· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Rückstellung für Umsatzboni nach Handels- und Steuerrecht
| Zur Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen schließen Unternehmen mit ihren Kunden häufig Bonusvereinbarungen ab. Hierfür sind in der Handels- und Steuerbilanz grundsätzlich Rückstellungen zu bilden. Unter Berücksichtigung von zwei unterschiedlichen Boni-Modellen zeigt der praktische Fall, wie hier zu verfahren ist. |
1. Sachverhalt
Die Meise-GmbH betreibt seit zwei Jahren einen Computer-Großhandel. Um die Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden, möchte der Gesellschafter-Geschäftsführer Meise Bonusvereinbarungen anbieten. Starten möchte er mit seinem wichtigsten Kunden, der PC-KG, wobei die Vereinbarung die nächsten drei Kalenderjahre (2016 bis 2018) umfassen soll.
Für die Ausgestaltung der Bonusvereinbarung stehen zwei Varianten zur Diskussion. In beiden Varianten soll die Auszahlung auf das Konto der PC-KG automatisiert am 2.1.19 erfolgen:
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Variante 1: Drei-Jahres-Bonus | Variante 2: Staffelbonus |
Umsatz ≥ 6 Mio. EUR = 3 % Bonus
| Umsatz ≥ 2 Mio. EUR = 1 % Bonus Umsatz ≥ 4 Mio. EUR = 2 % Bonus Umsatz ≥ 6 Mio. EUR = 3 % Bonus |
Meise geht davon aus, dass er mit der PC-KG weiterhin einen Jahresumsatz von 2 Mio. EUR erwirtschaften wird und fragt seinen Steuerberater, welche Variante steuerlich günstiger ist.
2. Lösung
Nach einem kurzen Überblick zur Bildung und Bewertung von Bonusrückstellungen werden anschließend die steuerlichen Auswirkungen der beiden Varianten gezeigt.
2.1 Bilanzielle Grundlagen
Umsatzboni sind nachträgliche Preisnachlässe, die Kunden für das Erreichen bestimmter Umsatzgrenzen gewährt werden. Sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz sind für die noch nicht abgerechneten Bonusverpflichtungen des abgelaufenen Wirtschaftsjahres Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden (§ 249 Abs. 1 HGB, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG).
Eine Rückstellung scheidet jedoch aus, wenn die Bonusgewährung von weiteren, zukünftigen Umsätzen abhängig ist (Künkele in Beck’sches Steuerberater-Handbuch 2015/2016, Rn. 1538). Auch die BFH-Rechtsprechung verlangt für die Bildung einer Bonusrückstellung, dass die vereinbarte Mindesteinkaufsmenge erreicht ist (BFH 4.12.59, III 317/59 S).
PRAXISHINWEIS | Die Problematik, dass die vereinbarten Umsatzgrenzen am Bilanzstichtag überschritten sein müssen, kann bei abweichenden Wirtschaftsjahren dazu führen, dass eine (anteilige) Rückstellungsbildung selbst für Jahresboni nicht möglich ist. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Zeiträume in den Bonusvereinbarungen an das abweichende Wirtschaftsjahr anzupassen. |
Bei Bewertung der Rückstellung ist auf die Bonusvereinbarung jedes einzelnen Kunden abzustellen, wobei ggf. mindernd zu berücksichtigen ist, dass Kunden von ihrem Bonusanspruch keinen Gebrauch machen werden. Dies kann durch die Verwendung eines Abschlags auf Basis der Erfahrungen in der Vergangenheit erfolgen.
Wird die Rückstellung nicht innerhalb der nächsten zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag ausgezahlt, ist eine Abzinsung erforderlich. Handelsrechtlich ist die Rückstellung mit den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätzen abzuzinsen. Steuerlich ist hingegen der typisierte Zinssatz von 5,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG) anzuwenden.
2.2 Drei-Jahres-Bonus (Variante 1)
Würde sich die Meise-GmbH mit der PC-KG auf einen Drei-Jahres-Bonus verständigen, dürfte sie in den Jahren 2016 und 2017 noch keine (ratierliche) Rückstellung bilden. So würde zwar rechnerisch auf beide Jahre ein Bonusaufwand von jeweils 60.000 EUR entfallen. Da die tatsächliche Auszahlung allerdings von der Erreichung des Mindestumsatzes i. H. von 6 Mio. EUR abhängt, ist eine Rückstellung ausgeschlossen. Somit würde sich der Bonusaufwand erst im Wirtschaftsjahr 2018 steuermindernd auswirken.
2.3 Staffelbonus (Variante 2)
Die folgende Tabelle zeigt die prognostizierten (kumulierten) Umsätze und den daraus resultierenden (kumulierten) Bonusaufwand:
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Bonusstufe | kumulierterUmsatz | voraussichtliche Erreichung | Bonus-anspruch | kumulierter Bonusaufwand |
1 | 2.000.000 EUR | 31.12.16 | 1 % | 20.000 EUR |
2 | 4.000.000 EUR | 31.12.17 | 2 % | 80.000 EUR |
3 | 6.000.000 EUR | 31.12.18 | 3 % | 180.000 EUR |
Da sowohl handels- als auch steuerrechtlich eine Abzinsungsverpflichtung besteht, entspricht der Bonusaufwand in den ersten Jahren nicht dem Rückstellungsbetrag. Ein Abschlag für nicht geltend gemachte Bonusansprüche unterbleibt hingegen, da die PC-KG ihre Ansprüche nicht aktiv geltend machen muss. Die Auszahlung erfolgt vielmehr automatisch auf Veranlassung der Meise-GmbH.
Handelsrechtlich ergeben sich folgende Rückstellungen:
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Bilanzstichtag | kumulierter Bonusaufwand | Restlaufzeit | Zinssatz (geschätzt)* | Abzinsung | Rückstellung |
31.12.16 | 20.000 EUR | 2 Jahre | 2,0 % | 777 EUR | 19.223 EUR |
31.12.17 | 80.000 EUR | 1 Jahr | 1,9 % | 1.492 EUR | 78.508 EUR |
31.12.18 | 180.000 EUR | - | - | - | 180.000 EUR |
* Der tatsächliche (maßgebliche) Abzinsungssatz am jeweiligen Bilanzstichtag wird von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht.
Unter Berücksichtigung des typisierten Abzinsungszinssatzes von 5,5 % entwickelt sich die steuerliche Rückstellung wie folgt:
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Bilanzstichtag | kumulierter Bonusaufwand | Rest-laufzeit | Zinssatz | Abzinsung | Rückstellung |
31.12.16 | 20.000 EUR | 2 Jahre | 5,5 % | 2.031 EUR | 17.969 EUR |
31.12.17 | 80.000 EUR | 1 Jahr | 5,5 % | 4.171 EUR | 75.829 EUR |
31.12.18 | 180.000 EUR | - | - | - | 180.000 EUR |
Würde die Meise-GmbH mit der PC-KG einen Staffelbonus vereinbaren, dann könnte sie ihren steuerlichen Gewinn bereits im Veranlagungszeitraum (VZ) 2016 um 17.969 EUR mindern. Im VZ 2017 wäre eine weitere Reduzierung um 57.860 EUR möglich (75.829 ./. 17.969).
Beachten Sie | Da die handels- und steuerrechtlichen Rückstellungen voneinander abweichen, ist die Bildung von (aktiven) latenten Steuern zu thematisieren (Wahlrecht nach § 274 HGB).
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Bilanzstichtag | Variante 1: Drei-Jahres-Bonus | Variante 2: Staffelbonus | ||
Handelsbilanz | Steuerbilanz | Handelsbilanz | Steuerbilanz | |
31.12.16 | 0 EUR | 0 EUR | 19.223 EUR | 17.969 EUR |
31.12.17 | 0 EUR | 0 EUR | 78.508 EUR | 75.829 EUR |
31.12.18 | 180.000 EUR | 180.000 EUR | 180.000 EUR | 180.000 EUR |
FAZIT | Aus steuerlicher Sicht ist der Staffelbonus (Variante 2) vorzuziehen, da der zu erwartende Bonusaufwand früher steuermindernd geltend gemacht werden kann. |