Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Konzernbewirtung: So vermeiden Sie eine typische Steuerfalle!

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

    | Auch in Konzernen bzw. Unternehmensverbünden wird gerne gefeiert, oft gemeinsam mit allen verbundenen Unternehmen (z. B. den Tochtergesellschaften). Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten. Denn schnell kann sich aus der gemeinsamen Feier eine kostspielige Steuerfalle ergeben. Der praktische Fall zeigt, was bei einer Konzernbewirtung beachtet werden muss. |

    1. Sachverhalt

    Die Meise-GmbH richtet jährlich eine Weihnachtsfeier aus. An der Feier nehmen 150 Arbeitnehmer teil: 100 Arbeitnehmer, die bei der Meise-GmbH beschäftigt sind und 50 Arbeitnehmer der Jürgens-GmbH. Bei der Jürgens-GmbH handelt es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft der Meise-GmbH.

     

    Die gesamten Aufwendungen für Bewirtungen, Musik etc. betragen 12.000 EUR zzgl. 1.500 EUR USt (sowohl 7 % als auch 19 % USt). Sämtliche Aufwendungen werden von der Meise-GmbH als Muttergesellschaft getragen. Sie bucht die 12.000 EUR daher mit vollem Vorsteuerabzug auf dem Konto „freiwillige soziale Aufwendungen, lohnsteuerfrei“. Dann kommt es zur Betriebsprüfung und der Prüfer widmet sich der Feier. Wird er etwas zu beanstanden haben?

    2. Lösung

    Grundsätzlich sind Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung von den Arbeitnehmern als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu versteuern. Für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen (z. B. Weihnachtsfeier) im Jahr gilt jedoch ein Freibetrag von 110 EUR pro Arbeitnehmer (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Das gilt zur Vereinfachung auch für die Arbeitnehmer der konzernzugehörigen Unternehmen (Arbeitnehmer der Jürgens-GmbH, vgl. BMF 14.10.15, IV C 5 - S 2332/15/10001, Abschnitt 3). Übersteigt der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Anteil den Freibetrag, ist der übersteigende Betrag als Arbeitslohn steuer- und beitragspflichtig. Der Arbeitgeber kann nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG jedoch eine pauschale Besteuerung mit einem Steuersatz von 25 % vornehmen.

     

    In die Ermittlung der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Kosten sind neben den direkt zuzurechnenden Kosten für die Bewirtung auch die Kosten einzubeziehen, die sich nicht direkt zurechnen lassen (z. B. anteilige Raummiete für einen Saal, Musik/DJ etc.). Auch die auf eine etwaige Begleitperson (z. B. Ehegatte) entfallenden Kosten sind zu berücksichtigen.

     

    MERKE | Für die Verteilung der Gesamtaufwendungen sind nach der Rechtsprechung des BFH (29.4.21, VI R 31/18; Verfassungsbeschwerde anhängig: 2 BvR 1443/21) nur die tatsächlich anwesenden Personen relevant. Somit ist es unerheblich, wie viele Personen eingeladen wurden oder zugesagt haben.

     

    Beachten Sie | Die Weihnachtsfeier bei der Meise-GmbH führt somit nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Denn bei Kosten von 13.500 EUR und 150 Teilnehmern belaufen sich die anteiligen Kosten pro Teilnehmer auf 90 EUR. Da der Freibetrag von 110 EUR nicht überschritten wurde, handelt es sich zutreffend um lohnsteuerfreie Aufwendungen.

     

    2.1 Betriebsausgabenabzug der Meise-GmbH

    Bewirtungskosten sind grundsätzlich betrieblich veranlasst und deshalb als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Kosten wurden daher im handelsrechtlichen Jahresabschluss zutreffend in voller Höhe als Aufwand behandelt.

     

    Steuerlich ist hingegen zu differenzieren, da die Meise-GmbH sowohl ihre eigenen Arbeitnehmer als auch Arbeitnehmer ihrer 100%igen Tochtergesellschaft bewirtet hat. Dies hat folgende Auswirkungen:

     

    • Die Bewirtung der 100 eigenen Arbeitnehmer ist allgemein betrieblich veranlasst, sodass die Aufwendungen insoweit zum unbeschränkten Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug berechtigen.

     

    • Die Bewirtung der 50 Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft ist geschäftlich veranlasst (vgl. auch R 4.10 Abs. 7 S. 2 EStR), sodass insoweit die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG gilt.

     

    2.2 Nachweispflichten für 70%igen Abzug

    Für die bewirteten Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft gilt also § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG. Damit sind umfangreiche Aufzeichnungs- und Nachweispflichten verbunden. Insbesondere sind Ort, Tag, Teilnehmer, Anlass der Bewirtung und die Höhe der Aufwendungen zeitnah zu dokumentieren. Nähere Details hierzu regelt ein Schreiben des BMF (30.6.21, IV C 6 - S 2145/19/10003 :003).

     

    MERKE | Die geforderten Angaben müssen zeitnah gemacht werden, das heißt, spätestens bis zum Ablauf des Geschäftsjahrs (BFH 31.7.90, I R 63/88). Für ertragsteuerliche Zwecke können die eventuell fehlenden Angaben auch nicht nachträglich ergänzt werden (BFH 25.3.88, III R 96/85). Werden derartige Fehler in Betriebsprüfungen aufgedeckt, ist eine Heilung daher regelmäßig ausgeschlossen.

     

    2.3 Aufzeichnungspflichten

    Für die Meise-GmbH ist jedoch ein weiterer Aspekt noch gravierender: Denn nach § 4 Abs. 7 EStG sind die geschäftlich veranlassten Bewirtungsaufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.

     

    Die Pflicht zur besonderen Aufzeichnung ist erfüllt, wenn diese Aufwendungen fortlaufend, zeitnah und bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich auf besonderen Konten im Rahmen der Buchführung gebucht oder bei Einnahmen-Überschussrechnung von Anfang an getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben einzeln aufgezeichnet werden (BFH 22.1.88, III R 171/82; H 4.11 EStH „Besondere Aufzeichnung“).

     

    Beachten Sie | Ohne eine entsprechend gesonderte Aufzeichnung scheidet ein Abzug der Aufwendungen vollständig aus, selbst wenn die übrigen formalen Nachweispflichten des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG erfüllt wurden (BFH 22.1.88, III R 171/82).

     

    MERKE | Bei geschäftlich veranlassten und nur zu 70 % abzugsfähigen Bewirtungen bleibt der volle Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a S. 2 UStG erhalten, wenn die Aufwendungen angemessen sind und insgesamt nachgewiesen wurden, also die Anforderungen des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG erfüllt sind (vgl. FG Münster 27.4.20, 5 K 1722/18 U).

     

    Die Versagung des Vorsteuerabzugs für ertragsteuerrechtlich angemessene Bewirtungsaufwendungen allein wegen nicht eingehaltener Formvorschriften für den Nachweis für Betriebsausgaben (einzelne und getrennte Aufzeichnung nach § 4 Abs. 7 EStG, vgl. R 4.11 EStR) ist nicht zulässig. Für den Vorsteuerabzug gelten die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG (vgl. A 15.6. Abs. 2 S. 5 f. UStAE).

     

    2.4 Konkrete Auswirkungen für die Meise-GmbH

    Nach alledem ergibt sich für die Meise-GmbH folgende Steuerfalle: Von den Bewirtungsaufwendungen sind 50/150 geschäftlich veranlasst. Das gilt auch für die Nebenkosten von untergeordneter Bedeutung (R 4.10 Abs. 5 S. 4 EStR). Selbst wenn die Nachweispflichten des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG beachtet wurden, ergibt sich insoweit kein Betriebsausgabenabzug. Denn die Aufwendungen wurden nicht entsprechend der Vorgaben des § 4 Abs. 7 EStG gesondert aufgezeichnet (Buchung auf dem Konto „freiwillige soziale Aufwendungen, lohnsteuerfrei“). Deshalb ist der Gewinn der Meise-GmbH außerbilanziell um 4.000 EUR zu erhöhen (50/150 von 12.000 EUR netto).

     

    Für den Vorsteuerabzug ist zu prüfen, ob die Meise-GmbH die Anforderungen des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG erfüllt hat. Sollte das der Fall sein, bleibt der Abzug erhalten. Wurden die Nachweispflichten jedoch verletzt, dann reduziert sich der Vorsteuerabzug um 500 EUR (50/150 von 1.500 EUR). Dieser Betrag ist zugleich außerbilanziell gewinnerhöhend zu berücksichtigen.

     

    FAZIT | Der praktische Fall hat gezeigt, dass bei der gemeinsamen Bewirtung von verbundenen Unternehmen sorgfältig auf die Aufzeichnungs- und Nachweispflichten geachtet werden muss. Doch selbst dann reduziert sich der Betriebsausgabenabzug für die Arbeitnehmer der verbundenen Unternehmen gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG auf 70 % der Aufwendungen.

     

    In vergleichbaren Fällen sollten die Aufwendungen daher (sofort) auf die einzelnen Gesellschaften verteilt werden. Zum Beispiel könnte der Bewirtungsbetrieb eine gesonderte Rechnung für jedes an der Bewirtung teilnehmende Unternehmen anfertigen. Denkbar ist auch, dass die Muttergesellschaft die auf die Tochtergesellschaften entfallenden Aufwendungen weiterberechnet.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2023 | Seite 65 | ID 49201444