· Fachbeitrag · Abrechnungsorganisation
Endodontische Behandlung: So schützt Sie eine gute Dokumentation vor Honorarverlusten!
von Isabel Baumann, Mülsen, www.praxiskonzept-baumann.de
| Meistens sind es Begleitleistungen, die erbracht, aber nur unzureichend oder gar nicht dokumentiert wurden. Damit wird Honorar verschenkt. Welche Dokumentationsmängel häufig gemacht werden und welche Auswirkungen diese auf den Praxisumsatz haben, wird anhand eines Beispiels erläutert. |
Die häufigsten Gründe und wie Sie das abstellen können
Häufig wird unter Stress dokumentiert. Die nächsten Patienten warten bereits, das Behandlungszimmer muss gereinigt und die Dokumentation noch in den PC oder die Karteikarte eingetragen werden. Oft werden die Leistungen nur knapp eingegeben oder es werden die Behandlungsdauer sowie Besonderheiten nicht notiert. Auch ein unstrukturierter Behandlungsablauf bringt häufig eine mangelhafte Dokumentation mit sich.
In einigen Fällen wird zeitverzögert dokumentiert, teilweise erst am Ende des Behandlungstags. Dass da einige Leistungen auf der Strecke bleiben, muss nicht näher erläutert werden. Überlegen Sie daher gemeinsam im Team, wie Sie die Behandlungszeiten so anpassen, dass die Leistungen stressfrei nach jeder Behandlung erfasst werden können.
Einige Behandler kontrollieren die eingetragenen Leistungen nicht. Häufig wird Zeitdruck als Grund dafür genannt. Eine zeitnahe Kontrolle der Tagesprotokolle kann vergessene Leistungen und Dokumentationsfehler aufdecken. Überprüfen Sie daher noch am selben Tag Ihre Tagesprotokolle.
Ein mit Dokumentationsmängeln behaftetes Beispiel
Es folgt ein Beispiel für eine Behandlung, die unzureichend dokumentiert wurde. Einige Behandlungsschritte und Materialien wurden nicht erfasst.
Datum | Zahn | Leistung | GOZ/GOÄ | Betrag (Faktor 2,3) |
04.05. | Eingehende Untersuchung | 0010 | 12,94 Euro | |
Beratung wegen „schlechtsitzendem“ Zahnersatz und neuer Medikamente | Ä1 | 10,72 Euro | ||
14, 15, 25, 26 | Sensibilitätsprobe | 0070 | 6,47 Euro | |
10.05. | Beratung wegen insuffizientem Zahnersatz | Ä1 | 10,72 Euro | |
15.05. | Zahnfleischentzündung | 4020 | 5,82 Euro | |
20.06. | 26 | Entfernen der insuffizienten Krone | 2290 | 23,82 Euro |
Aufklärung über Notwendigkeit einer Wurzelbehandlung | Ä1 | 10,72 Euro | ||
26 | Sensibilitätsprüfung | 0070 | 6,47 Euro | |
26 | Trepanation | 2390 | 8,41 Euro | |
26 | Vitalextirpation | 3 x 2360 | 42,69 Euro | |
26 | Wurzelkanalaufbereitung | 3 x 2410 | 152,13 Euro | |
26 | Elektrometrische Längenbestimmung | 3 x 2400 | 27,15 Euro | |
26 | Elektrophysikalisch-chemische Methode | 3 x 2420 | 27,15 Euro | |
26 | Wurzelfüllung | 3 x 2440 | 100,11 Euro | |
26 | Röntgenkontrollaufnahme | Ä5000 | 5,28 Euro (1,8-facher Faktor) | |
26 | Temporärer speicheldichter Verschluss | 2020 | 12,68 Euro | |
25.06. | 36 | Blutung | 2030 | 8,41 Euro |
36 | Kofferdam | 2040 | 8,41 Euro | |
36 | Compositfüllung ‒mod- | 2100 | 83,05 Euro | |
Summe | 563,15 Euro |
Die Liste der aufgeführten Leistungen ist nicht abschließend, weitere Leistungen sind möglich.
Dasselbe Beispiel mit korrekter Dokumentation
So könnte eine optimale Dokumentation für den obigen Fall aussehen.
Datum | Zahn | Leistung | GOZ/GOÄ | Betrag (Faktor 2,3) |
04.05. | Eingehende Untersuchung | 0010 | 12,94 Euro | |
Beratung wegen „schlechtsitzenden“ vorhandenen Zahnersatzes und neuer Medikamente | Ä1 | 10,72 Euro | ||
14, 15, 25, 26 | Sensibilitätsprobe positiv | 0070 | 6,47 Euro | |
05.05. | Telefonat mit dem Internisten: Rücksprache wegen neuer Medikamente und internistischer Therapie | Ä60 | 16,08 Euro | |
10.05. | Intensive Beratung wegen insuffizientem Zahnersatz.Der Patient wird über die verschiedenen Möglichkeiten der prothetischen Neuversorgung aufgeklärt. Dauer 25 Minuten. | Ä3 | 20,10 Euro | |
15.05. | Patient erscheint mit Beschwerden im UK rechts; Diagnose: Zahnfleischtasche | Ä5 | 10,72 Euro | |
Aufklärung und Hinweise zu Behandlungsmöglichkeiten einer Zahnfleischtasche, Instruktionen zur häuslichen Mundpflege | Ä1 | 10,72 Euro | ||
45-47 | Harte und weiche Beläge werden entfernt | 2 x 4055 1 x 4050 | 4,68 Euro | |
46 | Zahnfleischentzündung, Diagnose: distale Zahnfleischtasche, Spülung mit CHX-Lösung | 4020 | 5,82 Euro | |
46 | Subgingivale Applikation einer antibiotisch wirkenden Paste (z. B. Ligosan®) | 4025 + Material | 1,94 Euro + Material | |
20.06. | 26 | Entfernung der insuffizienten Krone, Verbrauch von Kronentrenner: 3 Stück Firma XY (à 8,12 Euro) | 2290 + Material | 47,63 Euro |
Aufklärung über die Notwendigkeit einer Wurzelbehandlung | Ä1 | 10,72 Euro | ||
26 | Sensibilitätsprüfung | 0070 | 6,47 Euro | |
26 | Kofferdam angelegt | 2040 | 8,41 Euro | |
26 | Trepanation | 2390 | 8,41 Euro | |
26 | Vitalextirpation, 5 Kanäle | 5 x 2360 | 71,15 Euro | |
26 | Wurzelkanalaufbereitung 5 Kanäle, Aufbereitung bis ISO 30, 6 Protaper Next Einmal-Nickel-Titan-Instrumente verbraucht (à 14,25 Euro) | 5 x 2410 + Material | 339,05 Euro | |
26 | Elektrometrische Längenbestimmung | 5 x 2400 | 45,25 Euro | |
26 | Elektrophysikalisch-chemische Methode, ultraschallaktivierte Natriumhypochloridspülung, 2 Spülungen pro Kanal | 5 x2420 | 45,25 Euro | |
26 | Wurzelkanalfüllung mit XY | 5 x 2440 | 166,85 Euro | |
26 | Temporärer speicheldichter Verschluss adhäsiv befestigt | 2020 + 2197 | 29,50 Euro | |
26 | Röntgenkontrollaufnahme, je Projektion, 3 unterschiedliche Projektionen angefertigt | 3 x Ä5000 | 15,75 Euro (1,8-facher Faktor) | |
25.06. | 36 | Blutung beim Präparieren, gestillt mit Medikament XY | 2030 | 8,41 Euro |
Kofferdam | 2040 | 8,41 Euro | ||
36 | Separiert mit Keil und Matrize beim Füllen | 2030 | 8,41 Euro | |
36 | Compositfüllung ‒mod- | 2100 | 83,05 Euro | |
Summe | 1.002,91 Euro |
Die Liste der aufgeführten Leistungen ist nicht abschließend, weitere Leistungen sind möglich. Materialien sind ggf. nur berechenbar, wenn die Unzumutbarkeitsgrenze überschritten wird.
Nachfolgend werden einige Positionen näher erläutert.
05.05.
Die konsiliarische Erörterung ist eine Leistung, die häufig nicht dokumentiert wird. Beachten Sie, das die Leistung nach GOÄ-Nr. 60 nur berechnet werden darf, wenn sich der liquidierende Arzt zuvor oder im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der konsiliarischen Erörterung persönlich mit dem Patienten und dessen Erkrankung befasst hat.
10.05.
Im Negativbeispiel wurde die Behandlungsdauer nicht erfasst. Somit wurde nur die GOÄ-Nr. 1 anstatt der Nr. 3 berechnet. Das bedeutet ein Minderhonorar von 9,38 Euro. Hinzu kommt, dass die Dauer von 25 Minuten deutlich über der geforderten Mindestzeit von 10 Minuten bei der GOÄ-Nr. 3 liegt. Besondere Umstände oder Schwierigkeiten könnten eine Steigerung der Nr. 3 über den 2,3-fachen Faktor nach § 5 Abs. 2 GOZ notwendig machen. Beachten Sie dazu die Bestimmungen der Nr. 3: „Die GOÄ-Nr. 3 (Dauer mindestens 10 Minuten) ist nur berechnungsfähig als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit einer Untersuchung nach der GOÄ-Nr. 5 und GOÄ-Nr. 6. Eine mehr als einmalige Berechnung im Behandlungsfall bedarf einer besonderen Begründung.“
15.05.
Der Patient erscheint mit Beschwerden im unteren rechten Kiefer. Es liegt demnach ein neuer Behandlungsfall vor. Eine symptombezogene Untersuchung wird neben der Beratung über die Zahnfleischtasche, den Therapiemaßnahmen und der Erläuterung der häuslichen Mundhygiene durchgeführt. Es dürfen somit die GOÄ-Nr. 5 und die GOÄ-Nr. 1 erneut berechnet werden. Beide Leistungen sind aufgrund der neuen Behandlungssituation notwendig.
Das Entfernen harter und weicher Beläge (GOÄ-Nrn. 4050 und 4055) wird oft bei der Dokumentation vergessen. Auch fehlte im Negativbeispiel die Dokumentation des verwendeten Materials. Hier wurde ein antibakteriell wirkendes Medikament subgingival in die entzündete Zahnfleischtasche eingebracht. Die verwendeten antibakteriellen Materialien sind gesondert berechenbar.
20.06.
Im Negativbeispiel wurden die verbrauchten Kronentrenner nicht dokumentiert. Deren Kosten übersteigen häufig das Honorar der Leistung für das Entfernen der Kronen (GOZ-Nr. 2290). Die sogenannte Unzumutbarkeitsgrenze besagt: Werden bei einem 2,3-fachen Faktor ca. 80 Prozent des Honorars durch das verbrauchte Material aufgezehrt, so darf das Material zusätzlich berechnet werden. Im Beispiel wurden drei Kronentrenner zu je 8,12 Euro verbraucht. Das Honorar für die GOZ-Nr. 2290 beträgt 23,28 Euro. Das heißt: Die Materialkosten liegen sogar über dem Honorar. Die Unzumutbarkeitsgrenze ist erfüllt und das Material für die Kronentrenner zusätzlich berechenbar.
Bei der anschließenden Endo-Behandlung wurden die tatsächlich vorhandenen Wurzelkanäle nicht dokumentiert. Häufig hat ein oberer Sechsermolar mehr als 3 Kanäle. Die GOZ-Nrn. 2360, 2410, 2400, 2420 und 2440 werden jedoch nach Anzahl der tatsächlich aufbereiteten und behandelten Kanäle berechnet. Wenn also ‒ wie in unserem Beispiel ‒ 5 anstatt 3 Kanäle aufbereitet werden, so kann das ein Minderhonorar bei Nichtdokumentation von 162,98 Euro bedeuten. Hinzu kommt die fehlende Angabe der verbrauchten Einmal-Nickel-Titan-Instrumente zur Wurzelkanalaufbereitung. In den Bestimmungen zur Nr. 2410 heißt es: „Nur einmal verwendbare Nickel-Titan-Instrumente zur Wurzelkanalaufbereitung sind gesondert berechnungsfähig.“
Nach der Wurzelfüllung wurde ein provisorischer Verschluss vorgenommen. Achten Sie darauf, die Art der Befestigung zu dokumentieren. Eine adhäsive Befestigung nach Nr. 2197 ist neben der Nr. 2020 zusätzlich berechenbar.
Nach der Wurzelfüllung sollte eine Röntgenkontrollaufnahme erfolgen. Da u. U. nicht alle Kanäle mit einer Projektion abzubilden sind, kann es notwendig sein, weitere Röntgenprojektionen zu erstellen. Die GOÄ-Nr. 5000 ist je Projektion berechenbar. Sie darf wie hier im Beispiel bei 3 Projektionen auch dreimal berechnet werden. Das bedeutet ein Mehrhonorar von 10,56 Euro.
25.06.
Am 25.06. wurde die Compositfüllung unter Kofferdam gelegt, zusätzlich wurde eine Blutung gestillt. Die Dokumentation für das Separieren mit Keil und Matrize fehlte. Demnach konnte nur einmal die GOZ-Nr. 2030 berechnet werden. Beachten Sie, dass die Nr. 2030 einmal für besondere Maßnahmen bei der Präparation und einmal für besondere Maßnahmen beim Füllen berechnet werden kann. Demnach wäre sie ein weiteres Mal berechenbar.
FAZIT | Vergleicht man das Beispiel mit unzureichender Dokumentation mit dem Beispiel einer umfangreichen Dokumentation, so ergibt sich allein bei dieser Behandlung in der Summe ein verschenktes Honorar in Höhe von 439,73 Euro! |