07.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131440
Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 21.02.2012 – 13 K 210/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az. 13 K 210/11
rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist, ob die Fahrten einer Betriebsprüferin zu ihrer Dienststelle beim Finanzamt für Großbetriebsprüfung als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder als Dienstreisen zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin ist seit dem 1. Februar 2007 im Außendienst als Betriebsprüferin des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung in A tätig. Sie wohnt in B und verfügt dort über einen genehmigten mobilen Arbeitsplatz. Bis zum 31. Januar 2007 war sie im Finanzamt C tätig.
In ihren Einkommensteuererklärungen 2007 bis 2009 erklärte die Klägerin bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A. Stattdessen machte sie Reisekosten für beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten wie folgt geltend:
Fahrten ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A
2007 21 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km = 869,40 €
2008 32 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km = 1.324,80 €
2009 31 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km = 1.283,40 €
Das Finanzamt erkannte die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nicht als Dienstreisen an, sondern berücksichtigte stattdessen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (in dem geänderten Bescheid zur Einkommensteuer 2007 vom 18. März 2009 und den Beschieden zur Einkommensteuer für 2008 vom 26. März 2009 und für 2009 vom 7. Juni 2010) wie folgt:
2007 14 Tage x 64 km x 0,30 €/km = 268,80 €
2008 32 Tage x 69 km x 0,30 €/km = 662,40 €
2009 31 Tage x 69 km x 0,30 €/km = 641,70 €
Zur Begründung ihrer fristgerecht eingelegten Einsprüche machte die Klägerin geltend, dass Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A sei für sie keine regelmäßige Arbeitsstätte, so dass es sich bei den Fahrten dorthin um Dienstreisen handele, die mit den entsprechend höheren Fahrtkosten zu berücksichtigen seien.
Mit Einspruchsbescheid vom 18. Juli 2011 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2007 von … € auf … € fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Ebenfalls mit Einspruchsbescheiden vom 18. Juli 2011 wies es die Einsprüche gegen die Bescheide zur Einkommensteuer 2008 und 2009 als unbegründet zurück. Die Änderung für 2007 beruht darauf, dass das Finanzamt an der Kürzung der einfachen Entfernung von 69 km auf 64 km nicht mehr festhielt und 45 Fahrten nach A, an Tagen an denen die Klägerin das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nicht aufgesucht hat, als Dienstreisen anerkannte.
Am 19. August 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nicht als ihre regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei. Die von ihr als Betriebsprüferin durchzuführenden Prüfungen fänden üblicherweise in den Unternehmen statt. Aufgrund der Größe der Unternehmen dauerten derartige Prüfungen in der Regel mehrere Wochen bzw. Monate. Zwischendurch suche sie in unregelmäßigen Abständen das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A auf, um dort Verwaltungstätigkeiten (z.B. Abrechnung der Arbeitszeit und der Reisekosten, Abgabe der Beschäftigungstagebücher, Absendung und Abholung von Akten, Schriftverkehr, …) zu erledigen und an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung habe sie im Jahr 2007 an 21 Tagen, im Jahr 2008 an 32 Tagen und im Jahr 2009 an 31 Tagen aufgesucht. Im Ergebnis fahre sie durchschnittlich etwa alle zwei Wochen für einen Tag ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung. Daneben erledige sie regelmäßig Arbeiten (z.B. Literaturstudium, Vorbereitung der Betriebsprüfungen, Verfassen von Stellungnahmen und Betriebsprüfungsberichten, …) in ihrem als mobilem Arbeitsplatz anerkannten häuslichen Arbeitszimmer. Mit ihren tatsächlichen Fahrten ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung entspreche sie auch den Vorgaben, dort etwa ein- bis zweimal im Monat einen sog. „Kommunikationstag“ einzulegen und bleibe dennoch unterhalb der 46-Tage-Grenze. Die von ihr zum Finanzamt für Großbetriebsprüfung unternommenen Fahrten reichten aus, um die dort auszuführenden Arbeiten zu erledigen. Wobei es vorkomme, dass sie an derartigen Tagen - soweit erforderlich - auch mehr als 8 Stunden im Finanzamt verbringe, um die jeweils angefallene Arbeit zu erledigen. Aufgrund der von ihr typischerweise zu erbringenden Außendiensttätigkeit sei es ihr nicht möglich gewesen, ihre Wegekosten durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder einen Umzug zu mindern. Der Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung, das als reines Prüfungsfinanzamt tätig sei, erstrecke sich auf ganz D. Bei der Auswahl der Prüfungsfälle für den einzelnen Prüfer durch einen Sachgebietsleiter der Großbetriebsprüfung A werde - soweit möglich - die Entfernung des Wohnortes zum Prüfungsort berücksichtigt, um Fahrtzeiten und Reisekosten gering zu halten. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung sei für sie schon deshalb keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil es am Merkmal des nachhaltigen Aufsuchens fehle. Darüber hinaus habe der Bundesfinanzhof in seiner neueren Rechtsprechung ausgeführt, dass es für das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte darauf ankomme, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befinde (z.B. BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09). Der inhaltliche (qualitative) Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit als Großbetriebsprüferin liege auf den Prüfungstätigkeiten, die sie in den Unternehmen vor Ort erbringe. Dem entspreche auch der zeitliche (quantitative) Umfang ihrer Arbeitszeit im Außendienst.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid zur Einkommensteuer 2007 vom 24. Juli 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. März 2009, den Bescheid zur Einkommen-steuer 2008 vom 26. März 2009 und den Bescheid zur Einkommensteuer 2009 vom 7. Juni 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18. Juli 2011, in der Weise zu ändern, dass die von der Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A statt bisher mit der Entfernungspauschale mit den höheren Aufwendungen für Dienstreisen (für 2007 in Höhe von 579,60 € statt bisher mit 289,80 €, für 2008 in Höhe von 1.324,80 € statt bisher mit 662,40 € und für 2009 in Höhe von 1.283,40 € statt bisher mit 641,70 €) berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, das Finanzamt für Großbetriebsprüfung sei auch in den Streitjahren die regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin gewesen. Der Tätigkeitsmittelpunkt und somit die regelmäßige Arbeitsstätte von Betriebsprüfern befinde sich unabhängig davon, ob sie einer Amtsbetriebsprüfungsstelle oder einem Finanzamt für Großbetriebsprüfung zugeordnet seien, in ihrer Stammdienststelle, weil sie diese immer wieder aufzusuchen hätten, um dort an Besprechungen teilzunehmen, Unterlagen wie Steuerakten oder Prüfungsaufträge entgegenzunehmen oder sich Steuerdaten aus dem Standrechner mitzunehmen, die sie für ihre beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit benötigten. Die Klägerin sei dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung in den Streitjahren als Stammdienststelle zugeordnet gewesen. Dieses sei dienstrechtlich ihr Anlaufpunkt gewesen, zu dem sie vor, während und nach den Prüfungen in den Betrieben zurückgekehrt sei. Hier habe sie auch nach ihren eigenen Ausführungen diverse Verwaltungstätigkeiten, z. B. Abrechnung der Arbeitszeit und der Reisekosten, Abgabe der Beschäftigungstagebücher, Absendung und Abholung von Akten, sowie Schriftverkehr zu erledigen gehabt. Ferner habe das Finanzamt für Großbetriebsprüfung auch für Besprechungen und Abstimmungen mit dem Sachgebietsleiter gedient. Hier habe ihr auch ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Die Stammdienststelle stelle auch dann die regelmäßige Arbeitsstätte des Betriebsprüfers dar, wenn ihm der Dienstherr - wie im Streitfall der Klägerin - einen mobilen Arbeitsplatz genehmige, da ein Betriebsprüfer auch in einem solchen Fall in regelmäßigen Zeitabständen (mindestens ein- bis zweimal im Monat) zur Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte an einem Kommunikationstag teilzunehmen habe, an dem Anwesenheitspflicht in der Dienststelle mindestens während der Kernzeit bestehe. Darüber hinaus bestehe u.a. eine Pflicht an Dienstbesprechungen in der Stammdienststelle teilzunehmen. Die Klägerin habe sich daher bereits zu Beginn ihrer dienstlichen Zuordnung zur Stammdienststelle auf die immer gleichen Wege einstellen und so, etwa durch eine entsprechende Wohnsitznahme, auf eine Minderung ihrer Wegekosten hinwirken können. Die Fahrten zwischen Wohnung und Stammdienststelle seien auch dann nicht nach Reisekostengrundsätzen zu behandeln, wenn ein Betriebsprüfer seine Stammdienststelle im Einzelfall an weniger als einem Arbeitstag je Arbeitswoche im Kalenderjahr aufsuche. Die Vereinfachungsregelung in den Lohnsteuerrichtlinien (R 9.4 Abs. 3 Satz 4 LStR 2008 bzw. R 9.4 Abs. 3 Satz 3 LStR 2011) schließe nicht aus, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte auch dann vorliegen könne, wenn ein Arbeitnehmer die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers an weniger als durchschnittlich einem Arbeitstag je Arbeitswoche im Kalenderjahr aufsuche. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung sei auch im Fall der Klägerin ihre regelmäßige Arbeitsstätte gewesen, da sie ihre Stammdienststelle nicht nur für Kontrollzwecke aufgesucht, sondern dort auch in dem beschriebenen Umfang beruflich tätig geworden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vom beklagten Finanzamt übersandten Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
1.) Der Bescheid zur Einkommensteuer 2007 vom 24. Juli 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. März 2009, der Bescheid zur Einkommensteuer 2008 vom 26. März 2009 und der Bescheid zur Einkommensteuer 2009 vom 7. Juni 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18. Juli 2011, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
Entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamtes sind die geltend gemachten Fahrten der Klägerin zwischen Wohnung und dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 € je gefahrener Kilometer) und nicht nur mit der Entfernungspauschale abzurechnen, da das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A in den Streitjahren 2007 bis 2009 nicht als regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin anzusehen ist.
a) Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (nur) der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat (BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 846; BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936; BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 36/10, BStBl II 2012, 36; BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 55/10, BStBl II 2012, 38). Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder, aufsucht (BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 846; BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936; BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 36/10, BStBl II 2012, 36; BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 55/10, BStBl II 2012, 38; BFH, Urteil vom 22.09.2010 - VI R 54/09, BStBl II 2011, 354, m.w.N.). Allerdings ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer dort auch seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgeht (BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 846). Der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer lediglich regelmäßig nur zu Kontrollzwecken aufsucht, ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34; BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 846). Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt daher nur dann am Betriebssitz des Arbeitgebers oder einer sonstigen ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung, welcher der Arbeitnehmer zugeordnet ist, wenn er diesen Ort nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortlaufend und immer wieder, aufsucht und dort schwerpunktmäßig tätig wird (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34).
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs war die Beurteilung des Betriebssitzes des Arbeitgebers als regelmäßige Arbeitsstätte nicht von der Intensität und der Dauer der dort ausgeübten beruflichen Tätigkeit abhängig (BFH, Urteil vom 2.02.1994 - VI R 109/89, BStBl II 1994, 422; BFH, Urteil vom 11.05.2005 - VI R 25/04, BStBl II 2005, 791; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 26.10.2005, BStBl I 2005, 960). Entscheidend war vielmehr, ob der Betriebssitz durch das wiederholte Anfahren des Arbeitnehmers eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten erlangt hat (BFH, Urteil vom 11.05.2005 - VI R 15/04, BStBl II 2005, 788; BFH, Urteil vom 11.05.2005 - VI R 25/04, BStBl II 2005, 791). Eine regelmäßige Arbeitsstätte lag danach nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers täglich aufgesucht hat, um dort Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 11.05.2005 - VI R 15/04, BStBl II 2005, 788, m.w.N.). Sie konnte auch in den Fällen anzunehmen sein, in denen der Arbeitnehmer die Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers regelmäßig an nur einem Tag in der Woche durchgeführt hat (vgl. BFH, Urteil vom 4.04.2008 - VI R 86/04, BStBl II 2008, 887; BFH, Urteil vom 30.08.1988 - VI R 40/85, BFH/NV 1989, 221; FG Düsseldorf, Urteil vom 31.01.1996 - 14 K 5867/92 E, EFG 1996, 535, unter 1. a der Gründe; R 9.4 Abs. 3 Satz 4 der Lohnsteuer-Richtlinien 2008; anderer Ansicht Gödtel, DStR 2007, 843).
Diese allein zeitliche Betrachtung lässt der Bundesfinanzhof in seiner neueren Rechtsprechung nicht mehr ausreichen (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34). Zu der rein quantitativen muss eine qualitative Prüfung hinzutreten. Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer den Betriebssitz oder sonstige Einrichtungen des Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht, reicht für sich betrachtet nicht (mehr) aus, um eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen. Vielmehr ist erforderlich, dass der Betriebssitz des Arbeitgebers oder eine sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist, zugleich der Ort ist, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34 m.w.N.). Dieser ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen der wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34). Der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer lediglich regelmäßig nur zu Kontrollzwecken aufsucht, ist danach nicht die regelmäßige Arbeitsstätte (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34; BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 846).
Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. sogar durch die entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann. Für diesen Fall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 837; BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 36/10, BStBl II 2012, 36; BFH, Urteil vom 10.07.2008 - VI R 21/07, BStBl II 2009, 818; BFH, Urteil vom 17.06.2010 - VI R 35/08, BStBl II 2010, 852).
Liegt keine solche Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt (BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 837; BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 36/10, BStBl II 2012, 36; BFH, Urteil vom 17.06.2010 - VI R 20/09, BStBl II 2012, 32; BFH, Urteil vom 09.07.2009 - VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer aus einer ex post Betrachtung tatsächlich an einem bestimmten Ort für längere Zeit tätig gewesen war, sondern ob sich der Arbeitnehmer zu Beginn der jeweiligen Tätigkeit aus ex ante Sicht darauf hatte einrichten können, dort dauerhaft tätig zu sein (BFH, Urteil vom 17.06.2010 - VI R 35/08, BStBl II 2010, 852).
b) Gemessen daran war das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A in den Streitjahren 2007 bis 2009 nicht die regelmäßige Arbeitsstätte der als Betriebsprüferin tätigen Klägerin.
Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der Betriebssitz des Arbeitgebers oder eine sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist, nur dann eine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers, wenn er diesen Ort nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortlaufend und immer wieder, aufsucht (BFH, Urteil vom 4.04.2008 - VI R 86/04, BStBl II 2008, 887 m.w.N.). Hierfür ließ es der Bundesfinanzhof - und ihm folgend die Lohnsteuerrichtlinien (vgl. R 9.4 Abs. 3 Satz 4 LStR 2008 bzw. R 9.4 Abs. 3 Satz 3 LStR 2011) ausreichen, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb des Arbeitgebers regelmäßig in der Woche mit mindestens 20 % seiner vertraglichen Arbeitszeit oder durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche tätig wird (BFH, Urteil vom 4.04.2008 - VI R 86/04, BStBl II 2008, 887; BFH, Urteil vom 5.08.2004 - VI R 40/03, BStBl II 2004, 1074). Zwar wurde hierdurch nicht ausgeschlossen, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte auch noch bei einem Unterschreiten dieser Grenzen vorliegen konnte (BFH, Urteil vom 5.08.2004 - VI R 40/03, BStBl II 2004, 1074). Jedoch ist der erkennende Senat der Überzeugung, dass die deutlich darunter liegende Zahl von 21 Fahrten (für den Zeitraum von Februar bis Dezember) im Jahr 2007, 32 Fahrten im Jahr 2008 und 31 Fahrten im Jahr 2009 im Streitfall nicht ausreicht, um ein nachhaltiges Aufsuchen des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung in A noch bejahen zu können. Vielmehr konnte die Klägerin im Streitfall auch bei einer ex ante Betrachtung zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht davon ausgehen, dass sie das Finanzamt für Großbetriebsprüfung mehr als nur gelegentlich aufsuchen würde.
Hinzu kommt, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine regelmäßige Arbeitsstätte nur dann zu bejahen ist, wenn der Betriebssitz des Arbeitgebers oder eine sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist, zugleich der Ort ist, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat (BFH, Urteil vom 9.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34; BFH, Urteil vom 19.01.2012 - VI R 36/11, BFH/NV 2012, 846). Auch an dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Die von der Klägerin als Betriebsprüferin durchzuführenden Prüfungen fanden üblicherweise - wie durch § 200 Abs. 2 AO vorgesehen (vgl. Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, Kommentar, 2. Aufl. 2009, § 200 AO, Rn 45 ff.) - in den zu prüfenden Unternehmen statt. Hier lag der qualitative und inhaltliche Schwerpunkt ihrer Tätigkeit (vgl. dazu auch BFH, Urteil vom 10.03.1992 - X R 116/90, BFH/NV 1992, 757). Derartige Prüfungen dauerten aufgrund der Größe der Unternehmen regelmäßig mehrere Wochen oder Monate. Darüber hinaus verfügte die Klägerin über einen ihr genehmigten mobilen Arbeitsplatz in ihrem häuslichen Arbeitszimmer, der ihr für die Auswertung von Literatur, die Vorbereitung der Betriebsprüfungen sowie das Verfassen von Stellungnahmen und Betriebsprüfungsberichten zur Verfügung stand. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung hatte sie dagegen nur gelegentlich aufzusuchen; in der Regel, um dort in geringem Umfang Verwaltungstätigkeiten (z.B. Abrechnung der Arbeitszeit und der Reisekosten, Abgabe der Beschäftigungstagebücher, Absendung und Abholung von Akten, Schriftverkehr, …) zu erledigen, Besprechungen mit dem Sachgebietsleiter durchzuführen oder an Dienstbesprechungen und Fortbildungen teilzunehmen. Dies reicht nicht aus, um das Finanzamt für Großbetriebsprüfung im Streitfall als den Ort anzusehen, an dem sie schwerpunktmäßig ihre Leistung zu erbringen hatte.
c) Die von der Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A waren daher für 2007 statt bisher mit 289,80 € mit (14 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km =) 579,60 €, für 2008 statt bisher mit 662,40 € mit (32 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km =) 1.324,80 € und für 2009 statt bisher mit 641,70 € mit (31 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km =) 1.283,40 € zu berücksichtigen.
2.) Dem Beklagten wird aufgegeben, die festzusetzende Einkommensteuer 2007 bis 2009 zu ermitteln (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
4.) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen nicht vor. Insbesondere weicht der erkennende Senat mit seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab.