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  • 27.09.2002 · IWW-Abrufnummer 021313

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 18.07.2002 – V B 112/01

    1. Gibt ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer Mahlzeiten in einer von einem Dritten (Caterer) betriebenen Kantine verbilligt ab, so gehört zur Bemessungsgrundlage regelmäßig auch das vom Unternehmer an den Dritten für diese Umsätze gezahlte Entgelt.



    2. Ein Anspruch darauf, wie bei einer vom Unternehmer selbst betriebenen Kantine gemäß Abschn. 12 Abs. 10 bis 12 UStR die Bemessungsgrundlage unter Ansatz (lediglich) der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsverordnung zu ermitteln, besteht nicht.


    Gründe:

    I.

    Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) unterhielt als Anstalt des öffentlichen Rechts in den Streitjahren (1991 bis 1993) zwei Kantinen (Betrieb gewerblicher Art). In den Kantinen gab der Kläger im eigenen Namen mit Hilfe eines selbständigen Kantinenbetreibers (Caterers) an seine Arbeitnehmer Mahlzeiten verbilligt ab. Er erfasste in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als Bemessungsgrundlage der Umsätze an die Arbeitnehmer lediglich die von diesen an den Caterer für die Abgabe der Mahlzeiten geleisteten Zahlungen.

    Dagegen kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nach einer Betriebsprüfung zu der Auffassung, als Bemessungsgrundlage der Umsätze an die Arbeitnehmer seien die tatsächlichen Zahlungen der Arbeitnehmer für die Mahlzeiten zuzüglich der vom Kläger geleisteten "Zuschüsse" anzusehen.

    Einspruch und Klage gegen die entsprechend geänderten Bescheide blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus: Das FA habe zu Recht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) als Bemessungsgrundlage die bei der Ausführung des Umsatzes entstandenen Kosten zugrunde gelegt. Dazu zählten auch sämtliche Beträge (abzüglich Umsatzsteuer), die der Kläger an den Caterer für die Erbringung der Dienstleistungen bezahlt habe. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass das FA als Bemessungsgrundlage der Umsätze an die Arbeitnehmer die tatsächlichen Zahlungen der Arbeitnehmer zuzüglich der vom Arbeitgeber geleisteten "Zuschüsse" angesetzt habe.

    Es könne dahinstehen, ob die Übung der Finanzverwaltung sachgerecht sei, in den Fällen, in denen die Kantine vom Unternehmer selbst betrieben werde, aus Vereinfachungsgründen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von dem Wert auszugehen, der dem amtlichen Sachbezugswert nach der Sachbezugsverordnung entspreche (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 7. Februar 1991 IV A 2 -S 7100- 11/91, BStBl I 1991, 267, unter II. 2.; Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- 1996/2000, Abschn. 12 Abs. 10 ff.). Denn bei der Kantine des Klägers handele es sich jedenfalls nach der Definition der Finanzverwaltung nicht um eine unternehmenseigene, sondern um eine fremdbetriebene Kantine.

    Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Seiner Ansicht nach hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

    II.

    Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

    1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann eine Revision nur dann wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen werden, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage in einem nachfolgenden Revisionsverfahren geklärt werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. März 2002 III B 145/01, BFH/NV 2002, 810, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.

    2. Der Kläger macht mit seiner Beschwerde geltend, das FG gelange bei zwei wirtschaftlich gleich liegenden Sachverhalten

    - Kantinenbetrieb mit eigenem Personal,

    - Kantinenbetrieb mit Caterer, dessen Kosten voll vom Arbeitgeber getragen werden,

    zu völlig unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen. Die von ihm angestrebte Revision würde sich gegen die fehlerhafte Anwendung des § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 UStG und das im Rahmen der Anwendung dieser Vorschriften von der Finanzverwaltung fehlerhaft ausgeübte Ermessen wenden. Er erstrebe eine Umsatzbesteuerung der Kantinenumsätze in den Streitjahren unter Zugrundelegung der sog. Sachbezugswerte.

    3. Damit hat der Kläger eine konkrete Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte, nicht formuliert. Geht man davon aus, es solle die Rechtsfrage aufgeworfen werden, ob die Übung der Finanzverwaltung rechtens ist, in den Fällen, in denen eine Kantine vom Unternehmer selbst betrieben wird, auf Sachbezugswerte zurückzugreifen, und dies in anderen Fällen nicht zu tun, wäre diese Frage im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

    a) Nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG gilt § 10 Abs. 4 UStG entsprechend für Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, wenn die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG das Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG übersteigt. Entsprechend anwendbar ist im Streitfall § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG. Nach dieser Vorschrift wird der Umsatz u.a. bei sonstigen Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten bemessen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 6. Februar 1992 V R 56/87, BFH/NV 1992, 845).

    Entsprechend dieser gesetzlichen Regelung ist der Kläger veranlagt worden, indem bei der Bemessungsgrundlage der Kantinenumsätze zusätzlich zu den tatsächlichen Zahlungen der Arbeitnehmer die vom Kläger geleisteten "Zuschüsse" angesetzt worden sind. Sie gehören zu den dem Kläger bei Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten i.S. des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG.

    Anhaltspunkte dafür, dass diese Kosten das "marktübliche" Entgelt übersteigen (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 29. Mai 1997 Rs. C-63/96 -Skripalle-, Slg. 1997 I, 2847, BStBl II 1997, 841; BFH-Urteil vom 8. Oktober 1997 XI R 8/86, BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840), bestehen nicht.

    b) Die vom Kläger erstrebte Besteuerung auf der Grundlage (lediglich) der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsverordnung findet im Gesetz keine Stütze.

    Das belegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 13. Januar 1999, wonach eine solche Ermittlung der Bemessungsgrundlage durch eine entsprechende Ergänzung des § 10 Abs. 4 UStG ausdrücklich als "unzulässig" bezeichnet werden sollte (vgl. BTDrucks 14/265, S. 118). Zur Begründung heißt es u.a.:

    "Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die verbilligte oder unentgeltliche Gestellung von Mahlzeiten des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer auf der Grundlage der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsverordnung ist künftig nicht mehr zulässig. Die in § 10 Abs. 4 UStG vorgeschriebenen Werte weichen grundsätzlich von den für Lohnsteuerzwecke anzusetzenden Werten ab. In bestimmten Fällen läßt es die Finanzverwaltung bisher jedoch aus Vereinfachungsgründen zu, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Diese Regelung ist weder durch das UStG noch durch Artikel 11 Teil A der 6. EG-Richtlinie gedeckt." (vgl. BTDrucks 14/265, S. 198).

    Diese vorgesehene Ergänzung des § 10 Abs. 4 UStG ist zwar --ohne Angabe von Gründen (vgl. BTDrucks 14/443, S. 38)-- nicht Gesetz geworden. Ihre Begründung zeigt aber, dass das UStG das Begehren des Klägers nicht deckt.

    c) Einen Anspruch darauf, abweichend vom Gesetz besteuert zu werden, hat der Kläger nicht.

    Auf die Praxis der Finanzverwaltung kann sich der Kläger insoweit nicht berufen. Denn danach wird bei einer verbilligten Abgabe von Mahlzeiten eines Unternehmers an seine Arbeitnehmer nur bei einer unternehmenseigenen Kantine --nicht dagegen bei einer nicht vom Unternehmer selbst betriebenen Kantine wie im Streitfall-- die Bemessungsgrundlage (lediglich) unter Ansatz der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsverordnung ermittelt (vgl. Schreiben des BMF in BStBl I 1991, 267, unter II. 2.; UStR 1996/2000, Abschn. 12 Abs. 10 ff.). Überdies vermittelt Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes keinen Anspruch auf Anwendung einer --was hier zugunsten des Klägers unterstellt wird-- rechtswidrigen Verwaltungspraxis; insoweit gibt es keine "Gleichheit im Unrecht" (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2000 V B 66/00, BFH/NV 2001, 296, m.w.N.).

    4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

    RechtsgebieteUStG 1991/1993, UStR 1996/2000, GGVorschriftenUStG 1991/1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1991/1993 § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1991/1993 § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStR 1996/2000 Abschn. 12 Abs. 10 ff. GG Art. 3 Abs. 1 Verfahrensgang: FG Köln vom 31.05.2001 - 5 K 6962/99 -