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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Ein-Prozent-Regelung: Das müssen Sie bei Werkstattwagen beachten!

    | Gerade in Handwerksbetrieben kommen regelmäßig Montagefahrzeuge ‒ auch Werkstattwagen genannt ‒ zum Einsatz. Dabei gibt es immer wieder Streit mit dem FA, ob diese Fahrzeuge auch privat genutzt werden und somit nach der Ein-Prozent-Regelung zu besteuern sind. Der praktische Fall fasst die wichtigsten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung zusammen und bietet darüber hinaus eine Checkliste als Grundlage für ein Mandantengespräch. |

    1. Sachverhalt

    Malermeister Jonas Müller (verheiratet, 2 Kinder) möchte sich selbstständig machen und sein Unternehmen zunächst von zu Hause aus betreiben. Um seine Tätigkeit professionell ausüben zu können, hat er sich bereits einen neuen zweisitzigen, 5 Meter langen Transporter bestellt. Obwohl seine Ehefrau einen Privatwagen besitzt, möchte Jonas Müller seinen bisherigen Privatwagen behalten.

     

    Der neue Firmenwagen hat eine große Ladefläche (zulässiges Gesamtgewicht 3.500 kg, Leergewicht 1.600 kg) und soll mit einer entsprechenden Fahrzeugwerbung versehen werden. Aus Kostengründen hat er auf eine Trennwand zwischen Fahrgast- und Ladebereich, auf Fenster im Laderaum sowie auf eine Verkleidung des Laderaums verzichtet. Der Einbau von Regalen ist jedoch aus seiner Sicht unumgänglich und soll möglichst zeitnah erfolgen.

     

    Herr Müller fragt nun seinen Steuerberater, ob er gelegentliche Privatfahrten mit dem neuen Transporter versteuern muss.

    2. Lösung

    Nach einem kurzen Überblick über die Grundprinzipien der Firmenwagenbesteuerung wird die Besteuerung der Privatnutzung von Werkstattwagen näher betrachtet.

     

    2.1 Grundprinzipien der Firmenwagenbesteuerung

    Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist bei Ermittlung der Privatnutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Fahrzeugs die Ein-Prozent-Regelung anzuwenden. Alternativ kann der Steuerpflichtige seinen Privatanteil anhand eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs ermitteln.

     

    MERKE | Welche Methode für den Steuerpflichtigen günstiger ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein Fahrtenbuch bietet jedoch oftmals Vorteile bei einem geringen privaten Nutzungsanteil, einer geringen Gesamtfahrleistung und einem hohen Bruttolistenpreis. Es ist aber auch zu bedenken, dass ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß sein muss und somit akribisch zu führen ist.

     

    2.2 Rein betriebliche Nutzung

    Die Beurteilung, ob eine rein betriebliche Nutzung vorliegt, erfolgt nach den Gesamtumständen des Einzelfalls (FG München 19.5.10, 10 K 152/09). Für die Klassifizierung ist es insbesondere nicht erforderlich, dass die Beschaffenheit und Einrichtung des Montagefahrzeugs denklogisch eine Privatnutzung ausschließt. Entscheidend ist, ob das Fahrzeug wegen seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich nur zur Beförderung von Gütern bestimmt ist. Denn derartige Fahrzeuge werden allenfalls gelegentlich und ausnahmsweise auch für private Zwecke eingesetzt (BFH 18.12.08, VI R 34/07).

     

    Von der Besteuerung einer Privatnutzung ausgenommen sind solche Kfz, für die der Erfahrungssatz, sie würden typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden, nicht gilt. Das betrifft Lkw und Zugmaschinen, wobei allerdings nicht die Klassifizierung des Kfz-Steuerrechts und des Straßenverkehrsrechts maßgebend ist (BFH 13.2.03, X R 23/01).

     

    Beachten Sie | Für einen zweisitzigen VW-Transporter T4 hat der BFH (17.2.16, X R 32/11) die Besteuerung der Privatnutzung abgelehnt. Die Fahrgastzelle war im Streitfall durch eine Metallwand von der fensterlosen Ladefläche abgetrennt, auf der die Werkzeuge untergebracht waren.

     

    PRAXISTIPP | Oft erfolgt die finale Klärung, ob die Voraussetzungen für eine rein betriebliche Nutzung wirklich erfüllt sind, erst Jahre später bei einer Betriebsprüfung oder den sich ggf. anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren. Erfolgt hier eine für den Steuerpflichtigen negative Einstufung, greift dann die Ein-Prozent-Regelung, sofern er nicht vorsichtshalber ein (ordnungsgemäßes) Fahrtenbuch geführt hat. Darüber ist der Mandant zwingend zu informieren. Um Rechtssicherheit zu erlangen und unnötige Mehrarbeit für den Mandanten zu vermeiden, sollte die Diskussion mit dem FA über die Klassifizierung des Montagefahrzeugs möglichst frühzeitig erfolgen.

     

    2.3 Argumente für eine rein betriebliche Nutzung

    Um für die Diskussion mit dem FA gut vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, zusammen mit dem Mandanten möglichst viele Argumente für eine rein betriebliche Nutzung zu sammeln. Die folgenden Kriterien aus der Rechtsprechung (vgl. insbesondere FG München 19.5.10, 10 K 152/09) können als Grundlage dienen:

     

    Checkliste / Indizien für eine rein betriebliche Kfz-Nutzung

    erfüllt

    nicht erfüllt

    • 1. Weiteres Fahrzeug im Privatvermögen
    • 2. Nach Kfz-Steuerrecht und Straßenverkehrsrecht vorzunehmende Klassifizierung als Lkw (zwar nach BFH 13.2.03, X R 23/01 nicht maßgebend, aber ggf. ein Indiz)
    • 3. Keine ausreichenden Sitzplätze für Privatfahrten
    • 4. Keine Sicherheitsgurte im hinteren Bereich des Fahrzeugs
    • 5. Flächenverhältnis zwischen Fahrgast- und Laderaum
    • 6. Verhältnis von Gesamtgewicht und Nutzlast
    • 7. Abtrennung zwischen Fahrerkabine und Ladefläche
    • 8. Einbau von Regalen, Werkzeugschränken im Laderaum
    • 9. Verblendung der Fenster im Laderaum
    • 10. Keine Verkleidung des Blechdachs
    • 11. Kabel sind offen sichtbar verlegt
    • 12. Vielzahl von Werbeaufdrucken für das Unternehmen
    • 13. Generelles äußeres Erscheinungsbild
     

    2.4 Würdigung des Sachverhalts

    Dass ausreichend Sitzplätze für Privatfahrten vorhanden sein müssen, wurde von der Rechtsprechung mehrfach bestätigt. Bei einer vierköpfigen Familie und nur zwei vorhandenen Sitzplätzen deutet dies auf eine in den Hintergrund tretende Bestimmung zur Personenbeförderung hin. Auch die vorhandenen Privatfahrzeuge sind ein wichtiges Indiz für eine rein betriebliche Nutzung des neuen Transporters.

     

    Jonas Müller möchte sein neues Fahrzeug mit seinem Firmennamen versehen. Dies allein würde selbstverständlich nicht für eine rein betriebliche Nutzung sprechen. Das Merkmal wird jedoch regelmäßig in der Urteilsbegründung aufgegriffen und rundet häufig das Gesamtbild ab.

     

    Mit einer Gesamtlänge von 5 Metern und lediglich einer Sitzbank ist der Ladebereich ausreichend groß. Auch das Verhältnis von Gesamtgewicht zur Nutzlast spricht für eine betriebliche Verwendung. Dass auf eine bauliche Trennung zwischen Fahrerkabine und Ladefläche verzichtet wurde, spricht indes gegen eine rein betriebliche Nutzung.

     

    Der Einbau von Regalen oder Werkzeugschränken schränkt die private Nutzungsmöglichkeit erheblich ein. Der aus Kostengründen erfolgte Verzicht auf Fenster und Verblendungen im Laderaum führt insgesamt dazu, dass das äußere Erscheinungsbild des Transporters für eine rein betriebliche Nutzung spricht.

     

    Beachten Sie | Eine äußere oder innere Verschmutzung des Fahrzeugs beseitigt hingegen nicht die Eignung des Fahrzeugs für eine private Nutzung (FG München 19.5.10, 10 K 152/09).

     

    FAZIT | Die Gesamtbeurteilung der objektiven Beschaffenheit und Einrichtung des neuen Transporters lässt im vorliegenden Fall den Schluss zu, dass dieser typischerweise nur betrieblich genutzt wird. Die gelegentliche private Nutzung muss somit nicht versteuert werden.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2018 | Seite 82 | ID 45159543