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  • · Fachbeitrag · Beteiligungen nach § 17 EStG

    Nachträgliche Schuldzinsen: Das sollten Sie bei der Option zur Regelbesteuerung beachten

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund

    | Nach der neueren Rechtsprechung zu wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ( § 17 EStG ) können Schuldzinsen nach dem Verkauf von GmbH-Anteilen nachträgliche Werbungskosten darstellen, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Kredittilgung ausreicht ( BFH 16.3.10, VIII R 20/08 ). Das Urteil gilt grundsätzlich für VZ ab 1999. Strittig sind derzeit die Folgen des Urteils für VZ ab 2009, da Werbungskosten unter der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen sind. |

    1. Ausgangsfall

    Herr X beteiligt sich in 2009 zu 51 % an einer GmbH und hält die Anteile im Privatvermögen. Den Kaufpreis von 350 TEUR refinanziert er vollständig durch ein Bankdarlehen. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2009 optiert er zwecks Geltendmachung der Schuldzinsen zur Tarifbesteuerung. Er setzt 5.400 EUR (60 % von 9 TEUR Schuldzinsen) als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen an. In 2012 veräußert er die Anteile für 250 TEUR und verwendet den Betrag vollständig zur Schuldentilgung. Dennoch verbleibt ein Restdarlehen in Höhe von 50 TEUR, deren Zinsen er weiterhin steuerlich absetzen möchte. Ist das möglich?

    2. Option zur Regelbesteuerung

    Grundsätzlich unterliegen Kapitalerträge im Privatvermögen dem Abgeltungsteuersatz von 25 % (§ 32d Abs. 1 EStG). Ein Werbungskostenabzug ist ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 EStG). Für Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft kann jedoch auf Antrag zur Regelbesteuerung optiert werden, wenn der Steuerpflichtige im VZ, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG).

     

    Hinweis | Die Option ist auch zulässig, wenn im jeweiligen VZ keine Erträge erzielt werden und die Option nur dazu dient, die Werbungskosten bei der Veranlagung zu berücksichtigen (BMF 9.10.12, IV C 1 - S 2252/10/10013, Tz. 143).

     

    Als Folge der Option unterliegen die Kapitalerträge mit dem steuerpflichtigen Anteil von 60 % dem Einkommensteuertarif (Teileinkünfteverfahren i.S. des § 3 Nr. 40 EStG). Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsanteil sind als Werbungskosten i.H. von 60 % abzugsfähig (§§ 32d Abs. 2 S. 2 i.V. mit 20 Abs. 9 EStG, § 3c EStG). Ergibt sich nach Abzug der Werbungskosten ein Verlust, kann dieser mit anderen Einkünften aus anderen Einkunftsarten vertikal ausgeglichen werden (keine Anwendung der eingeschränkten Verlustverrechnungsmöglichkeiten gem. §§ 32d Abs. 2 S. 2 i.V. mit 20 Abs. 6 EStG).

     

    Der Antrag ist spätestens zusammen mit der Abgabe der erstmaligen Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen (§ 32d Abs. 2 S. 4 EStG). Eine spätere Nachholung ist nach der Verwaltungsmeinung nur unter den Voraussetzungen des § 110 AO möglich (BMF a.a.O., Tz. 141). Der Antrag bindet den Steuerpflichtigen für insgesamt fünf VZ, in denen die o.a. Voraussetzungen nicht erneut zu belegen sind (§ 32d Abs. 2 S. 4 EStG). Nach Ablauf dieser Bindungsfrist kann der Antrag - sofern gewünscht - erneut gestellt werden.

     

    Beachten Sie | Ein vorzeitiger Widerruf ist möglich. Allerdings ist dann ein erneuter Antrag für die betroffene Beteiligung nicht mehr zulässig (§ 32d Abs. 2 S. 6 EStG).

     

    Zwischenlösung: Herr X hat im VZ 09 zulässig zur Regelbesteuerung optiert und sich damit den Werbungskostenabzug für seine Schuldzinsen eröffnet.

    3. Werbungskostenabzug auch noch nach dem Verkauf?

    Die Verwaltung vertritt die Ansicht, dass die Option zur Regelbesteuerung letztmalig im VZ des Verkaufs genutzt werden kann (OFD Münster 18.1.13, akt. Kurzinfo ESt 7/2012). Dass die Beteiligungshöhe innerhalb der fünfjährigen Bindungswirkung nicht jedes Mal erneut nachgewiesen werden muss, stellt lediglich eine Vereinfachung dar, ersetzt aber nicht die Tatbestandsvoraussetzungen an sich (BMF a.a.O., Tz. 139). Hiernach könnte X seine Schuldzinsen letztmalig in 2012 steuerlich geltend machen.

     

    Nach anderer Auffassung müssen die Optionsvoraussetzungen dagegen nur für den VZ der erstmaligen Antragstellung erfüllt sein (vgl. z.B. Fuhrmann, KÖSDI 11, 17324). Ein Werbungskostenabzug käme somit mindestens während der Dauer der Bindungsfrist in Betracht (im Ausgangsfall bis einschließlich VZ 2013). Mit derselben Begründung kann sich X durch einen erneuten Antrag für den VZ 2014 sogar für weitere fünf Jahre den Werbungskostenabzug sichern. Durch rechtzeitige Antragstellung käme es zu einer „Antrags-Schleife“ mit Werbungskostenabzug bis zur vollständigen Tilgung der Restschulden.

     

    Dornheim (DStZ 11, 763) vertritt sogar die Ansicht, dass die Schuldzinsen bei der Ermittlung des Gewinns im Rahmen des § 17 EStG zu berücksichtigen sind - und nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies widerspricht m.E. allerdings dem BFH-Urteil vom 16.3.10 (a.a.O.).

     

    PRAXISHINWEIS | Die OFD Münster (a.a.O.) hat aktuell darauf hingewiesen, dass zu der Frage, ob eine Option auch nach dem VZ der Verlustberücksichtigung i. S. des § 17 EStG noch Wirkung entfaltet, ein Revisionsverfahren vor dem BFH (VIII R 48/12) anhängig ist. Entsprechende Rechtsbehelfsverfahren ruhen daher nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO. Im Urteilsfall (FG Düsseldorf 4.10.12, 12 K 993/12 E) war die Veranlagungsoption in einem VZ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die betroffene GmbH ausgeübt worden. Das FG erkannte dies als zulässig an, da die insolvente GmbH noch nicht im Handelsregister gelöscht war und damit die Beteiligung weiterhin bestand. Ob ein Werbungskostenabzug auch nach der Löschung möglich wäre und damit ggf. eine Übertragung auf den Veräußerungsfall gelingt, wurde hier jedoch nicht näher thematisiert.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 41 | ID 38197950