· Fachbeitrag · Lohnabrechnung
Mahlzeiten an Arbeitnehmer richtig abrechnen
von StB Dipl.-Finw. (FH) Jutta Liess, Traunreut
| Gewährt oder erstattet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Mahlzeiten, wirft das eine ganze Reihe lohnsteuerlicher Fragen auf. Praxisrelevante Beispielsfälle durchleuchten die undurchsichtige Rechtslage. |
1. Arbeitstägliche Mahlzeiten
Die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe des klassischen Kantinenessens stellt grundsätzlich einen geldwerten Vorteil dar, der steuer- und beitragspflichtig ist. Die Bewertung richtet sich nach dem amtlichen Sachbezugswert, vermindert um Zuzahlungen des Arbeitnehmers (R 8.1 Abs. 7 Nr. 1 S. 1, Nr. 3 LStR). Das gilt sowohl für arbeitgebereigene als auch für nicht von ihm selbst betriebene Kantinen, wenn der Arbeitgeber durch Barzuschüsse oder sonstige Leistungen (z.B. Überlassung von Räumen, Einrichtung etc.) zur Verbilligung der Mahlzeiten beiträgt (R 8.1 Abs. 7 Nr. 2 LStR).
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Alle Mitarbeiter erhalten in der betriebseigenen Kantine ein Mittagessen, für das 2 EUR vom Arbeitslohn einbehalten werden (Kosten in der Herstellung: 5 EUR). Die Mahlzeiten sind mit dem amtlichen Sachbezugswert von aktuell 2,83 EUR (ab 2012: 2,87 EUR) pro tatsächlich eingenommenem Mittagessen zu bewerten, auch wenn sie den Arbeitgeber 5 EUR kosten. Der Einbehalt von 2 EUR mindert als Zuzahlung den Vorteil, sodass pro Mahlzeit nur 0,83 EUR zu versteuern sind; entweder regulär oder pauschal mit 25 % (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG) zzgl. Soli/KiSt, wenn die Mahlzeitengestellung - wie üblich - nicht arbeitsvertraglich zugesagt ist. HINWEIS | Werden pro Mahlzeit mindestens 2,83 EUR einbehalten oder gezahlt, entfällt die Besteuerungsproblematik. |
Erhalten die Arbeitnehmer unterschiedliche Mahlzeiten zu unterschiedlichen Preisen, kann der monatliche Durchschnittswert zugrunde gelegt werden, wenn der Arbeitgeber den sich evtl. ergebenden steuerpflichtigen Betrag pauschal versteuert (R 8.1 Abs. 7 Nr. 5 LStR).
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In der Kantine werden verschiedene Mittagessen angeboten, bei denen die Zuzahlungen 2,50 EUR bis 3,50 EUR betragen. Statt mühsamer Einzelaufzeichnung will der Arbeitgeber die Pauschalierung anwenden. Im Nov. 2011 wählten 100 Arbeitnehmer das Menü zu 2,50 EUR, 200 das Menü zu 3 EUR und 50 das Menü zu 3,50 EUR. Der monatliche Durchschnittswert beträgt 2,93 EUR (Gesamtwert der Essen: 100 x 2,50 EUR + 200 x 3 EUR + 50 x 3,50 EUR = 1.025 EUR / Anzahl der Essen = 350). Da die durchschnittliche Zuzahlung den Sachbezugswert von 2,83 EUR übersteigt, fallen weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben an. |
Die Sachbezugswerte gelten nicht, wenn der Arbeitgeber Mahlzeiten überwiegend für fremde Dritte herstellt: Erhalten z.B. Mitarbeiter eines Restaurants Speisen aus der Karte unentgeltlich, gilt der Wert laut Karte abzüglich 4 % als geldwerter Vorteil (§ 8 Abs. 3 EStG). Allerdings bleiben bis zu 1.080 EUR pro Jahr steuerfrei. Für ein extra zusammengestelltes Personalessen, das nicht auf der Karte steht, sind jedoch die Sachbezugswerte anwendbar.
Steuerfrei sind Mahlzeiten im überwiegenden Arbeitgeberinteresse, wenn z.B. das in der Gruppenbetreuung tätige Personal die Mahlzeiten mit den Kindergartenkindern gemeinsam einnimmt (FG Niedersachsen 19.2.09, 11 K 384/07).
2. Besonderheiten bei Essensmarken/Restaurantschecks
Vorteile aus Essensgutscheinen, die z.B. in einem Lokal oder Imbiss eingelöst werden können, sind statt mit ihrem Verrechnungswert nach R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 LStR mit dem Sachbezugswert zu bewerten, wenn
- tatsächlich eine Mahlzeit (bzw. Lebensmittel zum Verbrauch während der Essenspausen) abgegeben wird,
- täglich nur eine Essensmarke eingelöst wird,
- Marken nur für tatsächliche Arbeitstage im Betrieb ausgegeben werden und
- der Wert der Essensmarke den Sachbezugswert um maximal 3,10 EUR übersteigt (2011 also höchstens 5,93 EUR beträgt).
WICHTIG | Der Arbeitgeber muss die Einhaltung der Voraussetzungen kontrollieren und erforderliche Aufzeichnungen führen. Auf den Marken empfehlen sich folgende Vermerke: Es darf täglich nur eine Marke eingelöst werden; nicht einsetzbar für Tabak- oder Alkoholwaren; keine Übertragbarkeit; nur einlösbar bei den genannten Vertragspartnern; keine Erstattung von Bargeld.
Die Beispiele zeigen, dass der niedrigere Wert aus „Markenwert“ und „Differenz“ als geldwerter Vorteil angesetzt wird:
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HINWEIS | Durch eine arbeitsvertragliche Barlohnumwandlung in Essensmarken können ggf. Steuern gespart werden (R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 Buchst. c LStR).
3. Mahlzeiten aus besonderem Anlass
Neben der Gewährung von arbeitstäglichen Mahlzeiten kann sich der Arbeitgeber auch an den Verpflegungskosten bei besonderen Anlässen beteiligen. Hier ist wie folgt zu unterscheiden:
- Kein steuerpflichtiger Arbeitslohn liegt vor, wenn die Verpflegung im überwiegenden Arbeitgeberinteresse gestellt wird, z.B. bei üblichen Betriebsveranstaltungen (bis 110 EUR), Arbeitsessen (bis 40 EUR) oder der Teilnahme an der Bewirtung von Geschäftsfreunden (R 8.1 Abs. 8 Nr. 1 LStR). Getränke und Genussmittel zum Verzehr im Betrieb während der Arbeit (z.B. Softdrinks, Kaffee, Gebäck) bleiben als Aufmerksamkeit grundsätzlich ohne steuerliche Folgen (R 19.6 LStR).
- Teil- bzw. unentgeltliche Mahlzeiten anlässlich einer Auswärtstätigkeit, z.B. Dienstreise bzw. Fortbildung oder einer doppelten Haushaltsführung gehören als Sachbezug zum Arbeitslohn. Bei deren Bewertung haben Arbeitgeber ein Wahlrecht (R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR):
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A nimmt an einer durch den Arbeitgeber veranlassten Fortbildung teil (Abwesenheit 9 Std.), das Mittagsmenü i.H. von 16,90 EUR zahlt der Arbeitgeber:
Abwandlung: Der Arbeitgeber übernimmt das Essen und zahlt ein Tagegeld in Höhe von 6 EUR, behält aber 2,83 EUR für das Essen ein:
* (Einbehalt gilt als Zuzahlung) HINWEIS | Zum Werbungskostenabzug siehe BMF (27.9.11, IV C 5 - S 2353/09/10004). |
Das Beispiel zeigt, dass der Arbeitgeber auch bei nicht arbeitstäglich gewährten Mahlzeiten während einer Fortbildung die Sachbezugswerte ansetzen kann, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die entsprechende Mahlzeit „üblich“ ist, wobei eine Wertgrenze von 40 EUR (brutto) pro Mahlzeit gilt (Beispiel: Mittagessen 20 EUR, Abendessen 25 EUR, insgesamt zwar über, aber einzeln unter 40 EUR).
Bei der Wahl der Bewertungsmethode ist Folgendes zu beachten: Die Lohnversteuerung der Sachbezugswerte vereinfacht die Reisekostenabrechnungen. Hingegen lohnt der höhere Abrechnungsaufwand der tatsächlichen Kosten insbesondere für Mitarbeiter, deren monatliche Sachbezüge unter der Freigrenze von 44 EUR liegen oder die relativ selten unterwegs sind.