· Fachbeitrag · Reisekostenreform 2014
Erste Tätigkeitsstätte: Gestaltungspotenzial für Außendienstmitarbeiter mit Home-Office
von Dipl.-Finw. (FH) David Skupien, Bremen
| Durch die steuerliche Reisekostenreform ist seit 2014 die legal definierte „erste Tätigkeitsstätte“ maßgebend; der Begriff „regelmäßige Arbeitsstätte“ hat insoweit ausgedient. Der nachfolgende Beitrag verdeutlicht das neue Gestaltungspotenzial am Beispiel eines Außendienstmitarbeiters mit einem Home-Office. |
1. Vorbemerkungen
Erste Tätigkeitsstätte ist nach § 9 Abs. 4 S. 1 EStG
- die ortsfeste betriebliche Einrichtung
- des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten,
- der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Eine dauerhafte Zuordnung liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 S. 3 EStG).
Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt vorrangig anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen durch den Arbeitgeber (§ 9 Abs. 4 S. 2 EStG; BMF 30.9.13, IV C 5 - S 2353/13/10004, Rz. 2). Fehlt eine Zuordnung durch den Arbeitgeber oder ist diese nicht eindeutig, greifen quantitative Zuordnungskriterien (§ 9 Abs. 4 S. 4 EStG). Danach ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer
- typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
- je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Beachten Sie | Auch nach dem neuen Reisekostenrecht hat ein Arbeitnehmer je Arbeits- bzw. Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte. Der Arbeitnehmer kann auch keine erste Tätigkeitsstätte, sondern nur auswärtige Tätigkeitsstätten haben (§ 9 Abs. 4 S. 5 EStG; BMF 30.9.13, Rz. 2).
Das folgende Beispiel eines Außendienstlers mit einem Home-Office zeigt, dass sich durch die vorgenannten Ausführungen durchaus Gestaltungsspielräume ergeben können.
2. Praxisfall
A ist bei einem Softwareunternehmen (S) als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Seine administrativen Tätigkeiten erledigt er in seinem Home-Office. A ist unbefristet beschäftigt, seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche.
Die Büroräume des S sucht A nur zu unregelmäßigen Teambesprechungen oder Schulungen auf. Aus den Arbeitszeitaufzeichnungen des A ist ersichtlich, dass die wöchentliche Anwesenheit des A an der Betriebsstätte des S durchschnittlich 5 Stunden pro Woche beträgt.
- Variante A: S ordnet A arbeitsrechtlich der Betriebsstätte zu.
- Variante B: S ordnet A arbeitsrechtlich keiner Betriebsstätte zu.
- Variante C: Wie Variante B, aufgrund eines kurzfristigen Projekts muss A jedoch für einen prognostizierten Zeitraum von 15 Monaten überwiegend in der Zweigniederlassung X arbeiten.
Lösung zu Variante A
Wegen der arbeitsrechtlichen Zuordnung hat A bei S seine erste Tätigkeitsstätte. Auf die quantitativen Abgrenzungsmerkmale kommt es nicht mehr an.
Die Folge: A kann seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte somit nur mit der Entfernungspauschale geltend machen.
Lösung zu Variante B
Ordnet S seinen Arbeitnehmer A keiner ersten Tätigkeitsstätte zu, erfolgt die Prüfung, ob eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, anhand der quantitativen Abgrenzungsmerkmale des § 9 Abs. 4 S. 4 EStG. Im vorliegenden Fall muss A an der Betriebsstätte des S weder typischerweise arbeitstäglich noch je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage tätig werden. Auch ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit verbringt A nicht in den betrieblichen Räumen seines Arbeitgebers.
Die Folge: Die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte kann A nach Reisekostengrundsätzen absetzen.
Lösung zu Variante C
Auch wenn A für einen Zeitraum von 15 Monaten arbeitstäglich einen Teil seiner beruflichen Tätigkeit in der Zweigstelle X ausüben muss, führt dies mangels Dauerhaftigkeit noch nicht zu einer ersten Tätigkeitsstätte.
Beachten Sie | Für die Beurteilung, ob eine dauerhafte Zuordnung vorliegt, ist die auf die Zukunft gerichtete prognostische Betrachtung (Ex-ante-Betrachtung) maßgebend. Unvorhersehbare Ereignisse (wie Krankheit oder Insolvenz) haben keine Auswirkungen auf die Zuordnungsentscheidung in der Vergangenheit. Die Änderung einer Zuordnung durch den Arbeitgeber ist mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen (BMF a.a.O., Tz. 14).
Die Folge: A kann seine Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte des Arbeitgebers nach Reisekostengrundsätzen absetzen.
Weiterführende Hinweise
- Steuerliche Reisekostenreform (Teil 1): Alles Wichtige zur ersten Tätigkeitsstätte (Kreft, MBP 13, 194)
- Steuerliche Reisekostenreform (Teil 2): Weitere Änderungen im Überblick (Kreft, MBP 13, 212)