· Fachbeitrag · Betriebsaufspaltung?
Pro und Contra Betriebsaufspaltung - Chancen gestalten und Risiken vermeiden?
von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg?
| Die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks des Privatvermögens führt in aller Regel zu Überschusseinkünften i.S. von § 21 Abs. 1 EStG. Anders verhält es sich jedoch u.U. dann, wenn der Grundstückseigentümer das Objekt an eine von ihm beherrschte GmbH verpachtet. Hier kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Betriebsaufspaltung entstehen mit der Folge, dass die Verpachtung auf der gewerblichen Ebene erfolgt und das Grundstück Betriebsvermögen wird. Grund genug, das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung näher zu betrachten. |?
1. Begriff?
Unter einer Betriebsaufspaltung versteht man die Aufteilung eines Unternehmens in zwei selbstständige Unternehmen. Dies kann auf verschiedene Art und Weise geschehen, indem z.B. jedes Unternehmen bestimmte betriebliche Funktionen übernimmt oder alle betrieblichen Funktionen auf ein Unternehmen übergehen und das andere Unternehmen lediglich das für den Betrieb notwendige Anlagevermögen hält.?
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Steuerlich ist vor allem die Gestaltung von Interesse, in der der Einzelunternehmer (oder eine Personengesellschaft) seine bisherige betriebliche Tätigkeit und das Umlaufvermögen auf eine neu gegründete GmbH überträgt (Betriebsunternehmen) und fortan nur noch durch Verpachtung des Anlagevermögens an die GmbH tätig wird (Besitzunternehmen). Die eigentlich gebotene Aufdeckung der stillen Reserven wegen der nunmehr nur noch verpachtenden Tätigkeit wird durch das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung dadurch vermieden, dass der verpachtenden Tätigkeit des Besitzunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin gewerblicher Charakter zukommt.?
2. Formen der Betriebsaufspaltung?
Man unterscheidet zwischen echter und unechter sowie zwischen kapitalistischer und mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung.?
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Bei einer echten Betriebsaufspaltung wird ein bisher als Einzelunternehmen oder als Personengesellschaft betriebenes Unternehmen in der Weise aufgespalten, dass eine neu gegründete Kapitalgesellschaft den Betrieb des bisherigen Unternehmens fortführt. Das zurückbehaltene Anlagevermögen wird an die Kapitalgesellschaft verpachtet.?
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Demgegenüber erfolgt bei einer unechten Betriebsaufspaltung keine Aufspaltung eines einheitlichen Unternehmens, sondern es werden zwei zunächst getrennte Unternehmen miteinander „verbunden“. Denkbar sind darüber hinaus auch Fallgestaltungen, in denen der Gesellschafter einer GmbH an diese ein Grundstück verpachtet und durch die Grundstücksverpachtung ein Besitzunternehmen entsteht. ?
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Beachten Sie | In diesem Fall beginnt der gewerbliche Betrieb des Besitzunternehmens in dem Zeitpunkt, in dem der spätere Besitzunternehmer mit Tätigkeiten beginnt, die eindeutig und objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der endgültig beabsichtigten Überlassung von wesentlichen Betriebsgrundlagen an die von ihm beherrschte Betriebsgesellschaft gerichtet sind.?
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Von einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung ist immer dann die Rede, wenn Betriebs- und Besitzunternehmen als Kapitalgesellschaften organisiert sind. Eine Betriebsaufspaltung liegt in diesen Fällen jedoch nur vor, wenn die Besitzgesellschaft selbst unmittelbar als Gesellschafter (oder mittelbar über eine andere Kapitalgesellschaft als Gesellschafter) beteiligt ist, nicht aber, wenn beide Kapitalgesellschaften von denselben Personen beherrscht werden.?
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Bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ist das Betriebsunternehmen in der Rechtsform einer Personengesellschaft organisiert. Dabei hat das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung Vorrang vor den Rechtsfolgen aus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, d.h., die verpachteten Wirtschaftsgüter sind kein Sonderbetriebsvermögen, sondern Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft (BFH 23.4.96, VIII R 13/95).?
3. Voraussetzungen?
Eine Betriebsaufspaltung setzt voraus, dass ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen besteht. Dies ist nur dann der Fall, wenn zwischen den Unternehmen eine sachliche und personelle Verflechtung besteht. ?
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3.1 Sachliche Verflechtung?
Die erforderliche sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt, die für das Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass alle für den Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen werden.?
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Hinweis | Maßgebend ist im Bereich der Betriebsaufspaltung die sog. funktionale Betrachtungsweise, d.h. ein Wirtschaftsgut wird nicht allein schon deshalb zu einer wesentlichen Betriebsgrundlage, weil es erhebliche stille Reserven enthält (BFH 24.8.89, IV R 135/86).?
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Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören vor allem zur Nutzung überlassene Grundstücke, wenn der Betrieb derart von der Verbindung mit dem Gebäudegrundstück abhängig ist, dass er an anderer Stelle nicht in der bisherigen Weise fortgeführt werden kann. Das ist für bebaute Grundstücke anzunehmen, die durch ihre Gliederung oder sonstige Bauart dauernd für den Betrieb eingerichtet sind. ?
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PRAXISHINWEIS | Die Rechtsprechung des BFH zeigt, dass bei Gebäuden im Zweifel von einer wesentlichen Betriebsgrundlage auszugehen ist: ?
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3.2 Personelle Verflechtung?
Die personelle Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen setzt voraus, dass die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, den sie in beiden Unternehmen durchsetzen können. ?
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Die Voraussetzungen sind auch dann erfüllt, wenn an beiden Unternehmen mehrere Personen in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind, die zusammen in beiden Unternehmen die Stimmenmehrheit besitzen. Dies ist z.B. der Fall bei zwei Personen, die über je 50 % der Stimmen in der Besitzgesellschaft verfügen und an der Betriebs-GmbH zu 98 % und 2 % beteiligt sind (BFH 24.2.94, IV R 8-9/9). Selbst wenn die einzigen Gesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise an beiden Gesellschaften beteiligt sind, dass der eine Gesellschafter über die Mehrheit der Anteile am Besitzunternehmen verfügt, der andere dagegen über die Mehrheit der Anteile am Betriebsunternehmen, ist regelmäßig von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen auszugehen (BFH 24.2.00, IV R 62/98).?
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Hinweis | Die Personengruppentheorie hat jedoch nach h.M. bei extrem gegensätzlichen Beteiligungsverhältnissen ihre Grenzen (z.B. Besitzunternehmen: A 5 %, B 95 %, Betriebs-GmbH: A 95 %, B 5 %).?
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Darüber hinaus sollte man vor allem die folgenden Aspekte im Blick haben:?
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- Bei Ehegatten kann nicht von vornherein von gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen ausgegangen werden. Vielmehr müssen hierfür zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft Beweisanzeichen vorliegen, die für einen Interessengleichklang sprechen. ?
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- Die Voraussetzungen für eine personelle Verflechtung sind nicht erfüllt, wenn ein Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft nicht zugleich Gesellschafter der Betriebs-GmbH ist und nach dem Gesellschaftsvertrag der Besitzgesellschaft Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einstimmig zu fassen sind (u.a. BFH 21.1.99, IV R 96/96). ?
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- Im Ausnahmefall kann die Fähigkeit, den Willen im Betriebsunternehmen durchzusetzen, auch ohne Anteilsbesitz durch eine besondere tatsächliche Machtstellung bestehen (sog. faktische Betriebsaufspaltung; BFH 29.1.97, XI R 23/96).?
4. Steuerliche Rechtsfolgen?
Die Betriebsaufspaltung ist zunächst haftungsrechtlich von Vorteil, da die Betriebskapitalgesellschaft nur beschränkt haftet. Darüber hinaus ist der „Unternehmerlohn“ in Form der Geschäftsführervergütung als Betriebsausgabe abziehbar und die Bildung einer Pensionsrückstellung zulässig. Dies mindert gleichzeitig auch den Gewerbeertrag bei der Betriebs-GmbH. Im Vergleich zur GmbH & Co. KG ergibt sich hier insoweit ein weiterer Vorteil, als dort der Abzug der Gehälter und Vergütungen der Gesellschafter-Geschäftsführer vom Gewerbeertrag nicht möglich ist, wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer zugleich Kommanditisten sind.?
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Gewerbesteuerlich ist ferner zu beachten, dass sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen der Gewerbesteuer unterliegen, der Freibetrag beim Gewerbeertrag i.H. von 24.500 EUR jedoch nur beim Besitzunternehmen, nicht jedoch bei der Betriebs-GmbH berücksichtigt wird (§ 11 Abs. 1 GewStG). ?
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Hinweis | Beschränkt sich das Besitzunternehmen allein auf die Vermietung von Grundbesitz, so kann gleichwohl die erweiterte Kürzung bei Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG) nicht in Anspruch genommen werden (BFH 28.6.73, IV R 97/72). ?
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Miet- und Pachtzinsen sowie Zinsen aufgrund einer eventuellen Darlehensgewährung durch das Besitzunternehmen sind bei diesem Bestandteil des Gewinns und damit des Gewerbeertrags. Auf der Ebene der Betriebs-GmbH führen diese Aufwendungen zu Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 a, d, e GewStG.?
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Weitere steuerliche Folgen im Überblick:?
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- Eine an das Betriebsunternehmen verpachtete Immobilie ist notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, d.h. etwaige stille Reserven sind steuerverhaftet.?
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- Anteile an der Betriebs-GmbH sind ebenfalls notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Demzufolge führen Gewinnausschüttungen der Betriebs-GmbH zu gewerblichen Einkünften.?
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- Hinweis | Die Beteiligung und ein Gesellschafterdarlehen sind zwei selbstständige, getrennt voneinander zu beurteilende Wirtschaftsgüter. Somit ist das Teilabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG nicht auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterforderungen anzuwenden (BFH 18.4.12, X R 7/10; BFH 18.4.12, X R 5/10; MBP 12, 212). ?
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- Aus einer Betriebsaufspaltung folgt in vielen Fällen eine umsatzsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Dies hat u.a. zur Konsequenz, dass Umsätze zwischen der Besitzgesellschaft und der Betriebs-GmbH als nichtsteuerbare Innenumsätze zu werten sind und nur eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben ist.?
5. Beendigung der Betriebsaufspaltung?
Eine Betriebsaufspaltung endet, wenn die Voraussetzungen (sachliche oder personelle Verflechtung) nicht mehr gegeben sind.?
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Unternehmer A hat in 1995 durch die Gründung einer Betriebs-GmbH, an der er zu 100 % beteiligt ist und der Verpachtung der beiden wesentlichen Betriebsgrundlagen (zwei Betriebsgrundstücke) an die GmbH eine Betriebsaufspaltung begründet. In 2012 überträgt A 50 % seines GmbH-Anteils auf seinen Sohn.? ? Frage: Welche steuerlichen Folgen resultieren aus der Übertragung? |
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Durch die Übertragung des 50 %-igen GmbH-Anteils auf seinen Sohn besteht keine personelle Verflechtung mehr zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen, da A nunmehr in der Betriebs-GmbH nicht mehr seinen Willen durchsetzen kann. Dies führt zur Beendigung der Betriebsaufspaltung und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven im Besitzunternehmen. ?
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Dies kann jedoch dadurch vermieden werden, dass A den Betrieb als „ruhenden Gewerbebetrieb“ fortführt. A als Verpächter erzielt dann weiterhin gewerbliche Einkünfte und die verpachteten Wirtschaftsgüter bleiben in seinem Betriebsvermögen, solange er die Betriebsaufgabe nicht ausdrücklich erklärt (BFH 23.4.96, VIII R 13/95). Entsprechendes gilt bei Beendigung einer unechten Betriebsaufspaltung durch Verpachtung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen an ein fremdes Unternehmen (BFH 17.4.02, X R 8/00).?
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Wie Beispiel zuvor, jedoch hat A bereits in 2010 eines der beiden Grundstücke auf seinen Sohn übertragen, der das Pachtverhältnis mit der GmbH insoweit fortgeführt hat. |
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Aufgrund der Übertragung in 2010 musste A das Grundstück zum Teilwert aus seinem Betriebsvermögen entnehmen. Die Betriebsaufspaltung blieb hiervon jedoch unberührt, da A weiterhin ein Grundstück und damit eine wesentliche Betriebsgrundlage an die GmbH verpachtet hat.?
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In Abgrenzung zum Ausgangsfall scheidet eine Betriebsverpachtung im Ganzen nach der Übertragung des 50 %-igen GmbH-Anteils auf seinen Sohn jedoch aus. Eine Fortführung des Besitzunternehmens als ruhender Gewerbebetrieb ist hier nämlich nicht möglich, da A nicht mehr alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an die GmbH verpachtet (BFH 11.10.07, X R 39/04).?
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Weiterführender Hinweis?
- Neue Regeln für das Verpächterwahlrecht (Günther, MBP 11, 215)