· Fachbeitrag · Musterfall
Ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung eines Blockheizkraftwerks
von StBin Dipl.-Kffr. Vera Frey, Dortmund
| Wegen steigender Energiekosten haben sich Hausbesitzer in der jüngeren Vergangenheit zunehmend für den Einsatz alternativer Systeme entschieden und z.B. in ein Blockheizkraftwerk (BHKW) investiert, das der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme in einem Gebäude dient (sogenannte Kraft-Wärme-Koppelung). Die umsatz- und ertragsteuerlichen Folgen beim Betrieb eines BHKW werden anhand eines Musterfalls dargestellt. |
1. Musterfall
Der Steuerpflichtige A lässt sich in sein privat genutztes Einfamilienhaus ein BHKW einbauen. Die Anlage produziert jährlich 43.050 kWh Wärme (70 %) und 18.450 kWh Strom (30 %). Von dem erzeugten Strom nutzt der Steuerpflichtige 6.150 kWh (33,33 %) selbst, die restlichen 12.300 kWh werden in das allgemeine Stromnetz eingespeist. Mit dem Netzbetreiber hat A einen Stromeinspeisevertrag abgeschlossen, wonach er folgende Vergütungen für die Stromerzeugung erhält:
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Vergütung nach § 7 KWKG* | 5,11 ct/kWh |
Variable Vergütung (durchschnittl. Preis für Grundlaststrom an der Strombörse EEX Leipzig im vorangegangenen Quartal, § 4 Abs. 3 KWKG; hier EEX-Referenzpreis für das 3. Quartal 2012) | 4,352 ct/kWh |
Vergütung für vermiedene Netznutzungsentgelte | 0,20 ct/kWh |
* Betreiber von 50 kW-Anlagen, die nach dem 19.7.12 in Dauerbetrieb genommen werden, erhalten eine Vergütung von 5,41 ct/kWh.
Die Vergütung nach § 7 KWKG wird unabhängig von der Nutzung für den gesamten produzierten Strom gezahlt. Demgegenüber werden die anderen Vergütungsbestandteile nur für den tatsächlich eingespeisten Strom geleistet.
Die jährlichen Betriebskosten i.H. von 4.175 EUR setzen sich wie folgt zusammen: 450 EUR laufende Betriebskosten, 1.850 EUR Schuldzinsen infolge des fremdfinanzierten Erwerbs des BHKW, 1.875 EUR Abschreibungen (AfA).
2. Umsatzsteuerliche Beurteilung
Ist eine unter § 5 KWKG fallende Anlage mit dem allgemeinen Stromnetz verbunden, kann davon ausgegangen werden, dass der Anlagenbetreiber eine unternehmerische Tätigkeit ausübt - auf die Höhe der Einnahmen kommt es insoweit nicht an (A 2.5 Abs. 1 UStAE).
Betreiber von „kleinen“ Anlagen unterliegen regelmäßig der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG). Wird hierauf verzichtet, gelten die allgemeinen Grundsätze, sodass bei Zuordnung zum Unternehmensvermögen der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage geltend gemacht werden kann. Aus Liquiditätsgründen empfiehlt es sich zudem die Umsatzsteuerbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) zu beantragen.
2.1 Lieferung von Strom
Für umsatzsteuerliche Zwecke unterstellt die Verwaltung, dass der gesamte Strom zunächst in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Sofern der Strom selbst genutzt oder an Dritte (z.B. Mieter) geliefert wird, wird eine (Rück-)Lieferung des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber fingiert. Anstelle einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG beurteilt die Verwaltung den Vorgang als Tausch (§ 3 Abs. 12 UStG). Diese Fiktion gilt allerdings nur, wenn dem Anlagenbetreiber der dezentral verbrauchte Strom in Form eines Zuschlags nach dem KWKG vergütet wird (A 2.5 Abs. 7 UStAE). Dies ist bei nach dem 1.1.09 angeschafften Anlagen jedoch regelmäßig der Fall.
Die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bemisst sich nach dem üblichen oder vereinbarten Preis für die Stromlieferung zuzüglich der nach dem KWKG vom Netzbetreiber zu zahlenden Zuschläge und ggf. der vermiedenen Netznutzungsentgelte (A 2.5 Abs. 8 UStAE), sodass sich für den Musterfall nachstehende Berechnungen ergeben:
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Vergütung § 7 KWKG; EEX-Referenzpreis für das 3. Quartal 2012; Vergütung für vermiedene Netznutzungsentgelte | 9,662 ct/kWh |
Produktionsmenge Strom (18.450 kWh) x Vergütung (9,662 ct/kWh) | 1.782,64 EUR |
Umsatzsteuer (19 %) | 338,70 EUR |
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EEX-Referenzpreis für das 3. Quartal 2012; Vergütung für vermiedene Netznutzungsentgelte | 4,552 ct/kWh |
selbst genutzter Strom (6.150 kWh) x Vergütung (4,552 ct/kWh) | 279,95 EUR |
Umsatzsteuer (19 %) | 53,19 EUR |
Hinweis | Infolge der Eigennutzung ist der Vorsteuerabzug aus der Rücklieferung ausgeschlossen.
2.2 Lieferung von Wärme
Aufgrund der technischen Gegebenheiten kann die erzeugte Wärme nur selber oder durch Dritte vor Ort (z.B. Mieter) genutzt werden. Es sind die allgemeinen Grundsätze zu beachten, sodass im Fall des Eigenverbrauchs eine unentgeltliche Wertabgabe vorliegt. Mangels Einkaufspreis bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den Selbstkosten (§ 10 Abs. 4 UStG), die den Reproduktionskosten, also den Betriebskosten des BHKW (z.B. Finanzierungskosten, AfA, Instandhaltung) entsprechen:
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Selbstkosten i.H. von 4.175 EUR (70 % für Wärmeerzeugung) | 2.922,50 EUR |
Umsatzsteuer (19 %) | 555,28 EUR |
Beachten Sie | Wird Strom bzw. Wärme an einen Mieter geliefert, handelt es sich nach A 4.12.1 Abs. 5 UStAE um eine unselbstständige Nebenleistung zur Vermietung, die wie die Raumüberlassung zu behandeln ist. Erfolgt eine umsatzsteuerfreie Vermietung, ist der Vorsteuerabzug insoweit ausgeschlossen.
3. Ertragsteuerliche Beurteilung
Unter der Voraussetzung der Gewinnerzielungsabsicht liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG vor. Da regelmäßig keine Buchführungspflicht besteht, kann die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgen.
Zu den Betriebseinnahmen gehören u.a. die Vergütungen, die vom Netzbetreiber gezahlt werden, Energiesteuererstattungen sowie vereinnahmte Umsatzsteuer und Umsatzsteuererstattungen. Daneben sind Vergütungen einzubeziehen, die aus der Lieferung von Strom und Wärme an Dritte erzielt werden.
Soweit der Steuerpflichtige die Wärme und den Strom für das selbst genutzte Gebäude verwendet, ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG eine Entnahme zu erfassen, deren Teilwert sich aus den Reproduktionskosten ableitet. Ob eine Schätzung anhand des Strompreises gemäß dem allgemeinen Strom-Mix zulässig ist, wird demnächst der BFH (Az. XI R 3/10) entscheiden müssen.
Als Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen anzuerkennen, die durch den Betrieb des BHKW veranlasst sind (incl. Vorsteuerbeträge und Umsatzsteuer(voraus)zahlungen). Hinsichtlich der AfA ist zu beachten, dass ein BHKW als selbstständiges, bewegliches Wirtschaftsgut behandelt wird, dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 10 Jahre beträgt. Soweit die Anspruchsvoraussetzungen des § 7g EStG erfüllt sind, können zudem der Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung geltend gemacht werden.
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Betriebseinnahmen: | |
Vergütung eingespeister Strom (12.300 kWh x 9,662 ct/kWh) | 1.188,43 EUR |
Vergütung privat verbrauchter Strom (6.150 kWh x 5,11 ct/kWh) | 314,27 EUR |
Entnahme privat verbrauchter Strom (4.175 EUR x 30 % (Anteil Strom) x 33,33 % (Anteil Selbstnutzung)) | 417,50 EUR |
Entnahme privat verbrauchte Wärme(4.175 EUR x 70 % (Anteil Wärme) x 100 % (Anteil Selbstnutzung)) | 2.922,50 EUR |
Umsatzsteuer aus Eigenverbrauch Wärme | 555,28 EUR |
Umsatzsteuer aus (Hin-)Lieferung Strom bei Zahlung Netzbetreiber | 338,70 EUR |
Summe Betriebseinnahmen | 5.736,68 EUR |
Betriebsausgaben: | |
Laufende Betriebskosten (Schuldzinsen, Betriebskosten, AfA) | 4.175,00 EUR |
Gezahlte Vorsteuer für Rücklieferung privat verbrauchter Strom | 53,19 EUR |
Umsatzsteuer aus (Hin-)Lieferung Strom bei Zahlung ans FA | 338,70 EUR |
Umsatzsteuer aus Eigenverbrauch Wärme bei Zahlung ans FA | 555,28 EUR |
Summe Betriebsausgaben | 5.122,17 EUR |
Gewinn | 614,51 EUR |