· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Der Pkw und die Umsatzsteuer: Nach 10 Jahren veröffentlicht das BMF ein neues Schreiben
von Dipl.-Finw. (FH) Thomas Meurer, Baesweiler
| Das stets aktuelle Thema des Vorsteuerabzugs und der Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch genutzten Fahrzeugen wurde fast zehn Jahre lang durch das BMF-Schreiben vom 27.8.04 bestimmt. Nunmehr hat das BMF (5.6.14, IV D 2 - S 7300/07/10002 : 001, Abruf-Nr. 142112 ) eine neue Weisung für die FA veröffentlicht, die der Praktiker kennen sollte. |
1. Vorbemerkungen
Beim Vorsteuerabzug und der Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen hat das BMF jüngst umfangreiche Anpassungen vorgenommen und neue Begrifflichkeiten eingeführt (BMF 2.1.12, IV D 2 - S 7300/11/10002; MBP 12, 103 sowie BMF 2.1.14, IV D 2 - S 7300/12/10002: 001; MBP 14, 140). Auf Basis dieser Schreiben hat das BMF nun auch den Vorsteuerabzug und die Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen konkretisiert.
Beachten Sie | Die Grundsätze dieses Schreibens gelten in allen offenen Fällen, soweit sich aus den BMF-Schreiben vom 2.1.12 und vom 2.1.14 nichts anderes ergibt. Die Regelungen des BMF-Schreibens vom 27.8.04 sind - mit Ausnahme der Tz. 6 (zwischen dem 1.4.99 und dem 31.12.03 angeschaffte Fahrzeuge) - nicht mehr anzuwenden.
2. (Teil-)unternehmerisch verwendete Fahrzeuge
Bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen ist vor allem auf die Unternehmenszuordnung und die Entnahmebesteuerung zu achten.
2.1 Unternehmenszuordnung
Das BMF wiederholt in seinem Schreiben zunächst die allgemeinen Grundsätze zur Unternehmenszuordnung:
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Ordnet der Unternehmer den Pkw bei einer unternehmensfremden Tätigkeit seinem Unternehmen zu 100 % zu, kann er aus der Anschaffung den vollen Vorsteuerabzug geltend machen, sofern keine Ausschlussumsätze erzielt werden. In diesem Fall unterliegt die private Nutzung der Entnahmebesteuerung (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG). Dies gilt aufgrund einer Vereinfachungsregelung der Verwaltung auch für laufende Unterhaltungskosten, die ansonsten nicht voll zuordnungsfähig wären und bei Leistungsbezug aufgeteilt werden müssten.
Hinweis | Bei einer nichtwirtschaftlichen Verwendung im engeren Sinne kann im Zeitpunkt der Anschaffung nur ein teilweiser Vorsteuerabzug in Höhe der unternehmerischen Nutzung vorgenommen werden. Dies gilt auch für die laufenden Unterhaltungskosten.
Für die Zuordnung ist die im Zeitpunkt der Anschaffung beabsichtigte Verwendung für den Besteuerungszeitraum der erstmaligen Verwendung maßgebend. Dabei ist auf das voraussichtliche Verhältnis der Jahreskilometer abzustellen. Im Falle einer Ersatzbeschaffung kann das Aufteilungsverhältnis des Vorjahres herangezogen werden.
Die Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind der unternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechnen. Bei Zweit- oder Drittfahrzeugen von Einzelunternehmern oder Alleinfahrzeugen bei einer nebenberuflichen Unternehmertätigkeit ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werden. In diesen Fällen hat der Unternehmer somit eine erhöhte Beweislast.
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Rechtsanwalt R kauft am 1.1.15 einen Pkw für 50.000 EUR (zzgl. 9.500 EUR USt). Für das bisherige Fahrzeug beträgt die unternehmerische Nutzung laut Fahrtenbuch 60 %. In 2015 fallen Tankkosten in Höhe von 10.000 EUR (zzgl. 1.900 EUR USt) an.
R kann den Pkw im Zeitpunkt der Anschaffung vollständig seinem Unternehmen zuordnen und die 9.500 EUR USt als Vorsteuer abziehen. Auch aus den Tankkosten kann R aus Vereinfachungsgründen den vollen Vorsteuerabzug (1.900 EUR) geltend machen. Die private Nutzung unterliegt dann der Entnahmebesteuerung. |
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Die Anschaffung des Pkw erfolgt durch die Stadt Münster, die den Pkw zu 60 % unternehmerisch und ansonsten für hoheitliche Zwecke verwendet.
Die Stadt Münster kann bei der Anschaffung nur 60 % der in Rechnung gestellten USt abziehen (5.700 EUR). Dies gilt auch für die Tankkosten (1.140 EUR).
Hinweis | Weicht die tatsächliche Nutzung später hiervon ab, muss die Stadt bei einer höheren hoheitlichen Nutzung eine Entnahme versteuern und kann bei einer erhöhten unternehmerischen Nutzung aus Billigkeitsgründen § 15a UStG anwenden (vgl. hierzu A. 15.23. Abs. 6 UStAE). |
Werden zum Gebrauch des Fahrzeugs einheitliche Gegenstände bezogen, kommt es für die Zuordnung grundsätzlich auf die Verwendungsverhältnisse des bezogenen Gegenstands an. Da hierüber in der Regel keine Einzelaufzeichnungen vorliegen dürften, kann aus Vereinfachungsgründen auf das Verhältnis der unternehmerischen zur nichtunternehmerischen Nutzung des gesamten Fahrzeugs abgestellt werden.
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Rechtsanwalt R schafft für das Fahrzeug Winterreifen an.
Die Winterreifen können dem Unternehmen im vollen Umfang zugeordnet werden. Der Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe kann ein Privatanteil von 40 % zugrunde gelegt werden, ohne dass die konkreten Nutzungsverhältnisse der Winterreifen ermittelt werden müssen.
Hinweis | Wird ein Fahrtenbuch geführt und in diesem vermerkt, wann die Winterreifen auf- und abgezogen wurden, kann auch auf das Verhältnis der in diesem Zeitraum gefahrenen Kilometer abgestellt werden. |
Die auf die Miete bzw. Leasingraten entfallenden Vorsteuern sind grundsätzlich nach dem Verhältnis der unternehmerischen und nichtunternehmerischen Nutzung aufzuteilen. Wird der Vorsteuerabzug so ermittelt, entfällt eine Entnahmebesteuerung. Aus Vereinfachungsgründen kann bei einer teilweisen unternehmensfremden Verwendung auch der volle Vorsteuerabzug aus der Miete bzw. den Leasingraten beansprucht werden (mit korrespondierender Entnahmebesteuerung).
2.2 USt-Ermittlung für die Entnahme
Die unternehmensfremde (private) Nutzung eines dem Unternehmen vollständig zugeordneten Fahrzeugs ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Besteuerung zu unterwerfen. Als Bemessungsgrundlage sind dabei nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die Ausgaben anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Sofern Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 EUR (Nettobetrag ohne USt) betragen, sind sie gleichmäßig auf den für das Fahrzeug maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG zu verteilen.
Der Unternehmer hat dabei die Wahl zwischen folgenden Methoden:
- Ein-Prozent-Regelung (bei mehr als 50 %iger betrieblicher Nutzung),
- Fahrtenbuch und
- Schätzung.
Bei einer Schätzung kommen als geeignete Unterlagen insbesondere Aufzeichnungen für einen repräsentativen Zeitraum in Betracht, aus denen sich zumindest die unternehmerischen Fahrten mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern und die Gesamtkilometer ergeben. Liegen keine geeigneten Unterlagen vor, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu schätzen.
Beachten Sie | Für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgt jedoch - entgegen den ertragsteuerlichen Grundsätzen - keine Kürzung des inländischen Listenpreises bzw. der insgesamt entstandenen Aufwendungen um Aufwendungen, die auf das Batteriesystem bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen entfallen.
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Der Bruttolistenpreis des Pkw beträgt 75.000 EUR. Laufende Unterhaltungskosten im gesamten Jahr: mit Vorsteuerabzug 12.000 EUR (netto), ohne Vorsteuerabzug 1.000 EUR:
a) Ein-Prozent-Regelung:
b) ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (unternehmerischer Anteil 55 %):
c) Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß - anhand der Aufzeichnungen wird der unternehmerische Anteil auf 45 % geschätzt:
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3. Überlassung von Fahrzeugen an Arbeitnehmer
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Fahrzeug auch zu Privatzwecken, ist dies in der Regel eine entgeltliche sonstige Leistung, wenn sie im Arbeitsvertrag geregelt ist oder auf mündlichen Abreden oder sonstigen Umständen des Arbeitsverhältnisses (z.B. der faktischen betrieblichen Übung) beruht. Da der Pkw dadurch regelmäßig ausschließlich unternehmerisch genutzt wird, können die aus den Anschaffungskosten und den Unterhaltungskosten resultierenden Vorsteuerbeträge in voller Höhe abgezogen werden (vorsteuerunschädliche Ausgangsumsätze vorausgesetzt). Die spätere Veräußerung und die Entnahme der Fahrzeuge unterliegen dann insgesamt der Umsatzsteuer.
Bei der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung zu Privatzwecken des Personals liegt ein tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG) vor. Die Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 2 S. 2 UStG der Wert der nicht durch den Barlohn abgegoltenen Arbeitsleistung. Das sind die Gesamtausgaben für die Überlassung des Fahrzeugs, unabhängig davon, ob ein Vorsteuerabzug möglich ist. Treffen die Parteien Aussagen zum Wert der Arbeitsleistungen, so ist dieser anzusetzen, wenn er die Ausgaben für die Fahrzeugüberlassung übersteigt.
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Arbeitnehmer A nutzt einen Dienstwagen (Bruttolistenpreis 75.000 EUR) im gesamten Jahr für Privatfahrten und Fahrten zur 20 km entfernten ersten Tätigkeitsstätte. Ausgaben: anteilige Anschaffungskosten 10.000 EUR, vorsteuerbelastete Unterhaltungskosten 12.000 EUR (netto), ohne Vorsteuerabzug bezogene Aufwendungen 1.000 EUR:
a) Ein-Prozent-Regelung:
Hinweis | Ein pauschaler Abschlag von 20 % für nicht mit Vorsteuern belastete Ausgaben ist hier unzulässig.
b)Fahrtenbuch (Gesamtfahrleistung 25.000 km; davon 5.000 km Privatfahrten und 8.000 km Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte und zurück):
Hinweis | Bei entgeltlicher Überlassung an einen Arbeitnehmer müssen die Anschaffungskosten auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (6 Jahre bei Pkw) verteilt werden, da sich die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 2 S. 2 UStG und nicht nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG bestimmt. |
Beachten Sie | Von einer unentgeltlichen Fahrzeugüberlassung an das Personal zu Privatzwecken kann ausnahmsweise ausgegangen werden, wenn die private Nutzung des Fahrzeugs derart gering ist, dass sie für die Gehaltsbemessung keine wirtschaftliche Rolle spielt. Danach kann Unentgeltlichkeit - nach Auffassung des BMF - nur angenommen werden, wenn dem Arbeitnehmer das Fahrzeug aus besonderem Anlass oder zu einem besonderen Zweck nur gelegentlich (von Fall zu Fall) an nicht mehr als fünf Kalendertagen im Monat überlassen wird (vgl. zu dieser Thematik auch MBP 14, 151).
Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Fahrzeugüberlassung sind die Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG). Aus der Bemessungsgrundlage sind somit die nicht mit Vorsteuern belasteten Ausgaben auszuscheiden. Der so ermittelte Wert ist der Nettowert ohne Umsatzsteuer. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn von den lohnsteuerrechtlichen Werten ausgegangen wird. Die lohnsteuerrechtlichen Werte sind als Bruttowerte anzusehen, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist.