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  • 04.08.2008 | Bemessungsgrundlage

    Mindestbemessungsgrundlage bei verbilligten Arbeitgeberleistungen nicht zwingend

    von Georg Nieskoven, Troisdorf
    Wendet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Waren oder Dienstleistungen gegen ein nicht kostendeckendes Entgelt zu, erfolgt die Besteuerung grundsätzlich nach der sogenannten Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG. Maßgeblich ist demnach nicht das vom Arbeitnehmer entrichtete Entgelt, sondern der tatsächliche Wert (arbeitgeberseitiger Einkaufs- oder Bezugspreis). Abweichend hiervon hat der BFH nunmehr jüngst in zwei Urteilen entschieden, dass nur das tatsächlich vom Arbeitnehmer geforderte Entgelt der Umsatzbesteuerung unterliege, wenn die Zuwendung überwiegend durch das betriebliche Arbeitgeberinteresse veranlasst sei (BFH 15.11.07, V R 15/06, Abruf-Nr. 081213; BFH 27.2.08, XI R 50/07, Abruf-Nr. 081417).

     

    Urteilssachverhalt (V R 15/06)

    Die S-GmbH (S) stellte an ihrem Standort N Lager-, Betriebs- und Büroeinrichtungen her. Die Arbeitnehmer der S konnten für ihre tägliche Fahrt zur Produktionsstätte in N von der S eigens angemietete Busse nutzen; sie zahlten hierfür 1 DM pro Benutzungstag. Den vereinnahmten Nutzungsentgelten von 15.281 DM standen die Kosten des Bustransfers von 179.383 DM gegenüber. Während die S nur Umsatzsteuer auf 15.281 DM abgeführt hatte, unterwarf das FA im Anschluss an eine Außenprüfung unter Hinweis auf § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG die Kosten von 179.383 DM der Umsatzbesteuerung. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der S jedoch recht. Nach seinen Feststellungen bestand für die Arbeitnehmer keine zumutbare Möglichkeit, die abgelegene Betriebsstätte der S bis zum Arbeitsbeginn um 6.00 Uhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Daher sei die Mindestbemessungsgrundlage nicht anzuwenden. Der BFH bestätigte die Auffassung des FG. 

     

    Urteilssachverhalt (XI R 50/07)

    Die F-GmbH (F) stellte als Fleischereifachunternehmen den bei ihr beschäftigten Metzgern und Verkäufern Arbeitskittel und -jacken mit aufgesticktem Firmenemblem zur Verfügung. Die Arbeitnehmer waren arbeitsvertraglich zum Tragen dieser – aus hygienerechtlichen Gründen stets im Betrieb aufbewahrten – Bekleidung verpflichtet. Für die Bekleidungsgestellung erhob die F von ihren Beschäftigten ein Entgelt, welches jedoch nur ca. 40 v.H. der Bekleidungsbeschaffungskosten abdeckte. Während die F nur das tatsächliche Entgelt der Umsatzbesteuerung unterwarf, erhob das FA im Anschluss an eine Außenprüfung Umsatzsteuer auf die Bekleidungsbeschaffungskosten der F. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage der F mit der Begründung statt, die Bekleidung habe ausschließlich berufliche Zweckbestimmung. Dieses Ergebnis bestätigte der BFH in der Revision. 

     

    Anmerkungen

    Abweichend vom Europarecht wurde die Mindestbemessungsgrundlage im deutschen Umsatzsteuerrecht auf Basis einer abweichenden Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 der Richtlinie 77/388/EWG eingeführt. Die Zulässigkeit dieser Regelung wurde auf die Vermeidung missbräuchlicher Umgehungsgestaltungen gestützt, da die bei unentgeltlicher Zuwendung fällige Umsatzsteuer nicht durch unangemessen niedrige Entgelte unterlaufen werden soll. Wie der BFH unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung betont, sind solche Ausnahmeregelungen jedoch eng auszulegen.