· Fachbeitrag · Einkommensteuer
BMF aktualisiert sein Anwendungsschreiben zum Investitionsabzugsbetrag
von Dipl.-Finw. (FH) Martin Hilbertz, Neuwied
| Zum Investitionsabzugsbetrag sind in der letzten Zeit zahlreiche Entscheidungen des BFH ergangen. Für die Finanzverwaltung Grund genug, das bisherige Anwendungsschreiben aus 2009 zu aktualisieren (BMF 20.11.13, IV C 6 - S 2139 b/07/10002, Abruf-Nr. 133741 ). Wichtige Aspekte werden nachfolgend dargestellt. |
1. Investitionsabsicht und Dokumentationserfordernis
Der steuermindernde Abzugsbetrag ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft. So setzt § 7g EStG u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige
- beabsichtigt, das Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG).
- das Wirtschaftsgut in den beim FA einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG).
Zur Investitionsabsicht enthält das BMF-Schreiben in den Rz. 17 bis 35 zahlreiche Ausführungen. So ist z.B. aufgeführt, dass bei einer geplanten wesentlichen Erweiterung eines Betriebs für die Glaubhaftmachung der Investitionsabsicht die allgemeinen Regeln gelten. Der Verweis auf die strengeren Anforderungen eines Investitionsabzugsbetrags in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung wurde gestrichen (Rz. 32).
Darüber hinaus ist insbesondere auf folgende höchstrichterliche Entscheidungen hinzuweisen:
- Das Nachweiserfordernis des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG ist in zeitlicher Hinsicht nicht an den Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung gebunden. Demnach können bereits eingereichte Unterlagen auch noch im Einspruchs- bzw. Klageverfahren vervollständigt werden (BFH 8.6.11, I R 90/10; BMF, a.a.O., Rz. 19).
- Ob die Investition bei Abgabe der Steuererklärung bereits durchgeführt wurde oder ob der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Anschaffung/Herstellung des Wirtschaftsguts die Absicht hatte, einen Abzugsbetrag in Anspruch zu nehmen, ist grundsätzlich irrelevant. Wird der Abzugsbetrag jedoch so kurze Zeit vor Ablauf des Investitionszeitraums geltend gemacht, dass nicht mehr mit einer fristgerechten Durchführung der Investition zu rechnen ist, kann der Investitionsabzugsbetrag nicht mehr berücksichtigt werden (BFH 17.1.12, VIII R 48/10; BMF, a.a.O., Rz. 20).
- Ist die erstmalige Steuerfestsetzung erfolgt und wurde die Investition bereits durchgeführt, scheidet ein Abzugsbetrag aus, wenn er mehr als drei Jahre nach Durchführung der Investition beantragt wird (taggenaue Berechnung; BFH 17.6.10, III R 43/06; BMF a.a.O., Rz. 26) oder die Nachholung erkennbar dem Ausgleich von nachträglichen Einkommenserhöhungen dient (z.B. nach einer Betriebsprüfung; BFH 29.4.08, VIII R 62/06; BMF, a.a.O., Rz. 26).
- Bei der Neugründung eines Betriebs ist auch nach § 7g EStG n.F. eine besondere Prüfung der Investitionsabsicht erforderlich. Im Gegensatz zur „alten“ Ansparabschreibung ist es für wesentliche Betriebsgrundlagen aber nicht zwingend erforderlich, dass das Wirtschaftsgut bis zum Ende des Jahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, verbindlich bestellt worden ist. Geeignete Unterlagen für die Investitionsabsicht am Bilanzstichtag können z.B. auch Kostenvoranschläge, Informationsmaterial oder konkrete Verhandlungen sein (BFH 20.6.12, X R 42/11; BMF, a.a.O., Rz. 29).
PRAXISHINWEIS | Gewichtige Indizien für eine Investitionsabsicht sind u.a. darin zu sehen, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der Betriebseröffnung bereits selbst und endgültig mit Aufwendungen belastet ist. Allein die Einholung von unverbindlichen Angeboten und Kostenvoranschlägen reicht nicht aus, da diese ersten Vorbereitungshandlungen grundsätzlich kostenfrei und risikolos sind. Ergänzend ist die weitere Entwicklung zu berücksichtigen, d.h., es ist zu prüfen, ob sich die Durchführung der Investition weiter konkretisiert. Als üblichen „Prüfungszeitraum“ sieht die Verwaltung das folgende Kalender- oder Wirtschaftsjahr an. |
2. Voraussichtliche Verwendung des Wirtschaftsguts
Nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG muss der Steuerpflichtige beabsichtigen, das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (Verbleibens- und Nutzungszeitraum). Auch zu dieser Thematik enthält die neue Verwaltungsanweisung in den Rz. 36 bis 42 zahlreiche Ausführungen.
Ob die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen voraussichtlich erfüllt werden, wird anhand einer wirtschaftsgutbezogenen Prognoseentscheidung und unabhängig von der Verwendung vergleichbarer Wirtschaftsgüter beurteilt. So scheidet die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags für die geplante Anschaffung eines weiteren Pkw nicht deshalb aus, weil für den bereits vorhandenen Pkw die Ein-Prozent-Regelung angewendet wird (BFH 26.11.09, VIII B 190/09, BMF, a.a.O., Rz. 42).
Hinweis | Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung sind der betrieblichen Nutzung zuzurechnen (BMF, a.a.O., Rz. 40).
Für den Abzugsbetrag ist die Veräußerung oder unentgeltliche Übertragung des Betriebs unschädlich, wenn dieser bis zum Ende des Verbleibens- und Nutzungszeitraums beim neuen Eigentümer verbleibt und gleichzeitig die Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzungen für das Wirtschaftsgut erfüllt werden. Für den Erwerber bleibt der anhand des ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkts ermittelte Nutzungs- und Verbleibenszeitraum maßgebend (BMF, a.a.O., Rz. 37).
Zudem wurde für gewerblich betriebene Fotovoltaikanlagen in Rz. 41 geregelt, dass der private Verbrauch des Stroms keine schädliche außerbetriebliche Nutzung ist, sondern eine Sachentnahme des produzierten Stroms darstellt. Dies gilt auch, soweit für den selbst verbrauchten Strom keine Vergütung mehr gezahlt wird.
Beachten Sie | Dagegen kommt es bei Blockheizkraftwerken darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang die mit Wärme versorgten Gebäude oder Einrichtungen zum Betriebsvermögen gehören. Wird die erzeugte Wärme für den Privathaushalt oder für andere außerbetrieblich genutzte Gebäude oder Einrichtungen des Steuerpflichtigen genutzt, liegt insoweit eine schädliche Nutzung vor.
3. Zinslauf beim Investitionsabzugsbetrag
Gibt der Unternehmer die Investitionsabsicht auf, verliert er rückwirkend den Anspruch auf die Steuervergünstigung. Die Einkommensteuer muss er dann nachzahlen. Wie aber sieht es in diesen Fällen mit einer Verzinsung aus bzw. wie ist der Zinslauf zu berechnen? Das neue BMF-Schreiben bezieht hierzu keine Stellung mehr. Dies hat mehrere Gründe.
Einerseits wurde die bisherige Verwaltungsanweisung (Rz. 72), wonach kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 233a Abs. 2a AO vorliegt und der Zinslauf bereits 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Steuerpflichtige den Abzugsbetrag geltend gemacht hat, beginnt (§ 233a Abs. 2 AO), nunmehr gesetzlich festgeschrieben. § 7g Abs. 3 S. 4 EStG bestimmt nämlich mit Wirkung ab dem VZ 2013 insoweit, dass § 233a Abs. 2a AO nicht anzuwenden ist (AmtshilfeRLUmsG, BGBl I 13, 1809).
Anlass für diese Änderung war ein Urteil des BFH (11.7.13, IV R 9/12), der der bisherigen Gesetzesauslegung durch die Finanzverwaltung widersprach. Nach Ansicht der BFH-Richter ist die rückwirkende Verzinsung lediglich für die rückwirkende Streichung eines Investitionsabzugsbetrags nach durchgeführter Investition wegen Nichteinhaltung bestimmter Nutzungsvoraussetzungen geregelt worden. Dem Gesetzgeber sei bewusst gewesen, dass sich bei Ausbleiben der Investition eine vergleichbare Rechtslage ergibt. Deshalb gilt der Grundsatz, dass auf einem rückwirkenden Ereignis beruhende Steuernachzahlungen nicht rückwirkend zu verzinsen sind.
PRAXISHINWEIS | Diese Entscheidung wurde noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und findet durch die Verwaltung somit noch keine Anwendung. Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten. Bis zur abschließenden Entscheidung über die Anwendung des Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus sollten geeignete „Altfälle“ offengehalten werden. |