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  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    Der Zugewinnausgleich im Todesfall

    von StB Christoph Wenhardt, Brühl

    | Bei Ehegatten bemisst sich die Höhe des Erbteils u.a. nach dem ehelichen Güterstand, in dem sie gelebt haben. Haben sie in einer Zugewinngemeinschaft gelebt, stellt sich bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer regelmäßig die Frage, wie dieser Zugewinnausgleich zu behandeln ist. Der Beitrag gibt einen Überblick. |

    1. Höhe des Erbteils bei der Zugewinngemeinschaft

    Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch einen Ehevertrag etwas anderes vereinbaren (§ 1363 Abs. 1 BGB). Endet die Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten, erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten gemäß § 1371 Abs. 1 BGB um ein Viertel der Erbschaft.

     

    • Beispiel

    Der verstorbene Ehemann hinterlässt eine Ehefrau und ein Kind. Ein Testament wurde von den Ehegatten nicht errichtet.

     

    Hier greift die gesetzliche Erbfolge, d.h. die Ehefrau erbt zunächst ¼ des Vermögens (§ 1931 Abs. 1 BGB). Da die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, steht der Ehefrau der Zugewinnausgleich im Todesfall zu. Nach § 1931 Abs. 3 BGB i. V. mit § 1371 Abs. 1 BGB wird dieser so durchgeführt, dass der gesetzliche Erbteil der Ehefrau um ¼ erhöht wird. Somit erbt sowohl die Ehefrau als auch das Kind die Hälfte des Vermögens.

     

    2. Erbschaftsteuerliche Ermittlung des Zugewinnausgleichs

    Anstelle des pauschalen ¼-Werts (erbrechtliche Lösung) soll nach § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG letztlich der Betrag steuerfrei bleiben, den der überlebende Ehegatte bei güterrechtlicher Abwicklung der Zugewinngemeinschaft (§ 1371 Abs. 2 BGB) als (fiktive) Ausgleichforderung geltend machen könnte (Brüggemann/Stirnberg, Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, 9. Aufl. 2012, S. 319). Für erbschaftsteuerliche Zwecke ist also fiktiv eine steuerfrei zu stellende Ausgleichsforderung zu ermitteln und vom Erwerb des Ehegatten abzuziehen 
(R E 5.1 Abs. 1 S. 1 ErbStR).

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Berechnung der fiktiven Ausgleichsforderung kann indes unterbleiben, wenn der Erwerb des überlebenden Ehegatten einschließlich etwaiger Vorschenkungen die persönlichen Freibeträge nicht überschreiten wird (R E 5.1 Abs. 1 S. 2 ErbStR).

     

     

    Beachten Sie | Die Regelungen des § 5 Abs. 1 ErbStG greifen, wenn der überlebende Ehegatte Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. Demgegenüber ist Abs. 2 der Vorschrift anzuwenden, wenn es für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft tatsächlich zur güterrechtlichen Lösung des § 1371 Abs. 2 BGB kommt. Dies ist der Fall, wenn der Zugewinn unter Lebenden ausgeglichen wird, der überlebende Ehegatte von der Erbfolge ausgeschlossen worden ist oder die Erbschaft ausgeschlagen hat (vgl. Brüggemann, ErbBstg 12, 80 ff.).

     

    2.1 Abweichende zivilrechtliche Vereinbarungen

    Von den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383 und 1390 BGB abweichende güterrechtliche Vereinbarungen bleiben unberücksichtigt (§ 5 Abs. 1 S. 2 ErbStG).

     

    • Beispiel

    Die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten nehmen eine Vereinbarung vor, wonach der Betrieb des Ehemanns nicht in die Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung einzubeziehen ist.

     

    Zivilrechtlich haben Ehegatten bei der Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung die Möglichkeit, ehevertragliche Vereinbarungen zu treffen. Über 
§ 5 Abs. 1 S. 2 ErbStG sind etwaige Vereinbarungen allerdings unbeachtlich. Im Ergebnis bedeutet dies, dass für jeden Ehegatten das Anfangs- und Endvermögen nach Verkehrswerten gegenüberzustellen ist. Die Zu- und Abrechnungen nach §§ 1374 ff. BGB sind dabei zu beachten (Brüggemann/Stirnberg, a.a.O., S. 320; R E 5.1 Abs. 2 S. 2 und S. 3 ErbStR).

     

    2.2 Berechnung des Anfangs- und des Endvermögens

    Die Höhe des Zugewinns für jeden Ehegatten ergibt sich, wenn das Anfangsvermögen vom Endvermögen abgezogen wird. R E 5.1 Abs. 3 ErbStR verweist im Hinblick auf das Anfangsvermögen auf § 1374 Abs. 1 BGB, wodurch auch ein negatives Anfangsvermögen zugrunde zu legen ist.

     

    Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag vereinbart, dann gilt als Zeitpunkt des Eintritts des Güterstands der Tag des Vertragsabschlusses (§ 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG). Bei der Erbschaftsteuer wird eine rückwirkende Vereinbarung des Beginns des Güterstands demzufolge nicht anerkannt.

     

    • Beispiel

    Die Eheleute EM und EF leben seit der Eheschließung am 1.5.07 im Güterstand der Gütertrennung. Am 1.4.13 wird von den Ehegatten der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart - und zwar rückwirkend auf den Tag der Eheschließung.

     

    Zivilrechtlich können die Ehegatten die Zugewinngemeinschaft auch rückwirkend vereinbaren. Erbschaftsteuerlich ist dies nicht möglich. Hier zählt als Beginn der Zugewinngemeinschaft der Tag des Vertragsabschlusses, also der 1.4.13.

     

    Beachten Sie | Der auf der allgemeinen Geldentwertung beruhende unechte Wertzuwachs des Anfangsvermögens ist aus der Berechnung der Ausgleichsforderung zu eliminieren. Dies erfolgt, indem das Anfangsvermögen der Ehegatten mit dem Lebenshaltungskostenindex zur Zeit der Beendigung des Güterstands multipliziert und durch die für den Zeitpunkt des Beginns des Güterstands geltende Indexzahl dividiert wird (vgl. H E 5.1 Abs. 2 ErbStH mit Berechnungsbeispielen).

     

    Bei der Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG sind z.B. Lebensversicherungen, die dem überlebenden Ehegatten zustehen, dem Endvermögen zuzurechnen, auch soweit es sich dabei um Ansprüche aus einer privaten Rentenversicherung des verstorbenen Ehegatten handelt. Soweit es sich indes um Ansprüche handelt, die zivilrechtlich dem Versorgungsausgleich unterliegen, unterbleibt eine Hinzurechnung zum Endvermögen des verstorbenen Ehegatten (R E 5.1 Abs. 4 ErbStR mit weiteren Hinweisen).

     

    2.3 Umrechnung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung

    Um die fiktive Ausgleichsforderung in den steuerfreien Betrag umzurechnen, muss der Wert des Endvermögens des verstorbenen Ehegatten auch nach den steuerlichen Bewertungsgrundsätzen ermittelt werden. Dabei sind alle bei der Ermittlung des Endvermögens berücksichtigten Vermögensgegenstände zu bewerten, auch wenn sie nicht zum steuerpflichtigen Erwerb gehören. Da begünstigtes Vermögen mit seinem Steuerwert vor Abzug der sachlichen Steuerbefreiungen (§§ 13, 13a oder 13c ErbStG) einzubeziehen ist, mindern sachliche Steuerbefreiungen nicht die Steuerbefreiung für den Zugewinn (R E 5.1 Abs. 5 ErbStR).

     

    Ist der Steuerwert des Endvermögens niedriger als dessen Verkehrswert, ist die nach zivilrechtlichen Grundsätzen ermittelte fiktive Zugewinnausgleichsforderung entsprechend dem Verhältnis von Steuerwert und Verkehrswert des dem Erblasser zuzurechnenden Endvermögens auf den steuerfreien Betrag zu begrenzen (vgl. § 5 Abs. 1 S. 5 ErbStG; R E 5.1 Abs. 5 ErbStR).

     

    • Beispiel

    Erblasser EM hat mit EF im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Das Anfangsvermögen betrug für beide Ehegatten jeweils 200.000 EUR. Das Endvermögen des EM hat einen Verkehrswert i.H. von 3.400.000 EUR und einen Steuerwert von 3.000.000 EUR. EF hat ein Endvermögen i.H. von 400.000 EUR.

     

    Der Zugewinn des EM beträgt 3.200.000 EUR. EF hat einen Zugewinn i.H. von 200.000 EUR erzielt. Da der übersteigende Zugewinn des EM 3.000.000 EUR beträgt, ergibt sich eine Ausgleichsforderung i.H. von 1.500.000 EUR. Vorliegend ist der Steuerwert des Endvermögens niedriger als der Verkehrswert, sodass die fiktive Ausgleichsforderung wie folgt umzurechnen ist:

     

    1.500.000 EUR (Ausgleichsforderung) x 3.000.000 EUR (Steuerwert Endvermögen)

    __________________________________________________________________

    3.400.000 EUR (Verkehrswert Endvermögen)

     

     

    Demzufolge ergibt sich ein steuerfreier Betrag i.H. von 1.323.529 EUR.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 101 | ID 38964600