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  • 05.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111688

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 15.03.2011 – VI B 145/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Gründe

    1

    Die Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch erfordert sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Auch Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.

    2

    1.

    Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt im Streitfall nicht in Betracht, weil es vorliegend an der Klärungsbedürftigkeit der als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfrage fehlt. Die Rechtslage ist eindeutig.

    3

    a)

    Aufwendungen, die durch eine Auswärtstätigkeit verursacht sind, gehören zu den erwerbsbezogen veranlassten Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zu den danach abziehbaren Reisekosten gehören auch Fahrtkosten, soweit nicht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diese Kosten gemäß § 3 Nr. 13 bzw. 16 EStG steuerfrei ersetzt (s. § 3c EStG). Bei Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug ist der durch die beruflichen Fahrten veranlasste Anteil der gesamten Fahrzeugkosten abziehbar. Die Kosten sind grundsätzlich nachweisgebunden (vgl. etwa BFH-Urteil vom 7. April 1992 VI R 113/88, BFHE 167, 421, BStBl II 1992, 854). Ohne Einzelnachweis der tatsächlichen Gesamtkosten können die pauschalen Kilometersätze angesetzt werden, die die Finanzverwaltung festgesetzt hat (R 9.5 Abs. 1 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- 2008). Es handelt sich dabei um eine rechtlich mögliche typisierende Schätzung, die der Senat bislang in ständiger Rechtsprechung anerkannt hat (Senatsurteil vom 15. April 2010 VI R 20/08, BFHE 229, 203, BStBl II 2010, 805, m.w.N.; zur Bindung typisierender Verwaltungsvorschriften s. Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 5 AO Rz 198).

    4

    Zwar sind typisierende Verwaltungsvorschriften mit materiell-rechtlichem Inhalt Gegenstand richterlicher Kontrolle (Wernsmann in HHSp, § 4 AO Rz 88), sie dürfen allerdings durch die Gerichte weder wie Gesetze ausgelegt noch verändert werden. Kommt ein Gericht zu dem Ergebnis, dass eine solche Verwaltungsanweisung den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht und die Schätzung nicht (mehr) vertretbar ist, scheidet die Anwendung aus.

    5

    b)

    Nach diesen Grundsätzen kommt ein pauschaler Kilometersatz in Anlehnung an die reisekostenrechtlichen Werte (Wegstreckenentschädigung) nicht in Betracht. Die Übernahme dieser Werte für Zwecke des Werbungskostenabzugs käme der Veränderung der genannten typisierenden Verwaltungsregelung gleich. Dazu sind die Gerichte, wie erwähnt, nicht befugt. Ist der Arbeitnehmer, wie hier der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der Auffassung, dass der pauschale Kilometersatz nicht (mehr) realitätsgerecht ist, sind bei entsprechendem Nachweis die tatsächlichen Kosten in Abzug zu bringen (zur Schätzung s. BFH-Urteil in BFHE 167, 421, BStBl II 1992, 854).

    6

    c)

    Eine Grundrechtsverletzung kann der Senat nicht erkennen. Eine solche kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Arbeitnehmer jederzeit die Möglichkeit hat, die vom Arbeitgeber nicht erstatteten Fahrtkosten im Einzelnen zu ermitteln und in Abzug zu bringen. Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung beim Ersatz der Reisekosten durch den Arbeitgeber zwischen Arbeitnehmern, die im öffentlichen und privaten Dienst beschäftigt sind, geltend macht, kann ihm der Senat nicht folgen. Nach seiner Rechtsprechung sind wie im Fall des § 3 Nr. 16 EStG Erstattungen nach § 3 Nr. 13 EStG nur steuerfrei, wenn sie der Abgeltung eines Aufwands dienen, der, hätte ihn der Arbeitnehmer getragen, als Werbungskosten abziehbar wäre (BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 53/04, BFHE 217, 551, BStBl II 2007, 536, m.w.N.). Die Steuerbefreiung kann daher nicht ohne Rücksicht darauf gewährt werden, ob überhaupt Werbungskosten angefallen sind. Im Übrigen belief sich im Streitfall nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) der dem Kläger erstattete Betrag nur auf 0,30 € je Kilometer. Der Umfang der Steuerbefreiung ist daher nicht streitig. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, Rechtsfragen abstrakt zu klären.

    7

    2.

    Die Zulassung der Revision kann auch nicht auf die Erforderlichkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gestützt werden.

    8

    a)

    Das vom Kläger zur Begründung der vermeintlichen Divergenz herangezogene Urteil des BFH zur Bedeutung der Anweisung in Abschn. 26 Abs. 1 Sätze 4 und 5 LStR 1975 betrifft aus den vom FG genannten Gründen nicht nur ersichtlich einen anderen Sachverhalt, sondern enthält auch keinen abweichenden Rechtsgrundsatz.

    9

    b)

    Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung --außer in den Fällen der Divergenz-- dann geboten, wenn ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung besteht, weil das FG revisibles Recht fehlerhaft ausgelegt hat, der insoweit unterlaufene Fehler von Gewicht und geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Auslegung und Anwendung des revisiblen Rechts durch das FG objektiv willkürlich oder greifbar gesetzeswidrig ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 68 ff.).

    10

    Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Kläger aus dem angefochtenen Urteil zitierten Passagen tatsächlich widersprüchlich sind. Denn selbst wenn dies so wäre, handelte es sich nicht um einen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler, der im Allgemeininteresse einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedürfte. Mit sonstigen Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit wird kein Zulassungsgrund dargelegt.

    11

    3.

    Der Kläger hat einen Verfahrensfehler, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), nicht schlüssig dargelegt. Mit seiner Rüge, das FG habe gegen Denkgesetze verstoßen, macht der Kläger keinen Verfahrensfehler geltend. Ein Verstoß gegen Denkgesetze ist nach der Rechtsprechung des BFH ein materiell-rechtlicher Fehler (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 83, m.w.N.).

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 3c EStG § 3 Nr. 16 EStG § 9 Abs. 1 S. 1 EStG