31.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131774
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.10.2012 – 7 K 609/12 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der "A" GmbH. Diese Gesellschaft hatte dem Kläger ein Ruhegehalt in Höhe von 50 v.H. seiner letzten Vergütung zugesagt. Zur Finanzierung der Altersversorgung wurde eine Lebensversicherung abgeschlossen, die im Streitjahr bereits ausgezahlt war. Der Auszahlungsbetrag betrug ca. 467.000 EUR. Das Vermögen war getrennt von dem Betriebsvermögen der GmbH angelegt. Mit Vereinbarung vom 15.9.2006 wurde das Ruhegehalt auf 3.500 EUR monatlich festgelegt. Zur Finanzierung des Ruhegehaltes stellte die GmbH ein Kapital von 467.000 EUR zur Verfügung Die Verpflichtung zur Zahlung der Rente endet, wenn dieses Kapital aufgebraucht ist. Der Kläger gründete die "B" GmbH, deren einziger Zweck darin bestehen sollte, das Finanzierungskapital zu verwalten und die Ruhegehaltsverpflichtung zu erfüllen. Einziger Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter dieser GmbH war der Kläger. Mit notariellem Vertrag vom 28.9.2006 veräußerte der Kläger sämtliche Geschäftsanteile an eine dritte Firma. In dem Kaufvertrag war vereinbart, dass die Pensionsverpflichtung nicht auf den Erwerber, sondern auf die "B" GmbH übergehen sollte. Dementsprechend übernahm die "B" GmbH mit Vertrag vom 30.11.2006 alle Rechte und Pflichten aus der dem Kläger gewährten Pensionszusage gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe von 467.000 EUR. Der Kläger stimmte der Übertragung zu.
Der Beklagte wertete diese Vorgänge in Höhe von 467.000 EUR als Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit und gewährte in dem Bescheid vom 20.3.2006 eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG. Die Kläger erhoben am 15.4.2009 Einspruch und trugen im Wesentlichen vor, es sei beim Kläger kein Zufluss erfolgt. Es handle sich bei der vertraglichen Regelung um die Übernahme einer Pensionsverpflichtung gegen Entgelt im Sinne des Schreibens des BMF vom 20.1.2009. Erst die Auszahlung der Versorgungsleistungen führe zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.4.2007 (Az.: VI R 6/02). Anders als in dem diesem Urteil zu Grunde liegenden Sachverhalt sei dem Kläger kein Wahlrecht eingeräumt worden, zwischen einer Auszahlung des Kapitals an sich selbst oder an den Firmenerwerber. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt über das Kapital verfügen können. Mit Einspruchsentscheidung vom 27.1.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus, nach dem genannten Urteil führe die Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionsverpflichtung zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Betrag auf Verlangen des Begünstigten an einen Dritten gezahlt würde. Der Kläger habe als Mehrheitsgesellschafter entscheidenden Einfluss auf die Behandlung der Pensionszusage und auf die Willensbildung der "A" GmbH ausüben können. Die "B" GmbH sei zu dem alleinigen Zweck gegründet worden, das Kapital zu verwalten. Das BMF Schreiben vom 20.1.2009 sei nicht einschlägig, weil die Pensionszusage nicht ohne inhaltliche Änderung auf einen Dritten übergegangen sei. Vielmehr sei die ursprüngliche Pensionszusage in eine Direktzusage mit begrenztem Versorgungskapital umgewandelt worden.
Die Kläger haben am 16.2.2012 Klage erhoben zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholen und vertiefen. Ergänzend tragen sie vor, die Veräußerung der Geschäftsanteile habe unter der nicht verhandelbaren Bedingung des Erwerbers gestanden, dass die Altersversorgung auf das Finanzierungskapital zu begrenzen sei und dass die Pensionsverpflichtung ausgelagert werde. Der Beklagte gehe teilweise von einem falschen Sachverhalt aus. Der Anspruch auf eine monatliche Rente sei zu keinem Zeitpunkt in einen Anspruch auf eine Einmalzahlung umgewandelt worden. Die Umwandlung der lebenslangen Rente in eine der Höhe nach begrenzten Pensionsverpflichtung führe nicht zu einem Zufluss beim Kläger. Es sei fraglich, ob die kapitalmäßige Begrenzung unter Berücksichtigung einer marktüblichen Verzinsung und in Anbetracht des Alters des Klägers überhaupt zu einer Reduzierung der Rentenansprüche führe. Auch die Übertragung der Rentenverpflichtung auf einen Dritten sei nach dem BMF Schreiben vom 20.1.2009 zulässig, ohne dass dies zu einem Zufluss des Kapitals beim Kläger führe. Die Zustimmung des Klägers sei zivilrechtlich erforderlich gewesen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der "B" GmbH sei, deren alleiniger Zweck die Verwaltung dieses Kapital sei. Diese GmbH sei neuer Arbeitgeber des Klägers, auch wenn dieser nur Pensionär sei. Der Kläger könne nicht über das Kapital verfügen, da er als Geschäftsführer der "B" GmbH an die Vereinbarung der Pensionszusage und Gesellschafterbeschlüsse gebunden sei.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20.3.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.1.2012 zu ändern und die Einkommensteuer unter Herabsetzung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 467.000 EUR festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und wiederholt im Wesentlichen die Gründe seiner Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, die Übertragung des Kapitals zur Erfüllung der Pensionsverpflichtung auf die "B" GmbH entspräche einer Verwendung auf der privaten Vermögensebene. Es sei kein Unterscheid erkennbar, wenn der Kläger sich den Betrag in 2006 hätte auszahlen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Der Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht im Streitjahr 2006 Eink ünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von weiteren 467.000 EUR berücksichtigt.
Nach der zutreffenden Ansicht des Bundesfinanzhof, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, wird Arbeitslohn, der – wie hier - nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung). Einnahmen sind dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er über sie wirtschaftlich verfügen kann und infolgedessen bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist (BFH Urteil vom 12.4.2007 VI 6/02, BFHE 217, 547, BStBl II 2007, 581 m.w.N.). Eine solche Vermögensmehrung liegt jedenfalls dann vor, wenn ein aus der Pensionsverpflichtung verpflichteter Arbeitgeber vereinbarungsgemäß aus dieser Verpflichtung gegen Zahlung des Kapitalbetrages zur Finanzierung der Pensionsverpflichtung aus dieser entlassen wird und wenn der Berechtigte die Zahlung des Betrages an eine andere Gesellschaft verlangt (so BFH Urteil vom 12.4.2007 VI 6/02, a.a.O.). Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Ablösungsbetrag nicht dem Berechtigten, sondern an die Gesellschaft, die die Pensionsverpflichtung übernimmt, ausgezahlt wurde. Insoweit handelt es sich um eine für den Zufluss unschädliche Verwendung auf der Vermögensebene (BFH Urteil vom 12.4.2007 VI 6/02, a.a.O.). Gemessen an diesen Grundsätzen besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen dem Sachverhalt, der der genannten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zugrunde lag, und dem vorliegenden Fall. Eine ausdrückliche Vereinbarung, wonach die "A" GmbH aus der Pensionsverpflichtung gegen Zahlung des Kapitals an den Kläger entlassen werden sollte und dem Kläger ein Wahlrecht eingeräumt wurde, ob er die Zahlung unmittelbar an sich oder an eine die Pensionsverpflichtung übernehmende andere Gesellschaft verlangen kann, war entbehrlich. Durch die im Zusammenhang mit der Übertragung der Anteile vereinbarte Begrenzung der Pensionsverpflichtung auf das vorhandene Kapital von 467.000 EUR und auf einen monatlich festen Auszahlungsbetrag wurde dasselbe Ergebnis erreicht. Bei der notwendigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise übte der Kläger jedenfalls mit der unter seiner Zustimmung erfolgten Übertragung der Pensionsverpflichtung auf die von ihm gegründete "B" GmbH die ausschließliche und alleinige Verfügungsmacht über das Kapital aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der alleinige Geschäftsführer der "A" GmbH und deren Mehrheitsgesellschafter war, er daher im Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile frei über das Kapital verfügen konnte. Er war zudem der alleinige Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der "B" GmbH, deren einziger Zweck in der Verwaltung des übertragenen Kapitals zur Erfüllung der auf dieses Kapital beschränkten Pensionsverpflichtung bestand. Der Kläger war daher zu keiner Zeit gehindert, über das Kapital frei zu verfügen. Dies reicht aus, um einen Zufluss bei dem Kläger zu begründen.
Die mündliche Verhandlung war nicht wiederzueröffnen, weil der am 25.10.2012 bei Gericht eingegangene Schriftsatz des Klägers ausschließlich Rechtsausführungen enthält, die nicht entscheidungserheblich sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.