06.08.2010 | Der praktische Fall
Reihengeschäft mit Drittlandsbeteiligung
Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung gewinnen umsatzsteuerliche Reihengeschäfte mit Drittlandsbeteiligung - auch bei kleineren Unternehmen - immer mehr an Bedeutung. Welche umsatzsteuerlichen Auswirkungen zu beachten sind, wenn der Endabnehmer seinen Sitz im Drittland hat, wird nachfolgend verdeutlicht.
1. Sachverhalt
Die Qualm GmbH aus Dortmund produziert und vertreibt Ofenrohre. Ihr langjähriger Kunde die Rauch AG aus Hamburg bestellt bei ihr im Juli 2010 100 Rohre für den Schweizer Markt. Um die Transportkosten zu minimieren bittet die Rauch AG die Rohre nicht nach Hamburg, sondern direkt zu Ihrem Kunden (Dunst AG aus Zürich) zu liefern. Die Qualm GmbH stimmt zu und transportiert die Rohre mit eigenem Lkw in die Schweiz. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Leistungsbeziehungen nachfolgend in einem Schaubild dargestellt:
Der Buchhalter der Qualm GmbH möchte nun gerne wissen, ob er bei der Rechnungsstellung an die Rauch AG Besonderheiten beachten muss.
2. Lösung
Vorliegend sind die Voraussetzungen und Konsequenzen des umsatzsteuerlichen Reihengeschäftes zu überprüfen. Zunächst werden die Voraussetzungen für ein Reihengeschäft erörtert. Anschließend werden der Ort der Lieferung, eine eventuelle Umsatzsteuerbefreiung und die Besonderheiten bei der Rechnungsstellung thematisiert.
2.1 Voraussetzungen des Reihengeschäftes
Ein Reihengeschäft liegt vor, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und die Ware unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt (§ 3 Abs. 6 S. 5 UStG). Diese Voraussetzungen liegen im geschilderten Sachverhalt unzweifelhaft vor. Die Ofenrohre sind sowohl Vertragsgegenstand zwischen der Qualm GmbH und der Rauch AG sowie zwischen der Rauch AG und der Dunst AG. Darüber hinaus werden die Ofenrohre direkt vom ersten Lieferer - der Qualm GmbH - mit eigenem Lkw an den letzten Abnehmer - die Dunst AG in Zürich - transportiert.
2.2 Bestimmung des Lieferortes
Bei der Ortsbestimmung wird zwischen der Beförderungslieferung auf der einen und der ruhenden Lieferung auf der anderen Seite differenziert. Befördert - wie im Sachverhalt - der erste Lieferer in der Reihe den Gegenstand, dann ist seine Lieferung die Beförderungslieferung. Die anschließenden Lieferungen sind unbewegte bzw. ruhende Lieferungen. Die Beförderungslieferung wird am Abgangsort der Ware, hier also in Dortmund ausgeführt (§ 3 Abs. 6 S. 1 UStG).
Für den Buchhalter der Qualm GmbH bedeutet dies, dass die Lieferung an die Rauch AG im Inland steuerbar ist. Für die Rechnungsstellung und richtige buchhalterische Erfassung ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob eventuell eine umsatzsteuerliche Befreiungsvorschrift greift.
2.3 Steuerbefreiung der bewegten Lieferung
Vorab ist festzuhalten, dass nur für die bewegte Lieferung eine Steuerbefreiung vorliegen kann. Bei der Lieferung der Qualm GmbH handelt es sich um eine steuerfreie Ausfuhrlieferung gemäß § 4 Nr. 1a i.V. mit § 6 UStG, da die Qualm GmbH die Ofenrohre in die Schweiz (Drittlandsgebiet) befördert hat. Beachte: Die Steuerbefreiung wird aber nur dann gewährt, wenn die Ausfuhr nachgewiesen werden kann (Belegnachweis: § 8 und 9 UStDV, Buchnachweis: § 13 UStDV).
Folglich muss der Buchhalter der Qualm GmbH an die Rauch AG eine Rechnung ohne Umsatzsteuer ausstellen. Neben den üblichen Angaben muss die Rechnung zusätzlich einen Hinweis auf die Umsatzsteuerfreiheit der Lieferung enthalten (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG).
Praxishinweis
Seit dem 1.7.09 besteht EU-einheitlich die Pflicht zur Teilnahme am elektronischen Ausfuhrverfahren für den Straßen-, Luft-, See-, Post- und Bahnverkehr. Hierdurch wurde die vorherige schriftliche durch eine elektronische Ausfuhranmeldung ersetzt. In Deutschland steht hierfür das IT-System „ATLAS-Ausfuhr“ zur Verfügung. In einem ausführlichen Schreiben nimmt das BMF (3.5.10, IV D 3 - S 7134/07/10003, Abruf-Nr. 101683) zu dem IT-Verfahren „ATLAS-Ausfuhr” Stellung. |
3. Besteuerung der ruhenden Lieferung
Da es bei einem Reihengeschäft immer nur eine bewegte Lieferung geben kann, ist die Lieferung der Rauch AG an die Dunst AG als unbewegte bzw. als ruhende Lieferung zu klassifizieren.
Da die Lieferung nach der bewegten Lieferung erfolgt, befindet sich der Lieferort dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befindet (§ 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 2 UStG). Das Ende der Beförderung liegt bekanntlich in Zürich, sodass die Lieferung der Rauch AG nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz umsatzsteuerbar ist.