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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Straßensanierung: Steuerliche Behandlung der Anliegerbeiträge

    | Die Sanierung einer Anliegerstraße hat oft erhebliche finanzielle Auswirkungen für die betroffenen Hauseigentümer. Unter gewissen Voraussetzungen können die Aufwendungen jedoch steuerlich berücksichtigt werden, sodass der finanzielle Schaden zumindest teilweise gemindert wird. |

    1. Sachverhalt

    A ist Eigentümer einer gemischt genutzten Immobilie. Das Obergeschoss nutzt er zu eigenen Wohnzwecken. Das Erdgeschoss hat er hingegen an einen Architekten vermietet. Wegen des schlechten Zustands seiner Anliegerstraße hat der Stadtrat beschlossen, diese grundlegend zu sanieren und den Asphaltbelag der Straßen durch eine Pflasterung zu ersetzen. Der von A zu tragende Anliegerbeitrag beträgt 10 TEUR.

     

    Frage: Inwieweit sind die Kosten steuerlich abzugsfähig?

     

    2. Lösung

    In Betracht kommt ein Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie eine Berücksichtigung als Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG.

     

    2.1 Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

    Beiträge zur Finanzierung von erstmaligen Erschließungsmaßnahmen sind grundsätzlich nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens und wirken sich somit nicht als Werbungskosten aus. Werden hingegen Erschließungsanlagen ersetzt oder modernisiert, dann führen dafür erhobene Erschließungsbeiträge zu Erhaltungsaufwendungen - es sei denn, das Grundstück wird hierdurch ausnahmsweise in seiner Substanz oder in seinem Wesen verändert (H 6.4 „Erstmalige Beiträge, Ersetzung, Modernisierung“ EStH). Werden z. B. nur der Asphaltbelag der Straßen durch eine Pflasterung ersetzt und die Gehsteige abgesenkt, wird der Charakter des Grundstücks nicht wesentlich verändert, sodass die Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind (BFH 22.3.94, IX R 52/90). Im Ergebnis kann A 4.000 EUR (40 % von 10.000 EUR) steuermindernd als Werbungskosten geltend machen.

     

    2.2 Handwerkerleistungen nach § 35a EStG

    Nach Meinung des BMF (10.1.14, IV C 4 - S 2296-b/07/0003 :004, Rz. 9) sind bei Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt werden, nur die Kosten für das Privatgelände begünstigt. Diese Ansicht widerspricht aber der jüngeren BFH-Rechtsprechung, wonach der Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional auszulegen ist (BFH 20.3.14, VI R 56/12). Somit sind die Grenzen des Haushalts i. S. des § 35a Abs. 3 EStG nicht ausnahmslos - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt (BFH 20.3.14, VI R 55/12). Vielmehr können auch Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, z. B. öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich aber um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.

     

    Hinsichtlich der Erschließungsbeiträge sind zwei widerstreitende FG-Entscheidungen zu nennen:

     

    • Nach Ansicht des FG Nürnberg (24.6.15, 7 K 1356/14, rkr.) gelten die Gründe, die der BFH im Urteil VI R 56/12 bezüglich der Anbindung an die öffentliche Wasserversorgung aufgeführt hat, ebenso für den Ausbau einer Gemeindestraße. Denn bei beiden Maßnahmen handele es sich um den Anschluss eines Haushalts an das öffentliche Versorgungsnetz. Zu einer ordentlichen Haushaltsführung gehöre nämlich auch eine Zuwegung.

     

    • Das FG Berlin-Brandenburg (15.4.15, 11 K 11018/15, rkr.) erkennt demgegenüber einen Erschließungsbeitrag für den Ausbau einer bislang unbefestigten Straße durch Teilerrichtung einer Fahrbahn mit Fahrbahnentwässerung nicht als steuerbegünstigte Handwerkerleistung an. Denn in diesen Fällen sei das Grundstück bereits vor der Durchführung der Ausbaumaßnahmen durch eine Straße erschlossen. Zum anderen sei das Führen eines Haushalts auch ohne unmittelbaren Straßenanschluss möglich.

     

    PRAXISHINWEISE | Infolge der jüngeren BFH-Rechtsprechung überarbeitet die Verwaltung derzeit ihr Schreiben zu § 35a EStG. Die BFH-Urteile VI R 56/12 (Anschluss eines Grundstücks an zentrale Anlagen der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung) und VI R 55/12 (Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen) wurden bereits im BStBl (II 14, 880, 882) veröffentlicht und sind damit allgemein anzuwenden. Sollten sich Steuerpflichtige in ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Auslegung der Grenzen des Haushalts strittig ist, auf diese Rechtsprechung beziehen, bestehen keine Bedenken, die Bearbeitung dieser Fälle vorerst offenzuhalten (BayLfSt 22.4.15, S 2296b.1.1-5/2 St32, Abruf-Nr. 144491).

     

    Kurzum: A sollte den Kostenanteil, der auf die private Nutzung des Grundstücks entfällt, in der Steuererklärung als Handwerkerleistungen deklarieren. Erkennt das FA die Steuerermäßigung i. H. von 600 EUR (10.000 EUR x 0,6 (Privatnutzung) x 0,5 (geschätzter Lohnanteil) x 0,2 (Steuerermäßigung)) nicht an, sollte A den Bescheid über einen Einspruch insoweit vorerst offenhalten.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 66 | ID 43815756

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