· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Rückstellung für künftige Rückbauverpflichtung: Bereits jetzt den Gewinn mindern!
von Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage
| Viele Mandanten betreiben ihr Unternehmen in gemieteten Räumen und passen die Räume an die individuellen betrieblichen Zwecke an. Allerdings muss bei Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig ein Rückbau auf den bisherigen Zustand erfolgen ‒ und das kostet Geld. Der Vorteil: Der künftige Aufwand ist bereits jetzt ratierlich über eine Rückstellung gewinnmindernd abzugsfähig. Das schafft Liquiditäts- und Zinsvorteile. Der praktische Fall zeigt, wie die Rückstellung gebildet wird. |
1. Sachverhalt
Max Meise hat ab dem 1.1.24 Geschäftsräume gemietet. Der Mietvertrag sieht eine Laufzeit von zehn Jahren vor. Danach ist über eine Mietverlängerung zu verhandeln. In 2024 hat Meise diverse An- und Umbauten an den Räumen vorgenommen. Der Rückbau kostet ihn aktuell ca. 10.000 EUR. Da der Rückbau frühestens in zehn Jahren erfolgt, geht er von dann anfallenden Kosten von 15.000 EUR aus. Bei der Bilanzvorbesprechung für 2024 fragt Max Meise seinen Steuerberater, ob dieser Vorgang gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.
2. Lösung
Der Steuerberater erklärt zunächst, aus welchen Gründen eine gewinnmindernde Rückstellung anzusetzen ist. Danach präsentiert er die Berechnung.
2.1 Rückbau und Abbruchverpflichtung
Werden Geschäftsräume angemietet, entsprechen diese nicht immer den Idealvorstellungen des Betriebsinhabers. Damit der Idealzustand aber doch eintritt und sich die Räume optimal für den Betrieb nutzen lassen, wird oft ein Umbau vorgenommen ‒ zum Beispiel durch den Einbau von Leichtbauwänden. Das Problem: Nahezu jeder Mietvertrag sieht vor, dass diese An- und Umbauten bei Beendigung des Mietvertrags zu beseitigen sind. Zudem bestimmt § 546 BGB, dass der Mieter verpflichtet ist, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Dies umfasst auch die Beseitigung bzw. Entfernung von Einbauten, Ausbauten etc.
Aufgrund dieser Verpflichtung ist der Mieter von Beginn an verpflichtet, für die künftig entstehenden und mit dem Abbruch oder Rückbau im Zusammenhang stehenden Kosten eine Rückstellung zu bilden (§ 249 Abs. 1 HGB; BFH 28.3.00, VIII R 13/99). Das Besondere an dieser Rückstellung ist allerdings, dass es sich um eine Ansammlungsrückstellung handelt. Das bedeutet, dass die Rückstellung nicht sofort in Höhe der für den Abbruch oder Rückbau erwarteten Kosten passiviert werden darf. Die Rückstellung ist vielmehr über die Dauer des Mietvertrags ratierlich gewinnmindernd anzusammeln (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG). Damit erreicht die Rückstellung erst bei Beendigung des Mietvertrags ihren vollen Wert (R 6.11 Abs. 2 EStR).
2.2 Berechnung der Rückstellung
Bemessungsgrundlage für die Rückstellung sind die nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag voraussichtlich anfallenden Kosten für den Abbruch oder Rückbau. Der Mieter muss also zum Bilanzstichtag überlegen, was ihn der Abbruch oder Rückbau kosten würde, wenn er bereits heute erfolgen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG). Künftige Preis- und Kostensteigerungen darf er dabei nicht berücksichtigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG).
Der Gesamtbetrag ist über die Laufzeit des Mietvertrags ratierlich anzusammeln. Die Laufzeit ist dabei zu jedem Bilanzstichtag neu zu prüfen, da sich der Zeitraum z. B. durch eine Mietverlängerung verändert haben kann. Sämtliche Änderungen der Restlaufzeit führen zu einer Neuberechnung der Rückstellung (BFH 2.7.14, I R 46/12). Zudem hat eine Abzinsung der Rückstellung zu erfolgen, da die Inanspruchnahme erst mit Ablauf des Mietvertrags erfolgt. Maßgebend ist ein typisierter Zinssatz von jährlich 5,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG). Die sich hieraus ergebenden Abzinsungssätze können der Anlage 2 des BMF-Schreibens vom 26.5.05 (IV B 2 - S 2175 - 7/05) entnommen werden.
MERKE | Anders sieht es in der Handelsbilanz aus. In dieser sind ‒ abweichend zur Steuerbilanz ‒ künftige Preis- und Kostensteigerungen in voller Höhe anzusetzen. Zudem richtet sich die Abzinsung nach dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre (§ 253 Abs. 1 und Abs. 2 HGB). |
Für den Sachverhalt bedeutet das Folgendes: In der Steuerbilanz sind für die Rückstellung zum 31.12.24 Kosten von 10.000 EUR maßgebend (Handelsbilanz: 15.000 EUR). Diese sind über die Laufzeit des Mietvertrags anzusammeln und mit 5,5 % abzuzinsen (Handelsbilanz: Marktzins der vergangenen sieben Jahre):
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Bilanzstichtag | Gesamtkosten | Anteilig (p. a. 1/10) | Abzinsung | Rückstellung | Gewinnminderung |
31.12.24 | 10.000 | 1.000 | 0,618 | 618 | 618 |
31.12.25 | 10.000 | 2.000 | 0,652 | 1.304 | 686 |
31.12.26 | 10.000 | 3.000 | 0,687 | 2.061 | 757 |
31.12.27 | 10.000 | 4.000 | 0,725 | 2.900 | 839 |
31.12.28 | 10.000 | 5.000 | 0,765 | 3.825 | 925 |
31.12.29 | 10.000 | 6.000 | 0,807 | 4.842 | 1.017 |
31.12.30 | 10.000 | 7.000 | 0,852 | 5.964 | 1.122 |
31.12.31 | 10.000 | 8.000 | 0,898 | 7.184 | 1.220 |
31.12.32 | 10.000 | 9.000 | 0,948 | 8.532 | 1.348 |
31.12.33 | 10.000 | 10.000 | 1,0 | 10.000 | 1.468 |
FAZIT | Max Meise kann die erst in zehn Jahren anfallenden Abbruch- und Rückbaukosten bereits während der Mietzeit anteilig als Betriebsausgaben absetzen. Sollte sich zu einem folgenden Bilanzstichtag bereits eine Preissteigerung (z. B. zum 31.12.26: 12.000 EUR) ergeben, ist die Rückstellung ab diesem Stichtag ausgehend von 12.000 EUR zu berechnen. |