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  • 01.06.2005 | Beraterhaftung

    Haftungsrechtliche Brisanz bei der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht

    von Ralf E. Geiling, Neuss

    Welche haftungsrechtliche Brisanz die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht für den Steuerberater haben kann, machen zwei Entscheidungen deutlich.  

    Urteil des LG Köln

    Mit Urteil des LG Köln vom 23.3.94 (16 O 6/93, Abruf-Nr. 051168) erkannten die Richter dem Kläger einen Schadenersatzanspruch gegenüber seinem Steuerberater zu und verurteilten diesen wegen positiver Vertragsverletzung dazu, die zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum von elf Jahren an den Kläger zu zahlen. Nach Begründung des Gerichts obliegt dem Steuerberater eine umfassende steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Beratungspflicht. Der Berater ist verpflichtet, den Rahmen seines Mandats voll auszuschöpfen und die Angaben auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Dies gelte insbesondere, weil es dem Mandanten in der Regel an Sachkunde fehle und der Steuerberater gerade aus diesem Grund eingeschaltet werde. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Steuerberater erkennen müssen, dass der Geschäftsführer kein Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne war und ihn entsprechend beraten und informieren müssen. 

    Urteil des BGH

    Mit Urteil vom 12.2.04 (IX ZR 246/02, Abruf-Nr. 040695) beschied der BGH, dass es zur Beratungspflicht eines Steuerberaters zähle, die Voraussetzungen für die Einstufung eines Arbeitnehmers als „versicherungsfrei“ oder „versicherungspflichtig“ zu prüfen, wenn er die Lohnbuchhaltung übernommen habe. Diese Prüfung gehöre zu den erlaubnisfreien, nicht dem Rechtsberatungsgesetz unterfallenden Pflichten eines Beraters, weil die Ermittlung der Abzüge vom Lohn noch Teil der steuerlichen Tätigkeit sei. Gegen die vertragliche Schadensverhütungspflicht kann der Steuerberater bereits dann verstoßen, wenn er die Lohnabrechnung und Lohnkontenführung übernommen hat und auf der von ihm erarbeiteten Grundlage Beiträge zur Sozialversicherung irrtümlich nicht abgeführt, sondern an den Beschäftigten ausbezahlt werden. Nach Ansicht der Richter darf der Steuerberater den sozialversicherungsrechtlichen Fragen nicht selbst nachgehen, wenn dieser bei der Beitragsberechnung auf tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten stößt. Stattdessen ist es seine Pflicht, seinem Mandanten anheim zu stellen, einen Experten aufzusuchen. Im Streitfall hatte der Steuerberater jedoch nicht einmal empfohlen, wegen der sich aufdrängenden sozialversicherungsrechtlichen Fragen den Rat eines Rechtsanwalts einzuholen. Die Untätigkeit war mit den übernommenen Pflichten der Lohnabrechnung und Lohnkontenführung nicht zu vereinbaren. 

    Quelle: Ausgabe 06 / 2005 | Seite 91 | ID 88294