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  • 07.10.2009 | Umsatzsteuer

    Neben- oder Hauptleistung: Aktuelle Fälle zur Einheitlichkeit der Leistung

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Ob eine Leistung als Neben- oder Hauptleistung einzustufen ist, gehört zu den häufigsten Problemen des Umsatzsteueralltags. Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BFH (15.1.09, V R 91/07), dass die Lieferung von Strom durch einen Campingplatzbetreiber eine unselbstständige Nebenleistung zur Grundstücksüberlassung darstellt und bei langfristiger Campingplatzüberlassung umsatzsteuerfrei ist. Obwohl die Finanzverwaltung (BMF 21.7.09, IV B 9 - S 7168/08/10001, Abruf-Nr. 092940) dem Urteil nunmehr gefolgt ist, verdeutlicht der Beitrag, dass der Grat zwischen Nebenleistung und eigenständig zu beurteilender Hauptleistung weiterhin schmal bleibt.  

    1. Steuerfreie Vermietung: Stromlieferung gehört dazu

    Unter Bezugnahme auf die BFH-Entscheidung verfügt das BMF (a.a.O.), dass die Lieferung von elektrischem Strom durch den Vermieter an seinen Mieter eine Nebenleistung zur steuerfreien Grundstücksüberlassung (§ 4 Nr. 12 UStG) darstellt. Die diesen neuen Grundsätzen entgegenstehende Verwaltungsanweisung (A. 76 Abs. 6 S. 1 UStR 2008) ist insofern nicht mehr anwendbar. Für bis zum 30.9.09 ausgeführte Umsätze wird es jedoch nicht beanstandet, wenn die Stromlieferung als selbständige (umsatzsteuerpflichtige) Leistung behandelt wird.  

    Bereits Anfang 2008 hatte der BFH (24.1.08, V R 12/05) unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass sowohl die von einem Wochenmarktveranstalter erbrachte Versorgung mit einem Strom- anschluss als auch die Stromlieferungen als unselbstständige Nebenleistungen zur umsatzsteuerfreien Marktstandplatzüberlassung zu werten sind. Das BMF (15.1.09, IV B 9 - S 7168/08/10001) hatte diese Sichtweise für den Bereich der Marktstandplatzvermietungen bestätigt. Bereits damals stellte sich die Frage, ob die Stromgestellung nicht auch bei anderen Grundstücksvermietungen als Nebenleistung zu werten ist, was die Finanzverwaltung noch unter Hinweis auf A. 76 Abs. 6 UStR verneinte. Erst die „Dauercamperentscheidung“ veranlasste die Finanzverwaltung nun zur Kehrtwende, sodass die im Zusammenhang mit einer Grundstücksvermietung vom Vermieter erbrachten Stromlieferungen nun generell unselbstständige Nebenleistungen zur Grundstücksüberlassung darstellen.  

     

    Praktische Bedeutung hat diese Weisung für diejenigen Gebäudevermieter, die mit ihren steuerfreien Vermietungsleistungen nicht zur Umsatzsteuer i.S. von § 9 UStG optieren. Bislang mussten sie die in ihren Nebenkostenabrechnungen enthaltenen Stromvergütungen - soweit die Grenzen des § 19 UStG überschritten waren oder eine Option nach § 19 Abs. 2 UStG vorlag - der Umsatzsteuer unterwerfen. Nunmehr entfallen sowohl der Umsatzsteuerausweis und die Besteuerung als auch der korrespondierende Vorsteuerabzug aus den zugehörigen Stromeingangsbezügen. Im Hinblick auf die nur bis zum 30.9.09 gewährte Übergangsfrist ist bei der Nebenkostenabrechnung auf die unterjährige Rechtsänderung zu achten bzw. bereits ab dem 1.1.09 entsprechend zu verfahren. Für die Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften i.S. von § 4 Nr. 13 UStG hat die vorliegende Rechtsänderung demgegenüber keine Bedeutung.  

    2. Weitere aktuelle Rechtsprechung

    Nebenleistungen sind dadurch geprägt, dass sie typischerweise im Gefolge der Hauptleistung vorkommen und deren sinnvolle Nutzung gewährleisten oder abrunden sollen. In diesem Definitionssinne hat der BFH klargestellt, dass nach heutigem Verbraucherempfinden sowohl bei der Marktstandplatz- als auch bei der Campingplatznutzung ein Stromanschluss zur zeitgemäßen Nutzbarkeit gehört. Die Nutzungsmöglichkeit einer telefonischen Fernsprechanlage zählt der BFH in seiner Entscheidung vom 15.1.09 (a.a.O.) jedoch ausdrücklich nicht dazu.