Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Übertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt können zum Ende der Betriebsaufspaltung führen

    von Prof. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    | Die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung fallen weg, wenn die sachliche oder die personelle Verflechtung nicht mehr vorliegt. Diese Fälle der Entflechtung können recht offensichtlich sein, wie bei der Beendigung eines Mietverhältnisses. Manche sind aber auch weniger offensichtlich, wie z. B. der Wegfall der Betriebsaufspaltung durch Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt. Und die ungewollte Beendigung der Betriebsaufspaltung kann teuer werden, da mitunter hohe stille Reserven aufzulösen und zu versteuern sind. |

    1. Sachverhalt

    Der 70-jährige Steuerpflichtige S überträgt sowohl das Eigentum am Besitzunternehmen (Grundstück) als auch an der Betriebsgesellschaft (GmbH) auf seine (volljährigen) Kinder S und T (vorweggenommene Erbfolge). Er behält sich, um weiterhin Erträge zu erzielen, ein Nießbrauchsrecht am Grundstück und den GmbH-Anteilen zurück.

     

     

    Frage: Führt die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt zur Beendigung der Betriebsaufspaltung?

    2. Lösung

    2.1 Vorbemerkungen

    Eine Betriebsaufspaltung liegt nach H 15.7 (4) „Allgemeines“ EStH vor, wenn

    • ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und
    • eine oder mehrere Person(en) zusammen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung).

     

    MERKE | Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung oder Verpachtung. Das Besitzunternehmen ist ein Gewerbebetrieb.

     

    Das überlassene Wirtschaftsgut und auch die Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft werden zu notwendigem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Dies hat zur Folge, dass etwaige stille Reserven steuerverhaftet sind.

     

    2.2 Beendigung der Betriebsaufspaltung

    Eine Betriebsaufspaltung endet, wenn sowohl das Besitzunternehmen als auch die GmbH-Anteile am Betriebsunternehmen unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs auf einen Dritten übertragen werden; denn dann entfällt grundsätzlich die personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft (BFH 21.1.15, X R 16/12). Ein Nießbrauch an GmbH-Anteilen bewirkt i. d. R. nicht (vorbehaltlich einer entsprechenden vertraglich abweichenden Gestaltung), dass der Nießbraucher stimmberechtigt wird. Auf das Stimmrecht kommt es für die personelle Verflechtung indes entscheidend an, weil eine GmbH (abgesehen vom Fall der faktischen Beherrschung) durch die Ausübung der Stimmrechte beherrscht wird. Somit verfügt S nach der Übertragung nicht mehr über die Stimmrechte an der GmbH, kann aufgrund des Nießbrauchs aber die laufenden Geschicke des Grundstücks bestimmen.

     

    Beachten Sie | Somit liegt eine Betriebsaufgabe i. S. des § 16 Abs. 3 EStG vor. Da S das 55. Lebensjahr bereits vollendet hat, können unter den weiteren Voraussetzungen die Begünstigungen nach § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) und nach § 34 Abs. 3 EStG (ermäßigter Steuersatz) genutzt werden.

     

    2.3 Abwandlung

    S überträgt nach § 6 Abs. 3 EStG nur die GmbH-Anteile, an denen er sich den Nießbrauch und das Stimmrecht vorbehält. Das Grundstück wird nicht übertragen.

     

    Überträgt in Fällen der Betriebsaufspaltung der Gesellschafter der Betriebs-GmbH seine Anteile unter Vorbehaltsnießbrauch, bleibt die personelle Verflechtung bestehen, wenn er weiterhin seinen Geschäfts- und Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann (BFH 25.1.17, X R 45/14).

     

    Das Besitzunternehmen verbleibt bei S. Lediglich die stillen Reserven der GmbH-Anteile sind aufgrund der Entnahme aus dem Betriebsvermögen zu versteuern. Denn der Nießbrauchsvorbehalt beinhaltet kein wirtschaftliches Eigentum für den Nießbraucher (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Die Übertragung der GmbH-Anteile führt daher zwar zu einem laufenden Gewinn aufgrund der Entnahme der GmbH-Anteile. Im Übrigen bleibt der Betrieb allerdings bestehen, sodass die stillen Reserven des Grundstücks nicht aufzudecken sind (kein Fall des § 6 Abs. 3 EStG, da insoweit kein Eigentumswechsel stattgefunden hat).

    Quelle: Ausgabe 08 / 2024 | Seite 138 | ID 50060892