· Fachbeitrag · Interimsversorgung
Die korrekte Berechnung von „Table Tops“ als langzeitprovisorische Versorgung
von Erika Reitz-Scheunemann, www.training-mit-biss.de
| „Table Tops“ sind minimalinvasive langzeitprovisorische Onlays aus Hochleistungskunststoff. Das Ziel dieser Interimsversorgung ist es, bei Verlust der vertikalen Bisshöhe eine Erhöhung der Bisssituation (Neueinstellung) möglichst zahnsubstanzschonend herzustellen. Diese Zwischenlösung mit den „Table Tops“ lässt sich in der Regel in das definitive Behandlungsziel (Onlay, Teilkrone, Krone etc.) überführen. Nachfolgend wird die Abrechnung der erbrachten Leistungen bei dieser Interimsversorgung aufgezeigt. |
Vorgehensweise und begleitende Behandlungsmaßnahmen
Die Eingliederung der „Table Tops“ erfolgt mittels Adhäsivtechnik an bereits vorhandenen Restaurationen oder Rekonstruktionen (zum Beispiel Metall, Keramik, Composite) oder natürlichen Zähnen. Indikationsorientiert kann es erforderlich sein, die Oberfläche mit einem Handsandstrahlgerät vorzubereiten. Diese Kaltsilikatisierung der Oberfläche wird direkt unter Anwendung von Kofferdam durchgeführt.
In der Regel geht der Interimslösung mit „Table Tops“ eine Funktionsanalyse (GOZ-Nrn. 8000 ff., siehe PA 05/2013, Seite 5) sowie eine Therapie mit einer herausnehmbaren Schiene (GOZ-Nrn. 7000 ff., siehe PA 10/2013, Seite 12) voraus. Diese abnehmbare Schiene wird je nach Behandlungskonzept zwei bis vier Monate möglichst häufig bzw. permanent vom Patienten getragen. Während dieser individuellen Tragezeit wird kontrolliert, ob der Patient die neu eingestellte Bisssituation beschwerdefrei annehmen kann. Die Kontrollsitzungen erlauben - sofern dies notwendig ist - Korrekturen.
Im Zusammenhang mit dieser vielschichtigen und langwierigen Behandlung ist häufig eine begleitende Physiotherapie mit Eigenübungsanleitung für den Patienten notwendig. In Schmerzzentren oder Kursen hat der Patient die Möglichkeit, autogenes Training und Entspannungsübungen zu erlernen.
Beispiel
Nachfolgend stellen wir für Sie die Berechnung der Versorgung mit „Table Tops“ an den Seitenzähnen des Unterkiefers dar. Die Eckzahnführung wurde mit der direkten Methode in einer vorangegangenen Sitzung aufgebaut.
Region/Zahn | GOZ- bzw.GOÄ-Nr. | Leistungsbeschreibung | Anzahl |
Erste Sitzung | |||
0010 | Eingehende Untersuchung | 1 | |
Ä1 | Beratung | 1 | |
7040 | Kontrolle eines Aufbissbehelfs | ||
OK + UK | 5170 | Anatomische Abformung mit individuellem bzw.individualisiertem Löffel, je Kiefer | 2 |
§ 4 (3) GOZ | Abformmaterial | ||
8020 | Arbiträre Scharnierachsenbestimmung | 1 | |
8010 | Zentrikregistrat und Kontrollregistrat | 2 | |
§ 4 (3) GOZ | Abformmaterial | ||
8050 | Registrieren von Unterkieferbewegungen zur Einstellung halbindividueller Artikulatoren | 1 x | |
8060a 1) + 2) | Vergleich der Unterkieferbewegungen Patient/Artikulator; entsprechend Registration von UK-Bewegungen zur Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren | 1 | |
8080 | Diagnostische Maßnahmen an Modellen | 1 | |
§ 9 GOZ | Zahntechnische Leistungen | ||
Zweite Sitzung | |||
37-34 47-44 | 2040 | Anlegen von Spanngummi, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich | 2 |
37-34 47-44 | 7080a 1)+2) | Table Tops langzeitprovisorische Onlays im indirekten Verfahren; entsprechend Versorgung eines Kiefers mit einem laborgefertigten Provisorium, je Zahn | 8 |
37-34 47-44 | 2197 | Adhäsive Befestigung | 8 |
§ 9 GOZ | Zahntechnische Leistungen | ||
OK + UK | 1020 | Lokale Fluoridierung | 1 |
1)Beispielhafte Auswahl der Analogziffer
2)Das Bundesgesundheitsministerium vertritt die Auffassung, dass die wörtliche Wiedergabe der Leistungsbeschreibung von der GOZ nicht vorgegeben wird, sinnerhaltende Abkürzungen sind zulässig.
Erste Sitzung
Die eingehende Untersuchung stellt die intra- und extraorale Untersuchung des stomatognathen Systems zur Feststellung klinisch erkennbarer Veränderungen oder Erkrankungen dar. Sie ist in diesem Fall auch für die erneute Befundung bei der Kontrolluntersuchung berechnungsfähig. Ein zeitlicher Mindestabstand ist nicht erforderlich.
Die Beratung - auch über den weiteren Behandlungsverlauf - ist je Behandlungsfall berechnungsfähig. Als Behandlungsfall gilt der Zeitraum eines Monats nach jeweils der ersten Inanspruchnahme des Zahnarztes. Die Präzisierung dieses Zeitraums ist so, dass der Tag (zum Beispiel 7. Oktober 2013), an dem die Beratungsleistung erbracht wurde, nicht mitgezählt wird. Die nachfolgende Beratung für diesen Behandlungsfall und die bestimmte Erkrankung kann am 8. November 2013 wieder korrekt berechnet werden.
Die Kontrolle des vorhandenen herausnehmbaren Aufbissbehelfs wird nach der GOZ-Nr. 7040 berechnet, weil keine Veränderungen vorgenommen wurden. Für die Abformungen der Kiefer zur Modellherstellung ist jeweils eine Individualisierung des konfektionierten Abformlöffels notwendig. Die zahnärztliche Leistung wird je Kiefer nach der GOZ-Nr. 5170 und der zahntechnische Aufwand als Eigenlaborleistung (§ 9 GOZ) berechnet. Die Abdruckdesinfektion ist entsprechend der Auffassung der Bundeszahnärztekammer ebenfalls als Leistung nach § 9 GOZ berechnungsfähig.
Die notwendige arbiträre Scharnierachsenbestimmung (GOZ-Nr. 8020) enthält auch die Montage des Oberkiefermodells in einen halbindividuellen Artikulator. Die zahnärztlichen Leistungen, die bei der Übertragung des Oberkiefermodells in den halbindividuellen Artikulator anfallen, sind mit dieser Ziffer abgegolten.
Die zahntechnischen Leistungen (§ 9 GOZ) - wie der Bisswall, die arbiträre OK-Modellmontage sowie ggf. erforderliche Einmal-Modellmontageplatten - sind ebenso wie die Montage des Gegenkiefers berechnungsfähig.
Die Registrierung der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers (GOZ-Nr. 8010), auch Stützstiftregistrierung, ist nach den Abrechnungsbestimmungen höchstens zweimal je Sitzung berechnungsfähig. Im oben dargestellten Patientenfall wurde ein mit der Schiene eingestelltes Registrat sowie ein Kontrollregistrat (GOZ-Nr. 8010) notwendig. Die Kunststoffschablone für diese Registrate ist als zahntechnische Leistung berechenbar. Die Verschlüsselung wurde mit einem Material für provisorische Kronen vorgenommen. Diese Materialkosten unterliegen dem § 4 (3) der GOZ.
Die Registration und Einstellung der UK-Bewegungen im Artikulator wird nach der GOZ Nr. 8050 berechnet. Der Vergleich der Unterkieferbewegungen im Artikulator mit der Situation im Patientenmund ist in der GOZ nicht enthalten, daher empfiehlt sich die Analogberechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ. Die Einstellung im Artikulator nach dem Vergleich ist gemäß § 9 GOZ eine zahntechnische Leistung. Die Diagnostik, Auswertung und Neuprogrammierung wird der GOZ-Nr. 8080 zugeordnet.
Zweite Sitzung
Das absolute Trockenlegen mit Kofferdam beim Eingliedern der „Table Tops“ wird je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich mit der GOZ-Nr. 2040 berechnet. Die zahnärztliche Leistung „Table Tops langzeitprovisorische Onlays im indirekten Verfahren“ ist in der GOZ nicht enthalten, daher wurde die analoge Berechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ (Nr. 7080; 2,3-fach 77,61 Euro) gewählt. Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, diese Leistung der GOZ-Nr. 8090 (Diagnostischer Aufbau von Funktionsflächen am natürlichen Gebiss, am festsitzenden und/oder herausnehmbaren Zahnersatz, je Sitzung) zuzuordnen. Die Höhe der Honorierung der GOZ-Nr. 8090 (2,3-fach 32,34 Euro) lässt laut BZÄK keinen anderen Schluss als die Leistungsbewertung pro Zahn zu.
Die Herstellung im zahntechnischen Labor unterliegt dem § 9 GOZ. Die adhäsive Befestigung (GOZ-Nr. 2197) ist je „Table Top“ berechnungsfähig. Ebenso ist die Vorbereitung des Werkstücks für die adhäsive Befestigung als zahntechnische Leistung (siehe PA 03/2013, Seite 10) berechenbar. Die Entfernung der harten und weichen Zahnbeläge vor der Eingliederung der „Table Tops“ werden nach den GOZ Nrn. 4050/4055 und die Fluoridierung nach der Inkorporation entsprechend der GOZ-Nr. 1020 berechnet.