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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Gruppenunfallversicherung für Arbeitnehmer aus lohnsteuerlicher Sicht

    | In Zeiten des Fachkräftemangels gilt es, Anreize zu schaffen, um Bewerber für sich zu gewinnen und langfristig zu binden. Gehaltsextras sind da ein probates Mittel. Der praktische Fall zeigt, welche steuerlichen Besonderheiten bei einer Gruppenunfallversicherung zu beachten sind. |

    1. Sachverhalt

    Hans Müller betreibt in Dortmund eine Marketingagentur mit 15 Mitarbeitern. Die Geschäfte laufen gut und Müller ist mit seinen Angestellten zufrieden. Als kleines Dankeschön möchte er eine Unfallversicherung abschließen, die berufliche (inkl. Dienstreisen) und private Risiken abdeckt. Sein Versicherungsvertreter hat ihm ein Angebot über 900 EUR p. a. unterbreitet. Hans Müller möchte nun von seinem StB wissen, was lohnsteuerlich zu beachten ist.

    2. Lösung

    Die Versicherungsbeiträge zur Gruppenunfallversicherung stellen für die Marketingagentur Betriebsausgaben dar. Für die Arbeitnehmer handelt es sich jedoch grundsätzlich um lohnsteuerpflichtige Bezüge.

     

    MERKE | Für Zukunftssicherungsleistungen ist die Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR nicht anwendbar (R 8.1 Abs. 3 S. 4 LStR i. V. mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV).

     

    Lohnsteuerlich ist entscheidend, ob den Mitarbeitern ein mittelbarer oder ein unmittelbarer Anspruch gegen das Versicherungsunternehmen eingeräumt wird. Bei einem mittelbaren Anspruch würde Hans Müller im Schadenfall bei der Versicherung die Auszahlung der Versicherungsleistung geltend machen. Danach würde er die Zahlungen weiterreichen. Bei einem unmittelbaren Rechtsanspruch könnte der Arbeitnehmer hingegen direkt auf die Versicherung zugehen und die Leistung/Zahlung einfordern.

     

     

    2.1 Auswirkungen bei unmittelbarem Leistungsanspruch

    Haben die Mitarbeiter einen unmittelbaren Leistungsanspruch gegen die Versicherung, erhöhen die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge den jeweiligen steuerpflichtigen Arbeitslohn der Arbeitnehmer. Bei einer Gruppenunfallversicherung sind die Gesamtzahlungen des Arbeitgebers daher im ersten Schritt anhand der Zahl der versicherten Arbeitnehmer aufzuteilen.

     

    • Ermittlung des Pro-Kopf-Anteils

    Versicherungsbeiträge gesamt

    900 EUR

    verteilt auf 15 versicherte Mitarbeiter

    60 EUR

    Monatsbeitrag je Mitarbeiter

    5 EUR

     

    Da die Versicherung berufliche und private Risiken abdeckt, sind die Beiträge anhand der Angaben des Versicherers aufzuteilen. Fehlen derartige Angaben, kann der Gesamtbeitrag zu jeweils 50 % auf den betrieblichen und privaten Bereich aufgeteilt werden (BMF 28.10.09, IV C 5 - S 2332/09/10004, Tz. 1.3).

     

    • Berufliche und private Risiken

    Monatsbeitrag je Mitarbeiter

    5,00 EUR

    davon betrieblicher Anteil (50 %)

    2,50 EUR

    davon privater Anteil (50 %)

    2,50 EUR

     

    Die neue Gruppenunfallversicherung soll auch die Risiken der Mitarbeiter auf Dienstreisen absichern. Dieser Teil der Versicherungsleistung ist auch bei Verträgen mit unmittelbarem Rechtsanspruch lohnsteuerfrei. Der berufliche Anteil der Beiträge ist also nochmals aufzuteilen. Der Anteil für Dienstreisen kann hierbei mit 40 % des beruflichen Anteils geschätzt werden (BMF 28.10.09, a. a. O., Tz. 1.4).

     

    • Anteil für Auswärtstätigkeiten

    betrieblicher Anteil

    2,50 EUR

    davon Anteil für Dienstreisen (40 %)

    1,00 EUR

    davon Anteil für sonstige Berufsunfälle (60 %)

    1,50 EUR

     

    Zusammenfassend sind die Beiträge wie folgt aufzuteilen:

     

    • Zusammenfassung

    lohnsteuerfreier Anteil (Reisekostenersatz)

    1,00 EUR

    sonstiger betrieblicher Anteil

    1,50 EUR

    privater Anteil

    2,50 EUR

    gesamter Beitrag je Mitarbeiter

    5,00 EUR

     

    Im Ergebnis sind 80 % der Beiträge (1,50 EUR + 2,50 EUR = 4,00 EUR; 4,00 EUR × 100/5,00 EUR = 80 %) lohnsteuerpflichtig. 20 % der Beiträge entfallen auf steuerfreien Reisekostenersatz, 30 % auf steuerpflichtigen Werbungskostenersatz und 50 % auf steuerpflichtigen Sonderausgabenersatz.

     

    Da es sich bei der Gruppenunfallversicherung um ein kleines Dankeschön handeln soll, wäre es natürlich sehr unglücklich, wenn die Mitarbeiter mit zusätzlichen Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabgaben belastet würden. Hier bietet sich eine Lohnsteuer-Pauschalierung (§ 40b Abs. 3 EStG) mit 20 % an, die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung zur Folge hat. Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:

     

    • Gruppenunfallversicherung und
    • Beitrag je Mitarbeiter und Kalenderjahr ≤ 62 EUR.

     

    Bei dem vorliegenden Angebot handelt es sich unzweifelhaft um eine Gruppenunfallversicherung, da mehrere Arbeitnehmer in einem Unfallversicherungsvertrag gemeinsam versichert werden. Auch die Freigrenze von 62 EUR pro Mitarbeiter und Jahr wird nicht überschritten. Die zusätzliche finanzielle Belastung bei einer Lohnsteuer-Pauschalierung beträgt:

     

    • Ermittlung der Gesamtbelastung

    Beiträge insgesamt

    900,00 EUR

    davon 80 % lohnsteuerpflichtig

    720,00 EUR

    20 % pauschale Lohnsteuer

    144,00 EUR

    5,5 % Soli auf die Lohnsteuer

    7,92 EUR

    9 % Kirchensteuer auf die Lohnsteuer

    12,96 EUR

     

    Kurzum: Versteuert Hans Müller die Versicherungsbeiträge pauschal, ergeben sich zusätzliche Kosten i. H. von 164,88 EUR (144 + 7,92 + 12,96 EUR), die er als Betriebsausgaben geltend machen kann.

     

    2.2 Auswirkungen bei mittelbarem Leistungsanspruch

    Hätten die Arbeitnehmer lediglich einen indirekten, mittelbaren Anspruch auf die Versicherungsleistung, würden die Beitragszahlungen zunächst keinen Arbeitslohn darstellen und wären somit zunächst lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei.

     

    Arbeitslohn liegt bei einem Vertrag mit mittelbarem Rechtsanspruch erst zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung, also im Schadenfall, vor. Lohnsteuerpflichtig ist dann aber nicht die gesamte ausgekehrte Versicherungsleistung, sondern nur die bis dahin auf den Versicherungsschutz entfallenen Beiträge. Sollten die entrichteten Beiträge die ausgekehrte Versicherungsleistung jedoch übersteigen, ist die Lohnsteuerpflicht auf die tatsächlich ausgezahlte Versicherungsleistung gedeckelt (BFH 11.12.08, VI R 9/05).

     

    Eine Pauschalversteuerung dürfte hier oftmals ausscheiden, da die 62 EUR-Grenze in der Regel überschritten wird. Aber: Hat der Versicherungsschutz des begünstigten Arbeitnehmers länger als ein Jahr bestanden, handelt es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, bei der die Fünftelregelung anwendbar ist.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 119 | ID 45279605