09.11.2011 · IWW-Abrufnummer 121434
Finanzgericht Köln: Urteil vom 14.07.2011 – 6 K 4781/07
Die berufliche Veranlassung eines Umzugs endet mit dem Einzug in die erste Wohnung am neuen Arbeitsort. Bei einem Umzug in Etappen - zunächst in eine „Zwischenlösung” und später in die endgültige Bleibe - ist der zweite Umzug am Beschäftigungsort regelmäßig privat veranlasst.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 14.07.2011 für Recht erkannt:
Tatbestand
Streitig ist, ob nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung durch Wegfall der Familienwohnung aufgrund Ehescheidung der vom Steuerpflichtigen im Streitjahr (2005) durchgeführte Umzug von seiner bisherigen (Zweit-)Wohnung am Beschäftigungsort in eine größere Wohnung im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts beruflich veranlasst ist.
Der Kläger ist Diplom-Mathematiker. Er lebte ursprünglich in der Stadt B mit seiner – inzwischen von ihm geschiedenen – Ehefrau und zwei Kindern zur Miete. Der Sohn und Zeuge A1 sowie die Tochter A2 besuchten seinerzeit das Gymnasium. Die in einer Doppelhaushälfte belegene Familienwohnung war etwa 150 m² gro ß und bestand aus fünf Zimmern, einer Küche, zwei Bädern und zwei WC.
Zum 01.04.2000 wurde der damals arbeitslose Kläger von der C GmbH in E angestellt. Die Arbeitsstätte war über 130 km von der Wohnung in B entfernt. Ein Umzug der ganzen Familie nach E kam nicht in Betracht, da sich die Ehe in einer Krise befand. Der Kläger mietete deshalb in E, nur wenige Kilometer von seiner Arbeitsstätte entfernt, alleine eine Zweitwohnung an. Sie war rund 50 m² groß und bestand aus zwei Zimmern, Küche, Diele und Bad. Der Kläger stattete sie mit Mobiliar aus und übernachtete unter der Woche dort. Er behielt die Wohnung, als der Arbeitgeber später seinen Sitz von E nach D verlegte, da die Fahrtzeit zu der nun etwas weiter entfernten Arbeitsstätte praktisch gleich blieb. An den Wochenenden kehrte der Kläger im Jahr 2000 regelmäßig zu seiner Familie in B zurück. Das zuständige Finanzamt erkannte den Sachverhalt bei der Einkommensteuerveranlagung als doppelte Haushaltsführung an.
Im Jahr 2001 übertrug der Arbeitgeber dem Kläger Aufgaben in neu gegründeten Unternehmen in den USA, wodurch er weniger Zeit mit seiner Familie in B verbringen konnte. Zwischen den Eheleuten kam es zum endgültigen Zerwürfnis. Sie lebten darauf innerhalb der Familienwohung getrennt. Der Kläger reduzierte seine Fahrten nach B und traf sich stattdessen in E mit seinen Kindern. Sie blieben meist nicht über Nacht, da die Wohnung dort für drei Personen zu klein war. Auf Antrag der Ehefrau wurde die Ehe mit dem Kläger durch das am 15.12.2003 rechtskräftig gewordene Urteil des Familiengerichts geschieden. Die Familienwohnung in B nebst Hausrat wurde der Ehefrau zugesprochen. Der Kläger gab die Schlüssel ab und meldete sich mit Hauptwohnsitz in E an.
Der Kläger arbeitete bis Mitte 2004 ganz überwiegend in den USA. Erst dann konnte er diese Aufgabe abgeben und wurde wieder hauptsächlich in D eingesetzt. Der Kläger begann nun intensiv mit der Suche nach einer neuen Wohnung im Einzugsbereich von D. Er beauftragte verschiedene Makler und besichtigte mindestens 20 Wohnungen. Im Januar des Streitjahres mietete er in F im Bezirk des Beklagten eine 93 m² große Wohnung mit dreieinhalb Zimmern, Küche, Diele und Bad. Er renovierte die Wohnung grundlegend und schaffte neue Möbel sowie Ausstattungsgegenstände an. Den Umzug von E nach F bewerkstelligte er Ende April mithilfe eines Transportunternehmens. In der Wohnung in B befanden sich nur noch einige persönliche Sachen wie Kleidung und Werkzeug, die die Ehefrau kurz nach der Scheidung in Kartons verpackt hatte. Diese holte der Kläger mit einem angemieteten LKW ab und transportierte sie unmittelbar nach F. Durch den Umzug von E und B nach F entstanden dem Kläger unstreitig Aufwendungen in Höhe von 2.700 EUR. Wegen der Zusammensetzung dieses Betrags wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Durch die Verbesserung der Wohnsituation und die häufigere Anwesenheit des Klägers wurde der Kontakt zu den Kindern wieder intensiver.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger im Einzelnen aufgeschlüsselte Kosten für den Umzug als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Der Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dass der Umzug nicht beruflich, sondern privat veranlasst sei. Die Kosten ließ er im Einkommensteuerbescheid vom 27.10.2006, der unter Vorbehalt der Nachprüfung erging, außer Ansatz. Der vom Kläger eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung setzte der Beklagte zudem die Einkommensteuer wegen eines hier nicht interessierenden Punktes herauf und hob sodann den Vorbehalt der Nachprüfung auf
Mit der Klage verfolgt der Kläger weiter den Abzug der Umzugskosten.
Er ist der Ansicht, dass der Umzug beruflich veranlasst sei. Die Wohnung in E sei vom Einzug im Jahr 2000 bis zum Auszug im Streitjahr nur eine Übergangslösung gewesen. Sie sei zu keiner Zeit als Hauptwohnsitz konzipiert worden und habe nicht seinen Lebensverhältnissen in B entsprochen. Als die dortige Wohnung seiner Ehefrau zugesprochen worden sei, habe er sich zwangsläufig nach E ummelden müssen. Als Hauptwohnsitz habe die dortige Wohnung selbst jetzt allenfalls vorübergehend dienen sollen, weil er eine neue Wohnung erst habe finden müssen. Über die Anforderungen an seinen Hauptwohnsitz habe nicht der Beklagte, sondern nur er, der Kläger, nach seinen Einkommens- und Lebensverhältnissen zu entscheiden. Im Streitjahr sei er nicht von B nach E, sondern nur von B und E aus nach F gezogen.
Während des Klageverfahrens hat der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr am 06.03.2008 sowie am 01.12.2008 unter Berücksichtigung einheitlich und gesondert festgestellter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – über die kein Streit besteht – gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zugunsten des Klägers geändert.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2005 dahingehend zu ändern, dass Umzugskosten in Höhe von 2.700 EUR als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Er bleibt bei der Ansicht, dass es an einer beruflichen Veranlassung fehle. Es liege weder ein Umzug in Etappen vor noch stehe der Umzug im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung des Klägers. Diese sei bereits Ende 2003 beendet worden. Die Wohnung in E habe den Lebensverhältnissen des Klägers entsprochen. Mit dem Einzug dort sei die Kausalit ätskette der beruflichen Veranlassung unterbrochen worden. Der Umzug im Streitjahr nach F beruhe allein auf privaten Gründen.
Das Gericht hat gemäß dem Beschluss vom 16.06.2011 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Einkommensteuer für das Streitjahr kann nicht herabgesetzt werden, weil der angefochtene Einkommensteuerbescheid nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die vom Kläger als Angestellter der C GmbH erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG) und zwar in Gestalt des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Dabei können die mit der Klage geltend gemachten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden.
Das folgt aus dem Abzugsverbot in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach dieser Bestimmung dürfen – vorbehaltlich der im Eingangssatz geregelten Ausnahmen – Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen bei den einzelnen Einkunftsarten nicht abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs des Steuerpflichtigen erfolgen.
Von den Ausnahmen des Abzugsverbots, die im Eingangssatz des § 12 EStG genannt sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 6, 7 und 9, § 10a und §§ 33 bis 33c EStG), ist keine einschlägig. Die strittigen Kosten gehören zu den Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Privat wohnen zu können ist ein menschliches Grundbedürfnis. Die Aufwendungen betreffen den Umzug von der bisherigen Privatwohnung in E zu der neuen Privatwohnung in F. Dass der Kläger bei der Wahl der Stadt F als Ort für die neue Wohnung auch die Entfernung zu seiner Arbeitsstätte in D berücksichtigt hat, ist nicht von Bedeutung. Denn das Abzugsverbot gilt nach dem Gesetzestext bei Aufwendungen für die Lebensführung, „auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen”.
Eine Ausnahme von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kommt für die hier strittigen Umzugskosten nach der gesetzlichen Systematik auch unter Berücksichtigung der Bestimmung über die Abziehbarkeit von Werbungskosten in § 9 EStG nicht in Betracht.
Die Aufwendungen fallen nicht unter § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dafür genügt es, dass die Aufwendungen durch den Beruf oder die Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst sind (vgl. BFH, Urteil vom 02.02.2011 VI R 15/10, BFHE 232, 494, BStBl II 2011, 456). Für das Verhältnis zu § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt speziell bei Umzugskosten: Ist der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst und spielt die Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG allenfalls eine ganz untergeordnete Rolle, tritt die letztgenannte Bestimmung hinter § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zurück und die Umzugskosten sind als Werbungskosten abziehbar (BFH-Urteil vom 21. Februar 2006 IX R 79/01, BFHE 212, 456, BStBl II 2006, 598, m.w.N.). Das kann der Fall sein, wenn der Umzug den erforderlichen Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wesentlich, nämlich um mindestens eine Stunde täglich vermindert (vgl. BFH, Beschluss vom 12.08.2008 VI B 85/08, BFH/NV 2009, 171 m.w.N.), oder wenn der Umzug im Zusammenhang mit der erstmaligen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit steht (vgl. BFH, Beschluss vom 7.1.2004 I S 5/03 und 6/03, BFH/NV 2004, 637). In diesen Fällen stellt die berufliche Tätigkeit als Arbeitnehmer den entscheidenden Grund für den Umzug dar. Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.
Durch den Umzug von E nach F sind die Entfernung und die Fahrzeit des Klägers von der Wohnung zur Arbeitsstätte in D jedenfalls nicht kürzer geworden. Darüber streiten die Beteiligten nicht. Die Verkürzung der Fahrtzeit, die der Kläger bis zur Scheidung von der Wohnung in B zur Arbeitsstätte aufwenden musste oder die erstmalige Aufnahme der Tätigkeit bei der C GmbH kommen als Begründung eines beruflichen Anlasses für den Umzug von E nach F nicht in Betracht.
Die Strecke von B nach E war ausschlaggebend für die Anmietung der Zweitwohnung im Einzugsgebiet des Arbeitgebers im Jahr 2000. Die für diesen Umzug angefallenen Kosten waren beruflich veranlasst und bei der Einkommensteuer für 2000 als Werbungskosten abziehbar. Mit dem Abschluss des Umzugs im Jahr 2000 hat es sein Bewenden. Die berufliche Veranlassung eines Umzugs endet nämlich mit dem Einzug in die erste Wohnung am neuen Arbeitsort. Bei einem Umzug in Etappen – zunächst in eine „Zwischenlösung” und später in die endgültige Bleibe – ist der zweite Umzug am Beschäftigungsort regelmäßig privat veranlasst (vgl. BFH, Urteile vom 21.09.2000 IV R 78/99, BFHE 193, 315, BStBl II 2001, 70, vom 20.09.2006 I R 59/05, BFHE 215, 130, BStBl II 2007, 756,FG München, Urteil vom 11.05.2010 8 K 461/10, bei juris; Valentin, Anmerkung zu FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.10.2000 6 K 2108/98, EFG 2001, 433).
Die Umzugskosten sind schließlich nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG unter dem Gesichtspunkt der doppelten Haushaltsführung des Klägers abziehbar. Nach dieser Bestimmung (in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645) sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn die Umzugskosten sind dem Kläger nicht „wegen” seiner doppelten Haushaltsführung entstanden.
Der Kläger hatte eine doppelte Haushaltsführung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG. Er war als Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhielt, beschäftigt und wohnte auch am Beschäftigungsort.
Anfang des Jahres 2000 unterhielt der Kläger in B einen eigenen Hausstand. Eigener Hausstand ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Mittelpunkt seiner Lebensinteressen führt. Er besteht in der Regel aus einer Wohnung, die der Arbeitnehmer aus eigenem Recht nutzen darf, die seinen Lebensbedürfnissen entspricht und in der ein hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem sich der Arbeitnehmer persönlich und finanziell maßgebend beteiligt. Bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten ist das der Ort, an dem die Ehegatten in häuslicher Gemeinschaft im Sinne von § 1353 Abs. 1 BGB zusammenleben. Als Indizien können der Vergleich von Größe und Ausstattung der Wohnungen sowie Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte in den Wohnungen dienen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 VI R 10/07, BFHE 223, 242, BStBl II 2009, 153 und Drenseck, EStG, 30. Auflage 2011, § 9 Rn. 141). Der Lebensmittelpunkt des Klägers befand sich Anfang 2000 in der Familienwohnung in B. Dort hatte er eine Wohnung angemietet, die er aus eigenem Recht nutzen konnte. Mit 150 m² Wohnfläche und fünf Zimmern entsprach sie – im Unterschied zu der Zweizimmerwohnung in E – seinen Lebensbedürfnissen. In B bestand seinerzeit zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft sowie eine familiäre Beziehung als Vater der beiden Kinder. Der Kläger kehrte deswegen an den Wochenenden regelmäßig nach B zurück.
Der Kläger war außerhalb des Ortes in B beschäftigt, nämlich in der rund 130 km entfernten Stadt E bzw. nach der Sitzverlegung in der Stadt D. Der Kläger wohnte auch am Beschäftigungsort. Dazu zählt neben der politischen Gemeinde auch deren Umgebung (BFH, Beschluss vom 2.10.2008 VI B 33/08, bei juris). E gehört zum Einzugsgebiet von D.
Die doppelte Haushaltsführung wurde aus beruflichem Anlass begründet. Der arbeitslose Kläger hatte er im Jahr 2000 in E eine neue Arbeitsstelle gefunden. Mit der Anmietung vor Ort wollte der Kläger vermeiden, jeden Tag 130 km von seiner Wohnung in B hin zu seinem Arbeitsplatz und zurück fahren zu müssen.
Notwendige Mehraufwendungen „wegen” einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG) sind unter anderem die Kosten für einen Umzug, der die Beendigung der doppelten Haushaltsführung bewirkt (BFH, Urteile vom 21.07.1989 VI R 129/86, BFHE 158, 26, BStBl II 1989, 917 und vom 29.04.1992 VI R 146/89, BFHE 167, 667, BStBl II 1992, 667; zuletzt Urteil vom 24.05.2000 VI R 28/97, BFHE 191, 552, BStBl II 2000, 474; FG München, Urteil vom 6.11.1991 1 K 1065/88 EFG 1992, 187, Niedersächsisches FG, Urteil vom 30.10.1975 VII 16/74, EFG 1976, 280; Drenseck, EStG, 29. Auflage, § 9 Rn. 140). Dieser Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Der Umzug von E nach F im Streitjahr ist nicht „wegen” der Beendigung der doppelten Haushaltsführung des Klägers durchgeführt worden. Zwischen dem Umzug und der Beendigung besteht kein Veranlassungszusammenhang. Die doppelte Haushaltsführung war bereits früher beendet worden, nämlich spätestens im Dezember 2003.
Eine doppelte Haushaltsführung endet unter anderem, wenn der Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand am Beschäftigungsort gründet und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen dorthin verlegt (BFH, Urteile vom 25.03.1988 VI 32/85, BFHE 152, 533, BStBl II 1988, 582 und vom 25.03.1993 VI R 148/88, BFH/NV 1993, 538). Das ist hier bereits lange vor dem Umzug geschehen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die doppelte Haushaltsführung über den Zeitpunkt der Trennung der Eheleute hinaus bestanden habe und erst durch das rechtskräftige Scheidungsurteil im Dezember 2003 beendet worden sei. Das Gericht unterstellt diese Würdigung im Ergebnis zugunsten des Klägers als richtig. Spätestens Ende 2003 bestand sonach keine doppelte Haushaltsführung mehr, weil der Kläger seinen eigenen Hausstand in B verloren hatte. Sein Lebensmittelpunkt befand sich ebenfalls nicht mehr in B. Die Ehe war geschieden und die Familienwohnung allein der Ehefrau zugesprochen worden. Der Kläger hatte dort keinen Zutritt mehr. In Übereinstimmung damit hat der Zeuge A1 erklärt, dass Begegnungen mit dem Kläger nach der Scheidung in B allenfalls im Haus der Großmutter stattgefunden hätten. Der Kläger hat seinen Hausstand in B mit Beginn der Trennung schrittweise aufgelöst. Ende 2003 sind nur noch die Habseligkeit geblieben, die die Ehefrau anschließend in Kartons packte und die der Kläger im Streitjahr abgeholt hat. Mit den darin befindlichen Kleidungsstücken und Werkzeugen konnte der Kläger in B schon vor Dezember 2003 keinen eigenen Hausstand mehr unterhalten. In diese Richtung geht die Aussage des Zeugen, der bekundet hat, seines Wissens habe der Kläger in B keine Sachen mehr gehabt.
Aus der vorstehenden Würdigung des Geschehens ergibt sich umgekehrt, dass der Kläger spätestens ab Ende 2003 seinen eigenen Hausstand in der ihm verbliebenen Wohnung in E unterhielt. Ein hauswirtschaftliches Leben konnte er aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten nur noch dort führen. Folgerichtig hat der Kläger seinen Erstwohnsitz in B abgemeldet und sich in E angemeldet. Dort befand sich nunmehr sein Lebensmittelpunkt.
Es ist für das Gericht nachvollziehbar, dass der Kläger die Wohnung in E von Anfang an und erst recht ab Ende 2003 lediglich als Zwischenlösung angesehen und eine seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen angemessene Wohnung angestrebt hat. Diese Einschätzung hat der Zeuge glaubhaft bestätigt. Das ändert jedoch an der rechtlichen Beurteilung nichts. Ein Steuerpflichtiger kann seinen eigenen Hausstand in einer Wohnung auch für vorübergehende Zeit unterhalten. Das gilt jedenfalls, wenn es sich dabei um seine einzige Wohnung handelt.
Für die Entscheidung des Streitfalls spielt es ferner keine Rolle, dass die Verlagerung des eigenen Hausstandes von B nach E dem Kläger durch das Scheidungsurteil gleichsam aufgezwungen wurde und er seine Familienwohnung nicht freiwillig geräumt hat. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG ist der berufliche Anlass nur für die Begründung der doppelten Haushaltsführung relevant. Aus welchen Gründen diese beibehalten wird, ist nach dem Gesetzestext für den Werbungskostenabzug ohne Belang. Nichts anderes gilt, wenn die doppelte Haushaltsführung nicht mehr beibehalten und – wie im Streitfall – beendet wird. Der durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG eröffnete Werbungskostenabzug steht dem Steuerpflichtigen „unabhängig davon” zu.
Als Mehraufwendungen „wegen” Beendigung einer doppelten Haushaltsführung hat die bereits zitierte Rechtsprechung bisher nur die Kosten für solche Umzüge anerkannt, welche die „Aufsplitterung in zwei Haushalte” dadurch beenden würden, dass am Ende nur der eigene Hausstand in einer Wohnung übrig bleibe. Diese Wirkung konnte der Umzug von E nach F im Streitjahr nicht mehr haben. Denn der eigene Hausstand des Klägers war infolge der Ehescheidung bereits Ende 2003 mit der Wohnung in E zusammengeführt worden. Mehraufwendungen „wegen einer” doppelten Haushaltsführung wären dem Kläger im Streitjahr nur entstanden, wenn er mit seiner Habe aus B nach E umgezogen wäre. Ein solcher Umzug hat im Streitjahr aber nach dem festgestellten Sachverhalt nicht stattgefunden. Die geltend gemachten Kosten betreffen ganz überwiegend den Umzug von E nach F. Nur die LKW-Miete ist auf den Transport der Kartons von B nach F entfallen. Kosten für eine Fahrt von B nach E sind aber trotzdem nicht angefallen.
Nur diese restriktive Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Sie nimmt Rücksicht auf die Verwurzelung des Arbeitnehmers an seinem bisherigen Lebensmittelpunkt. Diese Rücksichtnahme ist nicht mehr geboten, wenn der Arbeitnehmer seinen bisherigen Lebensmittelpunkt an den Arbeitsort verlegt hat. Im Falle einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung sind die Aufwendungen für deren Beendigung ebenso beruflich veranlasst wie die Aufwendungen für deren Begründung. Denn der Anlass für die Zusammenführung des eigenen Hausstandes in einer Wohnung ist bereits in der Begründung des zweiten Hausstands am Arbeitsort angelegt. Es besteht ein kausaler Zusammenhang der beruflichen Veranlassung von der Begründung über die Aufrechterhaltung bis zur Beendigung der doppelten Haushaltsführung. Im Streitfall besteht ein solcher Kausalzusammenhang nicht.
Aus der neueren Rechtsprechung zu den so genannten „Wegverlegungsfällen” (BFH, Urteile vom 05.03.2009 VI R 58/06, BFHE 224, 413, BStBl II 2009, 1012 und VI R 23/07, BFHR 224, 220, BStBl II 2009, 1016; VI R 34/09, BFH/NV 2010, 2046) folgt für den Streitfall kein anderes Ergebnis. Dort geht es um die Konstellation, dass ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er dort entweder in der bisherigen Wohnung des Haupthausstandes oder einer neuen Wohnung einen Zweithaushalt begründet, um seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können. Der BFH hat unter Änderung seiner bisherigen Gesetzesauslegung das in diesen Fällen nicht erfüllte Kriterium der „Aufspaltung eines einheitlichen Haushalts in zwei Haushalte” aufgegeben, so dass daran die Begründung einer doppelten Haushaltsführung nicht länger scheitert. Maßgebend für die Begründung sei nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG lediglich, dass der Arbeitnehmer einen schon vorhandenen eigenen Hausstand unterhalte und ein zweiter am Beschäftigungsort hinzukomme. Es bleibe dabei, dass die Aufwendungen der wegverlegten Hauptwohnung nicht abziehbar seien.
Das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Aufsplitterungsgedanke bei der Beendigung einer doppelten Haushaltsführung nun ebenfalls keine Rolle mehr spielt. Jedoch muss durch den Wegfall einer der beiden Wohnungen die n„doppelte” Haushaltsführung enden, wenn dieser Begriff noch einen Sinn haben soll. Im Streitfall hat der Kläger Ende 2003 die Wohnung in B verloren. Geblieben ist ihm nur die Wohnung in E. Das allein genügt zur Annahme, dass die doppelte Haushaltsführung damals schon beendet worden ist.
Der Kläger trägt nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens, weil er im Rechtsstreit unterlegen ist.
Das Gericht lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zu. In der Rechtsprechung des BFH ist bisher nur für einzelne Sachverhalte geklärt, wann ein Veranlassungszusammenhang zwischen einem Umzug und der Beendigung einer doppelten Haushaltsführung besteht. Das vorliegende Urteil betrifft eine bisher nicht behandelte Konstellation. Hinzu tritt die neue Judikatur zu den Wegverlegungsfällen, die zur Beendigung einer doppelten Haushaltsführung noch nicht Stellung genommen hat.