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  • 01.02.2007 | Arbeitshilfe

    Bauleistungen und ihre umsatzsteuerliche Beurteilung

    von Dipl.-Finw. Robert Kracht, Bonn

    Besonders im Bereich von Handwerk, Haus- und Anlagenbau werden oft Werklieferungen und -leistungen über längere Zeiträume hinweg vereinbart und ausgeführt, meist auch mit vorab separat berechneten Teilleistungen. Nicht nur in Hinsicht auf die ab 2007 auf 19 v.H. erhöhte Umsatzsteuer kommt es immer wieder zu strittigen Abgrenzungsfragen mit dem Finanzamt – etwa über den Zeitpunkt des Umsatzes oder die Ausstellung einer Rechnung. Dabei sind bei Bauleistungen generell umsatzsteuerliche Besonderheiten zu beachten. Die folgende Arbeitshilfe soll Ihnen bei der Lösung dieser Probleme behilflich sein. 

    1. Abgrenzung der Werklieferung von der Werkleistung

    Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache, als auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Bei der Werklieferung ermittelt sich der Ort anderes als bei einer Werkleistung, was für die Bestimmung der Steuerbarkeit des Umsatzes (etwa Aus-/Inland) maßgebend ist. Zudem kommt es nur bei der Werklieferung in bestimmten Fällen (s.u.) zu einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft. 

     

    Werklieferungen sind die Be- oder Verarbeitung von Gegenständen unter Verwendung selbst beschaffter Materialien, wobei die Sicht eines Durchschnittsbetrachters maßgebend ist. Grundsätzlich gilt bei der Umsatzsteuer der Maßstab der Einheitlichkeit einer Leistung, sie ist daher nicht in die Lieferung der verwendeten Materialien und die Leistungserfüllung aufteilbar. Unerheblich ist hierbei, ob Vertrag oder Gesamtentgelt gesplittet werden. Abgestellt wird nur auf den wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung. 

     

    Bei den vom Bauunternehmer verwendeten Stoffen darf es sich nicht nur um Zutaten handeln, sondern der Bauunternehmer muss einen Hauptstoff be- oder verarbeiten und diesen in das fertige Werk einfließen lassen. Zusätzlich wird vorausgesetzt, dass der Hauptstoff selbst beschafft wurde.  

     

    Werkleistungen liegen dagegen nur dann vor, wenn keine Stoffe oder nur Zutaten verwendet oder diese vom Empfänger zur Verfügung gestellt werden. Eine Leistung liegt auch vor, wenn sich die Materialien anschließend nicht im fertigen Werk befinden. Verwendet der Werkunternehmer die Gegenstände nur zur Be- oder Verarbeitung, bleibt es bei einer Leistung. 

     

    2. Maßgebender Besteuerungszeitpunkt

    Die Umsatzsteuer stellt auf den Zeitpunkt ab, zu dem eine (Werk-)Lieferung oder sonstige (Werk-) Leistung als ausgeführt gilt. Das ist in der Regel der Moment, indem der Kunde ein fertiges Gebäude oder eine erledigte Handwerkerleistung abnimmt. Die Steuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist. Der Termin der Bezahlung, der Rechnungserteilung, des Vertragsabschlusses oder des Bestelleingangs ist daher unerheblich. 

     

    3. Beendigung einer Werklieferung

    Die Werklieferung gilt steuerlich als ausgeführt, wenn dem Kunden die Verfügungsmacht am auftragsgemäß fertiggestellten Werk überlassen wird. Auf die Form der Abnahme kommt es dabei nicht an. Dabei ist der Steuersatz anzuwenden, der im Zeitpunkt der Übergabe und Abnahme der ordnungsgemäßen vertraglichen Leistung gilt. Die baubehördliche Genehmigung ist dabei genauso unerheblich wie fehlende Restarbeiten oder Nachbesserungen nach einer wirksamen Abnahme. Dabei ist zu unterscheiden: 

     

    • Bei einem Vertrag nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) hat die Abnahme binnen 12 Tagen nach Fertigstellung zu erfolgen, was schriftlich festzuhalten ist.

     

    • Fehlt die Schriftform, gilt das Werk durch stillschweigende Billigung als abgenommen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn das Werk durch den Auftraggeber bereits bestimmungsgemäß genutzt wird.

     

    • Ohne besondere Formvorschriften kann eine Abnahme in jeder möglichen Form erfolgen, mit der ein Auftraggeber die vertragsgemäße Erfüllung anerkennt. Dies kann etwa die Nutzung des fertigen Werks sein.

     

    Beispiel: Die schlüsselfertige Hausübergabe ist für den Oktober 2006 schriftlich vereinbart. Die Fertigstellung erfolgt im November und die Abnahme im Dezember. Die baubehördliche Abnahme erfolgt im Januar 2007 und die Bezahlung im März. Umsatzsteuerlich gilt die Lieferung des Gebäudes mit der Abnahme im Dezember als ausgeführt. Der Umsatz gehört mit 16 v.H. in die Voranmeldung für diesen Monat. Wäre der Eigentümer bereits vor Abnahme im November eingezogen, müsste der Umsatz aufgrund einer schlüssigen Handlung in die Voranmeldung für diesen Monat. 

     

    Wird das vereinbarte Gebäude nicht fertiggestellt, entsteht steuerlich ein neuer Leistungsgegenstand, das unfertige Werk. Das gilt etwa bei Insolvenz, im Falle der Kündigung des Werkvertrags oder der Arbeitseinstellung. Hier gilt der (verminderte) Umsatz im Monat der Kündigung oder Einstellung als ausgeführt. 

     

    4. Beendigung einer Werkleistung

    Sie gilt mit Fertigstellung oder Vollendung des Werks als ausgeführt. Dies ist im Regelfall die Abnahme durch den Kunden. 

     

    Hinweis: Mit Blick auf die ab dem 1.1.07 von 16 v.H. auf 19 v.H. erhöhte Umsatzsteuer bedeutet dies, dass der alte Tarif nur noch für die Umsätze gilt, die bis Silvester 2006 ausgeführt worden sind. Wird ein Gesamtwerk wie etwa die gestrichene Hausfassade erst nach dem Jahreswechsel fertig, müssen die dann geltenden Steuersätze und -regeln angewendet werden. 

     

    5. Die Ortsbestimmung des steuerlichen Umsatzes

    Der Ort des Umsatzes wird bei Werklieferung und -leistung unterschiedlich bestimmt: 

     

    • Werklieferung: Maßgebend ist grundsätzlich der Ort, an dem sich das fertige Werk bei der Übergabe befindet. Das gilt dann auch für dorthin transportierte Teile des Gesamtobjekts.

     

    • Werkleistung: Steht die Werkleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, ist dessen Lage entscheidend. Das gilt für Bauleistungen aller Art wie Renovierungen, Erd- oder Abbrucharbeiten. Bei beweglichen Gegenständen ist der Tätigkeitsort entscheidend. Ausnahme: Verwendet der Auftraggeber eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aus einem anderen Land, verlagert sich der Ort in diesen EU-Staat.

     

    Beispiel: Ein deutscher Unternehmer befördert ein Fertighaus nach England, das auf der Fahrt durch Belgien beschädigt wird. Bei der Reparatur in Eupen verwendet er seine USt-ID-Nr. Der Umsatz wird in Deutschland erbracht, und ist auch hier in die Voranmeldung aufzunehmen. Das erspart dem hiesigen Unternehmer das umständliche Erstattungsverfahren der Vorsteuer. Das Abzugsverfahren in Belgien müsste er hingegen anwenden, wenn er bei Erteilung des Reparaturauftrags nicht seine eigene USt-ID verwendet. 

     

    6. Sonderfall Teilleistungen