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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Häusliches Arbeitszimmer bei Ehegatten: Nicht abziehbaren Drittaufwand vermeiden

    | Nicht zuletzt aus Haftungsgründen versuchen viele Ehepaare, ihr Vermögen zu trennen. Bei derartigen Gestaltungen sollte aber auch die Abziehbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer beachtet werden. Der praktische Fall verdeutlicht die aktuelle Rechtslage. |

    1. Sachverhalt

    Max Meise ist selbstständiger Ingenieur, seine Frau Rita ist Erzieherin. Die Eheleute haben bisher gemeinsam eine 100 qm-Wohnung angemietet. Miete und Nebenkosten werden vom gemeinsamen Bankkonto bezahlt. Einen Raum der Wohnung (20 qm) nutzt Max als Arbeitszimmer. Hier erarbeitet er theoretische und komplexe Problemlösungen für seine Auftraggeber. Die Betreuung von Kunden im Außendienst gehört nicht zu seinen Aufgaben.

     

    Die Eheleute möchten sich nun ihren Traum vom Eigenheim erfüllen. Aus Haftungsgründen soll Rita alleinige Eigentümerin der Immobilie werden. Max Meise möchte dort ein häusliches Arbeitszimmer einrichten und fragt einen Steuerberater, ob die geplante Haftungsabschottung Auswirkungen auf die steuerliche Abzugsfähigkeit des Arbeitszimmers hat.

    2. Lösung

    Zunächst erläutert der Steuerberater die aktuelle Rechtslage zum Drittaufwand und zur unterschiedlichen Behandlung von grundstücks- und nutzungsorientierten Aufwendungen. Danach geht er sowohl auf die bisherige Situation (Arbeitszimmer in der Mietwohnung) als auch auf die künftige Situation (Arbeitszimmer in der eigenen Immobilie) ein.

     

    2.1 Grundsätzliches zur Berücksichtigung der Aufwendungen

    Max Meise kann die Kosten für sein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich als Betriebsausgaben geltend machen. Da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, besteht der Höhe nach keine Abzugsbeschränkung (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG).

     

    Bei den Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer unterscheiden die Rechtsprechung (BFH 6.12.17, VI R 41/15) und die Finanzverwaltung (FinMin Schleswig-Holstein 8.1.20, VI 308 - S 2145 - 116) zwischen grundstücks- und nutzungsorientierten Aufwendungen:

     

    • Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer
    Grundstücksorientierte Aufwendungen
    Nutzungsorientierte Aufwendungen
    • Miete oder Abschreibungen
    • Schuldzinsen
    • Grundsteuer, Versicherungsprämien
    • Energiekosten
    • Wasserkosten
    • Reinigungskosten
     

    Die nutzungsorientierten Kosten sind in voller Höhe (unter Berücksichtigung des Höchstbetrags nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG) zu berücksichtigen. Bei dem in der Praxis größeren Kostenblock der grundstücksorientierten Aufwendungen sind indes die steuerlichen Regelungen zum Drittaufwand zu beachten. Danach könnte ein steuermindernder Abzug nach dem Kostentragungsprinzip ausscheiden, wenn der Steuerpflichtige die durch die Einkunftserzielung veranlassten Aufwendungen nicht unmittelbar selbst trägt.

     

    2.2 Abzug der grundstücksorientierten Aufwendungen

    Bei einem Arbeitszimmer empfiehlt sich zunächst eine Einteilung in drei Bereiche:

     

    • Der das Arbeitszimmer Nutzende ist alleiniger Mieter bzw. Eigentümer der Räumlichkeiten.
    • Beide Ehegatten sind Mieter bzw. Miteigentümer.
    • Der andere Ehegatte ist alleiniger Mieter bzw. Eigentümer.

     

    Anschließend muss geprüft werden, von welchem Bankkonto die grundstücksorientierten Aufwendungen gezahlt werden. Die folgende Tabelle zeigt die Auswirkungen (abziehbarer Aufwand oder nicht abziehbarer Drittaufwand):

     

    • Abzug der grundstücksorientierten Aufwendungen
    Zahlung vom
    Mieter/Eigentümer
    Konto des nutzenden Ehegatten
    Gemeinschaftskonto
    Konto des anderen Ehegatten
    • 1. Nutzender Ehegatte

    Aufwendungen abziehbar

    Aufwendungen abziehbar

    Aufwendungen nicht abziehbar

    • 2. Anderer Ehegatte

    Aufwendungen abziehbar

    Aufwendungen nicht abziehbar

    Aufwendungen nicht abziehbar

    • 3. Beide Ehegatten

    Aufwendungen abziehbar

    Aufwendungen (begrenzt) abziehbar

    Aufwendungen nicht abziehbar

     

    Sind beide Ehegatten Mieter bzw. Miteigentümer der Immobilie (Fallgruppe 3) und werden die Aufwendungen vom Gemeinschaftskonto bezahlt, ist wie folgt zu unterscheiden:

     

    Bei einer Mietwohnung sind grundsätzlich 100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen abziehbar. Beträgt der Nutzungsumfang des häuslichen Arbeitszimmers aber mehr als 50 % der gesamten Wohnfläche, dann sind maximal 50 % der gemeinsam getragenen Aufwendungen abziehbar.

     

    Folge: Da die Fläche des Arbeitszimmers lediglich 20 % der Gesamtwohnfläche ausmacht, ist die Bezahlung der Aufwendungen vom Gemeinschaftskonto unschädlich und Max Meise kann die gesamten Arbeitszimmerkosten steuerlich geltend machen.

     

    Gehört das Arbeitszimmer zu Räumlichkeiten, die im Miteigentum der Ehegatten stehen, sind 100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen abziehbar (begrenzt auf den Miteigentumsanteil an den Räumlichkeiten).

     

    • Beispiel
    • Wohnfläche der gesamten Wohnung: 100 qm
    • Arbeitszimmer: 60 qm
    • Miteigentumsanteil an der Wohnung: 50 %
    • gesamte grundstücksorientierte Aufwendungen: 3.000 EUR

     

    Von den grundstücksorientierten Aufwendungen entfallen 1.800 EUR auf das Arbeitszimmer. Entsprechend dem Miteigentumsanteil sind 1.500 EUR abziehbar.

     

    Beachten Sie | Diese Einschränkung würde für die Eheleute Meise relevant, wenn sie zu gleichen Teilen Eigentümer der Immobilie würden und das Arbeitszimmer mehr als 50 % der gesamten Wohnfläche einnimmt.

     

    Laut Ausgangssachverhalt wird aus Haftungsgründen angestrebt, dass Rita Meise Alleineigentümerin der neuen Immobilie wird. Damit Max Meise die grundstücksorientierten Aufwendungen des Arbeitszimmers trotzdem weiterhin geltend machen kann, müssen die Aufwendungen vom Bankkonto des Max Meise bezahlt werden. Im Ergebnis ist so eine Haftungsabschottung möglich, ohne den Betriebsausgabenabzug für das Arbeitszimmer einzuschränken.

     

    2.3 Exkurs: Arbeitszimmer als Betriebsvermögen

    Ein häusliches Arbeitszimmer, das für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt wird und in dessen Eigentum steht, gehört grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen. Eine Ausnahme besteht bei Grundstücksteilen von untergeordnetem Wert nach § 8 EStDV. Diese brauchen nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn

    • ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks (relative Grenze) und
    • nicht mehr als 20.500 EUR (Wertgrenze) beträgt.

     

    Ist das Wahlrecht des § 8 EStDV nicht anwendbar oder wurde es nicht genutzt, ist zu bedenken, dass ein im Betriebsvermögen erfasstes Arbeitszimmer zum Boomerang werden kann. Bei einer Veräußerung oder Entnahme ist der Gewinn nämlich auch dann zu versteuern, wenn die Aufwendungen nicht oder nur beschränkt berücksichtigt wurden.

     

    Beachten Sie | Hoffnung verspricht ein beim BFH anhängiges Revisionsverfahren (BFH VIII R 15/17). Hier geht es u. a. um die Frage, ob bei Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit der Buchwert eines im Betriebsvermögen befindlichen häuslichen Arbeitszimmers um die bis zur Betriebsaufgabe angefallenen AfA-Beträge zu erhöhen ist, soweit diese wegen der Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG zu keiner Minderung des laufenden Gewinns geführt hatten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • BFH klärt den Umfang der abzugsfähigen Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer (MBP 19, 190)
    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 120 | ID 46537209