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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Gestaltungsüberlegungen zur Übertragung einer § 6b-Rücklage

    | Werden bestimmte Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens veräußert, kann die sofortige Versteuerung der stillen Reserven ggf. vermieden werden, wenn eine Rücklage nach § 6b EStG gebildet wird. Der praktische Fall befasst sich mit den Übertragungsmöglichkeiten zwischen zwei Betriebsvermögen und geht dabei insbesondere auf die steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung des FG Münster (13.5.16, 7 K 716/13 E, Abruf-Nr. 187161 ) ein, wonach eine § 6b-Rücklage bereits vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts übertragbar ist. |

    1. Sachverhalt

    In der Bilanz des Malerbetriebs Schmidt (Einzelunternehmung) ist zum 31.12.15 eine Rücklage nach § 6b EStG i. H. von 200.000 EUR enthalten. Die Rücklage wurde anlässlich des Verkaufs einer Lagerhalle in 2015 gebildet. Der Eigentümer des Malerbetriebs, Günter Schmidt, möchte seinen Betrieb zum 1.1.17 seinem Sohn Ralf übergeben.

     

    Die Schmidt Gerüstbau GmbH & Co. KG, welche Günter Schmidt zu gleichen Teilen zusammen mit seiner Frau Ursula betreibt, möchte er noch einige Jahre weiterführen. Demzufolge lässt Günter Schmidt ein neues Bürogebäude errichten (geplante Fertigstellung: März 2017). Eigentümer dieses Gebäudes wird ausschließlich Günter Schmidt sein, sodass es nach erfolgter Fertigstellung in seinem Sonderbetriebsvermögen zu bilanzieren ist.

     

    Frage: Kann Günter Schmidt die § 6b-Rücklage bereits in 2016 auf die Schmidt Gerüstbau GmbH & Co. KG übertragen?

     

    2. Lösung

    Werden beim Verkauf eines Gebäudes stille Reserven aufgedeckt, dann können Steuerpflichtige nach § 6b EStG eine Rücklage bilden und diese später auf die Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Ersatzwirtschaftsguts (z. B. ein Gebäude) übertragen. Im Ergebnis werden die auf die aufgedeckten stillen Reserven entfallenden Steuern somit gestundet.

     

    Nach R 6b.2 Abs. 6 EStR kann ein Steuerpflichtiger den begünstigten Gewinn, der in einem Einzelunternehmen entstanden ist, auf Wirtschaftsgüter übertragen, die

    • zu demselben oder einem anderen als Einzelunternehmen geführten Betrieb des Steuerpflichtigen gehören oder
    • zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, soweit die Wirtschaftsgüter dem Steuerpflichtigen als Mitunternehmer zuzurechnen sind.

     

    Im Sachverhalt sind diese Voraussetzungen erfüllt. Kritisch ist hingegen der geplante zeitliche Ablauf der Übertragung: Denn nach der Betriebsübergabe ist eine Übertragung vom Malerbetrieb auf das Sonderbetriebsvermögen des Gerüstbaubetriebs nicht mehr möglich, da nur Übertragungen zwischen Vermögen desselben Steuerpflichtigen begünstigt sind.

     

    Soll der Betriebsübergang also wie geplant erfolgen, muss die Übertragung der § 6b-Rücklage vor dem 1.1.17 stattfinden. Eine solche Übertragung würde jedoch vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts erfolgen. Die Finanzverwaltung vertritt hier aber die Auffassung, dass eine § 6b-Rücklage erst in dem Wirtschaftsjahr auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden kann, in dem auch der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen wird, d. h. frühestens im Jahr der Fertigstellung (R 6b.2 Abs. 8 S. 3 EStR).

     

    Nach Ansicht des FG Münster ist eine Übertragung jedoch auch vor der Fertigstellung des Wirtschaftsguts möglich. Das Gesetz schließt nur den Abzug eines in einem Gewerbebetrieb entstandenen Veräußerungsgewinns in einem landwirtschaftlichen Betrieb oder in einem Betrieb der selbstständigen Arbeit aus, damit der Gewinn nicht der Gewerbesteuer entzogen werden kann. Aus dem Umstand, dass § 6b Abs. 4 EStG den Begriff „Abzug“ (von den Anschaffungs- und Herstellungskosten) verwendet und nicht von der „Übertragung der Rücklage“ spricht, lässt sich keine zeitliche Einschränkung herleiten. Die Übertragung soll sogar unabhängig von einem Abzug von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in dem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen möglich sein - zumindest aber dann, wenn im Zeitpunkt der Übertragung bereits mit der Herstellung des Wirtschaftsguts begonnen worden ist.

     

    FAZIT | Es ist zu hoffen, dass der BFH die Auffassung des FG Münster im Revisionsverfahren (unter BFH IV R 31/16) bestätigen wird. Bis dahin ist Günter Schmidt aber gut beraten, wenn er die Betriebsübertragung zurückstellt. Denn dann könnte er nach der Fertigstellung des Bürogebäudes zunächst die § 6b-Rücklage übertragen und danach den Malerbetrieb an seinen Sohn übergeben.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2016 | Seite 155 | ID 44161295