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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Entwicklung des Firmenwerts in Handels- und Steuerbilanz

    | Selbst bei relativ kleinen Unternehmenskäufen ergibt sich regelmäßig ein Firmenwert, der sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz zu aktivieren ist. Aufgrund unterschiedlicher Bewertungsvorgaben weichen die Wertansätze in der Folgezeit aber grundsätzlich voneinander ab. Anhand eines praktischen Falls werden die unterschiedlichen Ansätze in Handels- und Steuerbilanz verdeutlicht. |

    1. Sachverhalt

    Die Müller GmbH (ein mittelständischer Schreinereibetrieb) hat die Schreinerei Schulze (Einzelunternehmen) mit Wirkung zum 1.8.14 zu einem Kaufpreis von 50.000 EUR erworben. Die aggregierte Bilanz zeigt die Vermögenssituation der Schreinerei Schulze zum Übernahmezeitpunkt. In den einzelnen Bilanzpositionen sind keine stillen Reserven/Lasten enthalten.

     

    Aktiva

    Bilanz zum 31.7.14

    Passiva

    A. Anlagevermögen

    60 TEUR

    A. Eigenkapital

    30 TEUR

    B. Umlaufvermögen

    48 TEUR

    B. Rückstellungen

    20 TEUR

    C. aktiver RAP

    2 TEUR

    C. Verbindlichkeiten

    60 TEUR

    Summe Aktiva

    110 TEUR

    Summe Passiva

    110 TEUR

     

    Frage: Wie ist der Firmenwert bei der Müller GmbH handels- und steuerrechtlich zu erfassen (Bilanzansatz zum 1.8.14 sowie zum 31.12.14)?

    2. Lösung

    Nach einem kurzen Überblick über die rechtlichen Hintergründe werden anschließend die konkreten Auswirkungen bei der Müller GmbH dargestellt.

     

    2.1 Rechtliche Hintergründe

    Der Firmenwert wird nach § 246 Abs. 1 S. 4 HGB wie folgt ermittelt:

     

    • Ermittlung Firmenwert

    Kaufpreis für das Unternehmen

    ./. Wert der einzelnen Vermögensgegenstände

    + übernommene Schulden

    = Geschäfts- und Firmenwert

     

    Da ein entgeltlich erworbener Firmenwert als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand klassifiziert wird, ist er handelsrechtlich zwingend zu aktivieren (§ 246 Abs. 1 S. 1 und S. 4 HGB) und planmäßig über seine voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 HGB).

     

    In der Praxis ist es mitunter schwierig, eine konkrete Nutzungsdauer festzulegen. Infolge des § 285 Nr. 13 HGB wird grundsätzlich von einer Nutzungsdauer von fünf Jahren ausgegangen. Die Anhangvorschrift verlangt nämlich eine Begründung, wenn der Firmenwert über einen längeren Zeitraum als fünf Jahre abgeschrieben wird.

     

    Steuerlich besteht für einen entgeltlich erworbenen Firmenwert ebenfalls eine Aktivierungspflicht (§ 5 Abs. 2 EStG), wobei die Abschreibung über einen Zeitraum von 15 Jahren erfolgen muss (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG). Da die Bilanzansätze somit regelmäßig voneinander abweichen, muss geprüft werden, ob in der Handelsbilanz latente Steuern zu erfassen sind (vgl. insoweit § 274 HGB und die größenabhängigen Erleichterungen des § 274a Nr. 5 HGB).

     

    PRAXISHINWEIS | Allein die unterschiedlichen Nutzungsdauern rechtfertigen noch keine Teilwertabschreibung, da die Regelung des § 7 Abs. 1 S. 3 EStG ansonsten unterlaufen würde (so Kulosa in Schmidt, EStG, § 6 Rz. 312; a.A. Neufang/Otto in DStR 12, 225).

     

     

    2.2 Konkrete Auswirkungen bei der Müller GmbH

    Der entgeltlich erworbene Firmenwert berechnet sich wie folgt:

     

    • Berechnung des Firmenwerts

    50 TEUR (Kaufpreis)

    ./. 110 TEUR (Wert der einzelnen Vermögensgegenstände)

    + 80 TEUR (übernommene Schulden)

    = 20 TEUR (Geschäfts- und Firmenwert)

     

    Unter Anwendung der handelsrechtlichen „Regelnutzungsdauer“ von 5 Jahren ergeben sich zum 31.12.14 folgende Bilanzansätze:

     

    • Folgebewertung
    Handelsbilanz
    (Nutzungsdauer 5 Jahre)
    Steuerbilanz
    (Nutzungsdauer 15 Jahre)

    Zugang 1.8.14

    20.000 EUR

    20.000 EUR

    AfA (5 Monate)

    ./. 1.667 EUR

    ./. 556 EUR

    Bilanzansatz 31.12.14

    18.333 EUR

    19.444 EUR

     

    Damit bei den monatlichen Auswertungen ein möglichst genaues Ergebnis vorliegt, sollte ab August eine monatliche Dauerbuchung für die Handelsbilanz eingerichtet werden (AfA Firmenwert an Firmenwert mit 333,33 EUR). Wird so verfahren, ist zum 31.12.14 noch eine rein steuerliche Buchung erforderlich, um den steuerlichen Abschreibungsaufwand richtig darzustellen (Firmenwert an AfA Firmenwert 1.111 EUR).

     

    Hinweis | Da der steuerliche Bilanzansatz zum 31.12.14 höher ist als der Wert in der Handelsbilanz, kann die Müller GmbH aktive latente Steuern ausweisen (Wahlrecht nach § 274 HGB).

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 174 | ID 42857736