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  • 09.10.2008 | FG Düsseldorf

    Kleinunternehmerregel: Existenzgründer sind an überoptimistische Prognose nicht gebunden

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Gerade dem Existenzgründer bietet die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG die Möglichkeit, in der unternehmerischen Aufbauphase mit anfänglich geringen Umsätzen auf den Kosten- und Verwaltungsaufwand der Umsatzbesteuerung zu verzichten. Dabei hat er allerdings im Wege einer Prognose abzuschätzen, ob die für diese Regelung maßgebliche Umsatzgrenze von 17.500 EUR unterschritten wird oder nicht. Das FG Düsseldorf hat insofern nun einem Existenzgründer zugestanden, er könne eine überoptimistische Umsatzprognose auch noch im Nachhinein nach unten korrigieren und damit rückwirkend in den Genuss der Kleinunternehmerregelung kommen (FG Düsseldorf 20.6.08, 1 K 3124/07 U, rkr., Abruf-Nr. 082828).

     

    Sachverhalt

    Im Urteilsfall hatte Existenzgründer E zum 2.1.06 ein Gewerbe (Handel und Reparatur von Unterhaltungselektronik) eröffnet und im steuerlichen Fragebogen seinen Erstjahresumsatz auf der Basis eines fremd erstellten Businessplans auf 45.000 EUR geschätzt. Tatsächlich belief sich der Jahresumsatz 2006 auf (brutto) 13.315 EUR. Dabei waren sämtliche Rechnungen des Jahres 06 ohne offenen Umsatzsteuer-Ausweis erstellt. Angesichts nur geringer Vorsteuerbeträge beantragte E bei Abgabe seiner Umsatzsteuer-Jahreserklärung 06 wegen Unterschreitung der Umsatzgrenze von 17.500 EUR die rückwirkende Anwendung der Kleinunternehmerregelung, was das FA allerdings unter Hinweis auf A. 246 Abs. 3 und 4 UStR 2008 ablehnte. Nach erfolglosem Einspruch erhielt E jedoch im Klageverfahren Recht.  

     

    Anmerkungen

    Der Wortlaut des § 19 UStG regelt die Frage der Bindungswirkung der Umsatzprognose nicht. Das FG forderte daher eine an Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung der Vorschrift. Demnach sei ein Unternehmer zwar grundsätzlich an die einmal abgegebene Umsatzprognose gebunden. Eine Ausnahme ergebe sich jedoch dort, wo der Prognose – wie im vorliegenden Streitfall der Fall – von Anfang an keine realistische Einschätzung zugrunde gelegen habe, was sich u.a. anhand der Abweichungen zwischen Prognose und späterer Realität rückwirkend überprüfen lasse.  

     

    Undefiniert hat das FG aber gelassen, ab welcher Diskrepanz zwischen Prognose und realem Umsatz der Ausnahmefall der überoptimistischen Umsatzprognose vorliegt. Denn dass Prognosen nicht mit den späteren Realitäten übereinstimmen, ist bereits dem Prognosecharakter immanent. Da eine Revision nicht zugelassen worden ist, müssen zur Entscheidungsfindung die allgemeinen Ausführungen des FG berücksichtigt werden. Festzuhalten ist, dass bei einer erkennbar falschen Prognose eine spätere Änderung möglich ist. Dies ist beispielsweise bei Existenzgründern der Fall, die für die Gewährung des Gründungszuschusses bewusst „optimistische“ Umsätze prognostizieren. Falls die tatsächlich geringeren Umsätze aber z.B. auf einer Krankheit des Unternehmers beruhen, ist dies wiederum ein Argument gegen die Änderung der ursprünglich getroffenen Wahl.