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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Ergebnissteuerung mittels Tantiemevereinbarung

    | Werden kleine gesellschaftergeführte Kapitalgesellschaften gegründet, stehen naturgemäß die rechtlichen und formalen Aspekte im Vordergrund. Häufig wird der künftigen Ergebnissteuerung in dieser Phase zu wenig Beachtung geschenkt. Der praktische Fall zeigt, dass es sich lohnt, frühzeitig über eine Ergebnissteuerung mittels Tantiemezusagen nachzudenken. |

    1. Sachverhalt

    Der ledige, konfessionslose M. Meise hat sich kürzlich mit einem Fenster- und Türenhandel selbstständig gemacht. Aus Haftungsgründen hat er sich dazu entschieden, das Unternehmen in der Rechtsform der GmbH zu betreiben. Er hält 100 % der Geschäftsanteile und ist alleiniger Geschäftsführer. Das Stammkapital von 25 TEUR hat er refinanziert (Zinsen p. a. 1.000 EUR). Seine monatliche Vergütung beträgt 3 TEUR brutto. Als Gesellschafter-Geschäftsführer ist er nicht sozialversicherungspflichtig.

     

    Bei der Übergabe der monatlichen Buchführungsunterlagen erzählt Meise seinem Steuerberater, dass die Geschäfte gut angelaufen sind und er in 2020 bereits eine große Hotelkette mit neuen Fenstern und Türen beliefern wird. Dieser Auftrag würde das Ergebnis (vor Steuern) voraussichtlich auf 50 TEUR erhöhen. Daher fragt er seinen Steuerberater, ob es sinnvoll ist, sein Gehalt anzupassen ‒ und falls ja, welche steuerlichen Effekte dies auslösen würde.

    2. Lösung

    Zunächst erläutert der Steuerberater, wie Gehälter und Ausschüttungen bei Gesellschafter-Geschäftsführern zu besteuern sind. Danach geht er auf die Anforderungen einer Tantiemezusage ein. Eine abschließende Vergleichsrechnung stellt die Steuerbelastung bei den diversen Möglichkeiten gegenüber.

     

    2.1 Versteuerung von Gehalt und Ausschüttung

    Die Gehaltszahlungen an M. Meise mindern den Jahresüberschuss bzw. das zu versteuernde Einkommen der GmbH. Das Gehalt ist lohnsteuerpflichtig und führt zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit (§ 19 Abs. 1 EStG).

     

    Der Gewinn der GmbH wird auf Ebene der Gesellschaft mit KSt, Soli und GewSt belastet. Da M. Meise das Haftungsvolumen der GmbH weiterhin klein halten möchte, strebt er keine Gewinnthesaurierung an. Eine (Voll-)Ausschüttung des Gewinns führt aber auf Ebene des Gesellschafters zu einer weiteren Versteuerung. Da M. Meise zu 100 % an der GmbH beteiligt ist, kann er für die Besteuerung der Kapitalerträge zwischen der Abgeltungsteuer und dem Teileinkünfteverfahren (per Antrag) wählen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG).

     

    Bei Anwendung des Teileinkünfteverfahrens sind 40 % der Kapitalerträge steuerfrei, d. h. er muss nur 60 % der Ausschüttung mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz versteuern. Gegenläufig kann er 60 % der Refinanzierungskosten als Werbungskosten geltend machen.

     

    PRAXISTIPP | Die Abgeltungsteuer (ohne Kirchensteuer = typisierender Steuersatz von 26,375 %) ist insbesondere in folgenden Fällen sinnvoll:

    • kleine Ausschüttungen (Nutzung des Sparer-Pauschbetrags),
    • keine Werbungskosten (da nur beim Teileinkünfteverfahren abzugsfähig),
    • hoher persönlicher Steuersatz.
     

    Beachten Sie | Der Antrag auf Regelbesteuerung ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung zu stellen, um die anteilige Steuerfreistellung (Teileinkünfteverfahren) zu erlangen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG). Die Frist gilt auch, wenn sich Kapitalerträge erst durch die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei einer Betriebsprüfung ergeben (BFH 14.5.19, VIII R 20/16).

     

    2.2 Tantiemezusagen als mögliches Gestaltungsmittel

    Gehaltszahlungen haben den steuerlichen Vorteil, dass sie die Steuerbelastung der Gesellschaft unmittelbar mindern. Sie haben jedoch den Nachteil, dass auch in schlechten Zeiten Geld aus der Gesellschaft „gezogen“ wird. Um diese Situation zu vermeiden, kann es ratsam sein, eine variable Vergütungskomponente ‒ eine Gewinntantieme ‒ zu vereinbaren. Diese mindert den Gewinn der Gesellschaft und dem Gesellschafter-Geschäftsführer fließen (über seine Gehaltsabrechnung) Einkünfte aus § 19 EStG zu.

     

    2.3 Vermeidung einer vGA

    Beim Abschluss einer Tantiemevereinbarung mit einem (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer ist jedoch besondere Vorsicht geboten, damit es nicht unerwünscht zu einer vGA (R 8.5 KStR) kommt. Insbesondere die folgenden Aspekte müssen unbedingt beachtet werden:

     

    • Angemessenheit der Tantiemevereinbarung ...
    ... dem Grunde nach
    ... der Höhe nach
    • Vereinbarung vor Geschäftsjahresbeginn
    • eindeutige, klare Vereinbarung
    • tatsächliche Durchführung
    • maximal 50 % des Jahresüberschusses
    • maximal 25 % der Gesamtvergütung
    • Berücksichtigung von Verlustvorträgen
     

    2.3.1 Vereinbarung vor Geschäftsjahresbeginn

    Die Tantiemezusage muss im Voraus abgeschlossen worden sein. Im Voraus bedeutet dabei nicht vor der Auszahlung, sondern vor der Leistungserbringung, d. h. vor dem 1.1.20. Wird die Tantiemezusage erst im laufenden Wirtschaftsjahr erteilt, ist die Zahlung einer ungekürzten Jahrestantieme grundsätzlich zeitanteilig als vGA zu erfassen (BFH 17.12.97, I R 70/97).

     

    2.3.2 Eindeutige und klare Vereinbarung

    Die Tantiemeregelung muss so ausgestaltet sein, dass die Tantieme rein rechnerisch bestimmt werden kann (BFH 29.4.92, I R 21/90). Demnach müssen zumindest die Bemessungsgrundlage und der anzuwendende Prozentsatz enthalten sein. Auch der Auszahlungszeitpunkt sollte klar geregelt sein.

     

    Beachten Sie | Ein vertraglicher Vorbehalt, dass die Gesellschafterversammlung die Tantieme anderweitig höher oder niedriger festsetzen kann, führt zu einer vGA (BFH 29.4.92, I R 21/90).

     

    2.3.3 Tatsächliche Durchführung

    Wird eine eindeutig vereinbarte Gewinntantieme an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht bereits bei Fälligkeit ausgezahlt, führt dies nicht zwingend zu einer vGA. Entscheidend ist, ob unter Würdigung aller Umstände die verspätete Auszahlung Ausdruck mangelnder Ernsthaftigkeit der Tantiemevereinbarung ist (vgl. H 8.8 KStH „Verspätete Auszahlung“).

     

    2.3.4 Maximal 50 % des Jahresüberschusses

    Der Beweis des ersten Anscheins spricht für eine vGA, soweit Tantiemezusagen an mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer insgesamt 50 % des Jahresüberschusses übersteigen. Diese Grenze ist auch bei Tantiemezusagen an einen Gesellschafter-Geschäftsführer maßgebend. Bemessungsgrundlage für die 50 %-Grenze ist der handelsrechtliche Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern (BMF 1.2.02, IV A 2 - S 2742 - 4/02).

     

    2.3.5 Regelaufteilung der Gesamtbezüge

    Neben dem Grundsatz, dass die Gesamtvergütung angemessen sein muss, ist auch das Verhältnis der variablen Bezüge zur Gesamtausstattung zu berücksichtigen. Nach Ansicht des BMF (1.2.02, a. a. O.) sollen die Bezüge wenigstens zu 75 % aus einem festen und höchstens zu 25 % aus erfolgsabhängigen Bestandteilen (Tantieme) bestehen. Die Vereinbarung einer Nur-Tantieme ist grundsätzlich nicht anzuerkennen (zu Ausnahmen vgl. BMF 1.2.02, a. a. O.).

     

    2.3.6 Berücksichtigung von Verlustvorträgen

    Ist der Gesellschafter-Geschäftsführer für einen bestehenden Verlustvortrag verantwortlich oder zumindest teilverantwortlich, ist der Verlustvortrag in die Bemessungsgrundlage der Tantieme einzubeziehen (BFH 17.12.03, I R 22/03).

     

    2.4 Vergleichsrechnung für M. Meise

    Die folgenden Tabellen zeigen die Steuerbelastung mit und ohne Tantiemevereinbarung bei Anwendung des Teileinkünfteverfahrens und der Abgeltungsteuer. Unter Berücksichtigung der „75 : 25-Regelung“ wird hier eine Tantieme i. H. von 12 TEUR zugrunde gelegt.

     

    • Teileinkünfteverfahren mit und ohne Tantiemevereinbarung
    Steuerlast ohne Tantiemevereinbarung
    Steuerlast mit Tantiemevereinbarung

    Versteuerung des Gewinns auf Ebene der GmbH

    erwarteter Gewinn

    50.000 EUR

    38.000 EUR

    KSt (15 %)

    7.500 EUR

    5.700 EUR

    Soli (5,5 % auf die KSt)

    413 EUR

    314 EUR

    GewSt (15,75 % bei einem Hebesatz von 450 %)

    7.875 EUR

    5.985 EUR

    Steuerbelastung GmbH

    15.788 EUR

    11.999 EUR

    Versteuerung auf Ebene des Anteilseigners

    Gehalt (WBK = 1.000 EUR)

    35.000 EUR

    47.000 EUR

    Ausschüttung

    34.212 EUR

    26.001 EUR

    abzüglich WBK (Refinanzierungskosten)

    ‒ 1.000 EUR

    ‒ 1.000 EUR

    Zwischensumme

    33.212 EUR

    25.001 EUR

    davon 60 % (Teileinkünfteverfahren)

    19.927 EUR

    15.001 EUR

    Einkommen

    54.927 EUR

    62.001 EUR

    Steuerbelastung Anteilseigner

    15.076 EUR

    18.208 EUR

    Steuerbelastung (GmbH und Anteilseigner)

    30.864 EUR

    30.207 EUR

     
    • Abgeltungsteuer mit und ohne Tantiemevereinbarung
    Steuerlast ohne Tantiemevereinbarung
    Steuerlast mit Tantiemevereinbarung

    Versteuerung des Gewinns auf Ebene der GmbH

    erwarteter Gewinn

    50.000 EUR

    38.000 EUR

    Steuerbelastung GmbH

    15.788 EUR

    11.999 EUR

    Versteuerung auf Ebene des Anteilseigners

    Gehalt (WBK = 1.000 EUR)

    35.000 EUR

    47.000 EUR

    Steuerbelastung Gehalt

    7.246 EUR

    11.744 EUR

    Ausschüttung

    34.212 EUR

    26.001 EUR

    abzüglich Sparer-Pauschbetrag

    ‒ 801 EUR

    ‒ 801 EUR

    Zwischensumme

    33.411 EUR

    25.200 EUR

    Abgeltungsteuer (26,375 %)

    8.812 EUR

    6.647 EUR

    Steuerbelastung Anteilseigner

    16.058 EUR

    18.391 EUR

    Steuerbelastung (GmbH + Anteilseigner)

    31.846 EUR

    30.390 EUR

      
    • Übersicht über die Steuerbelastungen

    Teileinkünfteverfahren mit Tantieme

    30.207 EUR

    Abgeltungsteuer mit Tantieme

    30.390 EUR

    Teileinkünfteverfahren ohne Tantieme

    30.864 EUR

    Abgeltungsteuer ohne Tantieme

    31.846 EUR

     

     

    FAZIT | Die Vergleichsberechnung zeigt, dass es sich auch bei kleinen Gesellschaften lohnen kann, zu gestalten. Denn die schlechteste Variante „Abgeltungsteuer ohne Tantieme“ führt im Vergleich zur besten Variante „Teileinkünfteverfahren mit Tantieme“ zu einer steuerlichen Mehrbelastung von 1.639 EUR.

     

    Zu beachten ist aber auch, dass die Variante „Teileinkünfteverfahren mit Tantieme“ einen Antrag auf Teileinkünfteverfahren sowie eine steuerwirksame Tantiemevereinbarung erfordert. Der daraus resultierende Arbeitsaufwand ist angesichts des Steuervorteils wohl hinnehmbar. Allerdings kann sich die Situation in den Folgejahren (anderer Gewinn, andere Steuerprogression wegen Heirat etc.) auch anders darstellen. Diese „Gefahr“ ist aber letztlich bei allen Gestaltungsfällen gegeben.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 174 | ID 46051369