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  • 17.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217389

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 10.08.2020 – L 4 BA 2513/19

    1. Eine Pflegefachkraft, die in einer Wohneinheit für an Demenz erkrankte Bewohner im Schichtdienst arbeitet, ist aufgrund bestehender Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation abhängig beschäftigt.

    2. Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne müssen gewichtige Indizien bestehen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R - juris, Rn. 26 zur stationären Pflegeeinrichtung). Da die Anforderungen an einen ambulanten Leistungserbringer nach § 71 Abs. 1 SGB XI aber mit denen nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI für eine stationäre Pflegeeinrichtung übereinstimmen, muss dieses Regel-Ausnahmeverhältnis unabhängig von der Form der Leistungserbringer (ambulant/stationär) gelten.


    LSG Baden-Württemberg

    Urteil vom 10.8.2020


    Tenor

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. März 2017 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

    Tatbestand


     
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene zu 1 aufgrund einer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 5. bis 11. November 2012 in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig beschäftigt war.
     

     
    Die 1964 geborene Beigeladene zu 1 ist ausgebildete Pflegefachkraft und war nach ihren eigenen Angaben jedenfalls bis August 2012 als solche abhängig beschäftigt.
     

     
    In der Folgezeit wurde sie aufgrund unterschiedlicher Verträge als „freiberufliche Pflegefachkraft“ für verschiedene Pflegeheime tätig. Die Vertragsverhältnisse kamen über eine Vermittlungsagentur zustande, bei der die Beigeladene zu 1 gemeldet war. So wurde sie vom 27. bis 29. August, 3. bis 16. September, 29. September bis 31. Oktober sowie 1. Dezember 2012 bis 28. Februar 2013 nacheinander für drei verschiedene Pflegeheime tätig. Sie stellte für diese Tätigkeiten jeweils unter Angabe der täglich geleisteten Arbeitsstunden Rechnungen an die Heimträger, die sie unabhängig vom jeweiligen Auftraggeber fortlaufend durchnummerierte. Für diese Tätigkeiten stellte die Beklagte nachfolgend jeweils die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Eine dieser Entscheidungen wurde wegen einer früheren ‒ inhaltsgleichen ‒ Feststellung im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg zurückgenommen. Eine andere wurde im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 5 R 4855/16) bestätigt (rechtskräftig nach Unterwerfungsvergleich im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht [BSG] ‒ B 12 R 16/18 R ‒ vom 7. Juni 2019, bezogen auf das dortige Verfahren B 12 R 6/18 R; Terminbericht vom 7. Juni 2019).
     

     
    Die klagende GmbH ist Trägerin eines zugelassenen ambulanten Pflegedienstes und betreute eine Wohngemeinschaft für alte, an Demenz erkrankte Menschen.


     
    Nachdem eine Vermittlungsagentur sie über die Möglichkeit der Tätigkeit bei der Klägerin informiert hatte, setzte sich die Beigeladene zu 1 mit dieser telefonisch in Verbindung. In diesem Rahmen wurde die Höhe der Stundenvergütung ausgehandelt. In der Folge schloss die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 als „freiberufliche Pflegekraft“ den ‒ undatierten ‒ „Dienstleistungs-Vertrag“ (im Folgenden DV) für eine Tätigkeit als „Schichtleitung auf dem Wohnbereich und mobile Ambulante Pflege“ (Bl. 119 bis 121 der Verwaltungsakte <VA>). Die Beigeladene zu 1 werde vom Geschäftsleiter der Klägerin mit der Ausführung der Tätigkeiten vom 5. bis 11. November 2012 beauftragt. Der DV traf des Weiteren insbesondere folgende Regelungen:
     

     
    „Die erteilten Aufträge sind vom freien Mitarbeiter/Mitarbeiterin in eigener Verantwortung aus zu üben. Die Interessen des Auftraggebers sind zu berücksichtigen.


     
    Mindestens 8 Tage vor Auftragsbeginn werden das Krankheitsbild und der Pflegebedarf per Post an [die Beigeladene zu 1] verschickt. ...
     

     
    Das Vertragsverhältnis ist befristet bis zum oben genannten Zeitraum, kann aber nach gegenseitiger Absprache verlängert werden. Beide Vertragsparteien haben das Recht, den Vertrag mit einer Frist vor Beginn von 10 Tagen schriftlich zu kündigen. ...
     

     
    Der freie Mitarbeiter/Mitarbeiterin erhält einen Stundenlohn von:
     
    10 
     
    - Mo. ‒ Fr. 29,00 EUR

    - Samstag: 32,20 EUR

    - Sonntag: 34,00 EUR

    - Feiertage: 35,00 EUR
     
    11 
     
    Sonstige Vereinbarungen:
     
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    - Unterkunft und Verpflegung wird für die Zeit gestellt.

    - Arbeitskleidung wo für die Zeit erforderlich ist hierum kümmert sich der Auftraggeber in Rücksprache mit [Beigeladenen zu 1].

    - Die tägliche Arbeitszeit beträgt mindestens 10 Stunden Mehrarbeit von TD kann auch geleistet werden.
     
    13 
     
    Das Honorar ist laut § 14 UStG, umsatzsteuerfrei.
     
    14 
     
    Der freie Mitarbeiter/Mitarbeiterin lässt dem Auftraggeber durch Pflege & Netzwerk am 15 und 30 jedes Monats einen Arbeitszeitnachweis mit Rechnung zukommen.

    ...
     
    15 
     
    Soweit der Vertrag keine anderen Bestimmungen enthält, so gelten die gesetzlichen Bestimmungen und die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts.“
     
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    Weitere Regelungen oder Zusatzabsprachen wurden nicht getroffen.
     
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    Aufgrund dieses Vertrages wurde die Beigeladene zu 1 persönlich für die Klägerin ab dem 5. November 2012 (Montag bis Samstag) täglich von 7.00 bis 16.00 Uhr sowie von 18.00 bis 20.00 Uhr (täglich elf Stunden) sowie am 11. November 2012 (Sonntag) von 7.00 bis 16.00 Uhr (neun Stunden) tätig. Hierfür stellte sie dieser unter dem 20. November 2012 einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.230,22 EUR in Rechnung (Rechnung Nr. 6). Sie führte die Aufgaben der Tagesschicht in der Wohngemeinschaft der Klägerin durch. Diese Pflegeeinheit übernahm und übergab sie zu einem verabredeten Zeitpunkt von einer bzw. an eine andere Pflegekraft. Die Nachtschicht übernahm eine festangestellte Pflegekraft der Klägerin, die die Beigeladene zu 1 über die erforderliche Medikamentengabe und weitere Umstände informierte. Die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten übernahm eine von der Klägerin gestellte hauswirtschaftliche Kraft. Die Beigeladene zu 1 dokumentierte in der Pflegeakte der Wohngemeinschaftsbewohner, welche Pflegemaßnahmen getroffen wurden oder noch notwendig waren (z.B. Medikamentengabe, Verbandswechsel o.ä.). Sie trug eigene Dienstkleidung mit einem sie als „freiberufliche Pflegefachkraft“ ausweisenden Namensschild, verwendete ansonsten aber die in der Wohngemeinschaft vorhandenen Pflegemittel.
     
    18 
     
    Am 31. Dezember 2012 beantragte die Beigeladene zu 1 bei der Beklagten die Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status gemäß § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) bezogen auf einen anderen Auftraggeber; es solle festgestellt werden, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorgelegen habe. Sie sei als freiberufliche Pflegekraft tätig (Tätigkeitsbeginn 29. September 2012). Sie werde langfristig für mehrere Auftraggeber tätig, biete ihre Arbeitskraft unmittelbar oder über eine Pflegeagentur an und teile dem Auftraggeber jeweils mit, wann und wie lange sie arbeiten wolle. Die Arbeitsleistung werde in unterschiedlichen Heimen oder bei unterschiedlichen Pflegediensten erbracht. Sie legte Unterlagen zum dortigen Vertragsverhältnis sowie der weiteren Auftraggeber einschließlich der Klägerin vor.
     
    19 
     
    Im Rahmen ihres Widerspruches gegen die von der Beklagten zu diesem Auftraggeber getroffenen Feststellung beantragte die Beigeladene zu 1 am 18. Juni 2013 die Statusfeststellung für alle ihre „bisherigen selbständigen Tätigkeiten“. Zur Tätigkeit für die Klägerin gab sie unter Vorlage der Rechnung Nr. 6 an, sie führe die Pflegemaßnahmen in eigener Verantwortung gemäß ihrer fachlichen Kompetenz durch. Der Auftraggeber gehe davon aus, dass sie aufgrund ihrer Kompetenz und Berufserfahrung keine fachlichen Anweisungen benötige und gebe ihr auch keine. Bei diesem Auftrag sei es auch darum gegangen, mit den alten Menschen zu kochen, zu putzen und ihnen eine Tagesstruktur zu geben. Zusätzlich habe sie das gesetzlich vorgeschriebene Dokumentationssystem geführt. Diese Beschäftigung nehme ca. 90 % ihrer Einsatzzeit in Anspruch. Die restlichen 10 % sei sie mit Medikamentengabe und anderen medizinischen Notwendigkeiten betraut, die ärztlich an sie delegiert würden. Sie erbringe ihre Arbeitsleistung ausschließlich persönlich. Ihre geschäftlichen Angelegenheiten erledige sie an ihrem eigenen Arbeitsplatz, die Aufträge am Ort des Auftraggebers oder in den Wohnungen der alten Menschen. Ihre Arbeiten würden nicht kontrolliert. Zu einem verabredeten Zeitpunkt übernehme sie die Pflegeeinheit von einer anderen Fachkraft und übergebe diese am Ende ihrer Arbeitszeit an weitere Fachkräfte. Bei Verhinderung unterrichte sie den Auftraggeber. Wenn sie die Möglichkeit habe, schlage sie dem Auftraggeber eine andere Fachkraft vor. Diesem obliege dann das weitere Vorgehen. In den Pflegeeinheiten werde manchmal auch anderes Personal eingesetzt, das ihr gegenüber nicht weisungsbefugt sei. Sie trete nicht als Mitarbeiterin des Auftraggebers auf. Dies sei auch für alle anhand ihres Namensschildes mit dem Zusatz „freiberufliche Pflegefachkraft“ und ihrer eigenen Dienstkleidung ersichtlich. Die Vermittlungsagentur, bei der sie gemeldet sei, vermittle ausschließlich freiberufliche Pflegekräfte zur Überbrückung von Personalengpässen. Sie habe Kosten in Form von eigenen Betriebsmitteln, wie etwa Handschuhe, Händedesinfektionsmittel, Fieberthermometer und deren Schutzhüllen.
     
    20 
     
    Die Klägerin gab im Schreiben vom 14. August 2013 unter Vorlage des DV an, ihr, der Klägerin, obliege die Durchführung der Pflegemaßnahmen einschließlich Pflegedokumentation, insbesondere Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Behandlungspflege. Die Beigeladene zu 1 habe ihre Aufträge persönlich ausgeführt. Ihr seien von der Klägerin keine Weisungen fachlicher Art erteilt worden. Die Arbeitsaufgaben der Beigeladenen zu 1 ergäben sich aus der jeweiligen Pflegeplanung für den einzelnen Bewohner. Sie habe ihre Tätigkeit in den Räumen der Wohngemeinschaft im vertraglich vereinbarten Umfang ausgeübt. Die zur Pflege notwendigen Utensilien würden durch die Einrichtung gestellt. Die durchgeführten Aufträge würden durch einen Verantwortlichen des Auftraggebers abgenommen und es erfolge auch eine stichpunktartige Qualitätskontrolle. Der Einsatz von eigenen Mitarbeitern und Fremdpersonal erfolge grundsätzlich entsprechend des vorgegebenen Pflegeschlüssels des Bundeslandes Baden-Württemberg.
     
    21 
     
    Im Rahmen der Anhörung beider Beteiligter führte die Beigeladene zu 1 (zugleich im Anhörungsverfahren bzgl. der weiteren Auftraggeber) aus, eine persönliche Abhängigkeit von ihren Auftraggebern sei nicht gegeben. Sie habe im Abstand von einigen Wochen immer wieder wechselnde Auftraggeber und sei von der allgemeinen Auftragslage abhängig. Dies zeichne Selbstständige gerade aus. Eine Eingliederung in den Betrieb der Auftraggeber erfolge nicht. Sie könne selbst entscheiden und planen, wann sie komme und gehe, welche Aufträge sie annehme und welche nicht. Sie erhalte von niemandem Weisungen und könne auch niemandem welche erteilen. Sie führe ihre Arbeiten alleine aus, sei in keinem Team und keiner Abteilung zugehörig. Weisungsgebunden sei sie nicht. Sie entscheide selbst, welche Tätigkeiten sinnvollerweise auszuführen seien, was sich im allgemeinen aus den Gesundheitsanforderungen der Patienten ergebe. Bei der Pflege als Heilkunst liege die letzte Verantwortung immer bei der pflegenden Fachkraft. Zudem zähle die Altenpflege zu den Berufen, die freiberuflich und damit typischerweise selbständig ausgeführt werden könnten. Sie verfüge über eigene Betriebsmittel. Sie trage ein unternehmerisches Risiko, da nicht sichergestellt sei, dass sie Aufträge erhalte. Aufträge müssten hinsichtlich Terminen und Honorar ausgehandelt werden. Sie entscheide, ob sie die entsprechenden Aufträge annehmen wolle, und bearbeite die Fälle nach von ihr erstellten Zeitplänen und eigenem Ermessen. Soweit vorhanden, werde ein Behandlungsplan in Abstimmung mit Patienten und Auftraggebern den Erfordernissen entsprechend erstellt und durchgeführt.
     
    22 
     
    Mit inhaltsgleichen Bescheiden vom 29. November 2013 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 fest, dass deren Tätigkeit als Pflegekraft für jene vom 5. bis 11. November 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe in diesem Zeitraum Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Tätigkeit in der vom Auftraggeber unterhaltenden Wohngemeinschaft; Dokumentationspflicht über die erbrachten Leistungen; Einsatz gestellter Arbeitsmittel; Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung; Ausführung von Tätigkeiten, die auch von festangestellten Mitarbeitern ausgeübt worden seien; Informationspflicht bei Abwesenheit; Vergütung auf Stundenlohnbasis; Vorgaben zur Tätigkeit durch den Behandlungsplan). Die Beigeladene zu 1 sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden. Die Tätigkeit unterliege dem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Dauer sowie Art und Weise ihrer Durchführung. Der Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses stehe nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Gleiches gelte für die Tätigkeit auch für andere Auftraggeber, da nur das einzeln abgeschlossene Vertragsverhältnis zu beurteilen sei. Die Versicherungspflicht beginne mit Aufnahme der Beschäftigung, da der Statusfeststellungsantrag nicht innerhalb eines Monates nach Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses gestellt worden sei.
     
    23 
     
    Zur Begründung ihres hiergegen am 30. Dezember 2013 eingelegten Widerspruches führte die Klägerin wie teilweise bereits im Anhörungsverfahren aus, die Beigeladene zu 1 sei selbständig für sie tätig geworden. Eine Weisungsgebundenheit habe nicht vorgelegen. Diese habe durch die Ablehnung von Aufträgen selbst bestimmen können, in welchem Zeitraum sie tätig werden wolle. Auch nach Vertragsschluss habe sie selbst bestimmen können, wann sie ihre Tätigkeit antrete, unterbreche oder beende. Dies unterscheide sie von festangestellten Mitarbeitern. Eine Eingliederung in ihre, der Klägerin, Arbeitsorganisation habe nicht bestanden. Die Bindung der Tätigkeit hinsichtlich Ort, Zeitraum und Art der Tätigkeit ergebe sich nicht aus einer einseitigen Weisung der Auftraggeberin, sondern aus den Erfordernissen der Personenpflege, insbesondere den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen. Die Vereinbarung eines festen Zeitraums und eine Mindeststundenzahl schließe die rechtliche Selbständigkeit eines Auftragnehmers nicht aus. Aus § 112 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ergebe sich die Pflicht einer Pflegeeinrichtung zur Gewährleistung der ausreichenden Versorgung der Pflegebedürftigen. Zur Wahrung des vorgegeben hohen Qualitätsstandards müsse es der Pflegeeinrichtung möglich sein, einen zeitlichen Rahmen für den Auftrag festzulegen, um die Tätigkeit einer Auftragnehmerin in die Versorgungsleistungen einpassen und mit den abhängig Beschäftigten abstimmen zu können. Andernfalls wäre eine freie Mitarbeit in einer Pflegeeinrichtung per se nicht möglich, was der gesetzlichen Wertung des § 2 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) widerspräche. Damit habe der Gesetzgeber anerkannt, dass Pflegepersonen selbständig tätig werden könnten (Verweis auf Bayerisches LSG, Urteil vom 22. März 2011 ‒ L 5 R 627/09). Auch nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28. September 2011 ‒ B 12 R 17/09 R) seien die besonderen Aufgaben eines Pflegedienstes zu berücksichtigen, so dass die Vereinbarung gewisser Eckpunkte (Beginn und Ende der Tätigkeit, grober Inhalt der Tätigkeit), das Führen einer Pflegedokumentation und die Ausübung der Tätigkeit nach einem festen Behandlungsplan der Selbständigkeit nicht entgegenstünden. Die Vergütung auf Stundenlohnbasis sei ebenfalls kein ausschließliches Merkmal für eine abhängige Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1 sei nicht in den Organisationsapparat der Auftraggeber eingegliedert und unterstehe keinen Weisungen abhängig Beschäftigter. Auch trage sie ihr eigenes Unternehmerrisiko. Sie sei wesentlich auf die Lage des allgemeinen Marktes angewiesen und werde auf diesem werbend tätig. Zudem habe sie eine Vielzahl von Kunden und sei nicht wirtschaftlich nur an einen Auftraggeber gebunden. Insoweit sei es unzutreffend, die Tätigkeit für andere Auftraggeber nicht zu berücksichtigen. Zur Erfüllung ihrer Arbeit habe sie ihre eigenen Arbeitsmittel verwendet. Dass das eingebrachte eigene Kapital überschaubar sei, sei für den Dienstleistungssektor typisch. Letztlich trage sie auch das Risiko des Ausfalls der Vergütung im Falle von Urlaub oder Krankheit. Bei Würdigung der Gesamtumstände habe daher eine selbständige Tätigkeit vorgelegen.
     
    24 
     
    Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2014 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Die Beigeladene zu 1 sei zeitlich begrenzt an die Klägerin vermittelt worden. Bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des strittigen Rechtsverhältnisses seien alle vertraglichen Regelungen und tatsächlichen Behältnisse bezogen auf das durch die Vermittlung entstandene Dreiecksverhältnis maßgeblich. Es sei reine Vertragsrhetorik und dem Willen der Beteiligten, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen, geschuldet, wenn vertraglich festgelegt sei, dass die Pflegeperson insbesondere bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten oder den Arbeitszeiten keinen Weisungen des Auftraggebers unterlägen. Dies entspreche offenkundig nicht der tatsächlichen Handhabung, da die Pflegeperson ihre Dienstleistung unter Einhaltung der vom Auftraggeber vorgegebenen Leistungsstandards zu den vereinbarten und vom Auftraggeber in den Dienstplänen vorgegebenen Schichten und zwar dann zu erbringen haben dürfte, wenn ein personeller Bedarf bestehe. Im Außenverhältnis bei eventuellen Behandlungsfehlern einer Pflegeperson dürfte die Klägerin haften, insofern liege auch die Verantwortung für das Qualitätsmanagement bei ihr. Sie könne ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie alle Arbeitsabläufe ‒ etwa durch verbindliche Behandlungs- oder Pflegepläne ‒ verantwortlich steuere und die Umsetzung kontrolliere, was denknotwendig Weisungen gegenüber dem Pflegepersonal voraussetze. Ferner habe die Klägerin selbst genaue Vorgaben bei der Pflegedokumentation zu beachten, da die stationäre Einrichtung aufgrund eines geschlossenen Versorgungsvertrages gegenüber dem jeweiligen Kostenträger auch für die Pflegequalität verantwortlich sei (§§ 72, 112 SGB XI). Sofern die Klägerin keine Weisungen an die Pflegekräfte erteilen sollte, riskiere sie aufgrund eines strukturellen Defizits bei der Qualität die Kündigung des Versorgungsvertrages. Die Leistung der Beigeladenen zu 1 sei auch in Teamarbeit mit dem (abhängig beschäftigten) Stammpersonal unter Beachtung der fachlichen und organisatorischen Vorgaben der Klägerin erbracht worden. Die Beigeladene zu 1 habe kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen. Das Risiko, bei Schlechtleistung keine weiteren Aufträge zu erhalten, unterscheide sich nicht vom Risiko befristet beschäftigter Arbeitnehmer, die bei schlechter Arbeit ebenfalls Gefahr liefen, nicht weiter beschäftigt zu werden.
     
    25 
     
    Hiergegen erhob die Klägerin am 30. Juli 2014 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG), zu deren Begründung sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ausführte, entgegen der Behauptung der Beklagten, sei die Beigeladene zu 1 nicht wie das Stammpersonal in die Teamarbeit bei ihr, der Klägerin, eingebunden gewesen. Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Lage der Pausen habe die Beigeladene zu 1 selbst bestimmt. Eine Verpflichtung, an Dienstbesprechungen der Klägerin teilzunehmen, habe nicht bestanden. Sie habe die Erbringung ihrer Leistungen weder persönlich geschuldet noch habe ein dahingehendes Verbot bestanden, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Die Beigeladene zu 1 habe ihre selbständige Tätigkeit erst seit dem 27. August 2012 ausgeübt. Innerhalb der ersten vier Monate ihrer Tätigkeit sei sie für insgesamt vier Auftraggeber tätig geworden, werbend am Markt aufgetreten und bei Vermittlungsagenturen für freiberufliche Pflegefachkräfte gemeldet gewesen. In der Aufbauphase ihres Betriebes habe noch kein umfangreicher Kundenstamm vorgelegen. Es entspreche der Intention des Gesetzgebers, wie sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ergebe, dass Pflegepersonen selbständig tätig werden könnten. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG gab die Klägerin an, die GmbH sei kurz zuvor aus der Insolvenz gekommen. Aufgrund des Insolvenzplans habe der Gesellschafter gewechselt; es sei „etwas hemdsärmelig“ zugegangen (Protokoll vom 20. März 2017, Bl. 83 der SG-Akte).
     
    26 
     
    Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Gründe der angefochtenen Bescheide entgegen.
     
    27 
     
    Die mit Beschluss vom 21. Januar 2015 Beigeladenen stellten keinen Antrag.
     
    28 
     
    Die Beigeladene zu 1 gab in der mündlichen Verhandlung vor dem SG (Protokoll vom 20. März 2017, Bl. 81/84 der SG-Akte) ergänzend an, mit der Klägerin sei nur der DV und keine weiteren Zusatzvereinbarungen geschlossen worden. Sie habe die Aufgaben der Tagesschicht in der Wohngemeinschaft der Klägerin durchgeführt, während die Nachtschicht eine festangestellte Pflegekraft der Klägerin übernommen habe, die sie, die Beigeladene zu 1, über die erforderliche Medikamentengabe und weitere Umstände informiert habe. Die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten seien durch eine von der Klägerin gestellte hauswirtschaftliche Kraft erledigt worden. Eine Kontrolle ihrer Tätigkeit vor Ort oder nähere Vorgaben zur Ausführung der Tätigkeit durch die Klägerin sei nicht erfolgt. Sie, die Beigeladene zu 1, habe die Durchführungskontrollen abgezeichnet. Mit einer Dokumentation, wie sie in Pflegeeinrichtungen durch festangestellte Arbeitnehmer erfolge, sei dies nicht vergleichbar. Sie habe eigene Dienstkleidung getragen, ansonsten aber die in der Wohngemeinschaft vorhandenen Pflegemittel verwendet. Am Abend habe sie ohne vorherige Absprache Fahrdienste für den ambulanten Pflegedienst der Klägerin übernommen. Der Kontakt mit der Klägerin, die dringend eine Pflegefachkraft gesucht habe, sei wie bei anderen Auftraggebern auch über eine Vermittlungsagentur zustande gekommen. Sie habe Auftragsangebote ablehnen können und dies auch getan, wenn sie für sie nicht attraktiv gewesen seien. Das Honorar sei jeweils mit dem Auftraggeber direkt ausgehandelt worden. Ihr sei es in dieser Zeit wichtig gewesen, ihre Zeit frei einteilen zu können, mal mehr, mal weniger zu arbeiten oder ganz zu pausieren. Neben der Anmeldung bei mehreren Vermittlungsagenturen habe sie noch Werbung über eine eigene Webseite gemacht. Beim Einsatz für die Klägerin habe sie darauf bestanden, dass sie im Hinblick auf die erwartete baldige Geburt ihres Enkelkindes jederzeit ihre Tätigkeit habe beenden dürfen.
     
    29 
     
    Mit Urteil vom 20. März 2017 hob das SG den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2014 auf und stellte fest, dass die Beigeladene zu 1 ihre Tätigkeit als Pflegekraft für die Klägerin in der Zeit vom 5. bis 11. November 2012 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung mit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgeübt habe. Sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch dem Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen überwögen die Umstände, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen. Grundsätzlich könne auch im Hinblick auf § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI die Tätigkeit als Altenpflegerin sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Im DV, der auch tatsächlich umgesetzt worden sei, sei eine selbständige Tätigkeit vereinbart worden. Insbesondere seien die erteilten Aufträge von der Beigeladenen zu 1 in eigener Verantwortung auszuüben gewesen. Regelungen über deren Einbindung in die Organisationsstruktur der Klägerin oder eine Weisungsabhängigkeit ergäben sich aus der vertraglichen Regelung nicht, auch keine feste Arbeitszeit, sondern lediglich eine tägliche Mindestarbeitszeit. Die Beigeladene zu 1 habe als erfahrene Pflegefachkraft selbst entschieden, welche Aufgaben von ihr sinnvollerweise in der Wohngemeinschaft durchzuführen seien. Sie habe lediglich vor Beginn ihrer Tätigkeit von der Pflegekraft der Nachtschicht eine kurze Information über die nötigsten zu beachtenden Dinge erhalten. Sie sei, wie bei anderen Auftraggebern auch, frei gewesen, einen Auftrag für die Tätigkeit für die Klägerin abzulehnen. Ihre Kriterien hierfür habe sie anschaulich dargelegt. Sie habe auch für andere Auftraggeber arbeiten dürfen. Tatsächlich sei sie werbend am Markt aufgetreten und habe bereits in der Aufbauphase ihres Unternehmens für vier Auftraggeber gearbeitet. Eine Eingliederung in die betriebliche Ordnung der Klägerin habe nicht bestanden. Weisungen seien seitens der Klägerin nicht erteilt worden. An Dienst- oder Teambesprechungen sowie auf Verlangen der Klägerin an Weiterbildungsmaßnahmen habe sie ebenso wenig teilnehmen müssen wie eine über die gesetzlich vorgeschriebenen Durchführungsnachweise hinausgehende Dokumentation führen. Sie sei zwar in den Betriebsräumen der Klägerin, der Wohngemeinschaft, tätig geworden. Hierbei handle es sich um eine Form von stationärer Altenpflege. Gründe, dass eine stationäre Altenpflege nur im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden könnte, seien jedoch nicht ersichtlich. Die erforderlichen Pflegehilfsmittel seien von den Pflege- oder Krankenkassen der Patienten bereitgestellt worden; die Beigeladene zu 1 habe ihre eigene Arbeitskleidung getragen. In einem gewissen Umfang habe sie auch ein Unternehmerrisiko getragen. Sie habe nur eine Vergütung für tatsächlich geleistete Pflegestunden erhalten, die deutlich höher bemessen gewesen sei als bei einer abhängig beschäftigten Pflegekraft. Diesem Unternehmerrisiko hätten die größeren Freiheiten der Beigeladenen zu 1 bei Annahme eines Auftrags, Aushandlung der Vergütung und Tätigkeit ohne Einzelanweisungen oder Kontrollen der Klägerin gegenübergestanden.
     
    30 
     
    Gegen dieses ihr am 30. März 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. April 2017 Berufung beim LSG Baden-Württemberg (zunächst L 4 R 1379/17) eingelegt. Nach zwischenzeitlichem Ruhen wird das Verfahren unter dem aktuellen Aktenzeichen fortgeführt.
     
    31 
     
    Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, das SG habe zu Unrecht eine abhängige Beschäftigung verneint. Es habe eine Verpflichtung bestanden, die übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen und während des vereinbarten zeitlichen Rahmens dauerhaft anwesend zu sein. Dass die Beigeladene zu 1 im Vorfeld selbst Einfluss auf den jeweiligen Zeitpunkt ihrer Dienste habe nehmen können, spreche nicht für eine selbständige Tätigkeit. Absprachen über den zeitlichen Beginn und Umfang seien auch bei der Begründung abhängiger Beschäftigungen, insbesondere bei befristeten oder Teilzeitbeschäftigungen üblich. Darüber hinaus seien flexible Arbeitszeitsysteme in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen häufig anzutreffen. Fehlende Einzelanweisungen der Klägerin im Sinne inhaltlicher Vorgaben seien nicht entscheidend. Auch von abhängig beschäftigten Pflegefachkräften werde eine eigenverantwortliche und selbstentscheidende Durchführung der Pflege erwartet. Gerade bei Diensten höherer Art seien Einzelanweisungen nicht üblich und das Weisungsrecht zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, wenn eine Eingliederung vorliege. Das SG habe selbst festgestellt, dass sich die inhaltlichen Vorgaben aus der Methode und den Standards des Pflegeberufes einerseits und den von den Kassen im Einzelfall übernommenen Leistungen bzw. dem ärztlichen Behandlungs- oder Pflegeplan ergeben hätten. Insoweit sei die Beigeladene zu 1 an inhaltliche Vorgaben gebunden gewesen. Deren Tätigkeitszeiten hätten den üblichen Schichtzeiten entsprochen. Sie sei als ergänzende Kraft zum festangestellten Personal eingesetzt worden und habe festangestellte Mitarbeiter ersetzt, die aufgrund des Pflegenotstandes fehlten. Inhaltlich habe sie identische Leistungen wie festangestellte Mitarbeiter der Klägerin erbracht. Ein unternehmerisches Risiko habe sie nur in geringem Umfang getragen. Die Vertragsparteien hätten zwar ein Anstellungsverhältnis ausdrücklich vermeiden wollen, was auch die fehlenden Regelungen zu Urlaubs- und Entgeltfortzahlung erkläre. Dies stehe aber einer Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht entgegen. Diese Einordnung unterliege nicht der Disposition der Vertragsparteien. Des Weiteren handle es sich bei der Klägerin um einen mit einem Versorgungsvertrag ausgestatteten Leistungserbringer nach dem SGB XI. Das SG ignoriere insoweit die umfangreiche Instanzrechtsprechung zu Pflegekräften in stationären Einrichtungen. Aktuell habe das BSG (insbesondere Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 ‒ juris) bestätigt, dass Honorarpflegekräfte in stationären Einrichtungen regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig würden. Soweit die Klägerin nun vortrage, zum Zeitpunkt des Einsatzes der Beigeladenen zu 1 habe keine betriebliche Struktur bestanden, treffe dies ausweislich der Angaben der Beteiligten im Verwaltungsverfahren nicht zu.
     
    32 
     
    Die Beklagte beantragt,
     
    33 
     
    das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
     
    34 
     
    Die Klägerin beantragt,
     
    35 
     
    die Berufung zurückzuweisen.
     
    36 
     
    Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen ergänzend vor, zum Zeitpunkt des Einsatzes der Beigeladenen zu 1 sei bei ihr, der Klägerin, keine betriebliche Struktur vorhanden gewesen. Sie betreibe auch keine vollstationäre Pflegeeinrichtung. Die Beigeladene zu 1 sei in einer besonderen Versorgungsform der Wohngemeinschaft eingesetzt worden. Betreuung und Pflege der Bewohner folge insoweit dem Prinzip der ambulanten Pflege. Die Beklagte berücksichtigte zu Unrecht nicht die gesetzliche Wertung des § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI und den klar erkennbaren Willen der Vertragsparteien. Es handle sich nicht um Schutzbehauptungen der Vertragsparteien, was gerade die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für andere Auftraggeber zeige. Der hier vereinbarte Stundensatz von wochentags 29,00 EUR liege deutlich über dem von der Klägerin damals an beschäftigte gezahlten Stundenlohn von 11,00 EUR (brutto). Das Urteil des BSG vom 7. Juni 2019 (a.a.O.) stelle eindeutig auf die Merkmale der stationären Pflege ab, insbesondere auf die dort vorhandenen betrieblichen Organisationsstrukturen und die Zusammenarbeit mit den abhängig Beschäftigten innerhalb dieser Strukturen. Eine solche Zusammenarbeit mit abhängig Beschäftigten sei durch die Beigeladene zu 1 aber gerade nicht erfolgt.
     
    37 
     
    Die Beigeladenen stellen keine Anträge. Die Beigeladene zu 1 wiederholte ihr bisheriges Vorbringen, insbesondere habe sie keinerlei Vorgabe erhalten, wie sie die Station zu führen habe.
     
    38 
     
    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Senatsakten, der Akte des SG und der vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen.
     
    Entscheidungsgründe

    39 
     
    1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.
     
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    2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die angefochtene Feststellung der Beklagten, für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin in der Zeit vom 5. bis 11. November 2012 bestehe aufgrund abhängiger Beschäftigung Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Streitbefangen sind die inhaltsgleichen Bescheide vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2014 (§ 95 SGG). Als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung belastet die Klägerin als Dritte gleichermaßen auch den an die Beigeladene zu 1 gerichteten Bescheid vom 29. März 2013. Der Senat legt das Begehren der Klägerin daher dahingehend aus (§ 123 SGG), dass sie die Bescheide der Beklagten vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2014 einerseits originär und andererseits als Drittbetroffene angefochten hat. Die Klage war als Anfechtungsklage zulässig.
     
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    3. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Bescheide vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1 unterlag in ihrer Tätigkeit für die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum aufgrund einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
     
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    a) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2).
     
    43 
     
    Die Beklagte war für die von der Beigeladenen zu 1 beantragten Feststellung zuständig, weil für die streitige Zeit vom 5. bis 11. November 2012 zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. Juni 2013 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war.
     
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    b) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
     
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    Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann ‒ vornehmlich bei Diensten höherer Art ‒ eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 ‒ B 12 KR 25/10 R ‒ juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 ‒ B 12 KR 19/11 R ‒ juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 ‒ B 12 KR 17/11 R ‒ juris, Rn. 23 ‒, BSG, Urteil vom 30. März 2015 ‒ B 12 KR 17/13 R ‒ juris, Rn. 15 ‒ jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 ‒ 1 BvR 21/96 ‒ juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 ‒ B 12 KR 31/06 R ‒ juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 ‒ B 12 KR 25/10 R ‒ juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 ‒ B 12 KR 17/11 R ‒ juris, Rn. 23 ff. ‒ jeweils m.w.N.).
     
    46 
     
    Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine ‒ formlose ‒ Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 ‒ 11 RAr 49/94 ‒ juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 ‒ 12/3/12 RK 39/74 ‒ juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 ‒ B 12 KR 5/97 R ‒ juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 ‒ B 12 KR 21/98 R ‒ juris, Rn. 17 ‒ jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 ‒ B 12 KR 31/06 R ‒ juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 ‒ B 12 KR 25/10 R ‒ juris, Rn. 16).
     
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    c) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 5. bis 11. November 2012 abhängig beschäftigt.
     
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    aa) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die im Folgenden dargestellten Umstände, die der Senat aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere der Regelungen des DV sowie der Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 1, feststellt.
     
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    Die Beigeladene zu 1 war als Pflegefachkraft in der von der Klägerin, die einen zur Versorgung in der sozialen Pflegeversicherung Versicherter zugelassenen ambulanten Pflegedienst betreibt, betreuten Wohngemeinschaft für alte, an Demenz erkrankte Menschen tätig. Der Arbeitseinsatz erfolgte wegen Personalengpässen der Klägerin. Eine Rahmenvereinbarung bestand nicht. Die Vermittlung erfolgte über eine Vermittlungsagentur für freiberufliche Pflegekräfte. Ansprüche und Verpflichtungen bzgl. der Hauptleistungen (Erbringung von Pflegeleistungen/Vergütung dieser Leistungen) bestanden allein im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1.
     
    50 
     
    Grundlage der Tätigkeit war allein der DV. Weitere Regelungen oder Zusatzabsprachen wurden nicht getroffen. Dies entnimmt der Senat der ‒ unwidersprochenen ‒ Angabe der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG. Vereinbart wurde nach dem Vertragstext eine Tätigkeit als „Schichtleitung auf dem Wohnbereich und mobile Ambulante Pflege“. Eine nähere vertragliche Konkretisierung erfolgte nicht.
     
    51 
     
    Vereinbart wurde einerseits eine Tätigkeit als „freier Mitarbeiter/Mitarbeiterin“. Andererseits wurde die Geltung der gesetzlichen Bestimmungen und der „allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts“ geregelt, soweit der DV keine anderen Bestimmungen enthält.
     
    52 
     
    Der Einsatzzeitraum (nach Angabe konkreter Daten) und eine tägliche Mindestarbeitszeit von zehn Stunden bei möglicher Mehrarbeit wurden vertraglich vereinbart, die Lage der Arbeitszeit hingegen nicht geregelt. Tatsächlich wurde die Beigeladene zu 1 in der von der Klägerin bestimmten Tagesschicht in der Wohngemeinschaft tätig. Diese schloss sich jeweils an die Nachtschicht an, die von einer festangestellten Pflegekraft der Klägerin übernommen wurde und die Beigeladene zu 1 über die erforderliche Medikamentengabe und weitere Umstände informierte. Die Beigeladene zu 1 übernahm und übergab die Pflegeeinheit zu einem verabredeten Zeitpunkt von einer bzw. an eine andere Pflegekraft. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Beigeladenen zu 1 insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, ihrem Auskunftsschreiben vom 15. August 2013 und dem von ihr gefertigten Stundennachweis. Der tägliche Arbeitsbeginn ergab sich somit aus dem notwendigen Anschluss an die Nachtschicht. Gleiches galt für das frühestmögliche Ende der täglichen Arbeitszeit. In dieser Arbeitszeit konnte die Beigeladene zu 1 lediglich für die Klägerin tätig werden. Sie wurde persönlich für die Klägerin ab dem 5. November 2012 (Montag bis Samstag) täglich von 7.00 bis 16.00 Uhr sowie von 18.00 bis 20.00 Uhr (täglich elf Stunden) sowie am 11. November 2012 (Sonntag) von 7.00 bis 16.00 Uhr (neun Stunden) tätig. Dies entnimmt der Senat der von der Klägerin gefertigten Stundenaufstellung und der Rechnung Nr. 6 vom 20. November 2012.
     
    53 
     
    Die Beigeladene zu 1 übernahm die Tagesstruktur, teilweise das Kochen mit den Bewohnern und die pflegerische Versorgung am Tage. Arbeitsaufgaben der Beigeladenen zu 1 ergaben sich aus der jeweiligen Pflegeplanung für den einzelnen Bewohner. Die übrigen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten übernahm eine von der Klägerin gestellte hauswirtschaftliche Kraft. Die Beigeladene zu 1 dokumentierte in der Pflegeakte der Wohngemeinschaftsbewohner, welche Pflegemaßnahmen getroffen wurden oder noch notwendig waren (z.B. Medikamentengabe, Verbandswechsel o.ä.). Dies entnimmt der Senat den Angaben der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG und im Auskunftsschreiben vom 15. August 2013 sowie der Klägerin in deren Schreiben vom 14. August 2013.
     
    54 
     
    Neben dem Krankheitsbild wurde der Beigeladenen zu 1 von der Klägerin nach der Regelung des DV auch der Pflegebedarf vorab übersandt. Die übernommene Tätigkeit war dann in eigener Verantwortung auszuüben. Dass sie von der Klägerin tatsächlich keine inhaltlichen Vorgaben erhielt, bestätigte die Beigeladenen zu 1 im Verfahren durchgehend, insbesondere nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem SG. Dies ergibt sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 14. August 2013. Eine Kontrolle der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 vor Ort fand tatsächlich nicht statt. Die Klägerin behielt sich aber stichpunktartige Qualitätskontrollen vor, wie sie selbst in ihrem Schreiben vom 14. August 2013 bekräftigte.
     
    55 
     
    Die Beigeladene zu 1 hatte die von ihr geschuldeten Leistungen persönlich zu erbringen. Die abweichende Darstellung der Klägerin überzeugt nicht. Der Einsatz eigener Arbeitnehmer oder sonstiger Hilfskräfte war vertraglich nicht zugelassen. Nach der vereinbarten Geltung der allgemeinen gesetzlichen Regelungen war die persönliche Arbeitsleistung geschuldet (§ 613 Bürgerliches Gesetzbuch). Auch der Verweis im DV auf die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts spricht dafür. Tatsächlich hat die Beigeladene zu 1 die Leistungen auch durchweg persönlich erbracht.
     
    56 
     
    Sie trug eigene Dienstkleidung mit einem sie als „freiberufliche Pflegefachkraft“ ausweisenden Namensschild, verwendete ansonsten aber die in der Wohngemeinschaft vorhandenen Pflegemittel. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG. Mit diesen konkretisierte sie die tatsächlichen Umstände spezifisch in der zu beurteilenden Tätigkeit. Ihre früheren Angaben zur Verwendung eigener Pflegemittel im Verwaltungsverfahren bezog sich somit auf die Tätigkeiten für andere Auftraggeber. Erkennbar fehlte es diesen ‒ schon im Hinblick auf die weitgehend wortgleiche Darstellung in den jeweiligen Fragebögen ‒ an der nötigen Differenzierung. Diese holte die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nach.
     
    57 
     
    An Dienstbesprechungen der Klägerin und von diesen veranlassten Fortbildungen nahm die Beigeladene zu 1 zu nicht teil. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben der beiden Vertragsparteien.
     
    58 
     
    Dass die Beigeladene zu 1 keine Ansprüche auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung hatte, wie die beiden Vertragsparteien im vorliegenden Verfahren übereinstimmend vortragen, vermag der Senat nicht festzustellen. Eine Ansprüche dieser Art ausschließende Regelung enthält der DV nicht. Somit galten nach dem Vertragstext die gesetzlichen Regelungen und die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts. Dies spricht dafür, dass der Beigeladenen zu 1 Ansprüche der genannten Art gesetzlich zustanden. Nebenabreden oder Zusatzvereinbarungen zum DV bestanden, wie oben festgestellt, nicht. Tatsächlich gewährt wurden der Beigeladenen zu 1 Leistungen dieser Art während der ‒ allerdings nur sieben Arbeitstage umfassenden ‒ streitgegenständlichen Tätigkeit nicht.
     
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    Die Tätigkeit für die Klägerin war vertraglich auf die Zeit vom 5. bis 11. November 2012 befristet, konnte aber nach der ausdrücklichen vertraglichen Regelung nach gegenseitiger Absprache verlängert werden.
     
    60 
     
    Die Vergütung erfolgte nach einem festen Stundensatz von grundsätzlich (Mo. bis Fr.) 29,00 EUR, samstags 32,20 EUR, sonntags 34,00 EUR und feiertags 35,00 EUR. Ob diese Stundensätze von der vermittelnden Agentur vorgegebenen waren, lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. Sie wurden aber letztlich von den Vertragsparteien vereinbart. Dem Vergleich mit den in der Verwaltungsakte enthaltenen Rechnungen für andere Auftraggeber kann entnommen werden, dass die Beigeladene zu 1 für diese zu ähnlichen, aber nicht identischen Stundensätzen tätig wurde. Der Senat geht daher, gestützt auch auf eine entsprechende Angabe der Beigeladenen zu 1, davon aus, dass der hier vertraglich geregelte Stundensatz zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt wurde. Die Vergütung wurde nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden gezahlt. Auf Grundlage der von ihr vorgenommenen Stundenaufstellung stellte die Beigeladene zu 1 der Klägerin für ihre „Leistungen als freiberufliche Pflegefachkraft“ im hier streitbefangenen Zeitraum einen Betrag in Höhe von 2.230,22 EUR in Rechnung. Dabei setzte sie für den Sonntag abweichend von der vertraglichen Regelung einen Stundensatz von 32,20 EUR an.
     
    61 
     
    Die Beigeladene zu 1 wurde unmittelbar vor und nach der Tätigkeit für die Klägerin auch für andere Auftraggeber als Pflegefachkraft tätig. Dabei nummerierte sie die von ihr gestellten Rechnungen unabhängig vom jeweiligen Auftraggeber fortlaufend durch; so wurde z.B. die Rechnung Nr. 5 einem anderen Auftraggeber gestellt, die Rechnung Nr. 6 der Klägerin. Des Weiteren legt der Senat aufgrund der glaubhaften Angaben der Beigeladenen zu 1 zugrunde, dass diese in der Zeit ab September 2012 bei mehreren Vermittlungsagenturen für freiberufliche Pflegekräfte gemeldet war und über eine eigene Internetseite Werbung für ihre Dienste machte.
     
    62 
     
    bb) Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 wird nicht aufgrund § 10 Abs. 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fingiert. Denn eine Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. § 1 AÜG lag auch unter Berücksichtigung der Einschaltung einer Vermittlungsagentur nicht vor. Die Hauptleistungspflichten (Pflegeleistungen gegen Entgelt) oblagen nach den Regelungen des DV allein der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. Auch die tatsächliche Abrechnung der Vergütung erfolgte unmittelbar zwischen diesen beiden. Die Vereinbarung im DV, wonach der „freie Mitarbeiter/Mitarbeiterin [..] dem Auftraggeber durch Pflege & Netzwerk am 15 und 30 jedes Monats einen Arbeitszeitnachweis mit Rechnung zukommen [lässt]“ wurde offenbar nicht umgesetzt. Es bestehen daher weder tatsächliche Anhaltspunkte für eine Pflicht der Vermittlungsagentur, der Klägerin einen eigenen Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen, noch für ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Agentur.
     
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    cc) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat aber unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 im streitbefangenen Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis bestand.
     
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    (1) Ein maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin war ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Dies stellt ein eigenständig zu betrachtendes Indiz neben einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit dar (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R - juris, Rn. 28). Soweit die Klägerin zuletzt im Berufungsverfahren vortrug, zum Zeitpunkt des Einsatzes der Beigeladenen zu 1 sei bei ihr, der Klägerin, keine betriebliche Struktur vorhanden gewesen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Auch im streitbefangenen Zeitraum war die Klägerin als ambulanter Pflegedienst und Träger der Pflege in der Wohngemeinschaft berechtigt, als Pflegeeinrichtung der sozialen Pflegeversicherung Pflegeleistungen für die Bewohner der Wohngemeinschaft zu erbringen. Dies setzt nach §§ 71, 72 Abs. 1 und 3 SGB XI eine der Pflegeverantwortung und Qualitätssicherung genügende Betriebsstruktur voraus. Auch wenn es nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nach zwischenzeitlicher Insolvenzanmeldung im streitbefangenen Zeitraum noch „hemdsärmelig“ zugegangen sei, behauptete auch sie jedoch zu keinem Zeitpunkt, dass im streitbefangenen Zeitraum die Voraussetzungen des Versorgungsvertrags nicht vorgelegen hätten. Des Weiteren zeigen auch die oben festgestellten Umstände eine Betriebsstruktur der Klägerin auf. Insbesondere gewährleistete die Klägerin eine 24stündige Präsenz einer Pflegefachkraft in der Wohngemeinschaft und stellte ergänzend eine hauswirtschaftliche Kraft. In die Sicherung der ständigen Präsenz der Pflegefachkraft war die Beigeladene zu 1 maßgeblich eingebunden, da sie die hierfür nötige und von der Klägerin definierte und zu gewährleistende Tagesschicht übernahm. Die Beigeladene zu 1 war in diese von der Klägerin vorgegebene zeitliche Struktur im Sinne eines Schichtdienstes eingebunden. Diese wiederum erfasste die zeitlich nahtlose Übernahme der Verantwortung und Aufgaben von oder Übergabe an die Nachtschicht. Diese wurde von einer festangestellten Pflegekraft der Klägerin übernommen. Nach Abschluss des Vertrages war die Beigeladene zu 1 also insoweit in den äußeren Ordnungsrahmen der Klägerin eingebunden, als sie ihre Tätigkeit nicht vor dem Arbeitsbeginn der ihr in der Schicht folgenden festangestellten Pflegekraft beenden oder nicht später als das Arbeitsende der vorausgehenden beginnen konnte. Insoweit lag ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit den anderen Mitarbeitern der Klägerin vor (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 29). Vor diesem Hintergrund spricht auch die Vereinbarung der Tätigkeit gerade wegen Personalengpässen der Klägerin dafür, dass die Beigeladene zu 1 im Wesentlichen wie eine angestellte Kraft in den vorgegebenen Ablauf eingebunden wurde. Eine solche Einbeziehung geht über die Vereinbarung „bloßer Eckpunkte“ hinaus.
     
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    Für eine abhängige Beschäftigung spricht weiter die Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 1 in zentralen Punkten. Dass die Beigeladene zu 1 im Wesentlichen als Pflegekraft in der Tagesschicht in der Wohngemeinschaft tätig wurde, ergab sich erst aus einer entsprechenden Zuweisung der Klägerin. Der DV regelte als geschuldete Tätigkeit lediglich den weit umschriebenen Bereich „Schichtleitung auf dem Wohnbereich und mobile ambulante Pflege“. Zusätzliche Vereinbarungen wurden, wie festgestellt, nicht getroffen. Ein Recht zur Ablehnung der „erteilten Aufträge“ wurde nicht eingeräumt. Dass die Beigeladenen zu 1 tatsächlich maßgeblich in der Wohngemeinschaft tätig wurde, beruhte mithin auf der einseitigen Entscheidung der Klägerin. Damit lag auch der Arbeitsort nicht „in der Natur der Sache“. Denn allein nach der vertraglichen Regelung wäre auch ein Einsatz im Rahmen des mobil ambulanten Pflegedienstes möglich gewesen. In diesem Falle wären die Pflegeleistungen außerhalb der Wohngemeinschaft in den Wohnungen der mobil betreuten Personen erbracht worden. Durch die Festlegung des Einsatzes in der Wohngemeinschaft wies die Klägerin der Beigeladenen zu 1 damit auch den konkreten Arbeitsort an. Dass die Beigeladene zu 1 teilweise am Abend auch Fahrten für diesen mobilen Dienst unternahm, steht dem nicht entgegen. Denn hierbei handelte es sich nicht um den Schwerpunkt der Tätigkeit, sondern um von der Klägerin auch schon vertraglich akzeptierte Mehrarbeit. Die konkrete Lage der Arbeitszeit konnte von der Beigeladenen zu 1 nicht frei gewählt werden. Sie war auch nicht Gegenstand der gleichgeordneten vertraglichen Vereinbarung. Denn der DV traf hinsichtlich der Arbeitszeit lediglich eine Regelung zum Mindestumfang (zehn Stunden täglich), nicht aber zu Arbeitsbeginn und -ende. Der Arbeitsbeginn bestimmte sich durch die von der Klägerin gestaltete betriebliche Ordnung und damit durch einseitige Vorgabe. Denn die Beigeladene zu 1 hatte ihre Arbeit zu Beginn der Tagesschicht von der die Nachtschicht führenden Pflegekraft zu übernehmen. Hinsichtlich des Ende der täglichen Arbeitszeit war die Beigeladene zu 1 zwar insoweit frei, dass sie über die Mindestarbeitszeit von zehn Stunden täglich tätig werden konnte. Andererseits war sie insoweit gebunden, als sie ihre Tätigkeit in der Wohngemeinschaft nicht vor der Übernahme durch die die Nachtschicht führende Pflegekraft beenden konnte. Durch die Vorgabe des Schichtsystems bestimmte die Klägerin mithin Arbeitsbeginn und (frühstes) Arbeitsende der Beigeladenen zu 1 einseitig.
     
    66 
     
    Auch inhaltlich bestand zwar eine weitgehende, aber keine völlige Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 1 bei der Durchführung der von ihr geschuldeten Tätigkeit. Nach der Regelung des DV war diese „in eigener Verantwortung“ der Beigeladenen zu 1 auszuüben. Schon nach dem Wortlaut ist dies nicht mit einer völligen Weisungsfreiheit gleichzusetzen. Eine solche Regelung ist auch bei Arbeitnehmern mit besonderer Fachkompetenz nicht unüblich. Zu berücksichtigten ist dabei, dass der Vertrag mit der Beigeladenen zu 1 gerade wegen ihrer Fachkompetenz als ausgebildete Pflegefachkraft geschlossen wurde. Des Weiteren sah der DV eine nähere inhaltliche Bestimmung der geschuldeten Tätigkeit durch die Übersendung nicht nur des Krankheitsbildes, sondern auch des Pflegebedarfs vor. Die Klägerin verfügte mithin über die rechtliche Möglichkeit, hierdurch Vorgaben inhaltlicher Art zu machen. Dass die Klägerin der Beigeladenen zu 1 im streitbefangenen Zeitraum tatsächlich keine inhaltlichen Vorgaben erteilte, wie oben festgestellt, besagt lediglich, dass sie von der Möglichkeit hierzu im streitbefangenen Zeitraum keinen konkreten Gebrauch machte. Eine Kontrolle der Tätigkeit hatte sich die Klägerin, wie oben festgestellt, jedoch vorbehalten.
     
    67 
     
    Für eine abhängige Beschäftigung sprechen des Weiteren die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung und die vertraglich vereinbarte Geltung der „allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts“, die für eine selbständige Tätigkeit untypisch sind.
     
    68 
     
    (2) Für eine selbständige Tätigkeit spricht zunächst die vertragliche Vereinbarung einer Tätigkeit als „freiberufliche Pflegekraft“. Dies stimmt mit der Zielsetzung der Beigeladenen zu 1 überein, ab September 2012 freiberuflich tätig zu werden, um ihre Arbeitszeit frei bestimmen und sich ihre Arbeitseinsätze aussuchen zu können. Des Weiteren fand eine vollständige Eingliederung der Beigeladenen zu 1 wie eine festangestellte Pflegekraft in den Betrieb der Klägerin nicht statt. So war sie nicht verpflichtet, an deren Dienstbesprechungen auf deren Veranlassung an Fortbildungen teilzunehmen. Auch an deren Pausenregelungen war sie nicht gebunden. Die von ihr vorzunehmende Dokumentation beschränkte sich auf die Bestätigung der durchgeführten Pflegeverrichtungen. Sie trug nicht die Arbeitskleidung der Klägerin, sondern ihre eigene, wobei ihr Namensschild sie ausdrücklich als freiberufliche Pflegefachkraft auswies.
     
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    Sie erhielt einen Stundensatz von mindestens 29,00 EUR, der ‒ die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt ‒ deutlich über den Bruttostundensätzen von 11,00 EUR lag, die die Klägerin ihren festangestellten Pflegefachkräften zahlte.
     
    70 
     
    Ein nennenswertes Unternehmerrisiko als typisches Indiz einer selbständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 13, 31; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 ‒ B 12 KR 100/09 B ‒ juris, Rn. 10; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteile vom 23. März 2018 ‒ L 4 R 4791/15 ‒ juris, Rn. 59 und vom 8. Juli 2016 ‒ L 4 R 4979/15 ‒ juris, Rn. 46 m.w.N.) trug die Beigeladene zu 1 im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Klägerin nicht. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 ‒ B 12 KR 13/07 R ‒ juris). Die Beigeladene zu 1 setzte, wie oben festgestellt, außer der Arbeitskleidung keine eigenen Betriebsmittel ein und trug daher kein diesbezügliches Verlustrisiko. Auch wenn man berücksichtigt, dass die reine Pflegetätigkeit keine aufwändigen Betriebsmittel erfordert, sondern durch den Einsatz von Arbeitskraft geprägt ist, ergibt sich nichts Anderes. Denn auch ihre Arbeitskraft setzte sie nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Zwar handelte sie die Stundensatzhöhe mit der Klägerin aus. Sie erhielt aber letztlich einen festen Lohn für geleistete Stunden und trug daher zu keinem Zeitpunkt das Risiko, für ihre Arbeit nicht entlohnt zu werden. Für sie bestand auch nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten hätte entscheidend beeinflussen können. Im Kern erhielt sie für ihre Arbeit risikolos ein fest definiertes Honorar. Da es auch lediglich auf eine Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt, ist das einzig in Betracht kommende Risiko der Beigeladenen zu 1, von der Klägerin keine weiteren Folgeaufträge zu bekommen, für die Frage seines Status in der konkreten Tätigkeit irrelevant (zum Ganzen BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R - juris, Rn. 31 m.w.N.).
     
    71 
     
    (3) In der Gesamtabwägung können die für eine Selbständigkeit sprechenden Aspekte aber den aufgrund der in wesentlichen Punkten bestehenden Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin bestehenden überwiegenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung nicht durchgreifend erschüttern.
     
    72 
     
    Freiheiten in der Arbeitsausführung sind nicht typisch nur für einen Selbständigen, sondern von einer Fachkraft zu erwarten, auch wenn sie abhängig beschäftigt ist. Das Weisungsrecht kann insbesondere bei sog. Diensten höherer Art bzw. Hochqualifizierten oder Spezialisten aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“. Diese Grundsätze können auch auf ausgebildete Fachkräfte in verantwortungsvollen und von Eigenverantwortlichkeit geprägten Tätigkeiten wie der Pflege zur Anwendung kommen, wie hier bei einer Pflegefachkraft (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 28). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Pflegefachkräfte, die eine staatlich anerkannte Abschlussprüfung an einer Pflegefachschule absolviert haben, weitgehend eigenverantwortlich arbeiten. Dieses Merkmal kennzeichnet Fachkräfte gegenüber Pflegehilfskräften und prägt das Berufsbild unabhängig von ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status. Daraus kann also nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 24). Die der Beigeladenen zu 1 eingeräumte eigenverantwortliche Ausführung der Pflegetätigkeiten fällt mithin bei der Gesamtabwägung der Umstände nicht in Gewicht. Im Übrigen war das Weisungsrecht, wie oben festgestellt, nicht völlig entfallen. Die Klägerin hatte sich auch eine Kontrolle vorbehalten, so dass die Letztverantwortlichkeit bei ihr lag.
     
    73 
     
    Unterstützt wird dies durch die Vorgaben des für die Klägerin als zugelassene Pflegeeinrichtung verbindlichen Leistungserbringerrechts. Solche Vorgaben des Leistungserbringerrechts sind bei der Gesamtabwägung zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status der eingesetzten Pflegekraft anhand der tatsächlichen Verhältnisse grundsätzlich zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R - juris, Rn. 25 ff. zur stationären Pflegeeinrichtung, vom 31. März 2017 ‒ B 12 R 7/15 R ‒ juris, Rn. 30 ff. zum Erziehungsbeistand nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch [SGB VIII], vom 24. März 2016 ‒ B 12 KR 20/14 R ‒ juris, Rn. 27 f. zu Physiotherapeuten und Leistungen nach dem SGB V; vom 25. April 2012 ‒ B 12 KR 24/10 R ‒ juris, Rn. 18 ff. zur Familienhilfe nach dem SGB VIII). Die Zulassung einer stationären Pflegeeinrichtung erfolgt durch Abschluss eines Versorgungsvertrages, der den Versorgungsauftrag konkret bestimmt (§§ 72, 73 SGB XI). Nach § 71 SGB XI muss sowohl bei ambulanten Pflegediensten (Abs. 1) als auch bei stationären Pflegeheimen (Abs. 2 Nr. 1) die Pflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft stehen. Dies bedeutet, dass eine entsprechend qualifizierte Pflegefachkraft die Gesamtverantwortung für die pflegerische Versorgung tragen und auch wirksam wahrnehmen können muss. Das ist der Fall, wenn die verantwortliche Pflegefachkraft die Pflegeleistungen für jeden betreuten Pflegebedürftigen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen kontrolliert. Notwendig ist eine Steuerung, Anleitung, Koordination und Kontrolle der Pflegeleistungen auf der Grundlage eines in jedem Einzelfall gesondert zu erhebenden Bedarfs. Diese pflegerische Gesamtverantwortung muss von der Pflegefachkraft ständig wahrgenommen werden (BSG, Urteil vom 22. April 2009 ‒ B 3 P 14/07 R ‒ juris, Rn. 14, 19; Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 2. Aufl., Stand: 12. September 2017, § 71 Rn. 16). Damit setzt das SGB XI einen hohen Organisationsgrad zur Qualitätssicherung voraus. Diese regulatorischen Rahmenbedingungen haben im Regelfall die Eingliederung von Pflegefachkräften in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung zur Folge. Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne müssen daher gewichtige Indizien bestehen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R - juris, Rn. 26 zur stationären Pflegeeinrichtung). Da die Anforderungen an einen ambulanten Leistungserbringer nach § 71 Abs. 1 SGB XI aber mit denen nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI für eine stationäre Pflegeeinrichtung übereinstimmen, muss dieses Regel-Ausnahmeverhältnis unabhängig von der Form der Leistungserbringer (ambulant/stationär) gelten. Ob die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst (zulässig) nur durch Pflegekräfte in einem Anstellungsverhältnis erbracht werden kann (BSG, Beschluss vom 17. März 2015 ‒ B 3 P 1/15 S ‒ juris, Rn. 10 unter Verweis auf § 36 Abs. 1 Satz 3 SGB XI a.F., jetzt § 36 Abs. 4 Satz 2 SGB XI), kann offenbleiben. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI keine andere gesetzliche Wertung. Die Vorschrift setzt es als möglich voraus, dass die dort erfassten Pflegepersonen selbstständig tätig sein können, fingiert oder vermutet dies aber nicht allein aufgrund der ausgeführten Tätigkeiten (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 17). Gewichtige Indizien für eine selbständige Tätigkeit bestehen vorliegend nicht.
     
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    Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung und die oben festgestellten Merkmale einer Eingliederung unterstreichen die Bewertung als abhängige Beschäftigung. Soweit die Beigeladene zu 1 in einzelnen Bereichen nicht in die Betriebsstruktur einbezogen war, fällt dies bei der Abwägung nicht maßgeblich ins Gewicht. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Beigeladene zu 1 lediglich für einen befristeten Zeitraum zur Abdeckung eines Personalengpasses tätig wurde. Die vollständige Einbeziehung in das Dokumentationssystem der Klägerin sowie die Teilnahme an Dienstbesprechungen oder Fortbildungen sind unabhängig von der Frage einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit im Hinblick auf eine voraussichtlich kurze Dauer des Arbeitseinsatzes nicht zu erwarten.
     
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    Auch der Höhe des vereinbarten Stundensatzes kommt im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Denn auch eine abhängig beschäftigte Aushilfe oder neuanzustellende Pflegefachkraft könnte bei akuter Personalnot und dadurch bestehender starker Verhandlungsposition bei der Klägerin einen höheren Stundensatz durchsetzen als festangestellte Pflegekräfte. Insoweit spiegelt die Vergütungshöhe zuvorderst die jeweilige Marktstellung der Vertragsparteien wider. Eine weitere Einschränkung der indiziellen Bedeutung der Honorarhöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht „freikaufen“ kann (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 35).
     
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    Etwas Anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beigeladene zu 1 für mehrere Auftraggeber tätig war oder hierzu grundsätzlich bereit war. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 33 m.w.N.). Diese Indizien gewinnen Bedeutung, da auch Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit haben, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Solche anderweitigen Tätigkeiten können aber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein. Denn sie schränken die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich ein (BSG, Urteil vom 4. September 2018 ‒ B 12 KR 11/17 R ‒ juris, Rn. 23). Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 33). Auch unter Berücksichtigung des von der Beigeladenen zu 1 angegeben werbenden Auftretens auf ihrer Internetseite und der Anmeldung bei Vermittlungsagenturen für Pflegekräfte kommt der zeitlich aufeinanderfolgenden Tätigkeit für mehrere Auftraggeber hier kein solches Gewicht zu, das die Bewertung der konkreten Tätigkeit anhand der obigen Indizien als abhängige Beschäftigung in Frage stellten könnte.
     
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    Gleiches gilt für den Willen der Vertragsparteien. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 enthalten widersprüchliche Angaben. Einerseits haben die Vertragsparteien ausdrücklich einen „Dienstleistungs-Vertrag“ geschlossen und die Beigeladene zu 1 als „freiberufliche Pflegekraft“ bezeichnet. Andererseits haben sie ergänzend die Geltung der „allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts“ vereinbart. Selbst wenn zugunsten der Vertragsparteien unterstellt wird, dass die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen einen Willen zur Vereinbarung einer selbstständigen Tätigkeit ergibt, ist dies nicht entscheidend. Denn wenn ‒ wie vorliegend ‒ Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und der Vereinbarung bestehen, geht die gelebte Praxis (die hier für eine abhängige Beschäftigung spricht) der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 23). Es spielt auch keine entscheidende Rolle, dass die Beigeladene zu 1 durch Arbeitskleidung und Namensschild als freiberufliche Pflegekraft auftrat. Die Wahrnehmung der Tätigkeit durch Dritte ist für die rechtliche Bewertung der Eingliederung ohne Belang (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ juris, Rn. 31).
     
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    d) Eine geringfügige Beschäftigung, die nach § 7 Abs. 1 SGB V (auch i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), § 5 Abs. 2 SGB VI, und § 27 Abs. 2 SGB III zur Versicherungsfreiheit des Beschäftigten führen kann, lag bei der Beigeladenen zu 1 in der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht vor.
     
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    Nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der hier noch anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. November 2009 (BGBl. I, S. 3710), liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn (1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt, (2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt.
     
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    Nach der vorliegenden Rechnung lag der berechnete Betrag für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin mit 2.230,22 EUR über 400,00 EUR. Des Weiteren hat die Beigeladene zu 1 die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt. Eine zeitlich befristete Beschäftigung wird im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV berufsmäßig ausgeübt, wenn der Betreffende durch sie seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang erwirbt, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf der Beschäftigung beruht, damit diese von nicht nur untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Beschäftigungen, die nur gelegentlich, z. B. in einer Übergangszeit zwischen Ende der Schulausbildung und dem Beginn eines Hochschulstudiums oder der Aufnahme einer auf Dauer gerichteten Beschäftigung, ausgeübt werden, sind grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und somit nicht als berufsmäßig anzusehen (Senatsurteil vom 23. März 2018 ‒ L 4 R 4791/15 ‒ juris, Rn. 70 m.w.N.). Die Beigeladene zu 1 erwarb ab September 2012 dauerhaft ihren Lebensunterhalt durch aufeinanderfolgende, befristete Tätigkeiten als Pflegefachkraft für verschiedene Auftraggeber, so im streitbefangenen Zeitraum durch die Tätigkeit für die Klägerin. Damit übte sie diese berufsmäßig aus. Abweichendes macht sie selbst nicht gelten.
     
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    e) Eine nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungsfreie unständige Beschäftigung lag schon deshalb nicht vor, weil die Tätigkeit für die Klägerin auf sieben Tage und damit nicht weniger als eine Woche befristet war (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III).
     
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    f) Die Versicherungspflicht beginnt mit der Aufnahme der jeweiligen Beschäftigung. Ein späterer Beginn ergibt sich auch nicht aus § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV, da der Statusfeststellungsantrag nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wurde. Die Tätigkeit für die Klägerin nahm die Beigeladene zu 1 am 5. November 2012 auf, den Statusfeststellungsantrag für diese Tätigkeit stellte sie erst am 18. Juni 2013, mithin nicht innerhalb eines Monats.
     
    83 
     
    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Klägerin aufzulegen.
     
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    5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
     
    85 
     
    6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.