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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Erneuerung der Gebäudebeleuchtung: Bilanzierungsfragen komplexer als erwartet!

    von Richard Spieker, Dortmund

    | Um gesetzliche Auflagen zu erfüllen und um Energie einzusparen, investieren derzeit viele Unternehmen in die Erneuerung ihrer Gebäudebeleuchtung. Häufig werden die Kosten als Erhaltungsaufwand erfasst. Dass bei näherer Betrachtung aber auch eine Aktivierung möglich bzw. erforderlich ist, zeigt der folgende praktische Fall. |

    1. Sachverhalt

    Die konjunkturelle Entwicklung hat auch in der GuV der Meise-GmbH deutliche Spuren hinterlassen. Ungeachtet der Ergebnissituation ist die Gesellschaft jedoch verpflichtet, ökologische Gegenleistungen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) zu erbringen. Als der Bilanzbuchhalter der Geschäftsführung vorschlägt, die Beleuchtung der Produktionshalle bis Ende des Geschäftsjahrs 2024 (geplante Fertigstellung: Anfang Dezember) für 200.000 EUR zu erneuern, wird er gebeten, die rechtlichen und bilanziellen Hintergründe näher darzulegen.

    2. Lösung

    Der Bilanzbuchhalter der Meise-GmbH erläutert zunächst die Investitionsverpflichtung im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung. Anschließend stellt er der Geschäftsführung die bilanziellen Regelungen zu Betriebsvorrichtungen vor und geht auch auf die Frage ein, wann es sich um nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes handelt. Abschließend stellt er die möglichen Ergebniseffekte gegenüber.

     

    2.1 Gesetzliche Verpflichtung zur ökologischen Gegenleistung

    Infolge der Besonderen Ausgleichsregelung kann die KWK-Umlage und die Offshore-Netzumlage reduziert werden. Die Umlagenreduzierung ist jedoch an die Erbringung von ökologischen Gegenleistungen geknüpft. Generell kann die geforderte Gegenleistung auf drei Arten erbracht werden (§ 30 Nr. 3 EnFG):

     

    • Investitionen in Dekarbonisierung (CO2-Einsparung)
    • Kauf von Strom aus erneuerbaren Energien
    • Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen

     

    In der Praxis sind Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen am beliebtesten. Denn hier werden zum einen die gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, zum anderen ergeben sich aber auch künftige Kostenersparnisse. Bei den möglichen Energieeffizienzmaßnahmen ist die Erneuerung der Beleuchtungsanlage ein Klassiker, weil sich die Einspareffekte relativ leicht errechnen und dokumentieren lassen. Zudem kann die Umsetzung oft ohne größere Eingriffe in den Produktionsprozess erfolgen.

     

    MERKE | Da die EU-Kommission bei beihilferechtlichen Genehmigungen von nationalen Subventionen immer öfter auf ökologische Gegenleistungen besteht, wird die Bedeutung der Energieeffizienzmaßnahmen künftig weiter steigen.

     

    2.2 Bilanzielle Klassifizierung von Beleuchtungsanlagen

    Bei der handels- und steuerlichen Beurteilung empfiehlt sich eine zweistufige Prüfung. Zunächst sollte geprüft werden, ob die neue Beleuchtungsanlage die Kriterien einer Betriebsvorrichtung erfüllt. Erst wenn dies nicht der Fall ist und die neue Beleuchtung dem Gebäude zuzuordnen ist, stellt sich die Frage, ob es sich um nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes oder um sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand handelt.

     

    2.2.1 Beleuchtungsanlage als Betriebsvorrichtung

    Wird in die Beleuchtung investiert, geht dies teilweise deutlich über den bloßen Austausch des Leuchtmittels hinaus. Häufig wird ein ganzes Beleuchtungskonzept erstellt, das auf die konkreten betrieblichen Abläufe abgestimmt wird. Es stellt sich hier die Frage: Wo wird wann wie viel Licht benötigt? Daher ist zu prüfen, ob die neue Beleuchtungsanlage ein eigenes Wirtschaftsgut bzw. eine Betriebsvorrichtung darstellt.

     

    Die handels- und steuerliche Abgrenzung von Betriebsvorrichtungen und Gebäudebestandteilen erfolgt weitestgehend analog. Die rechtliche (relativ unbestimmte) Definition enthält § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG. Im Kern geht es um die Frage, ob die Beleuchtungsanlage vorrangig mit dem Betrieb oder mit dem Gebäude in einem engen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht. Wie die bisherige BFH-Rechtsprechung zeigt, ist dies teilweise schwer zu beurteilen bzw. kommt es hier auf den Einzelfall an (z. B. BFH 29.3.65, I 411/61 U zur Beleuchtungsanlage zum Schaufenster eines Ladengeschäfts; vgl. zur Abgrenzung auch Endert, BBK Nr. 23 vom 8.12.23).

     

    Beachten Sie | Ist die Beleuchtungsanlage als eigenes Wirtschaftsgut zu klassifizieren, ist sie unter den „Technischen Anlagen“ zu bilanzieren und über ihre betriebliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Darüber hinaus gelten Betriebsvorrichtungen als bewegliche Wirtschaftsgüter, sodass die degressive Abschreibung möglich ist (zur zeitlichen Befristung vgl. § 7 Abs. 2 EStG).

     

    2.2.2 Beleuchtungsanlage als Gebäudebestandteil

    Wenn die Beleuchtungsanlage nicht als Betriebsvorrichtung einzuordnen ist, muss im zweiten Schritt geprüft werden, ob nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes oder sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen vorliegen.

     

    Die gesetzliche Grundlage für die Abgrenzung bildet § 255 Abs. 2 HGB (gilt aufgrund der Maßgeblichkeit i. S. des § 5 Abs. 1 EStG auch für die Steuerbilanz). Danach sind die Kosten der Beleuchtungsanlage zu aktivieren, wenn die Aufwendungen für die Herstellung, die Erweiterung oder die wesentliche Verbesserung des Gebäudes entstanden sind. Da die geplante Investition nicht mit der Herstellung oder Erweiterung des Gebäudes zusammenhängt, ist hier das Kriterium „wesentliche Verbesserung“ entscheidend.

     

    Generell ist eine Maßnahme als wesentliche Verbesserung zu klassifizieren, wenn sie über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgeht, den Gebrauchswert erhöht und für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird.

     

    In Analogie zu den EU-Bestimmungen hat das IDW in der Neufassung des IDW ERS IFA 1 „Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz“ Folgendes ausgeführt: Gleichwertig zur Anhebung des Standards in mindestens drei der zentralen Bereiche der Ausstattung können auch Maßnahmen, die zu einer deutlichen Minderung des Endenergieverbrauchs oder -bedarfs führen, eine wesentliche qualitative Verbesserung des Gebäudes darstellen. Jedenfalls dann, wenn der Endenergieverbrauch oder -bedarf um mindestens 30 % gegenüber dem ursprünglichen Zustand gesenkt wird, kann von einer wesentlichen Verbesserung der Gebäudequalität ausgegangen werden. Dies entspricht bei Wohngebäuden einer Verbesserung der Energieeffizienzklasse des Gebäudes um mindestens zwei Stufen.“

     

    Allein durch die neue Beleuchtung wird sich eine 30%ige Energieeinsparung voraussichtlich nicht erzielen lassen. Werden jedoch parallel weitere Maßnahmen ergriffen (z. B. Verbesserung der Gebäudedämmung), könnte die Grenze von 30 % überschritten werden und die gesamte Maßnahme als nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes zu aktivieren sein.

     

    2.3 Ergebniseffekte

    Je nachdem, wie die neue Beleuchtung zu bilanzieren ist, ergeben sich für die Meise-GmbH im Geschäftsjahr 2024 folgende Ergebniseffekte:

     

    • Betriebsvorrichtung: Infolge der angespannten Ergebnissituation soll eine lineare Abschreibung erfolgen. Wird die Beleuchtungsanlage im Dezember 2024 als Betriebsvorrichtung aktiviert und über die betriebliche Nutzungsdauer von 19 Jahren (in Anlehnung an die Nutzungsdauer von Außenbeleuchtungsanlagen, vgl. „AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter“) abgeschrieben, ergibt sich im Geschäftsjahr 2024 nur eine Ergebnisbelastung von 877 EUR (200 TEUR ÷ 19 Jahre × 1/12).

     

    • Nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes: Stellt die neue Beleuchtungsanlage indes eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes dar, erhöht sich die Bemessungsgrundlage für die Gebäude-AfA in 2024. In diesem Fall würde das Ergebnis der Meise-GmbH mit 6.000 EUR belastet (200 TEUR × 3 %).

     

    • Erhaltungsaufwand: Sind die Kosten als Erhaltungsaufwand zu erfassen, sinkt das Ergebnis um 200.000 EUR.

     

    MERKE | Die Meise-GmbH muss bei der bilanziellen Klassifizierung der Kosten keine Rücksicht auf die energierechtlichen Anforderungen nehmen. So hat das BAFA klargestellt, dass eine „Investition in eine Energieeffizienzmaßnahme“ unabhängig von der buchhalterischen Erfassung als Investition oder laufender Aufwand vorliegen kann.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2024 | Seite 154 | ID 50058513