· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Gestaltungsmöglichkeiten zur Minimierung der Steuerbelastung bei GmbH-Ausschüttungen
| Bei der Besteuerung von GmbH-Ausschüttungen sind diverse Einflussgrößen (z. B. der persönliche Einkommensteuersatz und die Beteiligungsquote) zu beachten. Der praktische Fall stellt das Zusammenspiel der einzelnen Parameter vor und zeigt, wie die Steuerbelastung minimiert werden kann. |
1. Sachverhalt
Der verheiratete, konfessionslose IT-Spezialist Timo Müller betreibt seit mehreren Jahren nebenberuflich eine GmbH. Die kleinen, aber stetigen Gewinne hat er bisher in seiner GmbH thesauriert. Aus der Refinanzierung des Stammkapitals fallen jährlich Zinsaufwendungen i. H. von 800 EUR an. Da er sich kurzfristig eine Eigentumswohnung kaufen möchte, beabsichtigt er eine Gewinnausschüttung, wobei der kumulierte, ausschüttbare Gewinn 100.000 EUR beträgt. Nicht zuletzt wegen der Niedrigzinsphase haben die Eheleute Müller ihren Sparer-Pauschbetrag bis dato nicht genutzt.
Frage: Wie ist hier vorzugehen, damit die Ausschüttung möglichst gering besteuert wird? Der persönliche Steuersatz soll 40 % betragen.
2. Lösung
Zunächst werden die Grundprinzipien der Ausschüttungsbesteuerung bei im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteilen vorgestellt. Anschließend wird mittels Vergleichsberechnung gezeigt, wie Timo Müller vorgehen sollte.
2.1 Grundprinzipien der Ausschüttungsbesteuerung
Generell sind bei der Ausschüttungsbesteuerung von im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteilen zwei Methoden zu unterscheiden:
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Abgeltungsteuer | Teileinkünfteverfahren |
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Bei Gewinnausschüttungen einer GmbH an ihre Anteilseigner greift grundsätzlich die Abgeltungsteuer. Die GmbH muss eine Kapitalertragsteueranmeldung vornehmen und die Abgeltungsteuer an das FA abführen. Auf Ebene des Anteilseigners erfolgt keine weitere Besteuerung, seine Steuerschuld ist „abgegolten“.
Alternativ kann die Gewinnausschüttung auf Antrag (Anlage KAP) auch nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert werden. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG setzt voraus, dass der Anteilseigner zu mindestens 25 % an der Gesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch seine berufliche Tätigkeit für die GmbH maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann.
2.2 Vergleich der Ausschüttungsbelastungen
Die folgende Vergleichsberechnung zeigt, welches Verfahren für Timo Müller am günstigsten ist, wenn er den gesamten Gewinn entnehmen möchte:
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Abgeltung-steuer | Teileinkünfte-verfahren | |
Gewinnausschüttung | 100.000 EUR | 100.000 EUR |
davon steuerpflichtig | 100.000 EUR | 60.000 EUR |
Sparer-Pauschbetrag (Zusammenveranlagung) |
-1.602 EUR |
0 EUR |
Werbungskosten (60 % von 800 EUR) | 0 EUR | -480 EUR |
zu versteuernde Gewinnausschüttung | 98.398 EUR | 59.520 EUR |
Steuerbelastung | 25.953 EUR | 25.117 EUR |
Die ermittelte Steuerbelastung bei der Abgeltungsteuer (25.953 EUR) setzt sich zusammen aus der Abgeltungsteuer i. H. von 24.600 EUR (98.398 EUR x 0,25) und dem darauf entfallenden Solidaritätszuschlag i. H. von 1.353 EUR (24.600 EUR x 0,055).
Beim Teileinkünfteverfahren sind gemäß § 3 Nr. 40 EStG nur 60 % der Gewinnausschüttung steuerpflichtig. Korrespondierend dazu können die Refinanzierungszinsen (800 EUR) als Werbungskosten ebenfalls nur zu 60 %, also zu 480 EUR, geltend gemacht werden (§ 3c Abs. 2 EStG). Die Steuerbelastung i. H. von 25.117 EUR ergibt sich, indem der persönliche Steuersatz von 40 % angewendet wird (59.520 EUR x 0,40 = 23.808 EUR) und der Solidaritätszuschlag (23.808 EUR x 0,055 = 1.309 EUR) addiert wird.
Im Ergebnis kann Timo Müller durch die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens rund 850 EUR an Steuern sparen.
2.3 Die Option zur Regelbesteuerung: Das Prozedere
Der Antrag auf Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen VZ zu stellen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG). Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist, wobei es auf die erstmalige Abgabe der Steuererklärung für das jeweilige Jahr ankommt. Eine Nachholung ist nur unter den Voraussetzungen des § 110 AO möglich (BMF 18.1.16, IV C 1 - S 2252/08/10004 :017, Rz. 141).
Gegen diese Befristung bestehen nach Auffassung des BFH (28.7.15, VIII R 50/14) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte der Gesellschafter im Rahmen seiner Steuererklärung einen Antrag auf Günstigerprüfung gestellt. Dieser kann den Antrag auf Regelbesteuerung für Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften aber nicht ersetzen. Eine konkludente Antragstellung lehnte der BFH zumindest bei einem fachkundig beratenen Steuerpflichtigen ab.
Beachten Sie | Gegen das Urteil wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (BVerfG Az. 2 BvR 2167/15).
Der Antrag gilt ‒ solange er nicht widerrufen wird ‒ auch für die folgenden vier VZ, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind. Nach Ablauf dieser fünf Jahre ist ein erneuter Antrag erforderlich. Wird der Antrag widerrufen, kann kein erneuter Antrag für diese Beteiligung mehr gestellt werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 6 EStG).
PRAXISHINWEIS | Der Antrag auf individuelle Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren ist auch dann zulässig, wenn in dem jeweiligen VZ keine Erträge vorhanden sind und die Option nur dazu dient, die tatsächlich entstandenen Werbungskosten zu 60 % im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen (vgl. BMF 18.1.16, Rz. 143). |
2.4 Allgemeine Handlungsempfehlungen
Bei der Frage, ob bei Gewinnausschüttungen die Abgeltungsteuer oder (per Antrag) das Teileinkünfteverfahren sinnvoller ist, sind folgende Kriterien heranzuziehen:
- Je niedriger der individuelle Steuersatz des Gesellschafters ist, desto größer ist der Steuervorteil des Teileinkünfteverfahrens im Vergleich zur Abgeltungsteuer.
- Hat der Gesellschafter seinen GmbH-Anteil fremdfinanziert, kann sich das Teileinkünfteverfahren insbesondere bei hohen Schuldzinsen lohnen.
- Bei niedrigen Ausschüttungsbeträgen kann die Abgeltungsteuer günstiger sein als das Teileinkünfteverfahren. Bei Ausschüttungen bis zu 1.602 EUR erfolgt nämlich keine Besteuerung auf Anteilseignerebene, sofern eine Zusammenveranlagung erfolgt und die Steuerpflichtigen den Sparer-Pauschbetrag nicht für andere Kapitalerträge benötigen.
Weiterführende Hinweise
- BFH gibt dem BMF Contra: Zwei praxisrelevante Entscheidungen zur Abgeltungsteuer (Steben in MBP 17, 96)
- Typische Fallstricke, die man bei § 17 EStG unbedingt im Blick haben muss! (Hilbertz in MBP 17, 51)
- Wichtige BFH-Urteile zum Teileinkünfteverfahren für Beteiligungserträge (Westhoff in MBP 15, 187)