· Fachbeitrag · Löhne und Gehälter
Betriebsveranstaltungen ab 2015: Finanzverwaltung gibt endlich Antworten
von Dipl.-Finw. (FH) Martin Hilbertz, Neuwied
| Mit Wirkung ab 2015 wurde die steuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG erstmals gesetzlich geregelt. Die Neuregelung ließ viele Fragen offen, die die Finanzverwaltung nun (endlich) beantwortet hat ( BMF 14.10.15, IV C 5 - S 2332/15/10001 , Abruf-Nr. 145573 ). Wichtige Aspekte werden vorgestellt. |
1. Eckpunkte der gesetzlichen Neuregelung
In einigen Entscheidungen hatte der BFH die langjährige Verwaltungsauffassung zur Behandlung von Betriebsveranstaltungen zumindest teilweise abgelehnt (u.a. BFH 16.5.13, VI R 7/11, VI R 94/10). Der Gesetzgeber reagierte hierauf mit der ab 2015 geltenden Regelung in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG, die wie folgt zusammengefasst werden kann:
- Die bisherige 110 EUR-Freigrenze wurde in einen Freibetrag von 110 EUR umgewandelt.
- Es sind weiterhin zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr begünstigt.
- Die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung muss allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offenstehen.
- Zuwendungen sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer.
- Dem Arbeitnehmer sind auch anteilige Gesamtaufwendungen zuzurechnen, die auf seine Begleitperson entfallen.
2. Begriff der Betriebsveranstaltung
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG setzt begrifflich eine Betriebsveranstaltung voraus, d.h. eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (z.B. Betriebsausflug und Weihnachtsfeier). Voraussetzung ist, dass der Teilnehmerkreis überwiegend aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und ggf. Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund besteht.
Beachten Sie | Bei Leiharbeitnehmern und Arbeitnehmern anderer konzernangehöriger Unternehmen müssen hinsichtlich dieser Personengruppen die weiteren Voraussetzungen erfüllt sein, d.h. die Betriebsveranstaltung muss allen Angehörigen dieser Personengruppe offenstehen.
Wie bisher wird der bloße gemeinsame Besuch einer kulturellen oder sportlichen Veranstaltung nicht als Betriebsveranstaltung anerkannt (vgl. BMF unter Tz. 2 Abs. 2 Buchst. c). Auch ein Arbeitsessen stellt keine Betriebsveranstaltung dar.
3. Zuwendungen des Arbeitgebers
Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle Brutto-Aufwendungen des Arbeitgebers. Es ist irrelevant, ob die Aufwendungen den Arbeitnehmern direkt zugeordnet werden können oder ob es sich nur um einen rechnerischen Anteil handelt.
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Es werden auch unübliche Zuwendungen erfasst. Somit unterliegen der gesetzlichen Neuregelung auch Geschenke, deren Wert je Arbeitnehmer 60 EUR übersteigt oder Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass - nicht nur bei Gelegenheit - einer Betriebsveranstaltung.
Hinsichtlich der Anreisekosten von Arbeitnehmern auswärtiger Standorte hat sich letztlich nichts geändert. Diese waren bis einschließlich 2014 nicht in die 110 EUR-Freigrenze einzubeziehen. Und auch das aktuelle BMF-Schreiben regelt, dass steuerfreie Erstattungen durch den Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 3 Nr. 13 oder 16 EStG zulässig sind. Fahrtkosten vom Unternehmen zum Ausflugsziel fallen allerdings nicht hierunter. Diese Aufwendungen zählen zu den Zuwendungen anlässlich der Betriebsveranstaltung.
Nicht einzubeziehen sind rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers. Hierbei handelt es sich z.B. um die anteiligen Kosten der Lohnbuchhaltung für die Erfassung des geldwerten Vorteils der Betriebsveranstaltung. Auch die anteilige AfA sowie Kosten für Energie- und Wasserverbrauch bei einer Betriebsveranstaltung in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers bleiben unberücksichtigt.
Beachten Sie | Für VZ vor 2015 ist die oben aufgeführte BFH-Rechtsprechung zu beachten. Danach bleiben Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung (insbesondere Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters) grundsätzlich außen vor.
4. Ermittlung des Freibetrags
Die zu berücksichtigenden Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle bei der Veranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Der auf eine Begleitperson entfallende Anteil der Aufwendungen ist dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. Für die Begleitperson ist somit kein zusätzlicher Freibetrag von 110 EUR anzusetzen.
Beachten Sie | Für VZ vor 2015 gilt dies nicht. Denn der auf die Familienangehörigen entfallende Aufwand ist den Arbeitnehmern bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist, grundsätzlich nicht zuzurechnen (BFH 16.5.13, VI R 7/11).
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Die Aufwendungen für die Weihnachtsfeier 2015 der X-GmbH betragen 8.000 EUR (brutto). Der Teilnehmerkreis besteht aus 60 Arbeitnehmern. Davon werden 20 von je einer Person begleitet.
Die Aufwendungen sind auf 80 Personen zu verteilen, sodass auf jede Person ein geldwerter Vorteil von 100 EUR entfällt. Im nächsten Schritt ist der auf die Begleitperson entfallende Vorteil dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen.
Fazit: 40 Arbeitnehmer haben einen geldwerten Vorteil von 100 EUR, der den Freibetrag von 110 EUR nicht übersteigt und daher nicht steuerpflichtig ist. Bei 20 Arbeitnehmern beträgt der geldwerte Vorteil 200 EUR. Nach Abzug des Freibetrags von 110 EUR ergibt sich für diese Arbeitnehmer ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil von jeweils 90 EUR. |
Wichtig | Die 44 EUR-Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG ist für Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen nicht anwendbar.
5. Pauschale Besteuerung
Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen kann mit 25 % pauschal besteuert werden (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG).
Beachten Sie | R 40.2 Abs. 1 Nr. 2 LStR ist ab 2015 insoweit überholt, als dort eine gesonderte Pauschalierung der Lohnsteuer bei nicht üblichen Zuwendungen vorgesehen ist. Denn auch nicht übliche Zuwendungen gehören zu den maßgebenden Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung.
6. Umsatzsteuer
Die gesetzlichen Änderungen, insbesondere die Umwandlung der lohnsteuerlichen 110 EUR-Freigrenze in einen Freibetrag, haben grundsätzlich keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen. Dies bedeutet: Die (neue) lohnsteuerliche Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil wird für Umsatzsteuerzwecke nicht übernommen.
Von einer überwiegend durch das unternehmerische Interesse des Arbeitgebers veranlassten, üblichen Zuwendung ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich auszugehen, wenn der Betrag je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung 110 EUR einschließlich Umsatzsteuer nicht überschreitet. Anderenfalls ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug, sofern die Verwendung bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt ist. Dementsprechend unterbleibt aber auch eine Wertabgabenbesteuerung.