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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Alles Wichtige zur Instandhaltungsrücklage bei Vermietungsobjekten

    | Viele Mandanten erwerben Vermietungsobjekte. Handelt es sich dabei um eine Eigentumswohnung, werden neben dem Hausgeld regelmäßig Zahlungen für die Instandhaltungsrücklage fällig. In der Praxis stellt sich die Frage, wie diese Zahlungen steuerlich einzuordnen sind und wann sich Werbungskosten ergeben. Der praktische Fall zeigt die steuerlichen Spielregeln ‒ und zwar vom Erwerb bis zur Veräußerung der Immobilie. |

    1. Immobilienerwerb

    Adam Meise hat am 2.1.21 eine im Jahr 1980 errichtete Eigentumswohnung für 300.000 EUR (inkl. Nebenkosten) erworben. Diese wird von Meise vermietet. Die anteilig auf die Wohnung entfallende, vom vorherigen Eigentümer eingezahlte und nicht verbrauchte Instandhaltungsrücklage beträgt 7.000 EUR. Auf die Wohnung entfallen 80 % und auf das Grundstück 20 % des Kaufpreises.

     

    Wird eine Bestandsimmobilie erworben, entfällt auf diese auch eine bereits vom vorherigen Eigentümer eingezahlte und unverbrauchte Instandhaltungsrücklage. Dieser anteilige Anspruch gegen die Hausverwaltung geht auf den Erwerber als neuen Eigentümer über. Deshalb enthält der Kaufpreis nicht nur Anschaffungskosten für die Eigentumswohnung und den anteiligen Grund und Boden, sondern auch Anschaffungskosten für die anteilig erworbene und noch unverbrauchte Instandhaltungsrücklage. Diese ist wie miterworbenes Inventar (z. B. eine Einbauküche) aus dem Kaufpreis herauszurechnen. Der verbleibende Betrag verteilt sich dann auf den Grund und Boden bzw. das Gebäude (vgl. auch Bayerisches Landesamt für Steuern 23.11.07, S 2211-14 St32/St33).

     

    • Höhe der Anschaffungskosten

    Wohnung (0,8 × 293.000 EUR)

    234.400 EUR

    (Abschreibung 2 %)

    Grundstück (0,2 × 293.000 EUR)

    58.600 EUR

    (keine Abschreibung)

    Instandhaltungsrücklage

    7.000 EUR

    (keine Abschreibung)

     

    MERKE | Nach der geänderten Rechtsprechung des BFH (16.9.20, II R 49/17) ist es nicht mehr möglich, die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer um die anteilig übernommene Instandhaltungsrücklage zu reduzieren. Ein Abzug für übernommenes Inventar ist aber weiterhin zulässig.

     

    2. Einzahlung in die Instandhaltungsrücklage

    Kurze Zeit nach dem Erwerb der Wohnung wird Adam Meise vom Verwalter des Objekts aufgefordert, ab Januar 2021 ein monatliches Hausgeld von 200 EUR für laufende Kosten (z. B. Versicherungen, Gas, Wasser) und weitere 100 EUR als Zuführung zur Instandhaltungsrücklage zu zahlen. Wegen einer Dachsanierung wird zudem eine anteilige Sonderumlage von 2.000 EUR gefordert.

     

    Adam Meise kann das Hausgeld als Werbungskosten abziehen. Obwohl es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft um eine teilrechtsfähige Gemeinschaft handelt (BGH 2.6.05, V ZB 32/05), sind die Zahlungen in die Instandhaltungsrücklage entgegen § 11 EStG nicht zum Zahlungszeitpunkt als Werbungskosten zu berücksichtigen. Dies entschied der BFH (26.1.88, IX R 119/83) bereits zu einer älteren Regelung des WEG. Und auch nach der umfassenden Reform des WEG bleibt der BFH (u. a. 21.10.05, IX B 144/05 und 9.12.08, IX B 124/08) bei seiner Auffassung, dass sich zum Zahlungszeitpunkt kein Werbungskostenabzug ergibt.

     

    Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass Beiträge zur Instandhaltungsrücklage mit ihrer Zahlung aufgrund der Bindung im Verwaltungsvermögen aus dem frei verfügbaren Vermögen des einzelnen Wohnungseigentümers abgeflossen sind. Gleiches gilt im Übrigen für die geforderte Sonderumlage zur Dachsanierung. Dies bedeutet für Adam Meise:

     

    • Hausgeld als Werbungskosten abzugsfähig (200 EUR monatlich)
    • Zuführung Instandhaltungsrücklage nicht abzugsfähig (100 EUR monatlich)
    • Sonderumlage nicht abzugsfähig (einmalig 2.000 EUR)

     

    PRAXISTIPP | Der Hausverwalter hat die eingezahlte Instandhaltungsrücklage verzinslich anzulegen. Bei den Zinserträgen handelt es sich um Kapitalerträge nach § 20 EStG (vgl. R 21.2 Abs. 2 EStR). Der bloße wirtschaftliche Zusammenhang mit den Vermietungseinkünften genügt nicht für eine Umqualifizierung der Einkünfte nach § 21 EStG. Damit gilt die Abgeltungsteuer von 25 %.

     

    3. Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage

    Anfang 2022 erhält Adam Meise vom Verwalter eine Abrechnung. Daraus ist zu erkennen, dass aus der Rücklage 1.500 EUR für laufende Sanierungen verwendet wurden. Zudem wurden für die Dachsanierung 500 EUR mehr verbraucht als ursprünglich veranschlagt (also exakt 2.500 EUR). Der Bestand der Instandhaltungsrücklage zum 31.12.21 beläuft sich somit auf 6.200 EUR (7.000 EUR + 1.200 EUR + 2.000 EUR - 1.500 EUR - 2.500 EUR).

     

    Die von Adam Meise geleisteten Einzahlungen in die Instandhaltungsrücklage sind im Zeitpunkt ihrer Verwendung steuerlich einzuordnen. Nun ist zu entscheiden, ob es sich bei den vom Hausverwalter verwendeten Beträgen um

    • sofort abzugsfähige Aufwendungen,
    • abzuschreibende Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder
    • nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung handelt.

     

    MERKE | Diese Unterscheidung ist im Zuführungszeitpunkt zur Rücklage nicht abschließend möglich. Selbst wenn die Einzahlungen z. B. aufgrund eines Wirtschaftsplans bereits einzelnen konkret geplanten Maßnahmen zugeordnet werden, können sich bei der tatsächlichen Durchführung der Maßnahmen noch Änderungen ergeben.

     

    Adam Meise kann 4.000 EUR als Werbungskosten abziehen (Entnahme für laufende Sanierungen = 1.500 EUR und Entnahme für die Dacherneuerung = 2.500 EUR), obwohl er tatsächlich nur 3.200 EUR eingezahlt hat (12 × 100 EUR zuzüglich Sonderumlage von 2.000 EUR).

     

    Beachten Sie | Der weitere Abzug ergibt sich, weil Adam Meise vom Verkäufer der Wohnung dessen eingezahlte und noch nicht verbrauchte Instandhaltungsrücklage erworben hat (BFH 9.12.08, IX B 124/08). Mit dem Erwerb ist Herr Meise auch in das Recht zum Werbungskostenabzug eingetreten.

    4. Veräußerung der Immobilie

    Bereits nach einem Jahr hat Adam Meise von der Eigentumswohnung genug. Er veräußert diese zum 2.1.22 zu einem Kaufpreis von 310.000 EUR. In dem Kaufvertrag wird die Instandhaltungsrücklage gesondert aufgeführt. Veräußerungskosten (500 EUR) werden von Meise getragen.

     

    Adam Meise erzielt wegen der Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn (§§ 22 Nr. 2 i. V. mit 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Dabei ist zu beachten, dass Herr Meise neben der Wohnung und dem anteiligen Grundstück auch seine anteilige Instandhaltungsrücklage veräußert. Es ist daher angebracht, von dem insgesamt erzielten Veräußerungserlös den Betrag abzuziehen, der auf die eingezahlte, aber noch nicht verbrauchte Instandhaltungsrücklage entfällt. Anderenfalls müsste ein zu hoher Gewinn versteuert werden, der tatsächlich nicht erzielt wurde und nicht dem Vermögenszuwachs entspricht.

     

    • Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG

    Veräußerungserlös

    310.000 EUR

    abzüglich AK Grund und Boden

    ‒ 58.600 EUR

    abzüglich AK Gebäude

    ‒ 234.400 EUR

    zuzüglich Abschreibung für 2021 (2 %)

     4.688 EUR

    Restwert

    ‒ 229.712 EUR

    ‒ 229.712 EUR

    abzüglich Instandhaltungsrücklage

    ‒ 6.200 EUR

    abzüglich Veräußerungskosten

     ‒ 500 EUR

    Veräußerungsgewinn

    14.988 EUR

     

    Ohne Abzug der Rücklage wäre der Gewinn um 6.200 EUR höher ausgefallen. Bei einem Steuersatz von 42 % hätte dies rund 2.604 EUR „gekostet“.

     

    MERKE | Erfolgt die Veräußerung nicht steuerbar (z. B. außerhalb der Spekulationsfrist), kann Adam Meise die eingezahlte, aber noch nicht verbrauchte Instandhaltungsrücklage nicht als Werbungskosten abziehen. Diese ist für ihn demzufolge steuerlich verloren. Sie kann jedoch vom neuen Eigentümer genutzt werden.

     

    5. Weitere Besonderheiten

    5.1 Veruntreute Instandhaltungsrücklage

    Wurde die Instandhaltungsrücklage durch die Hausverwaltung veruntreut, dann führt dies in dem Jahr zum Werbungskostenabzug, in dem der Eigentümer hiervon Kenntnis erlangt hat (FG Rheinland-Pfalz 24.1.13, 6 K 1973/10). Die Einzahlungen gehen in diesem Fall ‒ im steuerlichen Sinne ‒ also nicht verloren.

     

    5.2 Werbungskostenabzug im Zahlungszeitpunkt

    Wurden Einzahlungen in die Instandhaltungsrücklage irrtümlicherweise bereits im Zahlungsjahr als Werbungskosten geltend gemacht und wurde dies vom FA nicht beanstandet, stellt sich die Frage, wie bei Verwendung der Rücklage zu verfahren ist. Kann nun „nochmal“ ein Werbungskostenabzug beansprucht werden? Leider nein.

     

    MERKE | Deckt das FA den Fehler aufgrund des nochmaligen Ansatzes der Werbungskosten auf, wird es das „Altjahr“ mit der unzutreffenden Behandlung ändern und dort die Werbungskosten aberkennen. Dies erlaubt § 174 Abs. 2 AO, vorausgesetzt, der fehlerhafte Abzug im Zahlungsjahr ist auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen. Der Änderung steht dabei regelmäßig auch die Festsetzungsverjährung nicht entgegen, da sich über § 174 Abs. 2 i. V. mit Abs. 1 AO eine eigenständige Ablaufhemmung ergibt.

     

    5.3 Eigengenutzte Eigentumswohnung (§ 35a EStG)

    Wird die Immobilie privat genutzt, handelt es sich grundsätzlich um Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 EStG). Allerdings kann es sich bei den durch die Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanzierten Maßnahmen um steuerbegünstigte Aufwendungen i. S. des § 35a EStG handeln (insbesondere um Handwerkerleistungen).

     

    Hinsichtlich der zeitlichen Geltendmachung unterscheidet die Finanzverwaltung (BMF 9.11.16, IV C 8 - S 2296-b/07/10003:008, Rz. 47) wie folgt:

     

    • Aufwendungen für regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen (z. B. Reinigung des Treppenhauses, Gartenpflege, Hausmeister) werden grundsätzlich anhand der geleisteten Vorauszahlungen im Jahr der Vorauszahlungen berücksichtigt; einmalige Aufwendungen (wie z. B. Handwerkerrechnungen) dagegen erst im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung.

     

    • Soweit einmalige Aufwendungen durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden, können die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Instandhaltungsrücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden.

     

    Beachten Sie | Es wird aber auch nicht beanstandet, wenn Wohnungseigentümer die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2022 | Seite 155 | ID 48419341