs-AG für die versicherte Photovoltaik-Anlage eine Elektronikversicherung mit Versicherungsbeginn zum 01.02.2015, 12.00 Uhr, ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zu den Akten gereichten Versicherungsschein 30/0xx9/6xx45xx/1xx vom 23.02.2015 (Bl. 202) Bezug genommen.

    28

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.11.2015 (Bl. 92 f.) zeigte die Klägerin der Beklagten an, dass in der Nacht vom 17.11.2015 auf den 18.11.2015 in die versicherte Anlage eingebrochen worden sei und 482 Module gestohlen worden seien. Zum Zwecke des Diebstahls sei ein Teil der Umzäunung beschädigt worden. Mit der Schadenanzeige übersandte die Klägerin der Beklagten Fotos. Der Schaden wurde von der örtlichen Polizeibehörde aufgenommen. Mit Schadensmeldung vom 07.12.2015 (Anlage K 6, Bl. 97 ff.) zeigte die Klägerin der Beklagten einen weiteren Diebstahl an. In der Nacht vom 04.12.2015 auf den 05.12.2015 seien 396 Modulen gestohlen worden. Der Diebstahl sei von dem Zeugen N T am 07.12.2015 festgestellt worden, der Wartungsarbeiten an der Anlage habe durchführen wollen. Die Klägerin meldete den Diebstahl der örtlichen Polizeibehörde. Sie übersandte der Beklagten eine fotografische Dokumentation. Die Kosten der Wiederbeschaffung der Module und ihrer Montage beziffert die Klägerin auf circa 143.000,- - €, ihren voraussichtlicher Betriebsunterbrechungsschaden auf rund 100.000,- - €.

    29

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.06.2016 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr sämtliche Versicherungsscheine sowie sämtliche Nachträge zu übersenden und für die angezeigten Schadensereignisse bis zum 27.06.2016 eine Deckungszusage zu erteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zu den Akten gereichten Schreiben vom 19.11.2015 (Bl. 92 f.), vom 07.12.2015 (Bl. 98 ff.) und vom 13.06.2016 (Bl. 119 ff.) ergänzend Bezug genommen.

    30

    Durch Urteil des Landgerichts Hannover vom 19.05.2016 wurden zwei Hintermänner der D wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Das Landgericht Hannover sah es als erwiesen an, dass die Verurteilten über ein Geflecht verschiedener Firmen insgesamt 272 private Anleger betrogen und hierdurch einen Gesamtschaden in Höhe von 10.500.000,- € verursacht haben, indem Teile von Solarparks, unter anderem der versicherten Photovoltaikanlage, an die Anleger veräußert und diese anschließend von den Anlegern gegen einen garantierten Pachtzins zurückgepachtet worden seien. Tatsächlich sei der garantierte Pachtzins über die zu erzielende Einspeisungsvergütung aber nicht zu erwirtschaften gewesen. Zum anderen seien ab einem bestimmten Zeitpunkt Anlagenteile veräußert worden, die tatsächlich nicht existent gewesen seien. Auch seien Anlagenteile mehrfach veräußert worden. Ein in diesem Zusammenhang gegen den Geschäftsführer der Klägerin, der in der Vergangenheit auch einmal Geschäftsführer der D war, geführtes Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Hannover durch Verfügung vom 25.08.2016 ein. Ein bei der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den Geschäftsführer der Klägerin zum Aktenzeichen 5511 Js 274/15 geführtes Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzstraftaten im Zusammenhang mit der Insolvenz der D ist bisher nicht abgeschlossen.

    31

    Mit Schriftsatz vom 13.12.2016 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung.

    32

    Die O leitete gerichtliche Verfahren gegen die Klägerin in Italien ein. Am 01.08.2017 genehmigte die 2. Zivilkammer des Gerichts in Bologna auf Antrag der O einen dinglichen Arrest in das Vermögen der Klägerin sowie die vorläufige Beschlagnahme der Vermögenswerte der Klägerin bis zur Höhe von 2.183.605 €. Auf Seite 9 der gerichtlichen Entscheidung wird ausgeführt, dass die O Berechtigte sei, um in Bezug auf die Photovoltaikanlage in J vom (ehemaligen) Mieter D2 Rückgabe, Zahlungen und Entschädigung zu erhalten.

    33

    Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der vor dem Landgericht gestellten Schlussanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

    34

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der streitgegenständliche Versicherungsvertrag durch die unstreitige fristlose Kündigung des Unterpachtvertrages zwischen der Klägerin und der D zum Ende des Monats Februar 2014 sein Ende gefunden habe, so dass die Klägerin aus diesem für die Zeit nach der Beendigung des Unterpachtverhältnisses keine Ansprüche gegen die Beklagte mehr herleiten könne. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass sie im Zeitpunkt der Übernahme der Versicherung Eigentümerin der versicherten Photovoltaikanlage gewesen sei. Die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, von wem sie das Erbbaurecht erworben habe und hierzu auch keinerlei Unterlagen vorgelegt.

    35

    Nach der Kündigung des Unterpachtvertrages sei das Eigeninteresse der Klägerin weggefallen, da sie seit der Kündigung über kein Recht zum Besitz an der versicherten Anlage mehr verfügt habe und auch nicht mehr zu deren Betrieb berechtigt gewesen sei. Hierfür komme es nicht darauf an, ob die Klägerin mit dem örtlichen Versorgungsunternehmen einen Vertrag über die Einspeisung von Energie abgeschlossen habe, da ein solcher Vertrag nur das Außenverhältnis der Klägerin zum Energieversorger betreffe. Die Kammer verkenne auch nicht, dass es für die Frage des Bestehens eines versicherten Interesses nicht allein ausschlaggebend sei, ob die Klägerin berechtigte Besitzerin der versicherten Photovoltaikanlage sei. Ein Recht zum Betrieb der Anlage und damit auch ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Versicherung der Photovoltaikanlage habe die Klägerin aber nur, wenn sie auch nach der von ihr selbst erklärten Kündigung des Unterpachtvertrages gerade im Verhältnis zum Eigentümer der versicherten Anlage dazu berechtigt wäre, diese zu betreiben. Ob die Klägerin die Anlage tatsächlich weiterhin betreibe und auf Grundlage eines mit dem örtlichen Energieversorgungsunternehmens geschlossenen Vertrages eine Einspeisungsvergütung vereinnahme, ohne hierzu berechtigt zu sein, sei demgegenüber für die Frage, ob die Klägerin noch ein versichertes Interesse habe, nach Ansicht der Kammer ohne Belang. Mit dem Wegfall des versicherten Interesses der Klägerin habe auch der streitgegenständliche Versicherungsvertrag sein Ende gefunden.

    36

    Nichts anderes ergebe sich, soweit durch die streitgegenständliche Versicherung neben dem Interesse der Klägerin als Pächterin der versicherten Photovoltaikanlage und deren Betreiberin auch das Interesse des Eigentümers der versicherten Anlage als versicherte Person und damit teilweise als Fremdversicherung im Sinne des § 43 Abs. 1 VVG gedeckt gewesen sei. Die Klägerin behaupte nämlich nunmehr selbst, dass die D, die der Versicherung der streitgegenständlichen Photovoltaikanlage durch die Klägerin im Zusammenhang mit der Übernahme der Versicherung zugestimmt habe, nicht deren Eigentümer gewesen sei. Es komme nicht auf die Zustimmung der D, sondern nach § 45 Abs. 3 VVG auf die Zustimmung des Versicherten, mithin des tatsächlichen Eigentümers an.

    37

    Auf Seite 12 unter 1 c. ee. des angefochtenen Urteils (Bl. 468) heißt es:

    38

    „ee. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin lediglich eine Feststellungsklage erhoben und insoweit nicht Leistung an sich selbst verlangt hat, denn soweit die Klägerin eine Feststellung der generellen Einstandspflicht der Beklagten begehren würde, ohne damit zugleich auch die Pflicht zur Leistung gerade an sich selbst oder einen benannten Dritten zu behaupten, würde der Klägerin meines Erachtens bereits das für die begehrte Feststellung nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche schützenswerte Interesse an der begehrten Feststellung fehlen.“

    39

    Nachfolgend wird in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 10.05.2017 keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gebe. Die Kammer habe in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2017 keinen rechtlichen Hinweis im Sinne von § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO erteilt, zu dem der Klägerin gegebenenfalls auch ohne entsprechenden Antrag ihrer Prozessbevollmächtigten in der Verhandlung noch rechtliches Gehör in Form eines Schriftsatznachlasses hätte gewährt werden müssen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung komme aber auch nicht in Betracht, weil das neue tatsächliche Vorbringen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.05.2017 nicht entscheidungserheblich gewesen sei, was das Landgericht näher begründet.

    40

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

    41

    Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts beruhe auf diversen Rechtsverletzungen.

    42

    Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen das Grundrecht auf gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. Es handele sich gemäß § 348 Abs. 1 Nr. 2 h) ZPO um eine Kammersache. Zwar sei das angefochtene Urteil von der Vorsitzenden und den beiden beisitzenden Richterinnen unterschrieben worden; ganz offensichtlich sei das Urteil aber ausschließlich von der Berichterstatterin gefertigt und ohne inhaltliche Abstimmung und Überprüfung von den übrigen Richterinnen „blind“ unterzeichnet worden. Dies folge jedenfalls aus dem Umstand, dass es auf Seite 12 unter Ziffer 1 c) ee) wörtlich „meines Erachtens“ heiße. Diese Bezeichnung sei unvereinbar mit der gebotenen und gesetzlich vorgeschriebenen Kollegialentscheidung. Allein der gerügte Grundrechtsverstoß rechtfertige eine Aufhebung des angefochtenen Urteils. Gegebenenfalls mögen die Unterzeichner des erstinstanzlichen Urteils sich hierzu äußern.

    43

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehe auch nach der Kündigung des Unterpachtverhältnisses ein berechtigtes Versicherungsinteresse der Klägerin. Dieses ergebe sich zunächst aus der Eigentümerstellung der Klägerin. Diese folge nach italienischem Recht aus dem der Klägerin zustehenden Erbbaurecht an den betreffenden Grundstücken, auf denen die Photovoltaikanlage errichtet worden sei. Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf die mit der Berufungsbegründung vorgelegten Unterlagen, nämlich den notariellen Erbbaurechtsvertrag vom 15.11.2010 (Anlage K 34, Bl. 542 ff.) nebst beglaubigter Übersetzung und die Grundbuchauszüge (Anlage K 36, Bl. 588 f.) nebst beglaubigter Übersetzung (Anlage K 37, Bl. 590 f.). Das Landgericht habe ihren Vortrag zur Eigentümerstellung aufgrund des zu ihren Gunsten bestehenden Erbbaurechts nicht ohne vorherigen Hinweis als unsubstantiiert zurückweisen dürfen. Bei einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis hätte sie die nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen bereits erstinstanzlich eingereicht.

    44

    Zudem verkenne das Landgericht, dass sich ein versicherbares Eigeninteresse der Klägerin aus der nach wie vor bestehenden Fortbetriebsverpflichtung gemäß Ziffer 9.4 des Unterpachtvertrages i.V.m. der Versicherungspflicht gemäß § 5 des Unterpachtvertrages ergebe. In der richtigen und vollständigen Übersetzung laute der 2. Absatz von Ziffer 9.4 des Unterpachtvertrages wie folgt:

    45

    „Im Falle der Insolvenz eines Vertragspartners ist der andere Vertragspartner zur sofortigen fristlosen Kündigung dieses Vertrages aus wichtigem Grunde (siehe § 2) berechtigt. Im Falle einer Insolvenz des Verpächters ist der Pächter verpflichtet, die andernfalls an den Verpächter zu zahlenden Nettoüberschüsse direkt anteilig an die Eigentümer der Anlage auszuzahlen. Der Pächter erkennt insoweit seine diesbezüglichen Verpflichtungen gegen den Verpächter auch gegenüber den Eigentümern an. Dies gilt auch hinsichtlich der Pflicht aus § 5 des Vertrages.“

    46

    Somit sei die Klägerin trotz der Insolvenz der D und trotz der aufgrund der Insolvenz erfolgten Kündigung des Unterpachtvertrages verpflichtet gewesen und weiterhin verpflichtet, die streitgegenständliche Photovoltaikanlage zu betreiben, um die hieraus resultierende Einspeisevergütung respektive die Nettoüberschüsse anteilig an die Eigentümer der Anlage auszahlen zu können. Darüber hinaus sei die Klägerin auch dazu verpflichtet, die Anlage zu versichern, was sich auch ohne weiteres aus dem Verweis auf § 5 des Unterpachtvertrages ergebe.

    47

    Schließlich verkenne das Landgericht, dass die Klägerin ihr eigenes versichertes Interesse auch aus weiteren schuldrechtlichen Nutzungsvereinbarungen herleiten könne. Hierbei handele es sich um die als Anlage K 33 (Bl. 448 ff.) bereits erstinstanzlich vorgelegte Nutzungsvereinbarung zwischen der N2 X & X2 M Kraftfahrzeuge- und Landmaschinen GmbH (nachfolgend N2X2) und der Klägerin. Außerdem bestehe ein entsprechendes Besitzmittlungsverhältnis zwischen der H mbH & Co. KG (nachfolgend H) und der Klägerin. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sich aus beiden Vereinbarungen ein entsprechendes versicherbares eigenes Interesse ableite.

    48

    Rechtsfehlerhaft sei die Ansicht des Landgerichts, wonach die entsprechenden schuldrechtlichen Nutzungsvereinbarungen bereits deshalb irrelevant seien, weil die D gemäß eigenem Vortrag der Klägerin überhaupt nicht Eigentümerin der Anlage gewesen sei, sie deshalb der N2X2 und der H kein Eigentum an dieser habe übertragen können. Das erstinstanzliche Gericht übersehe dabei den abgestuften Vortrag der Klägerin zu den Eigentumsverhältnissen. Primär stütze sich die Klägerin auf eine Eigentümerstellung aus abgeleitetem Recht respektive dem ihr zustehenden Erbbaurecht. Sollte diese Rechtsauffassung der Klägerin nicht geteilt werden, hätte die streitgegenständliche Photovoltaikanlage selbstverständlich ursprünglich bzw. zum Zeitpunkt des Abschlusses der Nutzungsvereinbarung vom 01.12.2011 im Eigentum der D gestanden. Die D habe die Firma T2 GmbH & Co KG mit der Erstellung einer schlüsselfertigen Photovoltaikanlage in J beauftragt. Nach der Errichtung sei die Anlage von der D abgenommen und bezahlt worden. Hierfür habe die Klägerin erstinstanzlich Beweis angeboten und das Abnahmeprotokoll (Anlage K 30, Bl. 441 ff.) vorgelegt. Im weiteren Verlauf habe dann die D die entsprechenden Module, Wechselrichter, Unterkonstruktionen usw. einerseits an die N2X2 und andererseits an die H veräußert. Die H ihrerseits habe die entsprechenden Module dann wiederum an Anleger verkauft. Vor diesem Hintergrund stelle es selbstverständlich auch keinen Widerspruch dar, wenn im Unterpachtvertrag zwischen der D und der Klägerin die Rede davon sei, dass sich die Parteien einig seien, dass die streitgegenständliche Photovoltaikanlage nicht in ihrem Eigentum stehe. Bei Abschluss des Unterpachtvertrages sei den Vertragsschließenden nicht bekannt gewesen, dass tatsächlich die Klägerin aufgrund des ihr zustehenden Erbbaurechts Eigentümerin der streitgegenständlichen Photovoltaikanlage gewesen sei.

    49

    Irrelevant sei die Annahme des Landgerichts, dass sich aus den nachgereichten Unterlagen eine Zustimmung der N2X2 zur Auszahlung der Versicherungsleistungen an die Klägerin nicht entnehmen lasse. Zum einen habe das Landgericht hierauf hinweisen bzw. die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen. Für diesen Fall hätte die Klägerin ausdrücklich behauptet, dass die N2X2 ihre Zustimmung zu einer Auszahlung von Versicherungsleistungen an die Klägerin erteilt habe und hierfür Zeugenbeweis angeboten (Bl. 534). Zum anderen sei es ausschließlich Sache der Beklagten als Versicherer gewesen, das angeblich fehlende Eigentum der Klägerin als Versicherungsnehmerin zu beweisen, wenn sie – wie hier – die Entschädigung gemäß § 45 Abs. 3 VVG von der Zustimmung des Eigentümers abhängig machen wolle.

    50

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts, komme es für das versicherte Interesse nicht auf die Frage eines berechtigten Besitzrechts der Klägerin an. Ausreichend sei, dass ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss der Versicherung bestehe. Ein solches liege aber unzweifelhaft vor, weil die Klägerin die alleinige Betreiberin der Anlage, Inhaberin eines entsprechenden Einspeisevergütungsvertrages mit einem italienischen Energieversorger sowie Inhaber der Projektrechte sei. Einspeiseberechtigter und somit Vertragspartner des jeweiligen Energieversorgers sei immer und ausschließlich der Betreiber der Anlage, auf die dingliche Eigentümerstellung komme es nicht an. Betreiber der Anlage sei aber unzweifelhaft die Klägerin. Die Wiederherstellung der Anlage gereiche letztlich zum Vorteil eines jeden Eigentümers, wer auch immer dieser letztlich sein möge. Dass das versicherte Interesse nach objektiven und subjektiven Merkmalen nicht dauerhaft weggefallen sei, zeige sich auch daran, dass die Klägerin bis zum heutigen Tage die entsprechenden Versicherungsprämien bezahle.

    51

    Schließlich ergebe sich ein eigenes versicherbares Interesse der Klägerin selbst dann, wenn man unterstelle, sie sei nicht Eigentümerin, sondern nur unmittelbare Besitzerin der Anlage. Denn selbst wenn die Vorschriften über das EBV gemäß § 985 ff. BGB anwendbar wären, läge ein eigenes versicherbares Interesse vor. Die Klägerin hätte gemäß § 987 BGB nicht nur die Nutzungen an den jeweiligen Eigentümer herauszugeben, die sie nach Rechtshängigkeit zieht, sondern sie wäre gemäß § 987 Abs. 2 BGB auch verpflichtet, die nicht gezogenen Nutzungen herauszugeben, die sie nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätte ziehen können. Dies bedeute die Herausgabe einer Einspeisevergütung, die sie bei einer voll funktionsfähigen Photovoltaikanlage habe erzielen können. Diesen Vortrag habe das Landgericht vollständig unberücksichtigt gelassen, insofern liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor.

    52

    Hilfsweise beruft sich die Klägerin auf das Vorliegen einer (teilweisen) Fremdversicherung im Sinne von § 43 Abs. 1 VVG. Das fehlende Eigentum des Versicherungsnehmers müsse der Versicherer beweisen, wenn er die Entschädigung gemäß § 45 Abs. 3 VVG von der Zustimmung des Eigentümers abhängig machen wolle. Im Übrigen schlage die Klägerin nach wie vor eine Abwicklung des Versicherungsfalls über eine Treuhandlösung vor. So könne sichergestellt werden, dass die entsprechenden Versicherungsleistungen nur und ausschließlich dazu verwendet werden, die gestohlenen Module wieder anzuschaffen. Die Wiederanschaffung der gestohlenen Module gereiche jedem Eigentümer zum Vorteil. Zudem hätten sowohl die N2X2 als auch die H ausdrücklich ihre Zustimmung zur Auszahlung einer Entschädigung an die Klägerin erklärt. Die Klägerin bietet hierfür Zeugenbeweis an (Bl. 541).

    53

    Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Versicherungsvertrag auch nicht aufgrund der erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig. Es liege keine Täuschung durch einen verfassungsgemäß berufenen Vertreter der Klägerin oder der D vor.

    54

    Die Klägerin beantragt,

    55

    unter Abänderung des am 24.05.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 20 O 343/16 festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin aus der F (F) und der Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung (TBU) mit der Versicherungsscheinnummer 60xx00xx28x-x-48-xx50-xx wegen der aus den Schadensereignissen vom 18.11.2015 und 05.12.2015 (Schaden-Nummern der Beklagten: 28xx60xx01x6 und 28xx60xx01x9) entstandenen Schäden bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren hat.

    56

    Die Beklagte beantragt,

    57

    die Berufung zurückzuweisen.

    58

    Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Sie meint, dass der Vortrag der Klägerin zur Eigentümerstellung an der Photovoltaikanlage widersprüchlich sei. Sie rügt hinsichtlich der neu eingereichten Unterlagen Verspätung. Sie bestreitet die Wirksamkeit der Erbbaurechtsbestellung. Außerdem ergebe sich aus der Bestellung eines Erbbaurechts nach italienischem Recht nicht, dass die Klägerin Eigentümerin der Photovoltaikanlage geworden sei. Die Beklagte bestreitet das wirksame Bestehen irgendwie gearteter Nutzungsvereinbarungen. Die Nutzungsvereinbarung Anlage K 33 sei erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden und damit gemäß § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Der entsprechende Sachvortrag der Klägerin sei gemäß § 531 ZPO präkludiert. Das Landgericht habe auch keine Hinweispflichten verletzt. Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung habe nicht bestanden. Die Beklagte hält an ihrer mit der Klageerwiderung vom 13.12.2016 erklärten Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung fest und sieht sich in ihrer Einschätzung durch den Inhalt des als Anlage SP 12 (AH) vorgelegten nicht rechtskräftigen Strafurteils des Landgerichts Osnabrück vom 19.05.2016 bestätigt.

    59

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

    60

    II.

    61

    Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

    62

    1.

    63

    Dies beruht jedoch nicht auf der Rüge der Klägerin, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin und nicht durch die gemäß § 348 Abs. 1 Nr. 2 h) ZPO zuständige Kammer als Kollegialgericht entschieden. An der mündlichen Verhandlung haben die Vorsitzende und die beiden beisitzenden Richterinnen teilgenommen, von allen drei Richterinnen wurde das Urteil unterschrieben. Bei der einmaligen Verwendung des Begriffs „meines Erachtens“ auf Seite 12 der Entscheidungsgründe handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, der auf einer Übernahme des Textes aus dem Votum zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung beruhen dürfte. Hieraus zu schließen, dass die Sache nicht vom Kollegialgericht beraten und entschieden wurde, entbehrt jeglicher Grundlage. Wiederholt ist in den Entscheidungsgründen von der Kammer die Rede. Das klageabweisende Urteil entspricht dem von der Vorsitzenden der 20. Zivilkammer in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2017 protokollierten Hinweis der Kammer. Die Einholung einer dienstlichen Stellungnahme der Richterinnen war nicht erforderlich, weil der Schreibfehler offensichtlich ist und objektiv keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter bestehen.

    64

    2.

    65

    Die Feststellungsklage der Klägerin auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes wegen der Schadensfälle vom 18.11.2015 und 05.12.2015 ist zulässig und begründet.

    66

    a)

    67

    Gegen die Zulässigkeit der Erhebung einer Feststellungsklage auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes bestehen keine Bedenken. Die Beklagte bestreitet ihre generelle Deckungspflicht für die streitgegenständlichen Entwendungen. Streitig ist insbesondere, ob das Versicherungsverhältnis wegen Wegfalls des versicherten Interesses analog § 80 Abs. 2 VVG beendet ist. An einer Klärung der Einstandspflicht der Beklagten, für die der Streit um den Wegfall des versicherten Interesses eine Vorfrage ist, hat die Klägerin unabhängig davon, an wen die Versicherungsleistung zahlen ist, ein rechtliches Interesse.

    68

    Nicht nachvollziehbar sind deshalb die Ausführungen des Landgerichts auf Seite 12 des Urteils, wonach ein schützenswertes Interesse an der begehrten Feststellung nach § 256 Abs. 1 ZPO fehlen soll, soweit die Klägerin eine Feststellung der generellen Einstandspflicht der Beklagten begehren würde, ohne damit zugleich auch die Pflicht zur Leistung gerade an sich selbst oder einen benannten Dritten zu behaupten. Gemäß Abschnitt B § 12 Nr. 1 ABE 2008 steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu. Lediglich hinsichtlich der Auszahlung der Versicherung enthält Abschnitt B § 12 Nr. 2 ABE 2008 eine Einschränkung dahingehend, dass der Versicherer vor Zahlung der Entschädigung an den Versicherungsnehmer den Nachweis verlangen kann, dass der Versicherte seine Zustimmung dazu erteilt hat. Da die Klägerin Feststellung und nicht die Auszahlung von Versicherungsleistungen an sich begehrt, kommt es auf die Zustimmung des Versicherten (derzeit) nicht an. Allenfalls wenn ausgeschlossen wäre, dass die Klägerin Leistung an sich oder mangels Zustimmung des Versicherten auch nicht an diesen verlangen könnte, könnte ein Feststellungsinteresse fraglich sein. Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

    69

    Mit Rücksicht auf das in § 9 ABE 2008 und § 7 AMBUB 2008 vorgesehene Sachverständigenverfahren, das der Versicherungsnehmer ohne Zustimmung des Versicherers in Gang bringen kann und auf dessen Durchführung die Klägerin bislang nicht verzichtet hat, braucht sie sich nicht auf eine Leistungsklage verweisen zu lassen. Damit würde sie sich des Rechts begeben, ein Sachverständigenverfahren zur Schadenshöhe zu beantragen. Eine Verpflichtung, sich schon im Rechtsstreit zu erklären, ob sie das Sachverständigenverfahren beantragen werde, besteht nicht (zum Ganzen BGH, Urteil vom 16. April 1986 – IVa ZR 210/84 –, juris; BGH, Urteil vom 7. März 1966 - II ZR 225/63 - VersR 1966, 673).

    70

    b)

    71

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes wegen der Schadensfälle vom 18.11.2015 und 05.12.2015 aus der Elektronikversicherung gemäߠ § 1 S. 1 VVG i. V. m. Abschnitt A § 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1 ABE 2008 und aus der Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung gemäß § 1 S. 1 VVG i.V.m. Abschnitt A § 1 Nr. 1 AMBUB 2008.

    72

    aa)

    73

    Ausweislich des Nachtrags Nr. 1 (Anl. K2, Bl. 37) besteht seit dem 10.04.2012 zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Versicherungsvertrag über eine Elektronikversicherung mit einer Versicherungssumme von 3.630.144 € und über eine Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 475.000 €. Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin. Im Nachtrag ist ausdrücklich angegeben, dass der ursprünglich bestehende Versicherungsvertrag auf die Klägerin als anderen Versicherungsnehmer übertragen wurde. In beiden Versicherungsverträgen wird die streitgegenständliche Photovoltaikanlage in J als versicherte Sache/Risikobeschreibung ausdrücklich aufgeführt (Bl. 40 f.). Als Versicherungsnehmerin ist die Klägerin aktivlegitimiert, um einen Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz wegen der streitgegenständlichen Schadensfälle an der versicherten Photovoltaikanlage geltend zu machen.

    74

    bb)

    75

    Die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung führt nicht zur Nichtigkeit der Versicherungsverträge gemäß §§ 123, 142 Abs. 1 BGB i.V.m. § 22 VVG. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Versicherungsnehmerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, oder ein Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 VVG sie bei Abschluss bzw. Übernahme des Versicherungsvertrages arglistig getäuscht habe.

    76

    (1)

    77

    Die Beklagte stützt ihre Anfechtung nicht auf eine arglistige Täuschung durch aktives Tun. Die Beklagte begründet die arglistige Täuschung damit, dass sowohl die D als auch die Klägerin bei Abschluss bzw. Übernahme des Versicherungsvertrages verschwiegen hätten, dass die Photovoltaikanlage in Teilen an private Anleger veräußert worden sei, die Anleger hierbei teilweise über die Existenz der veräußerten Anlageteile sowie über die Höhe eines vorgeblich garantierten Pachtzinses und einer vorgeblichen Einspeisevergütung getäuscht worden seien (Bl. 166). Allein das Betreiben des Schneeballsystems und der damit für die Beklagte einhergehenden Gefahr, sich im Falle wirksamer Anteilsveräußerungen zahlreicher Versicherten und gegebenenfalls deren Ansprüchen ausgesetzt zu sehen, bedinge eine anzeigepflichtige unmittelbare Gefährdung des Vertragszwecks der Versicherung. Indes räumt die Beklagte ein, dass bei Antragstellung durch die D oder bei der Übernahme der Versicherungsverträge durch die Klägerin keine Fragen zur Eigentümerstellung an der Photovoltaikanlage gestellt wurden. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass Teile der Photovoltaikanlage im Rahmen eines Kapitalanlageobjekts an eine Vielzahl von Anlegern veräußert werden sollten.

    78

    (2)

    79

    Mangels entsprechender Fragen des Versicherers kommt daher nur eine arglistige Täuschung durch Unterlassen der Angabe offenbarungspflichtiger Umstände in Betracht. Eine Pflicht zur Offenbarung nicht erfragter Umstände setzt voraus, dass diese nach der Einschätzung des Versicherungsnehmers trotz des Unterbleibens diesbezüglicher Fragen gefahrerheblich sind (hierzu Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. § 22, Rn. 2 ff.). Dies hat die Beklagte nicht schlüssig dargetan.

    80

    (a)

    81

    Hinsichtlich der Veräußerung von Anteilen an eine Vielzahl von Kapitalanlegern ist bereits nicht nachvollziehbar, inwieweit sich hierdurch die versicherte Gefahr erhöhen soll. Die Beklagte begründet die Gefahrerheblichkeit damit, dass sie sich im Falle wirksamer Anteilsveräußerungen mit zahlreichen Versicherten und gegebenenfalls deren Ansprüchen auseinandersetzen müsse. Die Auseinandersetzung mit zahlreichen Anteilseignern mag die Abwicklung eines eingetretenen Versicherungsfalls erschweren, der Eintritt einer gemäß § 2 ABE 2008 versicherten Gefahr hängt jedoch nicht davon ab, wie viele Personen Eigentumsrechte an der versicherten Sache haben. Im Übrigen erschwert das Vorhandensein einer Vielzahl von Mitversicherten primär die Auszahlung der begehrten Versicherungsleistungen für den Versicherungsnehmer. Die Interessen der Beklagten werden durch Abschnitt B § 12 Nr. 1 ABE 2008 geschützt, wonach die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zusteht. Zudem hilft die Argumentation der Beklagten für die streitgegenständliche Betriebsunterbrechungsversicherung nicht weiter, weil dort nur ein entgangener Betriebsgewinn oder fortlaufende Kosten der Klägerin versichert sind.

    82

    (b)

    83

    Des Weiteren hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan, dass die D oder die Klägerin gewusst haben, dass einem Vorhandensein einer Vielzahl von Anteilseignern Bedeutung für den Entschluss der Beklagten zukam, die streitgegenständlichen Versicherungen abzuschließen. Nach der Regelung in § 3 ABE 2008 ist nicht Voraussetzung für den Versicherungsschutz, dass der Versicherungsnehmer Eigentümer der Anlage ist. Für einen Versicherungsnehmer liegt auch nicht auf der Hand, dass ein Versicherer ein Interesse daran hat, ungefragt darüber aufgeklärt zu werden, dass eine versicherte Photovoltaikanlage im Rahmen eines Kapitalanlageprojekts vermarktet wird. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten.

    84

    (c)

    85

    Dahingestellt bleiben kann, ob die D oder die Klägerin verpflichtet gewesen wären, der Beklagten ungefragt mitzuteilen, dass im Rahmen eines Schneeballsystems die Übertragung von Eigentumsanteilen an der versicherten Anlage unter Täuschung der Kapitalanleger erfolgte. Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, dass hinsichtlich der versicherten Photovoltaikanlage in J tatsächlich ein Schneeballsystem betrieben worden ist. Die für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte trägt zu der behaupteten mehrfachen Veräußerung von Teilen der Anlage an private Anleger nicht konkret vor. Die Bezugnahme auf das nicht rechtskräftige Strafurteil des Landgerichts Osnabrück, insbesondere auf die Seiten 63-66, reicht insoweit nicht aus.

    86

    Außerdem ist der Vortrag der Beklagten zur Veräußerung an Privatanleger in sich widersprüchlich. Die Beklagte beruft sich darauf, dass die Photovoltaikanlage im Ganzen wirksam durch den über das Vermögen der Firma D bestellten Insolvenzverwalter an die Firma O verkauft und übereignet worden sei. Eine Veräußerung der Anlage durch den Insolvenzverwalter wäre jedoch ausgeschlossen, wenn diese – wie die Beklagte zur Begründung ihres Anfechtungsrechts behauptet – in Teilen bereits vor der Insolvenz im Rahmen eines Schneeballsystems an private Anleger veräußert worden wäre. Die zeitlich ersten Anleger hätten bei einem Schneeballsystem noch wirksam Eigentum erwerben können.

    87

    (3)

    88

    Schließlich hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan und geeignet unter Beweis gestellt, dass der D bei Abschluss des Versicherungsvertrages oder der Klägerin bei Übernahme des Versicherungsvertrages das angeblich betriebene Schneeballsystem bekannt gewesen ist. Als juristische Personen werden die D und die Klägerin wirksam vertreten durch den jeweiligen Geschäftsführer, wobei der Geschäftsführer der Klägerin, Herr S C, zumindest zeitweise auch Geschäftsführer der D war. Trotz der diesbezüglichen Rügen der Klägerin und des Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2018 hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan, dass Herrn C das angeblich praktizierte Schneeballsystem bekannt gewesen sei. Das vor dem Landgericht Osnabrück geführte Strafverfahren richtete sich nicht gegen Herrn C. Ein gegen den Geschäftsführer der Klägerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde am 25.08.2016 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

    89

    Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass der durch das Landgericht Osnabrück verurteilte Q E faktisch die Firma D geleitet habe, reicht dies nicht aus, um eine Zurechnung gemäß § 123 Abs. 2 BGB zu begründen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass und inwiefern Herr E am Abschluss oder der Übernahme der Versicherungsverträge beteiligt war.

    90

    (4)

    91

    Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis der Beklagten auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.02.1989 (IVa ZR 197/87, VersR 1989,465). Dieses behandelt einen völlig anders gelagerten Sachverhalt. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte ein Ehemann seine Ehefrau zum Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages, bei dem sie Versicherungsnehmerin und er Bezugsberechtigter wurde, in der Absicht veranlasst, seine Ehefrau zu ermorden. Ein geplanter Mord an der Versicherungsnehmerin ist jedoch nicht mit einem betrügerischen Schneeballsystem zu vergleichen.

    92

    cc)

    93

    Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Aktivlegitimation der Klägerin, die sich aus ihrer Stellung als Versicherungsnehmerin ergibt, nicht eine Veräußerung der versicherten Sache gemäß § 95 VVG entgegenstehen. § 95 VVG setzt eine „versicherte Sache“ und damit einen Sachversicherungsvertrag voraus. Im Einklang mit der Vorgängerregelung muss der Versicherungsnehmer nicht zugleich Eigentümer sein. § 95 VVG gilt daher gleichermaßen bei einer Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG (Staudinger, in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 95 VVG, Rn. 7). Im vorliegenden Fall liegen allerdings weder die Voraussetzungen für einen Übergang des Versicherungsverhältnisses auf den Erwerber gemäß § 95 Abs. 1 VVG vor, noch ergibt sich ein Wechsel des Versicherungsnehmers aus einer analogen Anwendung des § 95 Abs. 1 VVG bei einer Veräußerung durch den Versicherten.

    94

    (1)

    95

    Unter einer Veräußerung im Sinne des § 95 VVG ist die rechtsgeschäftliche Einzelnachfolge im Eigentum zu verstehen, wie sie sich für Grundstücke aus §§ 873, 925 BGB, für Mobilien aus §§ 929 ff. ergibt (Staudinger, in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 95 VVG, Rn. 11). § 95 VVG erfasst nicht den Fall, dass durch Miet- oder Pachtvertrag eine lediglich obligatorische Verpflichtung zur Überlassung derselben begründet wird (Staudinger, in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 95 VVG, Rn. 17). Ausweislich seines Wortlauts erfordert § 95 VVG eine Veräußerung des Versicherungsnehmers. Veräußert ein Nichtberechtigter im eigenen Namen eine dem Versicherungsnehmer gehörende Sache, findet § 95 Abs. 1 VVG im Falle eines gutgläubigen Erwerbs (§§ 892, 932-935 BGB) bereits dem Wortlaut nach („vom Versicherungsnehmer“) keine Anwendung. Vielmehr kommt in diesem Fall nur ein Erlöschen der Versicherung wegen Wegfalls des versicherten Interesses (gemäß § 80 Abs. 2 VVG in Betracht (Staudinger, in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 95 VVG, Rn. 58; Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 95, Rn. 11).

    96

    Soweit sich die Beklagte auf eine wirksame Veräußerung der versicherten Photovoltaikanlage durch den Insolvenzverwalter beruft, fehlt es an der erforderlichen Veräußerung durch die Klägerin als Versicherungsnehmerin. Eine Veräußerung durch den Insolvenzverwalter hat die Klägerin nicht genehmigt. § 95 VVG ist auf die Veräußerung durch den Insolvenzverwalter deshalb unmittelbar nicht anwendbar.

    97

    (2)

    98

    Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass in Bezug auf das mögliche Eigentum Dritter an der Anlage oder an einzelnen Photovoltaikmodulen eine Fremdversicherung vorliegen könnte. Anerkannt ist, dass § 95 VVG bei der Fremdversicherung im Sinne von § 43 VVG entsprechend anwendbar ist (Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 95, Rn. 24; Staudinger in, Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 95 VVG, Rn. 55). Als Beispiel hierfür wird genannt, dass ein Dritter (z.B. der Vermieter) Eigentümer der veräußerten Sache ist und der Versicherungsnehmer (z.B. der Mieter) neben seinem eigenen Interesse auch das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers mitversichert hat (Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 95, Rn. 24). Die analoge Anwendung wird mit dem Schutzzweck und dem Wortlaut des § 95 VVG begründet, der nur darauf abstelle, dass der Erwerber Eigentümer werde, nicht aber darauf, dass der veräußernde Versicherungsnehmer Eigentümer gewesen sei (Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 95, Rn. 24).

    99

    Die analoge Anwendung des § 95 VVG bei der Fremdversicherung führt indes nur dazu, dass der Erwerber anstelle des Veräußerers in die Position des Versicherten einrückt (Staudinger, in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 95 VVG, Rn. 55). Die Stellung des Versicherungsnehmers bleibt hiervon unberührt. So bleibt der Versicherungsnehmer zur Weiterzahlung der Prämien verpflichtet, auch wenn seine Zustimmung zur Veräußerung fehlt. Dies wird damit begründet, dass das Sachersatzinteresse des Versicherungsnehmers fortbesteht und er überdies den Versicherungsvertrag kündigen kann (zum Ganzen Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 95, Rn. 24).

    100

    Vorliegend bedeutet dies, dass eine Veräußerung durch den Insolvenzverwalter allenfalls zu einer Änderung der Position des mitversicherten Eigentümers führen könnte. Indes rückt die O als Erwerber nicht gemäß § 95 VVG analog in die von der Klägerin abgeschlossenen Versicherungsverträge als Versicherungsnehmer ein. Entsprechendes gilt für mögliche sonstige Eigentümer der Module, wie etwa die WM, die H oder die Kapitalanleger.

    101

    dd)

    102

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurden die Versicherungsverträge nicht vor Eintritt der streitgegenständlichen Schadensfälle wegen Wegfalls des versicherten Interesses beendet. Das versicherte Interesse der Klägerin ist weder in der Elektronikversicherung noch in der Maschinen-Betriebs-unterbrechungsversicherung endgültig weggefallen.

    103

    (1)

    104

    Vom Ansatz her zutreffend führt das Landgericht aus, dass mit dem Wegfall des versicherten Interesses ein Sachversicherungsvertrag sein Ende findet. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus § 80 Abs. 2 VVG, da dieser nur die Frage der Prämienzahlungspflicht bei Wegfall des versicherten Interesses regelt. Gleichwohl ist anerkannt, dass der Wegfall des versicherten Interesses automatisch zur Beendigung eines Sachversicherungsvertrages führt (OLG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 U 142/11 –, Rn. 31, juris; Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 80, Rn. 23).

    105

    § 80 VVG knüpft daran an, dass in der Schadensversicherung nicht vermögenswerte Güter bzw. das Vermögen als Ganzes, sondern Interessen hieran versichert werden (Schnepp in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 80 VVG, Rn. 7). Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zweifel durch Auslegung des Versicherungsvertrages zu ermitteln, welche Interessen die Vertragsparteien als versichert vereinbart haben (BGH, Urteil vom 05.08.2008 – IV ZR 89/07 –, BGHZ 175,374, juris; BGH, Urteil vom 28.03.2001 – IV ZR 163/99, juris). Die Typisierung eines Versicherungsvertrages besagt – von aufsichtsrechtlichen Vorschriften abgesehen – noch nicht, dass die Ausgestaltung im Einzelnen nicht auch Elemente anderer Vertragstypen enthalten kann; daher kann in der Sachversicherung das Sachersatzinteresse eines Dritten mitversichert werden (BGH, Urteil vom 05.08.2008 – IV ZR 89/07 –, BGHZ 175,374, juris).

    106

    (2)

    107

    Gemessen daran ist das versicherte Interesse der Klägerin in der Elektronikversicherung und in der Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung nicht endgültig entfallen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Schadensfälle Eigentümerin der entwendeten Module war. Als Eigentümerin der versicherten Module hätte sie unzweifelhaft ein versichertes Interesse. Ein versichertes Interesse der Klägerin ergibt sich jedoch auch daraus, dass die Eigentumsverhältnisse an der versicherten Sache ungeklärt sind und die Klägerin im Zeitpunkt der Schadensfälle unmittelbare Besitzerin und Betreiberin der Photovoltaikanlage war. Selbst wenn sie nach der Beendigung des Unterpachtvertrages kein Recht mehr zum Besitz gehabt haben sollte und zur Herausgabe der Photovoltaikanlage verpflichtet gewesen sein sollte, so hätte sie dennoch ein wirtschaftliches Interesse an der Erhaltung der Sache.

    108

    (a)

    109

    Wegen der bisher ungeklärten Eigentumsverhältnisse an der versicherten Sache ist jedenfalls kein dauerhafter Wegfall des versicherten Interesses festzustellen. Wie der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat, können ungeklärte Eigentumsverhältnisse an der versicherten Sache dazu führen, dass ein versicherbares Interesse des Versicherungsnehmers fortbesteht (OLG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 U 142/11 –, juris). In der vorzitierten Entscheidung hat der Senat angenommen, dass ein versichertes Interesse in der Kfz-Haftpflichtversicherung und der Kaskoversicherung selbst dann nicht entfällt, wenn Fahrzeuge von einem ausländischen Staat beschlagnahmt werden und in einem rechtskräftigen Urteil 7 Jahre später festgestellt wird, dass mit dem Beginn der Beschlagnahme rückwirkend die Fahrzeuge eingezogen und in das Eigentum des ausländischen Staates überführt wurden. Die bestehende Gefahrensituation im Zeitraum zwischen der Beschlagnahme bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung sei ebenso wenig entfallen wie das subjektive Interesse der Versicherungsnehmerin, die jahrelang in Kenntnis der ungewissen rechtlichen Situation die Verträge weitergeführt habe, obwohl sie damit habe rechnen müssen, dass die Fahrzeuge, wie auch geschehen, endgültig eingezogen werden.

    110

    Diese Überlegungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die strittige und unklare Eigentumsfrage an der Photovoltaikanlage ist bisher nicht rechtskräftig geklärt. In den zwischen der Klägerin und der O geführten Verfahren vor den Gerichten in Bologna wurde bisher nicht darüber entschieden, wer Eigentümer der Anlage ist. In ihrer Entscheidung vom 01.08.2017 (dort Seite 9 f.) begründet die 2. Zivilkammer des Zivilgerichts in Bologna einen zu sichernden Anspruch der O damit, dass die O Berechtigte sei, um in Bezug auf die Photovoltaikanlage in J vom (ehemaligen) Mieter D2 Rückgabe, Zahlungen und Entschädigungen zu erhalten. Die Eigentumsfrage gehe über die erhobene persönlichen Klage hinaus.

    111

    Allein diese – auch im vorliegenden Rechtsstreit bestehende - Ungewissheit über das von der Klägerin behauptete Eigentum an der Anlage steht einem endgültigen Wegfall des versicherten Interesses entgegen. Durch die unstreitige Weiterzahlung der Versicherungsprämien trotz der ungewissen Eigentumslage gibt die Klägerin subjektiv zu erkennen, dass sie die Versicherungsverträge auf jeden Fall weiterführen will, obwohl sie damit rechnen muss, die Anlage an die O oder einen Dritten herausgeben zu müssen. Für den Fall, dass sich das von der Klägerin behauptete Eigentum an der Anlage in den gerichtlichen Verfahren nicht bestätigen sollte und die Klägerin zur Herausgabe verurteilt wird, kann sie dem Herausgabeberechtigten und/oder Eigentümer der Anlage schadensersatzpflichtig sein. Schon aus diesem Grund hat sie ein wirtschaftliches Interesse am Fortbestand des Versicherungsschutzes für die Anlage.

    112

    (b)

    113

    Ein versichertes Interesse der Klägerin ergibt sich zudem daraus, dass sie im Zeitpunkt der Schadensfälle unmittelbare Besitzerin und Betreiberin der Photovoltaikanlage war.

    114

    (aa)

    115

    Unstreitig ist, dass die Klägerin ursprünglich Betreiberin der Photovoltaikanlage war. Dies hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung (Bl. 621) nochmals ausdrücklich zugestanden. Die Beklagte hat auch nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin bei Übernahme des Versicherungsvertrages ein Recht zum Besitz an der Anlage hatte. Angesichts des substantiierten Sachvortrags der Klägerin und der eingereichten Unterlagen ist das pauschale Bestreiten der Beklagten unbeachtlich, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Schadensfälle alleinige Besitzerin und Betreiberin der Anlage gewesen ist.

    116

    Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 23.02.2017 (Bl. 243 ff.) substantiiert vorgetragen, dass sie alleinige Besitzerin und Nutzerin der Anlage sei. Sie verfüge über einen wirksamen Energieeinspeisevergütungsvertrag mit dem regionalen italienischen Energieversorger. Diesen Vertrag hat die Klägerin erstinstanzlich als Anlage K 23 (Bl. 257 ff.) in italienischer Sprache nebst deutscher Übersetzung (Bl. 260 ff.) vorgelegt. Konkrete Einwendungen gegen den vorgelegten Vertrag hat die Beklagte nicht erhoben.

    117

    Bestätigt wird der Vortrag der Klägerin zum fortdauernden Betrieb der Anlage im Zeitpunkt der Diebstähle im November/Dezember 2015 zudem durch Unterlagen, welche die Beklagte selbst vorgelegt hat. So verlangt der Insolvenzverwalter der D mit Schreiben vom 29.08.2014 (Anlage SP 3, Bl. 185) von der Klägerin die Herausgabe der Bestandteile der Photovoltaikanlage. Dieses Herausgabeverlangen macht indes nur Sinn, wenn die Klägerin die Anlage weiterhin in Besitz hat. Entsprechendes folgt aus den vorgelegten Beschlüssen des Zivilgerichts in Bologna. Auf Seite 6 des Beschlusses vom 01.08.2017 (Anlage SP 13, AH) führt das Zivilgericht Bologna aus, dass die Jahresabschlüsse der Klägerin zum 31.12.2013, 31.12.2014 und 31.12.2015 bestätigten, dass diese in den entsprechenden Jahren als Erzeuger und Verkäufer von Strom Erlöse aus der Photovoltaikanlage in J erzielt habe. Außerdem hat die Klägerin zum Beweis ihrer sorgfältigen Verwaltung der Anlage trotz dreier Diebstahlsfälle aus den Jahren 2015-2016 Verträge mit Unternehmen, die mit der Überwachung der Anlage beauftragt wurden, und diesbezügliche Rechnungen dem Gericht in Bologna vorgelegt (vgl. Seite 10 des Beschlusses vom 01.08.2017 des Zivilgerichts in Bologna, Anlage SP 13, AH).

    118

    Schließlich wird in der von der Beklagten vorgelegten Klageschrift der Firma O gegen die Klägerin (Anlage SP 11, Bl. 359 ff., 365) ausgeführt, dass die Klägerin nach der Kündigung des Unterpachtvertrages im Februar 2014 inzwischen seit 3 Jahren der O die Anlage rechtswidrig vorenthalte und weiter nutze. Die Ausführungen der O in der Klageschrift hat sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 24.04.2017 (Bl. 358) ausdrücklich zu Eigen gemacht. Damit hat sie den Besitz und Betrieb der Anlage durch die Klägerin im Zeitpunkt der Schadensfälle zugestanden.

    119

    Ob die von der Beklagten vorgelegte Klageschrift der O beim Gericht in Bologna eingereicht wurde, was die Klägerin bestritten hat, ist insoweit irrelevant. Entscheidend ist, dass sich die Beklagte mit ihrem pauschalen Bestreiten des fortdauernden Besitzes und Betriebs der Anlage durch die Klägerin in Widerspruch zum Inhalt der von ihr selbst eingereichten Unterlagen setzt. Auch trägt die Beklagte nicht vor, wer anstelle der Klägerin im November/Dezember 2015 die Photovoltaikanlage betrieben haben soll. Ohne Beweisaufnahme war daher davon auszugehen, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Schadensfälle alleinige Besitzerin und Betreiberin der Anlage war. Nur das Recht zum Besitz bleibt streitig.

    120

    (bb)

    121

    Der tatsächliche Besitz der Klägerin an der Anlage und deren Betrieb begründen ein fortbestehendes versichertes Interesse. Ob die Klägerin im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Schadensfälle noch zum Besitz berechtigt war, kann dahinstehen. Daher sind die Wirksamkeit und der Inhalt der von der Klägerin vorgelegten Nutzungsverträge unerheblich.

    122

    Mit seinem Urteil vom 8. November 2000 (IV ZR 298/99 - VersR 2001, 94 unter 3 a, b, juris) hat der Bundesgerichtshof seine früher vertretene Auffassung aufgegeben, in eine reine Sachversicherung könne ein Sachersatzinteresse (in jenem Fall des Mieters) nicht einbezogen werden. Die Parteien eines Versicherungsvertrages sind grundsätzlich frei in der Gestaltung des Vertrags. Es unterliegt ihrer Entscheidung, welches und wessen Interesse Gegenstand der Versicherung sein soll. Die Typisierung eines Versicherungsvertrages besagt - von aufsichtsrechtlichen Vorschriften abgesehen - noch nicht, dass die Ausgestaltung im Einzelnen nicht auch Elemente anderer Vertragstypen enthalten kann. Insofern steht einem etwaigen Willen der Parteien, bei der Gebäudeversicherung auch das Sachersatzinteresse in den Versicherungsschutz mit einzubeziehen, nichts entgegen. Welches Interesse die Parteien als versichert vereinbart haben, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 28. März 2001 – IV ZR 163/99 –, Rn. 11, juris).

    123

    In Anwendung dieser Grundsätze haben die Parteien in der Elektronikversicherung auch das Sachersatzinteresse der Klägerin als Besitzerin der Anlage in den Versicherungsschutz einbezogen. Gemäß Abschnitt A § 3 ABE 2008 ist auch das Interesse des Eigentümers versichert. Dies zeigt zugleich, dass der Versicherungsnehmer für ein eigenes versichertes Interesse in der Elektronikversicherung nicht Eigentümer der Sache sein muss. Wie der Mieter in der Gebäudeversicherung hat die Klägerin als Besitzerin ein Interesse daran, dass ihr die versicherte Sache zur Nutzung erhalten bleibt. Hierfür ist unerheblich, ob die Klägerin ein fortbestehendes Recht zum Besitz zum Zeitpunkt der Schadensfälle hatte. Eine dahingehende Einschränkung des Versicherungsschutzes ist dem Versicherungsvertrag nicht zu entnehmen. Die versicherte Sache - Photovoltaikanlage mit einer bestimmten Leistung in J - ist im Nachtrag zum Versicherungsschein ausdrücklich benannt. Unter den Vertragsbeziehungen wird allein die Klägerin als Vertragspartner genannt. Diese ist auch der Beitragszahler. Die D wird lediglich als „Korrespondenzstelle“ angegeben (Bl. 42). Eine Bezugnahme auf den Unterpachtvertrag mit der D findet sich im Nachtrag nicht. Nach dem Inhalt des Nachtrags bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Fortbestand des Pachtverhältnisses mit der ehemaligen Versicherungsnehmerin D Bedingung oder Geschäftsgrundlage für den Versicherungsschutz sein sollte.

    124

    Dem Versicherungsschein bzw. den vorgelegten Bedingungen ist auch im Übrigen nicht zu entnehmen, dass ein vom Eigentümer oder sonstigen Berechtigten an der Sache abgeleitetes Recht zum Besitz der Klägerin Voraussetzung für einen Anspruch auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes sein soll. Lediglich hinsichtlich der Auszahlung der Versicherung enthält Abschnitt B § 12 Nr. 2 ABE 2008 eine Einschränkung dahingehend, dass der Versicherer vor Zahlung der Entschädigung an den Versicherungsnehmer den Nachweis verlangen kann, dass der Versicherte seine Zustimmung dazu erteilt hat. Hingegen steht gemäß Abschnitt B § 12 Nr. 1 ABE 2008 die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu. Da die Klägerin Feststellung und nicht die Auszahlung von Versicherungsleistungen an sich begehrt, kommt es auf die Zustimmung des Versicherten (derzeit) nicht an.

    125

    (c)

    126

    Der Streit um das Besitzrecht führt nicht zu einer Beendigung des versicherten Interesses. Die obigen Ausführungen zum versicherten Interesse der Klägerin aufgrund der ungeklärten Eigentumsfrage sind auf das strittige Besitzrecht übertragbar. Erkennbar hat die Klägerin ein objektives Interesse an dem Fortbestand des Versicherungsschutzes auch dann, wenn Streit darüber besteht, ob sie weiterhin zum Besitz und Betrieb der Anlage berechtigt ist. Bis rechtskräftig geklärt ist, ob die Klägerin zur Herausgabe der Anlage an die O oder einen Dritten verpflichtet ist, hat sie ein Interesse daran, dass ihr Ersatz für den Entzug der versicherten Module durch den Eintritt der versicherten Gefahr Diebstahl gewährt wird. Durch den Entzug des unmittelbaren Besitzes an den gestohlenen Modulen wird ihr versichertes Sacherhaltungsinteresse beeinträchtigt. Subjektiv zeigt die Klägerin ihr fortbestehendes Interesse am Erhalt der Sache durch die weitere Prämienzahlung auch nach dem Herausgabeverlangen durch den Insolvenzverwalter.

    127

    (d)

    128

    Darüber hinaus hat die Klägerin ein wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für die Photovoltaikanlage, weil die Gefahr besteht, dass sie vom Eigentümer und/oder Herausgabeberechtigten auf Schadensersatz wegen des Verlusts der Module während ihrer Besitzzeit in Regress genommen wird. Die O nimmt die Klägerin vor den Zivilgerichten in Bologna auf Herausgabe, Schadensersatz und Nutzungsersatz aus abgetretenem Recht der D als ehemalige Vermieterin in Anspruch. Nicht auszuschließen ist, dass auch vermeintliche weitere Eigentümer der Anlage Ersatzansprüche gegen die Klägerin aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis geltend machen werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin über kein Recht zum Besitz (mehr) verfügt. Nach der gebotenen Auslegung ist dem Elektronikversicherungsvertrag ein entsprechendes wirtschaftliches Interesse der Klägerin zu entnehmen, sie durch die unterhaltene Sachversicherung wirtschaftlich von Regressansprüchen Dritter freizustellen. Es ist typisch für eine gleichzeitige Eigen- und Fremdversicherung, dass der Versicherungsnehmer ein wirtschaftliches Interesse daran hat, durch den Abschluss der Sachversicherung vom Mitversicherten nicht in Anspruch genommen zu werden, wenn die Sache durch eine versicherte Gefahr beschädigt oder zerstört wird, wie etwa der Leasingnehmer gegenüber dem Eigentümer der Sache. Im Gegenzug trägt der Versicherungsnehmer die Prämienlast.

    129

    Dieses wirtschaftliche Interesse des Versicherungsnehmers hängt nicht davon ab, ob dieser aufgrund der Beendigung des Nutzungsvertrages zur Herausgabe verpflichtet ist. Wie der Senat in der vorzitierten Entscheidung vom 20.12.2011 (9 U 142/11, juris) ausgeführt hat, kann gerade in Kenntnis einer ungewissen rechtlichen Situation ein subjektives Interesse des Versicherungsnehmers daran bestehen, dass die Versicherungsverträge weitergeführt werden, obwohl er damit rechnen muss, dass ihm die versicherte Sache endgültig entzogen wird. Vorliegend ist dieses wirtschaftliche Interesse der Klägerin noch weitaus konkreter als in dem Sachverhalt, über den der Senat in dem Rechtsstreit 9 U 142/11 zu entscheiden hatte. Denn unstreitig wird die Klägerin von der O in Italien gerichtlich auf Herausgabe und Schadensersatz in Anspruch genommen.

    130

    Ohne nachvollziehbare Begründung stellt das Landgericht auf Seite 11 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Klägerin ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Versicherung nach der Kündigung des Unterpachtvertrages nur habe, wenn sie gerade im Verhältnis zum Eigentümer der versicherten Anlage dazu berechtigt wäre, diese zu betreiben. Das Landgericht verkennt insoweit, dass nicht nur rechtlich geschützte Interessen versicherbar sind. Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass es gerade dem Schutz des Eigentümers dient, wenn sein Sacherhaltungsinteresse über eine von dem unberechtigten Besitzer abgeschlossene Sachversicherung mit abgesichert wird. Entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist der Versicherungsschutz der Klägerin nicht mit dem eines Diebes vergleichbar. Unstreitig hat die Klägerin den Besitz an der Anlage rechtmäßig erworben. Strittig ist lediglich, ob sie weiterhin zum Besitz berechtigt ist.

    131

    (e)

    132

    Das Interesse der Klägerin an einer tatsächlichen Fortführung ihres Betriebes durch den Einsatz aller versicherten Module ist in den Versicherungsschutz der Betriebsunterbrechungsversicherung einbezogen und zwar unabhängig von einem bestehenden Recht zum Besitz an der Photovoltaikanlage. Die Betriebsunterbrechungsversicherung schützt gemäß Abschnitt A § 1 Nr. 1 AMBUB 2008 die technische Einsatzmöglichkeit der versicherten Anlagen im Betrieb. Wird der Betrieb infolge eines versicherten Sachschadens unterbrochen oder beeinträchtigt, so leistet der Versicherer Entschädigung für den dadurch entstehenden Unterbrechungsschaden. Danach knüpft das versicherte Interesse an den tatsächlichen Betrieb an. Dass die Klägerin schuldrechtlich oder dinglich zur Nutzung der versicherten Anlage berechtigt sein muss, ist in den Bedingungen nicht zu entnehmen.

    133

    ee)

    134

    Der Versicherungsfall in der Elektronikversicherung und in der Betriebsunterbrechungsversicherung ist eingetreten.

    135

    (1)

    136

    In der Elektronikversicherung leistet der Versicherer gemäß / A § 2 Nr. 1 ABE 2008 Entschädigung für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen oder Zerstörungen von versicherten Sachen (Sachschäden) und bei Abhandenkommen versicherter Sachen durch Diebstahl, Einbruchdiebstahl, Raub oder Plünderung. Die streitgegenständlichen Diebstähle von Modulen und Beschädigungen der Anlage bei der Wegnahme fallen daher unter den Versicherungsschutz.

    137

    Mit Schriftsatz vom 14.05.2018 hat die Beklagte den in Rede stehenden Diebstahl der Photovoltaikmodule unstreitig gestellt (Bl. 708). Das Unstreitigstellen des Versicherungsfalls konnte ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden. Der Schriftsatz ist vor Ablauf des der Klägerin gewährten Schriftsatznachlasses eingegangen. Die Schriftsatzfrist wurde der Klägerin gerade im Hinblick darauf beX2gt, zu dem Hinweis des Senats vorzutragen, sie habe den Versicherungsfall bislang nicht geeignet unter Beweis gestellt. Ein Beweisantritt der Klägerin erübrigte sich jedoch durch das Zugeständnis der Beklagten im Schriftsatz vom 14.05.2018. Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 14.05.2018 auf die daraus folgende Entscheidungsreife des Rechtsstreits ausdrücklich hingewiesen.

    138

    (2)

    139

    Gemäß A § 1 Nr. 1 AMBUB 2008 sind Unterbrechungsschäden versichert, die infolge der fehlenden Einsatzmöglichkeit der entwendeten Module eingetreten sind. Für die Begründetheit der Feststellungsklage reicht aus, dass nicht auszuschließen ist, dass der Klägerin ein mithilfe der entwendeten Module zu erzielender Betriebsgewinn im Sinne des Abschnitts A § 1 Nr. 2 AMBUB 2008 entgangen ist. Dass die Klägerin tatsächlich Einkünfte auch im Jahr 2015 aus der Photovoltaikanlage erzielt hat, ist der Entscheidung des Zivilgerichts in Bologna vom 01.08.2017 (Anlage SP 13, dort Seite 6, AH) zu entnehmen. Die Beklagte wendet auch nicht konkret ein, dass der Klägerin kein Betriebsgewinn entgangen sein kann, weil sie jegliche Einkünfte an Dritte herausgeben müsste. Etwaige Verpflichtungen der Klägerin zur Weiterleitung der erzielten Einkünfte an Dritte kann allein die Höhe des Anspruchs betreffen, die erst bei einer Leistungsklage zu klären wäre.

    140

    ff)

    141

    Unerheblich ist der Einwand der Beklagten, die B Versicherung habe die streitgegenständlichen Schäden an der Photovoltaikanlage aufgrund einer im Februar 2015 von der O abgeschlossenen Elektronikversicherung ersetzt. Die Klägerin muss Leistungen der B Versicherung an die O nicht als Erfüllung eigener Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis mit der Beklagten gegen sich gelten lassen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass unter Verwendung der Versicherungsleistungen der B Versicherung die streitgegenständlichen Schäden an der Anlage beseitigt wurden. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes für die beiden streitgegenständlichen Schäden an der Photovoltaikanlage besteht fort.

    142

    3.

    143

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    144

    4.

    145

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat hat die vom Bundesgerichtshof und der Kommentarliteratur entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Einzelfall mit seinen Besonderheiten angewandt.

    146

    Streitwert: 194.400 €

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