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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Zuordnung von gemischt genutzten Leistungen zum Unternehmensvermögen

    von StBin Dipl.-Kffr. Vera Frey, Dortmund

    | Die (richtige) Zuordnung einer Leistung zum Unternehmen hat Bedeutung für den Vorsteuerabzug und ist somit äußerst praxisrelevant. Unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung ( BMF 2.1.14, IV D 2 - S 7300/12/10002 : 001, Abruf-Nr. 140390 ) nun ein 62 Seiten starkes Schreiben veröffentlicht, in dem die Zuordnung insbesondere bei teilunternehmerisch genutzten Gebäuden thematisiert wird. Wichtige Aspekte werden nachfolgend vorgestellt. |

    1. Allgemeine Grundsätze

    Bei jedem Leistungsbezug ist eine Zuordnung zum unternehmerischen oder zum nichtunternehmerischen Bereich vorzunehmen. Dabei gilt grundsätzlich, dass eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen und damit ein Vorsteuerabzug nur möglich ist, wenn die Leistungen vom Unternehmer für sein Unternehmen bezogen werden. Der Unternehmer muss also beabsichtigen, die bezogene Eingangsleistung zur Erbringung von Ausgangsleistungen gegen Entgelt verwenden zu wollen. Steht bereits von vornherein fest, dass die bezogenen Leistungen ausschließlich für nicht entgeltliche Leistungen (nichtunternehmerische Tätigkeiten) verwendet werden sollen, ist ein Vorsteuerabzug grundsätzlich nicht möglich.

     

    1.1 Zuordnungsgebot

    Werden Eingangsleistungen ausschließlich für die unternehmerische Tätigkeit bezogen, sind sie vollständig dem Unternehmen zuzuordnen. Es besteht also ein Zuordnungsgebot.

     

    • Beispiel

    Ein Handwerker lässt ein Gebäude errichten, in dem sich ausschließlich die Werkstatt sowie Lager- und Büroräume befinden.

     

    1.2 Zuordnungsverbot

    Bezieht der Unternehmer dagegen Leistungen, die ausschließlich den nichtunternehmerischen Bereich betreffen, ist eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen ausgeschlossen. Es besteht ein Zuordnungsverbot.

     

    • Beispiel

    Ein Handwerker baut ein Einfamilienhaus, das er mit seiner Familie ausschließlich privat bewohnen möchte.

     

    2. Zuordnung bei teilweise unternehmerischer Nutzung

    Wie die vorstehenden Beispiele zeigen, ist die Zuordnung eindeutig, wenn die Eingangsleistung entweder ausschließlich unternehmerisch oder ausschließlich nichtunternehmerisch veranlasst ist. Schwieriger wird es dagegen, wenn die Eingangsleistungen sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Tätigkeiten verwendet werden sollen. In diesen Fällen muss eine weitere Differenzierung vorgenommen werden.

     

    2.1 Vertretbare Sachen und sonstige Leistungen 

    Werden vertretbare Sachen oder sonstige Leistungen bezogen, liegen teilbare Leistungsbezüge vor. Es besteht daher die Verpflichtung, die Leistungen gemäß der beabsichtigten Verwendung, die ggf. zu schätzen ist, aufzuteilen (Aufteilungsgebot).

     

    • Beispiel

    Ein Handwerker kauft Heizöl (vertretbare Sache), das er zum Teil zur Heizung der Werkstatt/Büroräume verwendet und teilweise in seinem privaten Einfamilienhaus einsetzt. Eine Aufteilung könnte hier beispielsweise auf Grundlage des durchschnittlichen Verbrauchs der vergangenen Jahre erfolgen.

     

    2.2 Einheitliche Gegenstände 

    Beabsichtigt der Unternehmer einen einheitlichen Gegenstand (z.B. ein Gebäude oder einen Pkw) sowohl für die unternehmerische als auch die nichtunternehmerische Tätigkeit zu verwenden (teilunternehmerische Verwendung), ist weiter zu differenzieren. Man unterscheidet zwischen einer

    • teilunternehmerischen unternehmensfremden Verwendung und
    • einer teilunternehmerischen nichtwirtschaftlichen Verwendung im engeren Sinne (i.e.S.).

     

    2.2.1 Teilunternehmerische unternehmensfremde Verwendung 

    Bei der teilunternehmerischen unternehmensfremden Verwendung hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den einheitlichen Gegenstand

    • vollständig seinem Unternehmensvermögen zuordnen,
    • vollständig seinem nichtunternehmerischen Bereich zuweisen oder
    • im Umfang der tatsächlichen (ggf. zu schätzenden) unternehmerischen Verwendung seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen.

     

    PRAXISHINWEIS | Dieses Wahlrecht setzt allerdings voraus, dass der Gegenstand zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke genutzt wird (Mindestnutzung nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Ist die unternehmerische Nutzung geringer, so erfolgt zwingend eine Zuordnung zum nichtunternehmerischen Bereich.

     
    • Beispiel

    Ein Handwerker erwirbt einen Pkw, den er sowohl für Fahrten zu den Baustellen (80 %) als auch für private Fahrten (20 %) nutzt. Er kann den Pkw zu 100 % seinem Unternehmensvermögen zuordnen und den vollen Vorsteuerabzug geltend machen. Allerdings muss er die private Nutzung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung unterwerfen.

     

    Besonderheiten bestehen bei Gebäuden, die teilweise für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden (§ 15 Abs. 1b UStG). Hier ist trotz einer möglichen Zuordnung des privat genutzten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen kein Vorsteuerabzug möglich, soweit dieser Leistungsbezüge betrifft, die auf den privat genutzten Gebäudeteil entfallen.

     

    PRAXISHINWEIS | Sofern der Unternehmer (z.B. wegen einer nichtunternehmerischen Gebäudenutzung) keine Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorgenommen hat, ergibt sich auch bei einer späteren Einlage der Immobilie aus § 15a UStG keine nachträgliche anteilige Vorsteuerabzugsmöglichkeit.

     

    2.2.2 Teilunternehmerische nichtwirtschaftliche Verwendung i.e.S.

    Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S. sind alle nichtunternehmerischen Tätigkeiten, die nicht unternehmensfremd (privat) sind. Hierunter fallen z.B. hoheitliche Tätigkeiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts oder die dauerhafte Nichtverwendung eines Gegenstands, den der Unternehmer teilweise unternehmerisch nutzt.

     

    Liegt ein derartiger Fall vor, hat der Unternehmer kein Wahlrecht zur vollständigen Zuordnung. Stattdessen besteht grundsätzlich ein Aufteilungsgebot, wonach die Eingangsleistung entsprechend der geplanten Verwendung auf den unternehmerischen Bereich und die nichtwirtschaftliche Tätigkeit i.e.S. aufzuteilen ist.

     

    Beachten Sie | Im Wege einer Billigkeitsregelung kann der Unternehmer den Gegenstand insgesamt in seinem nichtunternehmerischen Bereich belassen. In diesem Fall ist eine spätere Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers im Billigkeitswege nach A 15a.1 Abs. 7 UStAE jedoch ausgeschlossen.

     

    • Beispiel

    Ein Handwerker hat ein Gebäude errichtet, in dem neben den Büroräumen und der Werkstatt auch eine Wohnung enthalten ist. Die Wohnung ist zwar soweit fertiggestellt, dass eine Vermietung möglich wäre, jedoch beabsichtigt der Handwerker, die Wohnung dauerhaft nicht zu nutzen. Eine Zuordnung dieser Wohnung zum Unternehmensvermögen scheidet aus, sodass insoweit auch kein Vorsteuerabzug möglich ist.

     

    2.3 Aufwendungen bei einheitlichen Gegenständen 

    Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch, der Nutzung oder der Erhaltung eines einheitlichen Gegenstands stehen, werden grundsätzlich nur in Höhe der unternehmerischen Verwendung für das Unternehmen bezogen (Aufteilungsgebot). Dabei ist vorrangig zu prüfen, ob die Leistung unmittelbar für die unternehmerische oder nichtunternehmerische Nutzung des Gegenstands verwendet wird. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich, ist eine Aufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.

     

    Beachten Sie | Bei einheitlichen Gegenständen, die keine Grundstücke i.S. des § 15 Abs. 1b UStG sind und für die der Unternehmer sein Wahlrecht zur vollständigen Zuordnung zum Unternehmen ausgeübt hat, gewährt die Verwaltung eine Vereinfachungsregelung. Hiernach kann für Aufwendungen, die durch die Verwendung des Gegenstands anfallen, grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug geltend gemacht werden (A 15.2c Abs. 2 S. 6 UStAE).

     

    2.4 Zuordnungsschlüssel 

    Wie die vorstehenden Grundsätze gezeigt haben, besteht oftmals ein Aufteilungsgebot. Als Zuordnungsschlüssel bei teilunternehmerischer Verwendung des Zuordnungsobjekts ist der Aufteilungsschlüssel nach § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden. Danach ist der unternehmerische Nutzungsanteil im Wege einer sachgerechten und vom FA überprüfbaren Schätzung zu ermitteln.

     

    Bei Gebäuden ist die Zuordnung auf Basis einer räumlichen Betrachtung vorzunehmen. Sachgerechter Aufteilungsmaßstab ist deshalb in der Regel das Verhältnis der Nutzflächen. Die Anwendung eines Umsatzschlüssels ist nur sachgerecht, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist (hier verweist das BMF auf die im Zusammenhang mit Fotovoltaikanlagen ergangene Rechtsprechung, z.B. BFH 19.7.11, XI R 29/09). Demnach kommt der Umsatzschlüssel in Betracht, wenn bei einem Gebäude Nutzflächen nicht wesensgleich sind, wie z.B. Dach- und Innenflächen eines Gebäudes. In diesen Fällen ist auf das Verhältnis der Vermietungsumsätze für die Dach- und Gebäudeinnenfläche abzustellen. Werden keine Vermietungsumsätze erzielt, sind fiktive Vermietungsumsätze anzusetzen.

     

    Ob bei Gebäuden der Flächen- oder Umsatzschlüssel anzuwenden ist, ist angesichts der jüngsten Rechtsprechungs-Pirouetten alles andere als einfach zu beantworten. Erst im letzten Jahr hatte der BFH (22.8.13, V R 19/09) im Folgeurteil zu einem EuGH-Verfahren entschieden, dass der Flächenschlüssel vorrangig ist, da er zu präziseren Ergebnissen führt, als der im EG-Recht vorgesehene (gesamtunternehmensbezogene) Umsatzschlüssel. Der Umsatzschlüssel kam nach den BFH-Ausführungen demnach nur noch bei solchen gebäudebezogenen Kosten in Betracht, die kein Korrekturobjekt i.S. von § 15a UStG darstellen.

     

    Diese Rechtsprechung hat der BFH nunmehr modifiziert (BFH 7.5.14, V R 1/10). Danach findet der Flächenschlüssel keine Anwendung, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten (Höhe der Räume, Dicke der Wände, Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist. In solchen Fällen ist ein Umsatzschlüssel anzuwenden.

     

    „Zu guter Letzt“ hat der BFH dem EuGH mehrere Fragen zur Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorgelegt (BFH 5.6.14, XI R 31/09). Dabei geht es u.a. um die Frage, ob Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und nur die verbleibenden Vorsteuern nach einem Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Weiter ist zu klären, ob dies entsprechend für Vorsteuern auf laufende Kosten gilt.

     

    PRAXISHINWEIS | Die derzeitige Rechtslage ist für eine rechtssichere Beratung alles andere als befriedigend. Für den Rechtsanwender bleibt derzeit nur zu hoffen, dass an der Rechtsprechungsfront alsbald „Ruhe“ einkehrt und im Anschluss eine eindeutige Stellungnahme der Finanzverwaltung erfolgt.

     

    2.5 Zeitpunkt und Dokumentation der Zuordnungsentscheidung

    Besteht ein Zuordnungswahlrecht, muss dem FA die Ausübung dieses Wahlrechts zeitnah angezeigt werden. Die Zuordnung zu den verschiedenen Bereichen ist beim ersten Leistungsbezug auf Grundlage der geplanten Verwendungsabsicht vorzunehmen. Dies erfolgt in der Regel im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung. Gleichwohl kann die Zuordnungsentscheidung spätestens in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung angezeigt werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Erklärung zwingend innerhalb der gesetzlichen Abgabefrist abgegeben werden muss (31.5. des Folgejahres). Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärungen haben darauf keinen Einfluss.

     

    PRAXISHINWEIS | Wurde eine Zuordnungsentscheidung im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung bislang unterlassen und ist absehbar, dass die Jahreserklärung nicht bis zum 31.5. des Folgejahres beim FA eingereicht wird, sollte dem FA die Zuordnungsentscheidung mit einem formlosen Schreiben angezeigt werden.

     

     

    Auch wenn sich der Herstellungsvorgang bei teilunternehmerisch verwendeten Gebäuden über mehr als ein Kalenderjahr erstreckt, hat der Unternehmer sein Zuordnungswahlrecht ab Beginn des Herstellungsprozesses jeweils spätestens zum 31.5. des Folgejahres zu dokumentieren (vgl. insoweit die zahlreichen Beispiele im BMF-Schreiben).

     

    Die Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Unter Umständen kann auch die ertragsteuerliche Behandlung als Indiz für die umsatzsteuerliche Behandlung dienen, z.B. wenn es sich ertragsteuerlich um gewillkürtes Betriebsvermögen handelt. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die ertragsteuerliche Behandlung nicht zwingend für die umsatzsteuerliche Zuordnung zu übernehmen ist. In diesen Fällen sollte vielmehr von vornherein auf eine ergänzende zeitnahe Dokumentation gegenüber dem FA geachtet werden.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 140 | ID 42741703