01.10.2007 | Rücknahme des Verwaltungsaktes
Anrechnung der Steuervorauszahlung nach der Trennung der Ehepartner
§ 130 Abs. 2 Nr. 4 AO enthält ermessenslenkende Vorgaben. Deshalb ist eine Anrechnungsverfügung im Allgemeinen im Interesse von Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung zurückzunehmen, wenn der Begünstigte deren Rechtswidrigkeit erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat, so das Urteil des BFH zum Änderungsantrag auf Anrechnung von Steuervorauszahlungen des getrennt lebenden Ehepartners (BFH 26.6.07, VII R 35/06, Abruf-Nr. 072640). |
Sachverhalt
Der Kläger wurde bis zum Jahr 1985 zusammen mit seiner Ehefrau veranlagt. Für die Streitjahre 1990 und 1991 hatte er die getrennte Veranlagung, für das Streitjahr 1992 eine Einzelveranlagung beantragt. Das FA setzte in den Streitjahren gegen den Kläger und seine damalige Ehefrau Vorauszahlungen fest. Durch Verrechnungsscheck bzw. Inkasso sind hierauf Leistungen erbracht worden. In seiner im Juli 1997 beim FA eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 teilte der Kläger mit, dass er von seiner Ehefrau getrennt lebe. Das FA veranlagte ihn zunächst antragsgemäß und rechnete die vorgenannten Vorauszahlungen in der Anrechnungsverfügung in voller Höhe auf seine Einkommensteuerschuld bzw. den Solidaritätszuschlag an. Dagegen erhob die Ehefrau Einwendungen, die Angelegenheit wurde mit dem Kläger an Amtsstelle besprochen, anschließend nahm das FA eine hälftige Aufteilung der Vorauszahlungen 1990 bis 1992 vor und teilte dies dem Kläger durch Verfügung vom 15.11.01 mit. Als der Kläger die von ihm entsprechend zu leistenden Steuerzahlungen nicht erbrachte, erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid, in dem es die Vorauszahlungen nur zur Hälfte auf die Einkommensteuerschuld des Klägers anrechnete.
Der Kläger erhob erfolglos Einspruch, das FG gab der Klage jedoch statt mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Anrechnungsverfügung hätten zwar vorgelegen – denn der Kläger habe Kenntnis davon gehabt, dass die Anrechnung rechtswidrig war – das FA habe jedoch die erforderliche Ermessensausübung versäumt. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidung
Laut Auffassung des BFH ist die Revision des FA zulässig und begründet. Der BFH stellt zunächst klar, dass es nicht darauf ankommt, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist. Solange eine Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 EStG), könne das FA in Ermangelung gegenstehender Absichtsbekundungen davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der die (Voraus-) Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Tilgung der Steuerschuld des anderen Ehegatten bewirken will. Es kommt also nur darauf an, wie sich die Umstände im Zeitpunkt der Vorauszahlung darstellen.
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